Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
21
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 RJ 1767/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 21 R 129/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2005 wird zurück-gewiesen. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1954 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung abgeschlossen. Er war in seinem Erwerbsleben eigenen Angaben zufolge immer als Hilfsarbeiter tätig, zuletzt als Bauhelfer. Seit 1993 bezieht er Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit (Arbeitslosenhilfe bzw. Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II).
Im Juni 2004 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung wegen seit 1998 bestehender Rücken- und Kniebeschwerden. Der Beklagten lagen ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen MDK vom 27. Oktober 1997 sowie Befundberichte der behandelnden Ärzte und ein Gutachten der Arbeitsamtsärztin Dr. W vom 16. August 2001 vor. Die Beklagte holte ferner ein internistisches Suchtgutachten des Arztes für Innere Medizin und Sozialmedizin Dr. R vom 14. August 2004 ein. Der Gutachter stellte die folgenden Diagnosen: Alkoholabhängigkeitssyndrom, Lendenwirbelsäulensyndrom mit geringer Funktions-einschränkung, alkohol-toxische Hepatose, leichtgradige alkohol-toxische Polyneuropathie, noch genügende Gangsicherheit, Belastungsschwäche der Kniegelenke bei Chondropathie, chronische Bronchitis bei Nikotinabhängigkeitssyndrom, Angabe von sozialer Phobie, Gruppentherapie werde gemieden, Verdacht auf dissoziale Persönlichkeit mit Impulskontrollstörungen, aggressive Durchbrüche. Der Gutachter stellte ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeit fest, wobei Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Knien, Hocken, Klettern, Steigen, Staub, Rauch, Gas, Dämpfe, Nässe, Kälte, Zugluft, starke Temperaturschwankungen, erhöhte Verletzungsgefahr und Alkoholgefährdung zu vermeiden seien. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag daraufhin mit Bescheid vom 16. Juli 2004 ab.
Mit dem hiergegen am 26. Juli 2004 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, nicht in der Lage zu sein, eine Beschäftigung auszuüben, weil sein Rücken und auch seine Knie erheblich gesundheitlich beeinträchtigt seien. Er könne nicht lange stehen und auch keine sitzenden Arbeiten ausführen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2004 zurück.
Mit seiner Klage vom 8. September 2004 vor dem Sozialgericht Berlin hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er hat angegeben, mit der Beurteilung seines Gesundheitszustandes durch die Beklagte nicht einverstanden zu sein.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des behandelnden Arztes Z vom 07. Januar 2005 beigezogen sowie ein nervenärztliches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. N vom 02. August 2005 veranlasst (Tag der Untersuchung 31. Mai 2005). Der Gutachter hat die folgenden Diagnosen gestellt: 1. Alkoholabhängigkeit, 2. Nikotin-abhängigkeit, 3. alkohol-toxische Hepatose, 4. chronische Bronchitis. Die Symptome einer chronischen Bronchitis werden unterhalten durch den Nikotinabusus und den Alkoholabusus. 5. LWS Syndrom ohne wesentliche Funktionseinschränkungen und ohne neurologische Ausfälle, 6. Chondropathie beider Kniegelenke gemäß Vorbefunden. Er hat den Kläger für in der Lage gehalten, vollschichtig körperlich und psychisch leichte Tätigkeiten mit weiteren qualitativen Einschränkungen auszuführen.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Dezember 2005 abgewiesen, weil der Kläger nicht erwerbsgemindert sei.
Mit bei Gericht am 23. Januar 2006, einem Montag, eingegangenem Schreiben hat der Kläger gegen den ihm am 22. Dezember 2005 zugestellten Gerichtsbescheid Rechtsmittel eingelegt, mit dem er sein Begehren weiter verfolgt. Wörtlich heißt es in diesem Schreiben: "Hiermit beantrage ich Revision gegen das gegen mir ausgesprochene Urteil vom 20.12.05. Ich verstehe die Begründung des Urteils nicht. Ich bin mit den ärztlichen Gutachten nicht einverstanden." Der Kläger ist der Meinung, von den Ärzten nicht auf seine Arbeitsfähigkeit, sondern auf seinen Geisteszustand untersucht worden zu sein. Insbesondere hätten weder der Gerichtsgutachter noch der Sachverständige im Verwaltungsverfahren seine Knie und seine Wirbelsäule untersucht, Prof. Dr. N habe ihn lediglich an der Fußsohle gekitzelt. Er gibt an, zurzeit nicht in ärztlicher Behandlung zu sein.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbs-minderung ab 01. Juni 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt aus den Gründen der Vorentscheidung,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie fristgemäß erhoben worden. Der Kläger hat mit seinem am 23. Januar 2006, einem Montag, beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Schreiben innerhalb der Frist des § 151 Abs. 1 i. V.m. § 64 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG - gegen den ihm am 22. Dezember 2005 zugestellten Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2005 Berufung eingelegt. Unschädlich ist, dass der nicht rechtskundig vertretene Kläger sein Rechtsmittel nicht als Berufung bezeichnet hat.
