L 3 U 76/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 67 U 995/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 76/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Juli 2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der Berufskrankheit (BK) Nr. 4104 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs in Verbindung mit einer Asbeststaublungenerkrankung bzw. durch Asbeststaub verursachten Erkrankungen der Pleura oder bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaser-staubdosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren -.

Der 1940 geborene und 1999 verstorbene PV war der Ehemann der Klägerin. Der Versicherte war zunächst von Dezember 1956 bis 1965 als Bauhelfer und von 1965 bis März 1967 als Schweißer tätig. Er arbeitete dann seit dem 03. April 1967 zunächst als Dachdeckerhelfer, spä-ter als angelernter Dachdecker und zuletzt als Polier für die Firma H HGmbH und Co. KG (im Weiteren Fa. H). Ausweislich seines in Auszügen (1960 bis 1985) vorliegenden Versiche-rungsverlaufs bei der LVA Berlin war er in folgenden Zeiten arbeitsunfähig krank: 4. Juni bis 30. September 1974 (4 Monate), 12. bis 16. Januar 1981, 22. Februar bis 29. August 1982 (6 Monate), 14. Juni bis 9. Oktober 1983 (5 Monate). Vom 1. Oktober bis 24. Dezember 1974 (3 Monate) und vom 2. Januar bis 7. April 1975 (3 Monate) durchlief er eine Rehabilitationsmaßnahme. Am 17. Dezember 1998 wurde auf Veranlassung der Ärztin Dr. Linderer, die der Versicherte am 19. November 1998 wegen Husten und Atemnot aufgesucht hatte, eine Röntgenaufnahme des Thorax durchgeführt, bei der der Verdacht auf ein komplexes Tumorleiden, am ehesten durch Bronchialkarzinom schon mit Pleurainfiltration und vermutlich weiterer Pleurametastase im Mittellappen caudal (Zwerchfell) geäußert wurde. In der daraufhin erstellten Computerto-mographie am 21. Dezember 1998 wurde eine fortgeschrittene Tumormanifestation rechts tho-rakal diagnostiziert. Der Versicherte, der einen Nikotinabusus von 60 Packungsjahren hatte, befand sich in der Zeit vom 21. Januar bis 02. Februar 1999 und 08. Februar bis 19. Februar 1999 in stationärer Behandlung des Krankenhaus Z - Lungenklinik H –, wo er mit Antibiotika und einer Strahlentherapie behandelt wurde (Entlassungsbericht des Krankenhaus Z vom 22. März 1999). Die Lungenklinik Heckeshorn erstattete am 14. April 1999 eine ärztliche Anzeige über eine BK. Der Versicherte führe seine Beschwerden auf die berufliche Einwirkung mit Asbeststaub zurück. Zu seinen Arbeitsaufgaben, so gab der Versicherte an, habe der Abriss von Dächern, die Vor-bereitung und Wiedereindeckung, das Schneiden, die Dämmung, das Spritzen von Holzschutz und Anschlussarbeiten gehört. Es seien Welleternitplatten geschnitten und Staub eingeatmet worden. Er habe oft Kopfschmerzen und Hustenreiz gehabt. Als Arbeitsmaterialien seien Zie-gel, Berliner Welle, Dachpappe, Holz- und Isoliermatten verwendet worden. Zur Ermittlung des Sachverhalts veranlasste die Beklagte eine Selbstauskunft des Versicherten vom 20. Mai 1999. Sie zog die Berichte über die Bronchoskopie vom 22. Januar 1999 und über die pathologisch-anatomische Untersuchung und Beurteilung vom 25. Januar 1999, den Befund der Röntgenuntersuchungen des Thorax vom 17. Dezember 1998 und 10. Februar 1995 sowie den Abschlussbericht des Krankenhauses Z vom 16. August 1999, in dem sich der Versicherte vom 12. Juni 1999 bis zu seinem Tode am 21. Juni 1999 erneut in stationärer Behandlung be-funden hatte, bei. Nach dem Abschlussbericht verstarb der Versicherte unter den Zeichen eines Herz-Kreislauf-Versagens in Folge des fortgeschrittenen Tumorprozesses. Außerdem veranlasste die Beklagte eine Stellungnahme des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 25. Juni 1999, der ein Gespräch mit dem Versicherten am 20. Mai 1999 sowie eine Arbeitgeberauskunft der Fa. H vom 03. Juni 1999 zugrunde lagen. In seiner Stellungnahme führte der TAD aus, Kontakt zu asbesthaltigen Produkten in Form von Welleternitplatten habe in der Zeit von 1967 bis Ende 1987 bestanden. Der Versicherte habe selbst eingeschätzt, dass er in diesem Zeitraum zu ca. einem Viertel seiner Tätigkeit Kontakt zu Asbestplatten und zu ca. drei Viertel Kontakt zu Dachziegeln bzw. –pfannen und Bitumenschweißbahnen gehabt habe. Zusammenfassend ergäben sich dadurch 20,75 Faserjahre.

