Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 1679/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 486/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 05. Januar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufforderung, einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation zu stellen, streitig.
Der am 22.08.1941 geborene Kläger ist ausgebildeter Maschinenschlosser und arbeitet seit 14 Jahren in einem mittelständischen Betrieb als Reparateur von Druckgussmaschinen. Seit dem 18.12.2003 ist er arbeitsunfähig erkrankt und bezog seit dem 23.01.2004 von der Beklagten Krankengeld.
Die Beklagte hörte daraufhin zunächst den behandelnden Arzt an. Der Neurochirurg Dr. B. führte aus, der Kläger sei auf Dauer arbeitsunfähig und erhalte gegenwärtig ambulante Physiotherapie bzw. werde psychiatrisch mitbehandelt. Aus seiner Sicht sei eine Berentung wegen voller Erwerbsminderung angezeigt.
Hierauf veranlasste die Beklagte eine Begutachtung des Klägers nach ambulanter Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). In seinem Gutachten führte Dr. N. aus, der Kläger leide an einer Cervikobrachialgie C6/7 links und einem Taubheitsgefühl der linken Hand bei Bandscheibenvorfall C6/7 sowie degenerativen LWS-Veränderungen mit Wurzelreizsyndrom L5 und S1 rechts und einem Zustand nach Darmverschluss 4/02. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sei bereits wegen der chronischen, belastungsabhängigen Lumboischialgie nur noch grenzwertig ausführbar gewesen. Durch den cervikalen Bandscheibenvorfall müsse die Erwerbsfähigkeit zumindest als erheblich gefährdet, wenn nicht als gemindert angesehen werden. Der Kläger selbst gehe nicht davon aus, dass er seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit wieder aufnehmen könne. Er empfehle daher das Verfahren nach § 51 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) einzuleiten.
Die Beklagte bestellte den Kläger daraufhin zu einem in ihren Geschäftsräumen am 02.03.2004 durchführten Beratungsgespräch ein, informierte ihn über Rentenansprüche, insbesondere darüber, dass ein Anspruch auf Altersrente ohne Abschlag ab Mai 2002 erfüllt sei, da er über 45 Beitragsjahre in der Rentenversicherung vorzuweisen habe. Ebenso bestünde bei einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 Anspruch auf Altersrente ohne Abschläge. Der Kläger habe bereits eine Höherstufung beim Versorgungsamt beantragt. Bisher liege sein GdB nur bei 20. Ab 01.08.2005 habe er ohnehin Anspruch auf Altersrente ohne Abschlag.
Mit Bescheid vom gleichen Tag forderte die Beklagte weiter den Kläger auf, bis spätestens 11.05.2004 einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation zu stellen. Die Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft habe ergeben, dass sich sein Gesundheitszustand durch die Rehabilitationsmaßnahme verbessern könne. Deswegen müsse auf die ärztlich empfohlene Heilbehandlung hingewirkt werden. Ansonsten könne nur noch bis Ende dieser Frist Krankengeld bezahlt werden. Falls er seinen Antrag zurücknehmen oder ändern wolle, so setze dies das Einverständnis der Krankenkasse voraus. Ansonsten könne ebenfalls kein Krankengeld mehr gezahlt werden.
Der Kläger stellte daraufhin am 02.03.2004 Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation bei der LVA Baden-Württemberg. Nach Einholung einer Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. Roling, die Erwerbsfähigkeit sei bereits dauerhaft gemindert und deswegen Rehabilitationsmaßnahmen nicht angezeigt, lehnte die LVA Baden-Württemberg mit Bescheid vom 18.03.2004 den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger sei dauerhaft erwerbsgemindert, so dass sein Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Rentenantrag gelte. Er habe ab 01.01.2004 Anspruch auf eine abschlagsfreie Altersrente wegen Erwerbsminderung.
Sowohl gegen den Bescheid der LVA Baden-Württemberg wie auch den Bescheid der Beklagten legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, die Beklagte habe keine Berechtigung ihn zur Rentenantragstellung aufzufordern. Das mündliche Gespräch und der Bescheid vom 02.03.2004 ließen eine Ermessensausübung nicht erkennen. Er sei über seine Rechte nicht informiert worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die sozialmedizinische Begutachtung des Klägers habe ergeben, dass bei dem Kläger von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit auszugehen sei. Hierüber sei er in dem persönlichen Beratungsgespräch am 02.03.2004 umfassend beraten worden. Man habe ihn insbesondere über die Problematik seiner Arbeitsunfähigkeit, die zu beachtenden Rechtsvorschriften und die bestehenden Möglichkeiten (Rehabilitationsmaßnahme, Rente usw.) informiert. Nach sorgfältiger Abwägung der beim Kläger vorliegenden individuellen Verhältnisse und unter Wertung des vom MDK erstellten sozialmedizinischen Gutachtens habe man dann den Kläger aufgefordert, einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen. Die Auffassung, dass eine Ermessensausübung nicht stattgefunden habe, könne nicht geteilt werden.
Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, die von der Beklagten behauptete umfassende Beratung habe nicht stattgefunden. Der Beklagten gehe es ausschließlich darum, ihn in die Rente zu drängen. Eine Ermessensausübung habe die Beklagte auch nicht vorgenommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.01.2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 30.01.2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die gesetzlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 Satz 1 SGB V hätten bei dem Kläger vorgelegen. Aufgrund der ärztlichen Feststellungen in dem MDK-Gutachten sei davon auszugehen, dass seine Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder sogar bereits gemindert sei. Die Beklagte habe auch das ihr eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Den Interessen der Versichertengemeinschaft entspräche es, im Falle einer arbeitsunfähigkeitsbedingten Erkrankung, die sich als erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit darstelle, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben zu beanspruchen, um einen Erhalt der Erwerbsfähigkeit und eine Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zu erreichen. Gegenüber diesem Interesse seien im Einzelfall die entgegenstehenden Interessen des Versicherten zu berücksichtigen. Solche Interessen seien jedoch weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren ersichtlich gemacht worden. Auch eine missbräuchliche Ausübung des Ermessens lasse sich bei alledem nicht erkennen.
Mit seiner dagegen am 31.01.2006 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, aus dem Bescheid ergebe sich nicht, wo eine Ermessensabwägung stattgefunden haben solle. Er müsse bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente einen versicherungsmathematischen Abschlag hinnehmen, wozu er nicht verpflichtet sei. Des weiteren sei im Anschluss an das Krankengeld nach dem Recht bis 31.01.2006 ein Arbeitslosengeldanspruch von 2 Jahren und 8 Monaten gegeben, den er ausschöpfen könne und dürfe. Auch diese Gestaltungsmöglichkeit stehe ihm offen. Diese Individualinteressen seien in der Ermessenerwägung nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Januar 2006 aufzuheben und festzustellen, dass die Aufforderung der Beklagten, einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation zu stellen, rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, dass der Kläger erst nach sorgfältiger Abwägung seiner individuellen Verhältnisse und unter Wertung des MDK-Gutachtens zur Antragstellung aufgefordert worden wäre. Die Beurteilung durch den Rentenversicherungsträger habe sogar ergeben, dass seine Erwerbsfähigkeit so gemindert sei, dass ein Erfolg von Leistungen zur Rehabilitation und von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erwarten sei.
Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg hat auf Nachfrage seitens des Senats mitgeteilt, dass der Kläger ab dem 01.01.2004 Anspruch auf abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen habe. Bei einer Rente wegen Erwerbsminderung wäre hingegen ein Abschlag von 2,4 % (ausgehend von einem Rentenbeginn 01.01.2004) zu berücksichtigen. Der Kläger erhalte gegenwärtig weder eine Altersrente noch eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Der Kläger hat bis zur Höchstbezugsdauer 01.06.2005 Krankengeld bezogen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 151 Abs. 1, 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Aufforderung zur Rehabilitationsantragstellung war rechtmäßig.
Die Hauptsache, nämlich die Aufforderung zur Stellung eines Rehabilitationsantrags, hat sich zwar durch die Antragstellung des Klägers vom 02.03.2004 nach § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt. Die Klage ist gleichwohl nicht unzulässig geworden, denn das aufrechterhaltene Berufungsbegehren des Klägers ist bei sinnentsprechender Auslegung als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG zu werten, mit der die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufforderung erreicht werden soll (BSG Urteil vom 16.11.2005 B 2 U 14/04 R). Der Übergang von der Anfechtungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage ist noch im Berufungsverfahren zulässig, da darin keine Klageänderung zu sehen ist (§ 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG).
Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, wie es § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Fortsetzungsfeststellungsklage verlangt. Hierfür genügt ein durch die Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher, ideeller Natur sein kann. Die angestrebte Entscheidung muss die Lage des Klägers verbessern können (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, § 131 Rd.-Ziff. 10 a). Dies ist hier der Fall, weil der Kläger sich nicht in die Rente drängen lassen möchte, sondern nach Ausschöpfung seines Krankengeldanspruchs weiter Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen möchte, daher insbesondere nicht einen Rentenantrag stellen will (vgl. hierzu Urteil des Senats vom gleichen Tag, L 11 Kr 936/06).
In der Sache selbst hat die Berufung keinen Erfolg. Das Verlangen der Beklagten, einen Rehabilitationsantrag zu stellen, war nicht rechtswidrig. Dies hat das SG mit zutreffender Begründung dargelegt. Der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 51 SGB V, wonach die Krankenkasse einem Versicherten, dessen Erwerbsfähigkeit nach ärztlichen Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist von 10 Wochen setzen kann, innerhalb der er einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen hat.
Diese Voraussetzungen liegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bei dem Kläger vor. Nach dem im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Gutachten (zum Gutachtensbegriff in diesem Zusammenhang vgl. BSG SozR 3-2200 § 183 Nr. 2) von Dr. N. ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers als Betriebsmechaniker aufgrund der Cervikobrachialgie C6/7 links erheblich gefährdet. Das wird letztendlich auch von dem Kläger nicht in Abrede gestellt und wird weiter bestätigt durch die Stellungnahme von Dr. R., der sogar die Erwerbsfähigkeit des Klägers für aufgehoben erachtete. Demgemäß war die Beklagte grundsätzlich berechtigt, den Kläger zur Antragstellung aufzufordern. Aus dem Beratungsvermerk über das daraufhin am 02.03.2004 geführte Beratungsgespräch geht auch hervor, dass die Beklagte ihrer Beratungspflicht nach § 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nachgekommen ist (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 07.12.2004, B 1 KR 6/03 R, SozR 4 - 2500 - § 51 Nr. 1). Der Kläger konnte eindeutige Klarheit darüber erhalten, welche Konsequenzen für ihn mit einer Beantragung von Leistungen zur Rehabilitation verbunden sind, nämlich dass der Antrag insbesondere in einen solchen auf Rente umgedeutet werden kann.
Die Beklagte hat auch ihre Entscheidung nach pflichtgemäßen Ermessen getroffen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Formulierung des Bescheides vom 2.3.2004, dass unter Abwägung den Interessen der Versichertengemeinschaft mit den Interessen des Klägers man zu der Entscheidung gekommen sei, dass sich der Gesundheitszustand durch eine Rehabilitationsmaßnahme verbessern könne. Das SG hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger weder im Beratungsgespräch, noch im nachfolgenden Widerspruchs- oder Klageverfahren irgendwelche Interessen geltend gemacht hat, die Beklagte folglich auch nur ganz allgemein seine Interessen, möglichst lange die Krankengeldzahlung zu erhalten mit den Interessen der Versichertengemeinschaft abwägen konnte. Eine missbräuchliche Ausübung des Ermessens lässt sich nach alledem auch für den Senat nicht erkennen.
Nach alledem war deswegen die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufforderung, einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation zu stellen, streitig.
Der am 22.08.1941 geborene Kläger ist ausgebildeter Maschinenschlosser und arbeitet seit 14 Jahren in einem mittelständischen Betrieb als Reparateur von Druckgussmaschinen. Seit dem 18.12.2003 ist er arbeitsunfähig erkrankt und bezog seit dem 23.01.2004 von der Beklagten Krankengeld.
Die Beklagte hörte daraufhin zunächst den behandelnden Arzt an. Der Neurochirurg Dr. B. führte aus, der Kläger sei auf Dauer arbeitsunfähig und erhalte gegenwärtig ambulante Physiotherapie bzw. werde psychiatrisch mitbehandelt. Aus seiner Sicht sei eine Berentung wegen voller Erwerbsminderung angezeigt.
Hierauf veranlasste die Beklagte eine Begutachtung des Klägers nach ambulanter Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK). In seinem Gutachten führte Dr. N. aus, der Kläger leide an einer Cervikobrachialgie C6/7 links und einem Taubheitsgefühl der linken Hand bei Bandscheibenvorfall C6/7 sowie degenerativen LWS-Veränderungen mit Wurzelreizsyndrom L5 und S1 rechts und einem Zustand nach Darmverschluss 4/02. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sei bereits wegen der chronischen, belastungsabhängigen Lumboischialgie nur noch grenzwertig ausführbar gewesen. Durch den cervikalen Bandscheibenvorfall müsse die Erwerbsfähigkeit zumindest als erheblich gefährdet, wenn nicht als gemindert angesehen werden. Der Kläger selbst gehe nicht davon aus, dass er seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit wieder aufnehmen könne. Er empfehle daher das Verfahren nach § 51 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) einzuleiten.