Das Schreiben des Klägers ist trotz seines Wortlauts "beantrage ich Revision" nicht etwa als Antrag auf Zulassung der Revision gemäß § 161 SGG auszulegen. Denn abgesehen davon, dass dem Antrag nicht die Zustimmung der Beklagten beigefügt war (§ 161 Abs. 1 Satz 3 SGG), hat der Kläger mit der Aussage, er sei mit den ärztlichen Gutachten nicht einverstanden, eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es ihm nicht um die Klärung von Rechtsfragen, sondern um eine Überprüfung der vom Sozialgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegten medizinischen Feststellungen ging. Eine Überprüfung der tatsächlichen Feststellungen kann der Kläger jedoch nur im Berufungsverfahren erreichen. Der Senat musste daher davon ausgehen, dass das Rechtsmittel der Berufung eingelegt worden ist. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, auch nicht teilweise nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Kläger nicht - auch nicht teilweise - erwerbsgemindert. Er kann noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich Tätigkeiten verrichten.
Der Kläger leidet nach den ärztlichen Feststellungen an Alkohol- und Nikotinabhängigkeit, einer alkohol-toxischen Hepatose, einer chronischen Bronchitis, einem LWS Syndrom, und einer Chondropathie beider Kniegelenke. Mit den festgestellten Gesundheitsstörungen kann er noch vollschichtig, d. h. mindestens sechs Stunden arbeitstäglich, leichte Tätigkeiten mit weiteren qualitativen Einschränkungen verrichten. Dies folgt aus den schlüssigen und nachvollziehbaren sowie übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter Dr. Rund Prof. Dr. N.
Entgegen der Auffassung des Klägers haben sowohl der Gerichtssachverständige als auch der Gutachter im Verwaltungsverfahren auch die vom Kläger geklagten Beschwerden im Rücken und in den Knien begutachtet und ausführlich gewürdigt. Bei der Begutachtung durch Dr. R hat ausweislich des Gutachtens vom 14. August 2004 eine körperliche Untersuchung der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten stattgefunden, als deren Ergebnis der Gutachter festgestellt hat, dass die orthopädischen Beschwerden (LWS-Syndrom und Chondropathie) nur leichte Funktionseinschränkungen zeigten. Auch der Gerichtsgutachter Prof. Dr. N hat den Kläger bei der Untersuchung am 31. Mai 2005 im Bereich der Wirbelsäule und der Knie körperlich untersucht. Der Gutachter referiert Berührungen im LWS-Bereich, bei denen er einen Druckschmerz an den Dornfortsätzen L5 und S1 festgestellt hat. Auch eine körperliche Untersuchung der Knie durch Prof. Dr. N hat stattgefunden. Ein Schubladenphänomen – Symptom der Verschiebbarkeit des Schienbeinkopfes gegenüber dem Oberschenkelknochen bei gebeugtem Knie – oder ein Knirschen bei Bewegung war nicht festzustellen. Der Gerichtssachverständige hat im Gutachten vom 2. August 2005 auf der Grundlage dieser körperlichen Untersuchungen und der ihm vorliegenden ärztlichen Befunde festgestellt, dass das LWS-Syndrom ohne wesentliche Funktionseinschränkungen und ohne neurologische Ausfälle sei. Ferner heißt es in dem Gutachten bei der Darlegung des körperlichen Leistungsvermögens des Klägers: "Obwohl am Bewegungsapparat bisher keine schwerwiegenden Störungen bekannt sind, sollte wegen der beidseitigen (anamnestisch bekannten) Chondropathie des Kniegelenks dem Wechsel der Haltungsarten Aufmerksamkeit geschenkt werden". D.h. die dem Kläger noch zuzumutenden Arbeiten sollten nach Ansicht des Sachverständigen gerade wegen der orthopädischen Beschwerden möglichst im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen unter Vermeidung einer ausschließlichen Haltungsart geleistet werden. Nach den Feststellungen des Gutachters im Verwaltungsverfahren sollten ferner Arbeiten vermieden werden, die mit häufigem Bücken, Hocken, Klettern und Steigen verbunden sind.