Im Auftrag der Beklagten erstattete Prof. Dr. F-E, Chefärztin des Instituts für Pathologie des Krankenhauses Z, am 20. September 1999 ein fachpathologisches Gutachten, das ein weiteres fachpathologisches Zusatzgutachten von Prof. Dr. M, Direktor des Instituts für Pathologie der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B / Dr. J vom 14. September 1999 berücksichtigte. Prof. Dr. F-E kam zu dem Ergebnis, bei dem Versicherten habe zwar ein zweifelsfrei bösartiger, weit fortgeschrittener Lungentumor gesichert werden können, asbest-assoziierte Pleuraverän-derungen unter dem Bild hyaliner Pleuraplaques hätten jedoch nicht nachgewiesen werden können. Asbest-assoziierte Lungenveränderungen auch nur vom Schweregrad einer Minimal-asbestose ließen sich ebenfalls nicht belegen. Bei dieser Befundkonstellation sei daher eine BK Nr. 4104 nicht wahrscheinlich. Eine BK sei nicht Ursache oder wesentliche Teilursache an der Herbeiführung des Todes des Versicherten gewesen.

Nach Einholung einer Stellungnahme der Gewerbeärztin Dr. Festbaum vom 14. Oktober 1999, die die Anerkennung der BK Nr. 4104 nicht vorschlug, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. November 1999 die Gewährung einer Entschädigung wegen der BK Nr. 4104 der Anlage zur BKV ab. Es habe zwar ein primäres Lungenkarzinom mit an Sicherheit grenzender Wahr-scheinlichkeit festgestellt werden können, jedoch fehle es an der für die Anerkennung der BK notwendigen zusätzlich erforderlichen Sicherung der medizinischen Brückenbefunde in Form einer Lungen- und / oder Pleuraasbestose. Weiterhin könne das den wesentlichen Ursachenzu-sammenhang zwischen der Asbestexposition und der Lungenerkrankung beweisende arbeits-technische Brückensymptom, d.h. die Einwirkung einer Asbestfaserstaubdosis von mindestens 25 Faserjahren, nach der Stellungnahme des TAD nicht festgestellt werden. Damit sei der ur-sächliche Zusammenhang zwischen einer Asbestexposition und der diagnostizierten Erkran-kung des Versicherten nicht hinreichend wahrscheinlich. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin nunmehr geltend, eine Nach-frage bei dem Arbeitgeber habe ergeben, dass der Versicherte während der Zeit von 1967 bis 1987 etwa ein Drittel seiner Tätigkeit Kontakt zu asbesthaltigen Produkten gehabt habe. Es sei zu bezweifeln, dass er selbst noch im Mai 1999 in der Lage gewesen sei, auf eine mündliche Befragung durch den TAD sicher abzuschätzen, wie hoch das Ausmaß seines Kontaktes zu asbesthaltigen Stoffen gewesen sei. Der Versicherte habe hierüber weder Buch geführt noch hätten bei der Befragung Auftragsbücher oder ähnliches zu Rate gezogen werden können. Es sei auch davon auszugehen, dass sich der Versicherte bei der Befragung bereits in einem sehr kritischen Gesundheitszustand befunden habe, so dass fraglich sei, ob er noch in der Lage ge-wesen sei, eine richtige Schätzung abzugeben. Habe der Versicherte aber etwa zu einem Drittel seiner Tätigkeit Kontakt zu asbesthaltigen Produkten gehabt, ergebe dies 27,66 Faserjahre.

Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Fa. H mit Schreiben vom 26. Mai 2000 mit, der Versi-cherte sei als Vorarbeiter in der Hauptsache, d.h. zu 75%, mit der Bearbeitung (Abtragen, Trennen und Zuschneiden) der kontaminierten Stoffe betraut gewesen. Seinem Schreiben fügte der Arbeitgeber eine Aufstellung aller Baustellen in der Zeit von 1967 bis 1987 bei, auf denen mit asbesthaltigen Produkten gearbeitet worden sei. Der TAD errechnete daraus 19,3 Faserjah-re (Stellungnahme vom 05. Juni 2000). Er ging dabei von einer "worst-case"-Berechnung aus, wonach für die Dauer der Bauarbeiten eine 50%ige Asbestbelastung während der Gesamtar-beitszeit angenommen wurde. Durch Widerspruchsbescheid vom 30. November 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Die dagegen bei dem Sozialgericht Berlin erhobene Klage hat das Sozialgericht durch Ge-richtsbescheid vom 13. Juli 2001 als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Anerkennung einer BK Nr. 4104 komme hier mangels einer Asbestose bzw. einer durch Asbeststaub verursachten Erkrankung der Pleura nur in Betracht, wenn der Versicherte wäh-rend seines Erwerbslebens einer kumulativen Asbestfaserstaubdosis von mindestens 25 Faser-jahren ausgesetzt gewesen sei. Dies sei jedoch nach den Feststellungen des TAD nicht der Fall. Der zweiten Stellungnahme des TAD hätten detaillierte Angaben des Arbeitgebers zum beruf-lichen Kontakt des Versicherten mit asbesthaltigen Eternitplatten zugrunde gelegen. Die von der Klägerin erhobene Rüge unzureichender arbeitstechnischer Ermittlungen sei nicht nach-vollziehbar.

Gegen den am 19. Juli 2001 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 17. August 2001 Berufung eingelegt. Die Klägerin macht geltend, der TAD der Beklagten sei zu Unrecht von einer nur 50 %igen Arbeitstätigkeit mit dem Werkstoff Asbest ausgegangen. Der Arbeitgeber des Verstorbenen habe in seinem Schreiben vom 26. Mai 2000 eine 75 %ige Belastung mit Asbest attestiert. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die übliche Tätigkeit als Dachdecker nicht zu 50 % damit verbunden sei, eine Baustelle einzurichten, wie dies die Beklagte in ihren Bescheiden angebe.