Die Beklagte bestellte den Kläger daraufhin zu einem in ihren Geschäftsräumen am 02.03.2004 durchführten Beratungsgespräch ein, informierte ihn über Rentenansprüche, insbesondere darüber, dass ein Anspruch auf Altersrente ohne Abschlag ab Mai 2002 erfüllt sei, da er über 45 Beitragsjahre in der Rentenversicherung vorzuweisen habe. Ebenso bestünde bei einem Grad der Behinderung (GdB) von 50 Anspruch auf Altersrente ohne Abschläge. Der Kläger habe bereits eine Höherstufung beim Versorgungsamt beantragt. Bisher liege sein GdB nur bei 20. Ab 01.08.2005 habe er ohnehin Anspruch auf Altersrente ohne Abschlag.
Mit Bescheid vom gleichen Tag forderte die Beklagte weiter den Kläger auf, bis spätestens 11.05.2004 einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation zu stellen. Die Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft habe ergeben, dass sich sein Gesundheitszustand durch die Rehabilitationsmaßnahme verbessern könne. Deswegen müsse auf die ärztlich empfohlene Heilbehandlung hingewirkt werden. Ansonsten könne nur noch bis Ende dieser Frist Krankengeld bezahlt werden. Falls er seinen Antrag zurücknehmen oder ändern wolle, so setze dies das Einverständnis der Krankenkasse voraus. Ansonsten könne ebenfalls kein Krankengeld mehr gezahlt werden.
Der Kläger stellte daraufhin am 02.03.2004 Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation bei der LVA Baden-Württemberg. Nach Einholung einer Stellungnahme ihres Beratungsarztes Dr. Roling, die Erwerbsfähigkeit sei bereits dauerhaft gemindert und deswegen Rehabilitationsmaßnahmen nicht angezeigt, lehnte die LVA Baden-Württemberg mit Bescheid vom 18.03.2004 den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger sei dauerhaft erwerbsgemindert, so dass sein Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation als Rentenantrag gelte. Er habe ab 01.01.2004 Anspruch auf eine abschlagsfreie Altersrente wegen Erwerbsminderung.
Sowohl gegen den Bescheid der LVA Baden-Württemberg wie auch den Bescheid der Beklagten legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, die Beklagte habe keine Berechtigung ihn zur Rentenantragstellung aufzufordern. Das mündliche Gespräch und der Bescheid vom 02.03.2004 ließen eine Ermessensausübung nicht erkennen. Er sei über seine Rechte nicht informiert worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die sozialmedizinische Begutachtung des Klägers habe ergeben, dass bei dem Kläger von einer Minderung der Erwerbsfähigkeit auszugehen sei. Hierüber sei er in dem persönlichen Beratungsgespräch am 02.03.2004 umfassend beraten worden. Man habe ihn insbesondere über die Problematik seiner Arbeitsunfähigkeit, die zu beachtenden Rechtsvorschriften und die bestehenden Möglichkeiten (Rehabilitationsmaßnahme, Rente usw.) informiert. Nach sorgfältiger Abwägung der beim Kläger vorliegenden individuellen Verhältnisse und unter Wertung des vom MDK erstellten sozialmedizinischen Gutachtens habe man dann den Kläger aufgefordert, einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen. Die Auffassung, dass eine Ermessensausübung nicht stattgefunden habe, könne nicht geteilt werden.
Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, die von der Beklagten behauptete umfassende Beratung habe nicht stattgefunden. Der Beklagten gehe es ausschließlich darum, ihn in die Rente zu drängen. Eine Ermessensausübung habe die Beklagte auch nicht vorgenommen.