Ärztliche Befunde, nach denen die orthopädischen Beschwerden seit der Untersuchung im Juli 2004 oder seit August 2005 zugenommen hätten, liegen nicht vor. Bereits der Befundbericht des behandelnden Arztes Z vom 7. Januar 2005 gab insoweit keine Verschlechterung an. Seither befindet sich der Kläger eigenen Angaben zufolge nicht mehr in ärztlicher Behandlung. Es bestand für den Senat kein Anlass, die medizinischen Feststellungen der Gutachter deshalb in Zweifel zu ziehen und eine weitere - orthopädische - Untersuchung des Klägers zu veranlassen.
Soweit die Hauptdiagnose Alkoholabhängigkeit betroffen ist, ergibt sich aus den nachvollziehbaren und übereinstimmenden Darlegungen der Sachverständigen, dass das Leistungsvermögen des Klägers auch nicht aufgrund dieser vorrangigen Erkrankung wesentlich eingeschränkt ist. Die Sachverständigen haben übereinstimmend dargelegt, dass die Alkoholabhängigkeit beim Kläger bisher nicht zu wesentlichen Folgeerkrankungen wie etwa einer hirnorganischen Symptomatik oder Polyneuropathie geführt hat und dass der Kläger insoweit nicht in seinem zeitlichen Leistungsvermögen eingeschränkt ist. Dies wird vom Kläger selbst auch nicht in Abrede gestellt.
Nach alledem ist das Leistungsvermögen des Klägers insbesondere aufgrund seiner orthopädischen Beschwerden zwar qualitativ, im Hinblick auf die Art der ihm zumutbaren Tätigkeiten, nicht aber quantitativ, im Hinblick auf deren Dauer, eingeschränkt. Der Kläger ist in der Lage, die ihm zumutbaren Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und hat daher keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Auch einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI hat der Kläger nicht. Dies folgt bereits daraus, dass er als ungelernter Arbeiter keinen Berufsschutz genießt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1954 geborene Kläger hat keine Berufsausbildung abgeschlossen. Er war in seinem Erwerbsleben eigenen Angaben zufolge immer als Hilfsarbeiter tätig, zuletzt als Bauhelfer. Seit 1993 bezieht er Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit (Arbeitslosenhilfe bzw. Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – SGB II).
Im Juni 2004 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung wegen seit 1998 bestehender Rücken- und Kniebeschwerden. Der Beklagten lagen ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen MDK vom 27. Oktober 1997 sowie Befundberichte der behandelnden Ärzte und ein Gutachten der Arbeitsamtsärztin Dr. W vom 16. August 2001 vor. Die Beklagte holte ferner ein internistisches Suchtgutachten des Arztes für Innere Medizin und Sozialmedizin Dr. R vom 14. August 2004 ein. Der Gutachter stellte die folgenden Diagnosen: Alkoholabhängigkeitssyndrom, Lendenwirbelsäulensyndrom mit geringer Funktions-einschränkung, alkohol-toxische Hepatose, leichtgradige alkohol-toxische Polyneuropathie, noch genügende Gangsicherheit, Belastungsschwäche der Kniegelenke bei Chondropathie, chronische Bronchitis bei Nikotinabhängigkeitssyndrom, Angabe von sozialer Phobie, Gruppentherapie werde gemieden, Verdacht auf dissoziale Persönlichkeit mit Impulskontrollstörungen, aggressive Durchbrüche. Der Gutachter stellte ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeit fest, wobei Zwangshaltungen, häufiges Bücken, Knien, Hocken, Klettern, Steigen, Staub, Rauch, Gas, Dämpfe, Nässe, Kälte, Zugluft, starke Temperaturschwankungen, erhöhte Verletzungsgefahr und Alkoholgefährdung zu vermeiden seien. Die Beklagte lehnte den Rentenantrag daraufhin mit Bescheid vom 16. Juli 2004 ab.
Mit dem hiergegen am 26. Juli 2004 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, nicht in der Lage zu sein, eine Beschäftigung auszuüben, weil sein Rücken und auch seine Knie erheblich gesundheitlich beeinträchtigt seien. Er könne nicht lange stehen und auch keine sitzenden Arbeiten ausführen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. August 2004 zurück.
Mit seiner Klage vom 8. September 2004 vor dem Sozialgericht Berlin hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt. Er hat angegeben, mit der Beurteilung seines Gesundheitszustandes durch die Beklagte nicht einverstanden zu sein.