Zur Ermittlung des Sachverhalts hat der Senat eine weitere Stellungnahme des TAD vom 06. Dezember 2001 veranlasst. Darin hat der TAD ausgeführt, die nähere Nachprüfung an drei Objekten der Fa. H, der G in der D, der Schule G und Kita S , habe ergeben, dass die Beschei-nigung des Arbeitgebers vom 26. Mai 2000 als "Gefälligkeitsgutachten" zu werten sei. Die angegebene Arbeitsdauer für die einzelnen Bauvorhaben sei viel zu hoch gewertet worden, wobei anzumerken sei, dass für das Bauvorhaben G in der D überhaupt keine Asbestexposition habe erkannt werden können. Eine Asbestbelastung mit 75 % der Arbeitszeit sei als branchen-unüblich anzunehmen. Nach den neueren Berechnungsergebnissen auf der Grundlage eines Kalkulationsprogramms sei die "worst-case"-Einschätzung sogar noch als zu hoch beurteilt anzusehen.

Dazu hat die Klägerin eine Aufstellung ihres verstorbenen Ehemannes über gefahrene Kilome-ter im Jahre 1984 vorgelegt und geltend gemacht, entgegen der Bescheinigung der Fa. Hhabe der Versicherte auch in den Jahren 1973 und 1975 sowie 1980 bis 1984 sehr wohl Kontakt mit asbesthaltigen Stoffen gehabt. Die Klägerin hat ein Schreiben der Fa. H vom 14. März 2002 vorgelegt, wonach für das Jahr 1973 eine weitere Baustelle habe ermittelt werden können, auf der der Versicherte fünf Monate mit asbesthaltigen Werkstoffen in Berührung gekommen sei. Das gleiche gelte für die Jahre 1981 bis 1982, in denen der Versicherte insgesamt acht Monate Kontakt mit Asbest gehabt habe. Im Jahr 1974 habe der Versicherte einen schweren Arbeitsun-fall gehabt, weshalb er 18 Monate arbeitsunfähig krank gewesen sei.

Dazu hat der TAD mit Schreiben vom 05. Juni 2002 erklärt, die Angaben des Arbeitgebers seien widersprüchlich. In dem Schreiben vom 26. Mai 2000 habe er angegeben, der Versicherte habe 1974 acht Monate mit Welleternit gearbeitet. Nunmehr sei er in diesem Jahr wegen eines Arbeitsunfalls 18 Monate arbeitsunfähig gewesen. In einem weiteren Schreiben vom 21. August 2003 hat die Fa. H auf Anforderung des Senats mitgeteilt, der Arbeitsunfall habe sich im Herbst 1974 ereignet, so dass der Versicherte durch-aus acht Monate auf der Baustelle "Biologische Bundesanstalt" gearbeitet haben könne. Es sei auch wahrscheinlich, dass der Versicherte von 1980 bis 1984 mit asbesthaltigen Werkstoffen in Berührung gekommen sei, da er in dem Unternehmen Spezialist für Dacheindeckungen mit Eternitwerkstoffen gewesen sei. In einer weiteren Stellungnahme vom 03. Dezember 2003 hat der TAD ausgeführt, setzte man die aktenkundigen Baustellen, auf denen der Versicherte mit asbesthaltigem Dachwerkstoffen gearbeitet habe, mit der Gesamtarbeitszeit von 20 Jahren ins Verhältnis, so wäre der Versicher-te zu 49 % seiner Gesamtarbeitszeit auf Asbestbaustellen tätig gewesen. An der Länge der ein-zelnen Bauzeiten sei jedoch ersichtlich, dass auch andere Vorleistungen wie z.B. Demontage der Alteindeckungen, Entfernen und Erneuern von Holzkonstruktionen usw. ausgeführt worden seien. Dem habe die Fa. H in ihrem Schreiben vom 21. August 2003 auch zugestimmt. Diese Zeiten seien als expositionsfreie Zeiten gegenüber den Zeiten des Umgangs mit Asbestzement-produkten zu werten. Wie sich aus der Übersicht der gefahrenen Kilometer im Jahr 1984 erge-be, sei der Versicherte täglich auf mehreren Baustellen tätig gewesen. Diese Auflistung sei ein Hinweis, dass der Versicherte eine Vorarbeitertätigkeit mit Organisation und Kontrolltätigkei-ten von mehreren Baustellen am Tag gehabt habe. So habe er beispielsweise am 19. Januar 1984 auf insgesamt fünf Baustellen gearbeitet. Bei der Tätigkeit als Vorarbeiter würden keine Dachdeckerhilfsarbeiten wie das Schneiden mit einer Flex an Asbestzementprodukten ausge-führt. Unter Berücksichtigung der von dem Arbeitgeber genannten Asbestbaustellen und dem Kalkulationsprogramm des Dachdeckerhandwerks sei der "worst-case" festgestellt worden. Eine Überschreitung von 25 Faserjahren komme dabei nicht in Betracht.

Der Senat hat weiterhin Verzeichnisse der Vorerkrankungen des Versicherten bei der AOK Berlin und der A P K- AG beigezogen. Dann hat der Senat eine schriftliche Stellungnahme des Zeugen MB, der von 1974 bis 1994 als Dachdeckermeister und Geschäftsführer der Fa. H im Außendienst gearbeitet hat, vom 11. Januar 2005 eingeholt. Darin hat er bestätigt, der Versi-cherte sei zu 70 bis 75 % für die Verlegung von Asbestzement- und Wellplatten eingesetzt ge-wesen. Den damaligen Bestimmungen entsprechend seien die Schutzvorrichtungen von dem Versicherten immer eingehalten worden.

In einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten und zur Beweisaufnahme am 15. September 2005 hat die Berichterstatterin die Zeugen M B und W K, der von 1975 bis 2000 bei der Fa. H als Dachdecker gearbeitet hatte, sowie als Sachverständigen den Bauingeni-eur Dipl. Ing. H-C H zu der Belastung des Versicherten bzw. eines Dachdeckers allgemein mit Asbest vernommen. Wegen der Einzelheiten der Aussagen der Zeugen und des Sachverständi-gen wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15. September 2005 verwiesen. In einer Stellungnahme vom 14. November 2005 hat der TAD eine neue Berechnung der Fa-serjahre aufgrund der Zeugenaussagen vorgenommen. Er hat eine Asbestexposition von 30 % für die Zeit vom 3. April 1967 bis 31. Dezember 1972 und vom 1. Januar 1974 bis 28. Februar 1999 mit Ausnahme des Jahres 1975 zugrundegelegt. Die Berechnung hat insgesamt 19,0 Fa-serjahre ergeben.

Die Klägerin, die der Auffassung ist, die Berechnung der Beklagten sei fehlerhaft, weil sie zu weniger Faserjahren als zuvor gekommen sei, obwohl weitere Zeiten der Belastung hinzuge-kommen seien, beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 13. Juli 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 26. November 1999 in Gestalt des Wi-derspruchsbescheides vom 30. November 2000 zu verurteilen, ihr unter Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 4104 Entschädigungsleistungen für den Versicherten bis zum 21. Juni 1999 und Hinterbliebenenleistungen für die Zeit ab 22. Juni 1999 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Berechnungen des TAD für zutreffend. Es sei durchgehend ein Expositi-onsanteil von einem Drittel für das Be- und Verarbeiten bis zum 31. Dezember 1983 und für die Demontage ab dem 01. Januar 1984 angesetzt worden. Darüber hinaus orientiere sich der Faserwert am anerkannten BK-Report 1/97 "Faserjahre" des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften (im Weiteren: Faserreport). Dessen fachliche Aussagekraft korreliere hier mit der Aussage des Sachverständigen und einer entsprechenden "worst-case"-Bewertung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts-akte und der beigezogen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Die Klägerin hat, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, weder Anspruch auf Gewährung von Ent-schädigungsleistungen als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch I (SGB I) für die Zeit bis zum 21. Juni 1999 noch auf die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen ab dem 22. Juni 1999.

Anspruchsgrundlage für die Gewährung von Entschädigungsleistungen für die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des Versicherten und für sie in ihrer Eigenschaft als Hinterbliebene sind §§ 26 Abs. 1, 63 Sozialgesetzbuch Sieben (SGB VII) i.V.m. mit Nr. 4104 der Anlage zur BKV. Danach sind Lungen- oder Kehlkopfkrebs • in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) • in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder • bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeits-platz von mindestens 25 Jahren {25 x 10 6[(Fasern/m3) x Jahre]} als BK anzusehen.

Für die Anerkennung und Entschädigung der geltend gemachten BK muss also entweder Lun-genkrebs oder Kehlkopfkrebs in Verbindung mit einer Asbeststaublungenerkrankung, in Ver-bindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder bei Nachweis von mindestens 25 Faserjahren vorliegen. Die Anerkennung im konkreten Einzelfall setzt voraus, dass die schädigende Einwirkung ihre rechtlich wesentliche Ursache in der versicherten Tätigkeit haben muss (haftungsbegründende Kausalität) und die schädigende Einwirkung die Gesundheitsstörung verursacht hat (haftungs-ausfüllende Kausalität). Hierbei reicht sowohl bei der haftungsbegründenden wie auch bei der haftungsausfüllenden Kausalität die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs aus, d.h. nach vernünftiger Abwägung aller Umstände müssen die auf die berufliche Verursachung der Krankheit deutenden Faktoren so stark überwiegen, dass darauf die Entscheidung gestützt wer-den kann (vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38). Die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß müssen hingegen im Sinne des Vollbeweises, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden.

Nach den medizinischen Feststellungen, die hier nicht streitig sind, litt der Versicherte an Lun-genkrebs, denn bei ihm wurde, wie sich aus dem Entlassungsbericht des Krankenhaus Z vom 22. März 1999 ergibt, ein mittelgroßzelliges Bronchialkarzinom des rechten Unterlappens mit pleuraler und hepatischer Metastasierung festgestellt. Allerdings steht diese Erkrankung weder in Verbindung mit einer Asbestose noch mit einer durch Asbeststaub verursachten Erkrankung der Pleura. Nach dem pathologischen Gutachten von Prof. Dr. F-E vom 20. Juli 1999 und dem Zusatzgutachten von Prof. Dr. M vom 14. September 1999 bestand weder eine Asbeststaub-lunge noch eine Pleuraasbestose. Bei der Obduktion wurden nur 6 bis 10 Asbestkörper pro 1 ccm Lungengewebe festgestellt. Für eine Minimalasbestose sind aber 1000 Asbestkörper pro 1 ccm Lungengewebe Voraussetzung. Da es an medizinischen Brückensymptomen für den Kau-salzusammenhang zwischen der geltend gemachten Asbestexposition und dem Lungenkrebs fehlt, kann die Anerkennung der BK Nr. 4104 nur bei Vorliegen der 25 Faserjahre erfolgen.

