L 24 B 13/06 P PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 P 406/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 B 13/06 P PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 14. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten im Hauptverfahren Pflegegeld und in diesem Rahmen Prozesskostenhilfe.

Den Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung vom 02. Februar 2004 lehnte die Beklagte nach Einholung eines Gutachtens des MDK ab und wies den Widerspruch des Klägers nach Einholung einer Stellungnahme des MDK zurück. Gegen diesen, dem Kläger am 28. August 2004 zugestellten Widerspruchsbescheid, richtet sich die am 22. September 2004 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage.

Das Sozialgericht hat mit Beweisanordnung vom 18. März 2005 den Arzt W K zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstattung eines Gutachtens über den beim Kläger vorliegenden Pflegebedarf beauftragt.

In dem Gutachten vom 2. Mai 2005, dem eine Untersuchung des Klägers und ein Hausbesuch bei diesem sowie die Auswertung von Unterlagen des Humboldtklinikums, des Krankenhauses Reinickendorf und des Jüdischen Krankenhauses Berlin zugrunde lagen, gelangte der Sachverständige zu der Auffassung, der Kläger bedürfe im Bereich der Grundpflege keiner regelmäßigen Hilfe und in dem Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung einer solchen von 30 Minuten täglich.

Nachdem dieses Gutachten dem Kläger zur Stellungnahme zugeleitet worden war, meldete sich für diesen der Bevollmächtigte des Klägers unter Beantragung von Prozesskostenhilfe.

Mit Beschluss vom 14. Oktober 2005 lehnte das Sozialgericht den Antrag ab und begründete dies damit, nach dem Gutachten des Sachverständigen K biete die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht.

Gegen diesen, dem Bevollmächtigten des Klägers am 08. November 2005 zugestellten Beschluss, richtet sich dessen beim Sozialgericht Berlin am 07. Dezember 2005 erhobene Beschwerde, zu deren Begründung vorgetragen wird, das Gutachten des Sachverständigen K sei wertlos, da dieser nicht festgestellt habe, dass der Kläger an einer Polyneurophatie in beiden Händen und im rechten Bein leide. Dies ergebe sich aus der Mitteilung der behandelnden Ärztin E.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Entscheidung vom 23. Februar 2006) und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten, den Pflegegeldantrag des Klägers betreffend, die bei der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Dieser hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Der Kläger dürfte zwar nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen können, da er sich im Privatinsolvenzverfahren befindet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet jedoch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Hinreichende Erfolgsaussicht ist – soweit die Entscheidung des Rechtsstreits von beweisbedürftigen Tatsachen abhängig ist – anzunehmen, wenn zum maßgebenden Zeitpunkt der Erfolgsprüfung eine Beweiserhebung ernsthaft in Betracht kommt. Dieser Zeitpunkt, hier frühestens der 2. August 2005, ist der Tag des Eingangs der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Er bestimmt sich grundsätzlich danach, wann der Antrag auf Prozesskostenhilfe entscheidungsreif gewesen ist.

Zur Beurteilung der Frage, ob eine "weitere" Beweiserhebung geboten ist, kann das Gericht Erhebungen anstellen, insbesondere die Vorlegung von Urkunden anordnen und Auskünfte einholen. Zeugen und Sachverständige werden nicht vernommen, es sei denn, dass auf andere Weise die Erfolgsaussichten nicht geklärt werden können (§ 118 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO). Hat eine Beweisaufnahme zum Sachkomplex ein ungünstiges Ergebnis gehabt, so muss diese Tatsache bei Prüfung der Erfolgsaussicht berücksichtigt werden (vgl. Kalthoener-Büttner, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl., Rdnr. 445). Da § 118 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO weitere Sachermittlungen zur Prüfung der Erfolgsaussichten nur im beschränkten Umfange erlaubt, ist es zulässig und geboten, Ergebnisse einer bereits stattgehabten Beweisaufnahme im Rahmen der Erfolgsprüfung einzuziehen.

Bei summarischer Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unter Berücksichtigung der eingeholten Gutachten im Verwaltungsverfahren und insbesondere der Beweisaufnahme durch das Sozialgericht ist eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass dem Kläger Pflegegeld zu gewähren ist, nicht zu bejahen.

Nach § 15 Abs. 3 Ziffer 1. Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung – (SGB XI) ist Vorraussetzung für die Zuordnung in die Pflegestufe I, dass der tägliche Pflegebedarf mindestens 90 Minuten beträgt, wovon auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen.

Sowohl die Ärzte des MDK, als auch der gerichtliche Sachverständige K haben diese Voraussetzungen verneint. Der Sachverständige K hat bei den Diagnosen "Zustand nach jahrelangem chronischen Alkoholmissbrauch, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und erheblicher Gehhinderung bei Verdacht auf beidseitige Kniegelenksarthrose" dargelegt, der Kläger bedürfe im Bereich der Grundpflege keiner regelmäßigen Hilfe. Diese Auffassung hat er aus den erhobenen Diagnosen und aus den Beobachtungen des Klägers in dessen Wohnung und aus dem anamnestischen Gespräch mit diesem gewonnen und in dem Gutachten schlüssig dargestellt. Die Einwendungen des Bevollmächtigten des Klägers hiergegen überzeugen nicht: Wenn dieser darlegt, der Kläger leide zusätzlich zu den von dem Sachverständigen K gestellten Diagnosen an einer Polyneurophatie, so ist dies in Anbetracht des jahrzehntelangen Alkoholmissbrauchs und des Diabetes mellitus durchaus möglich, jedoch für die Beurteilung des notwendigen pflegerischen Aufwandes ohne Belang. Denn dieser ergibt sich nicht aus Diagnosen, sondern aus den sich daraus ergebenden funktionellen körperlichen Beeinträchtigungen. Wenn aber die behandelnde Ärztin E über eine mäßige sensomotorische Polyneurophatie berichtet, die im Rahmen von Stürzen wegen des Wegknickens des rechten Beines festgestellt worden sei, so führt dies nicht zur Darlegung eines pflegerischen Aufwandes. Denn eine Beeinträchtigung der Gehfunktion des Klägers liegt bereits der Einschätzung des Sachverständigen K zugrunde, der eine erhebliche Gehbehinderung diagnostiziert hat. Eine mäßige sensomotorische Polyneurophatie ist nicht geeignet, darüber hinaus die Fähigkeiten weiter zu beeinträchtigen, die im Bereich der Grundpflege notwendig sind. Daraus resultierende Funktionsstörungen sind nicht einmal dem Bericht der Ärztin E zu entnehmen.

Es deutet daher gegenwärtig nichts darauf hin, dass der Sachverständige K den Pflegebedarf des Klägers in seinem Gutachten falsch beurteilt bzw. dass sich seit dessen Untersuchung insoweit etwas Wesentliches geändert hat. Insbesondere der vom Bevollmächtigten des Klägers beigebrachte Bericht der Ärztin E begründet dies, wie dargelegt, nicht.

Damit bietet der vorliegende Sachverhalt keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür, dass beim Kläger Pflegebedürftigkeit im Sinne der gesetzlichen Pflegeversicherung vorliegt.

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe kommt angesichts dessen, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, nicht in Betracht.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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