Das Sozialgericht hat einen Befundbericht des behandelnden Arztes Z vom 07. Januar 2005 beigezogen sowie ein nervenärztliches Sachverständigengutachten des Prof. Dr. N vom 02. August 2005 veranlasst (Tag der Untersuchung 31. Mai 2005). Der Gutachter hat die folgenden Diagnosen gestellt: 1. Alkoholabhängigkeit, 2. Nikotin-abhängigkeit, 3. alkohol-toxische Hepatose, 4. chronische Bronchitis. Die Symptome einer chronischen Bronchitis werden unterhalten durch den Nikotinabusus und den Alkoholabusus. 5. LWS Syndrom ohne wesentliche Funktionseinschränkungen und ohne neurologische Ausfälle, 6. Chondropathie beider Kniegelenke gemäß Vorbefunden. Er hat den Kläger für in der Lage gehalten, vollschichtig körperlich und psychisch leichte Tätigkeiten mit weiteren qualitativen Einschränkungen auszuführen.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 15. Dezember 2005 abgewiesen, weil der Kläger nicht erwerbsgemindert sei.
Mit bei Gericht am 23. Januar 2006, einem Montag, eingegangenem Schreiben hat der Kläger gegen den ihm am 22. Dezember 2005 zugestellten Gerichtsbescheid Rechtsmittel eingelegt, mit dem er sein Begehren weiter verfolgt. Wörtlich heißt es in diesem Schreiben: "Hiermit beantrage ich Revision gegen das gegen mir ausgesprochene Urteil vom 20.12.05. Ich verstehe die Begründung des Urteils nicht. Ich bin mit den ärztlichen Gutachten nicht einverstanden." Der Kläger ist der Meinung, von den Ärzten nicht auf seine Arbeitsfähigkeit, sondern auf seinen Geisteszustand untersucht worden zu sein. Insbesondere hätten weder der Gerichtsgutachter noch der Sachverständige im Verwaltungsverfahren seine Knie und seine Wirbelsäule untersucht, Prof. Dr. N habe ihn lediglich an der Fußsohle gekitzelt. Er gibt an, zurzeit nicht in ärztlicher Behandlung zu sein.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. August 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbs-minderung ab 01. Juni 2004 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt aus den Gründen der Vorentscheidung,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie fristgemäß erhoben worden. Der Kläger hat mit seinem am 23. Januar 2006, einem Montag, beim Sozialgericht Berlin eingegangenen Schreiben innerhalb der Frist des § 151 Abs. 1 i. V.m. § 64 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG - gegen den ihm am 22. Dezember 2005 zugestellten Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 15. Dezember 2005 Berufung eingelegt. Unschädlich ist, dass der nicht rechtskundig vertretene Kläger sein Rechtsmittel nicht als Berufung bezeichnet hat.
Das Schreiben des Klägers ist trotz seines Wortlauts "beantrage ich Revision" nicht etwa als Antrag auf Zulassung der Revision gemäß § 161 SGG auszulegen. Denn abgesehen davon, dass dem Antrag nicht die Zustimmung der Beklagten beigefügt war (§ 161 Abs. 1 Satz 3 SGG), hat der Kläger mit der Aussage, er sei mit den ärztlichen Gutachten nicht einverstanden, eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass es ihm nicht um die Klärung von Rechtsfragen, sondern um eine Überprüfung der vom Sozialgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegten medizinischen Feststellungen ging. Eine Überprüfung der tatsächlichen Feststellungen kann der Kläger jedoch nur im Berufungsverfahren erreichen. Der Senat musste daher davon ausgehen, dass das Rechtsmittel der Berufung eingelegt worden ist. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, auch nicht teilweise nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Kläger nicht - auch nicht teilweise - erwerbsgemindert. Er kann noch mindestens sechs Stunden arbeitstäglich Tätigkeiten verrichten.
Der Kläger leidet nach den ärztlichen Feststellungen an Alkohol- und Nikotinabhängigkeit, einer alkohol-toxischen Hepatose, einer chronischen Bronchitis, einem LWS Syndrom, und einer Chondropathie beider Kniegelenke. Mit den festgestellten Gesundheitsstörungen kann er noch vollschichtig, d. h. mindestens sechs Stunden arbeitstäglich, leichte Tätigkeiten mit weiteren qualitativen Einschränkungen verrichten. Dies folgt aus den schlüssigen und nachvollziehbaren sowie übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter Dr. Rund Prof. Dr. N.