Seit 1992 sind Asbestfaserjahre Bestandteil des Verordnungstextes der BK Nr. 4104. Dabei handelt es sich weder um eine physikalische Maßeinheit noch um eine technische Messgröße, sondern um ein arbeitsmedizinisches Schätzmaß für die Höhe bzw. die Intensität einer Asbest-exposition am Arbeitsplatz. Das Faserjahr wird definiert als Exposition mit einer Konzentration von einer Million Asbestfasern pro m3 Luft während eines Jahres bei achtstündiger täglicher Arbeitszeit. Die Kausalität wird unterstellt, wenn eine Exposition von 25 Asbestfaserjahren am Arbeitsplatz nachgewiesen ist (vgl. Mehrtens-Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, M 4104 Anm. 2 Abs. 2). Auch dann, wenn eine berufliche Asbestfaserstaubdosis von 25 Faserjah-ren vorliegt und der Erkrankte z.B. einen massiven Nikotinabusus, wie hier der Versicherte mit 60 Packungsjahren, betrieben hat, reicht die Faserstaubdosis des Asbestes noch als rechtlich (teil-) wesentlich für den eingetretenen Lungenkrebs aus (Faserreport S. 32).

Zur Überzeugung des Senats ist jedoch der Nachweis, dass der Versicherte während seiner beruflichen Tätigkeit als Dachdecker in der Zeit vom 3. April 1967 bis November 1998 einer Asbestexposition ausgesetzt war, die 25 Faserjahre ausmacht, nicht erbracht.

Der Faserreport, S. 107/108, geht davon aus, dass Dachdecker folgende Tätigkeiten verrichten: Abdichten von Flachdächern, Dachdecken, Instandhaltungsarbeiten, u.a. Asbestzementplatten (Kantenschliff), bestreute Bitumen-Dachbahnen, Dichtungsplanen, Asphalte, Spachtelmassen; auch Einfassung von Kaminen, Dachfenstereinbau, Verkleiden von Außenwänden, Verlegen und Demontage von Asbestzementplatten (klein- und großformatig) sowie Wellplatten.

An bituminösen und bauchemischen Produkten mit Asbest (Asbestgehalt von 1-30 %) werden verwendet Bitumen, Dach- und Dichtungsbahnen, Dichtungskitte, Glaserkitte, Spachtelmassen, Fugendichtungs- und Vergussmassen, bituminöse Lacke und Anstrichmittel, Klebstoffe, Un-terbodenschutz, Straßenbelag. Bei der Verwendung auch im Dachdeckerhandwerk ergeben sich dort Staubquellen durch Anrühren bzw. Mischen der Spachtel- und Vergussmassen, beim Zuschneiden von Dachpappen, insbesondere Abriss alter Dachpappenlagen (Faserreport S. 94/95). Nach der Tabelle 7.9. "Spezielle Bearbeitungsverfahren asbesthaltiger Baustoffe im Baube-reich" (Faserreport S. 84) fallen bei der Wellplattenverarbeitung durch Dachdecker 6% Schneidezeit (Schneiden mit der Flex) und 94% Verlege- und Bohrarbeiten mit einer Faserkon-zentration von 4 Fasern / cm3 an. Dieser Wert ist mit dem neuen BK-Report 1/2005 "Faserjah-re" (im Folgenden: Faserreport 1/2005) dahingehend relativiert worden, als nur bei 6% Schnei-dezeit und 94% Verlege- und Bohrarbeiten bei kleinen Dächern und vor 1981 4 Fasern / cm3 anfielen, während bei großen Dächern, z.B. Hallendächern ab ca. 200 m3, und großflächigen Dächern ohne komplizierte Dachaufbauten (Fenster, Schornsteine) und im Allgemeinen ab 1981 nur noch 1% Schneidearbeit verrichtet wird, bei der dann nur noch 1,5 Fasern / cm3 frei-gesetzt werden. Bei dem zerstörenden Abbruch von Asbestzementwellplatten werden 2 Fa-sern / cm3 freigesetzt, bei der sonstigen Demontage 1 Faser / cm3. Nach dem Faserreport 1/2005 setzt sorgfältiges trockenes Entfernen bei der Demontage von Asbestzement-Wellplatten und kleinformatigen Platten nur noch 0,35 Fasern / cm3 frei.

Die Angaben zu der Asbestbelastung des Versicherten sind sehr unterschiedlich. Sie beruhen überwiegend auf einem geschätzten Anteil an mit Asbest belasteten Arbeiten gegenüber asbest-freien Arbeiten. Auch solche Schätzungen können die volle Überzeugung des Senats begrün-den. Dies setzt aber voraus, dass die Einzelheiten, die der Schätzung zugrunde gelegt werden, schlüssig und nachvollziehbar dargelegt werden.

Der Versicherte selber gab bei seiner Befragung im Mai 1999 noch an, in der Zeit von 1967 bis Ende 1987 zu ca. einem Viertel seiner Tätigkeiten Kontakt zu Asbestzementplatten und zu ca. drei Vierteln Kontakt zu Dachziegeln bzw. Dachpfannen und Bitumenschweißbahnen gehabt zu haben. Der Endzeitpunkt 1987 ergibt sich daraus, dass es ab 1986 ein Asbestverwendungs-verbot gab (Gefahrstoffverordnung vom 26. Oktober 1986). Bereits 1982/1983 hatte die Firma Eternit, deren Welleternitplatten für Dacheindeckungen verwendet wurden, ihre Produktion auf asbestfreie Dacheindeckungen umgestellt. Dies hat der Sachverständige Dipl. Ing. Herzberg bei seiner Vernehmung am 15. September 2005 bestätigt. Aus den Angaben des Versicherten errechnete der TAD in seiner Stellungnahme vom 25. Juni 1999 20,75 Faserjahre. Er legte für die Zeit vom 03. April 1967, dem Beginn der Tätigkeit des Versicherten bei der Fa. H bis zum 31. Dezember 1987 entsprechend der Tabelle 7.9. des Faserreports 6% Schneidezeit und 94% Verlege- und Bohrarbeiten zugrunde.

Im Widerspruchsverfahren gab die Klägerin demgegenüber an, der Versicherte habe nicht zu einem Viertel, sondern sogar zu einem Drittel der täglichen Arbeitszeit mit asbesthaltigen Werkstoffen Kontakt gehabt. Worauf diese Angabe beruht, hat die Klägerin im Widerspruchs-verfahren nicht näher ausgeführt. Auch das Ergebnis ihrer eigenen Berechnung mit 27,66 Fa-serjahren ist von der Klägerin nicht näher erklärt worden und für den Senat nicht nachvollzieh-bar.

Mit Schreiben vom 26. Mai 2000 hat die Fa. H dann, ohne die Angabe näher zu begründen, behauptet, der Versicherte sei zu 75% mit der Bearbeitung, d.h. Abtragen, Trennen und Zu-schneiden, kontaminierter Stoffe betraut gewesen. Aus der Baustellenübersicht ergeben sich Baustellen von 1967 bis 1987, wobei Lücken bestehen für die Jahre 1973, 1975 und 1981 bis 1983. Die Angabe des Arbeitgebers, der Versicherte habe zu 75% der Gesamtarbeitszeit Um-gang mit Asbestzementprodukten gehabt, hielt der TAD offensichtlich für übertrieben. Deshalb nahm er in seiner neuen Berechnung vom 02. Juni 2000 eine "worst-case"-Belastung mit 50% der Gesamtarbeitszeit an. Dabei ergaben sich dann nur 19,3 Faserjahre.

Im Laufe des Verfahrens konnte die Lücke für das Jahr 1974 geklärt werden. Der Versicherte erlitt in diesem Jahr einen Arbeitsunfall. Deswegen war er, wie sich aus dem Versicherungs-verlauf der LVA Berlin ergibt, in der Zeit vom 4. Juni 1974 bis 7. April 1975 bis auf eine Un-terbrechung während der Weihnachtszeit arbeitsunfähig krank bzw. nahm an einer Maßnahme der Rehabilitation teil. Dies wird durch das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Berlin bestä-tigt. Für diese Zeit ist die Beklagte also zu Recht davon ausgegangen, dass eine Asbestexposi-tion nicht stattgefunden haben kann. Wenn der Versicherte aber ab Juni 1974 wegen eines Ar-beitsunfalls bis Mitte 1975 arbeitsunfähig krank war, dann ist die Angabe seines ehemaligen Arbeitsgebers, er habe 1974 acht Monate bei dem Bauvorhaben "Biologische Bundesanstalt" mit Welleternit gearbeitet, nicht ganz zutreffend. Mit Schreiben vom 14. März 2002 hat die Fa. H mitgeteilt, für das Jahr 1973 eine Baustelle ermittelt zu haben, auf der der Versicherte fünf Monte mit asbesthaltigen Werkstoffen in Berührung gekommen sein soll, ohne aber diese Bau-stelle, wie die anderen auch, genau zu bezeichnen. Außerdem soll der Versicherte auch 1981 bis 1982 insgesamt fünf Monate mit Asbest gearbeitet haben. Auch dafür hat die Fa. H kein Bauvorhaben benannt. Es konnte auch weder geklärt werden, ob die Dacheindeckung der G in der D aus Asbest bestand, noch ob die von der Fa. H in der Übersicht der Bauvorhaben ange-gebene Dauer der Arbeiten für das Bauvorhaben Schule Gund Kita S W realistisch ist. Aller-dings hat die Fa. Haderlein in ihrem letzten Schreiben vom 21. August 2003 ausgeführt, die lange Dauer ergebe sich aus umfangreichen Rekonstruierungsarbeiten im Dachbereich bzw. der Erneuerung von Teilen der Holzkonstruktion des Daches. Diese Erklärung wirft dann aber im Umkehrschluss die Frage auf, wieso der Versicherte während dieser Bauvorhaben zu 75 % asbestbelastend gearbeitet haben soll.