Entgegen der Auffassung des Klägers haben sowohl der Gerichtssachverständige als auch der Gutachter im Verwaltungsverfahren auch die vom Kläger geklagten Beschwerden im Rücken und in den Knien begutachtet und ausführlich gewürdigt. Bei der Begutachtung durch Dr. R hat ausweislich des Gutachtens vom 14. August 2004 eine körperliche Untersuchung der Wirbelsäule und der unteren Extremitäten stattgefunden, als deren Ergebnis der Gutachter festgestellt hat, dass die orthopädischen Beschwerden (LWS-Syndrom und Chondropathie) nur leichte Funktionseinschränkungen zeigten. Auch der Gerichtsgutachter Prof. Dr. N hat den Kläger bei der Untersuchung am 31. Mai 2005 im Bereich der Wirbelsäule und der Knie körperlich untersucht. Der Gutachter referiert Berührungen im LWS-Bereich, bei denen er einen Druckschmerz an den Dornfortsätzen L5 und S1 festgestellt hat. Auch eine körperliche Untersuchung der Knie durch Prof. Dr. N hat stattgefunden. Ein Schubladenphänomen – Symptom der Verschiebbarkeit des Schienbeinkopfes gegenüber dem Oberschenkelknochen bei gebeugtem Knie – oder ein Knirschen bei Bewegung war nicht festzustellen. Der Gerichtssachverständige hat im Gutachten vom 2. August 2005 auf der Grundlage dieser körperlichen Untersuchungen und der ihm vorliegenden ärztlichen Befunde festgestellt, dass das LWS-Syndrom ohne wesentliche Funktionseinschränkungen und ohne neurologische Ausfälle sei. Ferner heißt es in dem Gutachten bei der Darlegung des körperlichen Leistungsvermögens des Klägers: "Obwohl am Bewegungsapparat bisher keine schwerwiegenden Störungen bekannt sind, sollte wegen der beidseitigen (anamnestisch bekannten) Chondropathie des Kniegelenks dem Wechsel der Haltungsarten Aufmerksamkeit geschenkt werden". D.h. die dem Kläger noch zuzumutenden Arbeiten sollten nach Ansicht des Sachverständigen gerade wegen der orthopädischen Beschwerden möglichst im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen unter Vermeidung einer ausschließlichen Haltungsart geleistet werden. Nach den Feststellungen des Gutachters im Verwaltungsverfahren sollten ferner Arbeiten vermieden werden, die mit häufigem Bücken, Hocken, Klettern und Steigen verbunden sind.
Ärztliche Befunde, nach denen die orthopädischen Beschwerden seit der Untersuchung im Juli 2004 oder seit August 2005 zugenommen hätten, liegen nicht vor. Bereits der Befundbericht des behandelnden Arztes Z vom 7. Januar 2005 gab insoweit keine Verschlechterung an. Seither befindet sich der Kläger eigenen Angaben zufolge nicht mehr in ärztlicher Behandlung. Es bestand für den Senat kein Anlass, die medizinischen Feststellungen der Gutachter deshalb in Zweifel zu ziehen und eine weitere - orthopädische - Untersuchung des Klägers zu veranlassen.
Soweit die Hauptdiagnose Alkoholabhängigkeit betroffen ist, ergibt sich aus den nachvollziehbaren und übereinstimmenden Darlegungen der Sachverständigen, dass das Leistungsvermögen des Klägers auch nicht aufgrund dieser vorrangigen Erkrankung wesentlich eingeschränkt ist. Die Sachverständigen haben übereinstimmend dargelegt, dass die Alkoholabhängigkeit beim Kläger bisher nicht zu wesentlichen Folgeerkrankungen wie etwa einer hirnorganischen Symptomatik oder Polyneuropathie geführt hat und dass der Kläger insoweit nicht in seinem zeitlichen Leistungsvermögen eingeschränkt ist. Dies wird vom Kläger selbst auch nicht in Abrede gestellt.
Nach alledem ist das Leistungsvermögen des Klägers insbesondere aufgrund seiner orthopädischen Beschwerden zwar qualitativ, im Hinblick auf die Art der ihm zumutbaren Tätigkeiten, nicht aber quantitativ, im Hinblick auf deren Dauer, eingeschränkt. Der Kläger ist in der Lage, die ihm zumutbaren Tätigkeiten sechs Stunden arbeitstäglich zu verrichten und hat daher keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Auch einen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI hat der Kläger nicht. Dies folgt bereits daraus, dass er als ungelernter Arbeiter keinen Berufsschutz genießt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
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