Der Zeuge B, der in seiner schriftlichen Erklärung vom 11. Januar 2005 ebenfalls ohne nähere Begründung behauptet hat, der Versicherte sei zu 70 bis 75% für die Verlegung von Asbestze-mentplatten und Wellplatten eingesetzt und nur zu 25% auf Ziegel- und Flachdächern tätig gewesen, hat diese Einschätzung bei seiner Vernehmung als Zeuge im Erörterungstermin am 15. September 2005 bestätigt. Allerdings gab er an, dass nach 1982 die alten Platten nur noch abgerissen und entsorgt worden seien. Seine Schilderung der Arbeitsbedingungen weicht in einigen Punkten von der Schilderung des Zeugen K, der ebenfalls im Erörterungstermin vom 15. September 2005 vernommen worden ist, ab. So kann sich der Zeuge B nicht daran erinnern, dass die Fa. H auch Fassaden einge-deckt oder abgerissen hat. Er behauptet auch, dass das Arbeitsmaterial zum Teil bei der Firma auf dem Hof eingelagert gewesen sei, so dass dann jede Kolonne für sich zur Baustelle habe fahren müssen. Es seien auch später zu einem ungenannten Zeitpunkt langsam laufende Schneidegeräte angeschafft worden, die jeder, der mit Asbest zu tun gehabt habe, habe benut-zen können. Diese Angaben hat der Zeuge K nicht bestätigt. Es ist allerdings zu berücksichti-gen, dass die Erklärungen des Zeugen B davon geprägt ist, dass sein Erinnerungsvermögen wohl auf Grund des langen Zeitablaufes gelitten hat. Einzelheiten zu den Bauvorhaben hat der Zeuge nicht nennen können, selbst nachdem ihm die Aufstellung der Bauvorhaben von der Fa. H vorgelegt worden ist. Über den Anteil der Schneidearbeit hat der Zeuge gar nichts sagen können. Auch hinsichtlich des Bauvorhabens in der Gallwitzallee hat der Zeuge die lange Dau-er der Arbeitszeit nicht erklären können. Während der Sachverständige erklärt hat, für das Ver-legen von 2200 qm Welleternitplatten benötige man 2 Monate, hat der Zeuge erklärt, die lange Arbeitszeit könne auch daher rühren, dass ein Gerüst von der Fa. H gestellt worden sei oder andere Arbeiten verrichtet worden seien. Nach alledem hat die Erklärung des Zeugen B keine hohe Beweiskraft. Sie ist, soweit das Erinnerungsvermögen des Zeugen nicht ohnehin Lücken aufweist, von einer Darlegung von ihm angenommener Verhältnisse am Arbeitsplatz des Ver-sicherten geprägt. Dies ist aber nicht ausreichend, damit sich der Senat die notwendige Über-zeugung hinsichtlich des Vorliegens der Asbestbelastung des Versicherten bilden kann. Die Verwertbarkeit der Aussage des Zeugen B ist auch deshalb eingeschränkt, weil der Zeuge zu der entscheidungserheblichen Frage des Ausmaßes der Exposition des Versicherten mit Asbest keine genauen Angaben hat machen können. Der Zeuge Kdagegen hat anschaulich und detailreich geschildert, aufgrund welcher Überle-gungen er zu der von ihm eingeschätzten Asbestbelastung des Versicherten gekommen ist. Da der Zeuge Kahl mit dem Versicherten täglich zusammen gearbeitet hatte, ist die Annahme, dass er am besten in der Lage ist, die Arbeitsbedingungen und –abläufe und damit auch den Anteil der Asbestexposition, dem der Versicherte unterlag, realistisch zu schildern, auch ge-rechtfertigt.

Der Zeugen K war ebenfalls Dachdecker bei der Fa. H und hat ab 1981 oder 1982 bis zum Tod des Versicherten mit diesem zusammengearbeitet. Zwar konnte er Einzelheiten über bestimmte Bauvorhaben, wie sie sich aus der Aufstellung der Fa. H ergeben, ebenso wie der Zeuge B nicht erinnern. Auch hat er keine Angaben dazu machen können, bei welchen Baustellen der Versicherte in den Jahren 1981 bis 1982 mit Asbest in Berührung gekommen sein könnte. Der Zeuge hat aber allgemein erklärt, es sei Asbest verwendet worden bei der Neueindeckung von Garagendächern, Fabrikhallen und Bädern sowie der Verkleidung von Fassaden. Ein Abriss von alten Fassaden habe nicht stattgefunden. Er hat außerdem ausgeführt, das Verhältnis zwi-schen asbesthaltigen Dachplatten und dem übrigen Material, mit dem Dächer eingedeckt wor-den seien, könne 30 zu 70 gewesen sein. Unter Berücksichtigung der Pappeindeckungen könne ein Verhältnis von 30 für Pappe, 30 für Asbest und 30 für Ziegel bestanden haben. Insgesamt sei mehr Ziegel verarbeitet worden als Asbest. Das habe damit zusammengehangen, dass Mitte der 70er Jahre die besonders günstige "Frankfurter Pfanne" massiv verarbeitet worden sei. Zuschneidearbeiten seien nur bei Welle und Fassadenverkleidung erforderlich gewesen. Wenn dies erforderlich gewesen sei, dann habe der Anteil der Schneidearbeiten 10 bis 15% betragen. Der Rest seien Verlegearbeiten gewesen. Den Anteil der Schneidearbeiten von 10-15% hat der Sachverständige Dipl. Ing. Herzberg für zu hoch gehalten. Er stimmt auch nicht mit den Wer-ten in dem Faserreport überein. Nach dem Hinweis des Sachverständigen, es habe ab 1985 / 1986 ein allgemeines Asbestver-wendungsverbot gegeben und Eternit habe die Produktion selber bereits 1982 / 1983 umge-stellt, hat der Zeuge nachvollziehbar eingewendet, dass möglicherweise über diesen Zeitpunkt hinaus noch Altbestände verarbeitet worden seien. Sichere Angaben dazu hat der Zeuge aber auch nicht machen können. Auch wenn der Zeuge darauf hinweist, nach diesem Zeitpunkt sei-en noch asbesthaltige Dächer abgerissen worden, dann ist zum einen zu berücksichtigen, dass nach seinen eigenen Schilderungen bei dem Abriss Schutzmaßnahmen angewendet wurden, indem eine Folie über den Container, in die die Asbestzementplatten hineingeworfen wurden, gelegt wurde. Zum anderen sei Mitte der 80er Jahre darauf geachtet worden, dass bei Schnei-dearbeiten jemand mit einem Wasserschlauch bereit gestanden habe, damit das Wasser den Staub binden könne. Der Zeuge hat außerdem darauf verwiesen, dass zwar keine Kurzarbeit geleistet worden sei, aber im Winter in der Regel Fußbodenplatten in Dachböden verlegt oder Holzschutzarbeiten verrichtet worden seien, jedoch ohne Asbest zu verwenden.

Unter Berücksichtigung der Aussage des Zeugen K hat der Senat keine Bedenken, den erneu-ten Berechnungen des TAD vom 14. November 2005 zu folgen. Denn allein diese Angaben geben die Arbeitsbedingungen des Versicherten annähernd zutreffend und realistisch wieder. Bei der Berechnung hat der TAD das Be- und Verarbeiten von Asbestzementplatten, und zwar ausschließlich Well- und Ebeneternitplatten, zu 30% d.h. 72 Arbeitstagen (nach dem Faserre-port S. 55 enthält ein Jahr 240 Arbeitstage) im Jahr angenommen. Dabei hat der TAD das Erstellen von Baustelleneinrichtungen und Unterbaukonstruktionen aus Holz als "worst-case" mit als Expositionszeit gewertet, obwohl in der Regel diese Vorarbeiten mehr als der Hälfte der normalen Dacheindeckung mit Wellasbestzementplatten entsprächen. Selbst für die Jahre 1980 bis 1983, in denen der Versicherte, wie sich aus dem Versicherungsverlauf ergibt, überwiegend arbeitsunfähig krank gewesen ist, hat der TAD die Be- und Verarbeitung von Asbestzement-platten mit 30% Arbeitszeit angenommen. Für Demontagearbeiten alter Asbestzementplatten ist nach 1983 ebenfalls eine Asbestexposition von 30% der Gesamtarbeitszeit unterstellt wor-den, obwohl dafür erfahrungemäß nur 10% der Gesamtarbeitszeit anfielen. Selbst für die Zeit von 1990 bis Februar 1999 ist der TAD zugunsten des Versicherten davon ausgegangen, dass er zu 30% mit der Demontage von Asbestzementprodukten beschäftigt war. Allerdings hat er nach der ab etwa 1990 geltenden technischen Regel für Gefahrstoffe 519 der Berechnung zugrunde gelegt, dass die Faserfreisetzung nicht mehr 4 Fasern / cm3, sondern nur noch 0,350 Fasern / cm3 betrug (Faserreport 1/2005, S. 74). Daraus errechnen sich 19,0 Faserjahre. Selbst wenn man für die Zeit ab 1990 eine Faserfreisetzung von 4 / cm3 annähme, ergäben sich daraus nicht mindestens 25 Faserjahre.

Die Klägerin verkennt, dass der TAD zugunsten des Versicherten für die Zeit von April 1967 bis Dezember 1989 durchgehend davon ausgegangen ist, dass er zu 30% der Gesamtarbeitszeit asbestbelastende Tätigkeiten verrichtet hat. In seiner Stellungnahme vom 05. Juni 2000 hatte er zum Teil sogar eine 50%ige Belastung mit Asbest angenommen, und zwar für die Zeit von 1968 bis 1972. Daraus erklärt sich der geringfügig höhere Faserjahrwert mit 19,3. Die Annah-me, der Versicherte habe zu 30% seiner Arbeitszeit asbestbelastend gearbeitet, ist zur Über-zeugung des Senats bereits äußerst günstig, denn der Zeuge K hat diese 30% nur allgemein angegeben, ohne dass dies für einzelne Bauvorhaben genau festgestellt werden konnte. Auch der Anteil der von dem Zeugen angegebenen Schneidearbeit von 10-15 % ist von dem Sach-verständigen als sehr hoch eingeschätzt worden. Selbst wenn dieser Wert zutreffend sein sollte, ist doch zu berücksichtigen, dass der Zeuge Kselbst einschränkend ausgeführt hat, der Anteil von 10-15% Schneidearbeit habe nur bei Baustellen bestanden, bei denen ein Zuschnitt erfor-derlich war. Zuschneidearbeiten seien aber nur bei Welle und Fassadenverkleidungen erforder-lich gewesen. Der Senat hält es deshalb für gerechtfertigt, wenn bei einer angenommenen 30%igen Asbestexposition bis Ende 1983 eine Freisetzung von 4 Fasern / cm3 der Berechnung der Faserjahre zugrunde gelegt wird. Die Klägerin möge auch bedenken, dass die Zugrundelegung einer 30 %igen Asbestbelastung ihren eigenen Angaben im Widerspruchsverfahren entspricht. Sie selbst hat keine Einzelheiten zu dem Arbeitsleben des Versicherten beibringen können, die die Annahme einer höheren Ex-position rechtfertigen könnte.

Der Senat hat daher keine Bedenken, der Berechnung des TAD vom 14. November 2005 zu folgen. Da sie nur 19 Faserjahre ergeben hat, ist das Erfordernis von mindestens 25 Faserjahren nicht erfüllt. Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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