Mit Gerichtsbescheid vom 05.01.2006, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 30.01.2006, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, die gesetzlichen Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 Satz 1 SGB V hätten bei dem Kläger vorgelegen. Aufgrund der ärztlichen Feststellungen in dem MDK-Gutachten sei davon auszugehen, dass seine Erwerbsfähigkeit erheblich gefährdet oder sogar bereits gemindert sei. Die Beklagte habe auch das ihr eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt. Den Interessen der Versichertengemeinschaft entspräche es, im Falle einer arbeitsunfähigkeitsbedingten Erkrankung, die sich als erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit darstelle, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben zu beanspruchen, um einen Erhalt der Erwerbsfähigkeit und eine Beendigung der Arbeitsunfähigkeit zu erreichen. Gegenüber diesem Interesse seien im Einzelfall die entgegenstehenden Interessen des Versicherten zu berücksichtigen. Solche Interessen seien jedoch weder im Widerspruchs- noch im Klageverfahren ersichtlich gemacht worden. Auch eine missbräuchliche Ausübung des Ermessens lasse sich bei alledem nicht erkennen.
Mit seiner dagegen am 31.01.2006 eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, aus dem Bescheid ergebe sich nicht, wo eine Ermessensabwägung stattgefunden haben solle. Er müsse bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Rente einen versicherungsmathematischen Abschlag hinnehmen, wozu er nicht verpflichtet sei. Des weiteren sei im Anschluss an das Krankengeld nach dem Recht bis 31.01.2006 ein Arbeitslosengeldanspruch von 2 Jahren und 8 Monaten gegeben, den er ausschöpfen könne und dürfe. Auch diese Gestaltungsmöglichkeit stehe ihm offen. Diese Individualinteressen seien in der Ermessenerwägung nicht ausreichend berücksichtigt worden.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 5. Januar 2006 aufzuheben und festzustellen, dass die Aufforderung der Beklagten, einen Antrag auf medizinische Leistungen zur Rehabilitation zu stellen, rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt ergänzend vor, dass der Kläger erst nach sorgfältiger Abwägung seiner individuellen Verhältnisse und unter Wertung des MDK-Gutachtens zur Antragstellung aufgefordert worden wäre. Die Beurteilung durch den Rentenversicherungsträger habe sogar ergeben, dass seine Erwerbsfähigkeit so gemindert sei, dass ein Erfolg von Leistungen zur Rehabilitation und von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zu erwarten sei.
Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg hat auf Nachfrage seitens des Senats mitgeteilt, dass der Kläger ab dem 01.01.2004 Anspruch auf abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen habe. Bei einer Rente wegen Erwerbsminderung wäre hingegen ein Abschlag von 2,4 % (ausgehend von einem Rentenbeginn 01.01.2004) zu berücksichtigen. Der Kläger erhalte gegenwärtig weder eine Altersrente noch eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Der Kläger hat bis zur Höchstbezugsdauer 01.06.2005 Krankengeld bezogen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 151 Abs. 1, 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Aufforderung zur Rehabilitationsantragstellung war rechtmäßig.
Die Hauptsache, nämlich die Aufforderung zur Stellung eines Rehabilitationsantrags, hat sich zwar durch die Antragstellung des Klägers vom 02.03.2004 nach § 39 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) erledigt. Die Klage ist gleichwohl nicht unzulässig geworden, denn das aufrechterhaltene Berufungsbegehren des Klägers ist bei sinnentsprechender Auslegung als Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG zu werten, mit der die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufforderung erreicht werden soll (BSG Urteil vom 16.11.2005 B 2 U 14/04 R). Der Übergang von der Anfechtungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage ist noch im Berufungsverfahren zulässig, da darin keine Klageänderung zu sehen ist (§ 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG).
Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, wie es § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Fortsetzungsfeststellungsklage verlangt. Hierfür genügt ein durch die Sachlage vernünftigerweise gerechtfertigtes Interesse, das rechtlicher, wirtschaftlicher, ideeller Natur sein kann. Die angestrebte Entscheidung muss die Lage des Klägers verbessern können (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, § 131 Rd.-Ziff. 10 a). Dies ist hier der Fall, weil der Kläger sich nicht in die Rente drängen lassen möchte, sondern nach Ausschöpfung seines Krankengeldanspruchs weiter Arbeitslosengeld in Anspruch nehmen möchte, daher insbesondere nicht einen Rentenantrag stellen will (vgl. hierzu Urteil des Senats vom gleichen Tag, L 11 Kr 936/06).
In der Sache selbst hat die Berufung keinen Erfolg. Das Verlangen der Beklagten, einen Rehabilitationsantrag zu stellen, war nicht rechtswidrig. Dies hat das SG mit zutreffender Begründung dargelegt. Der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen ergänzend nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 51 SGB V, wonach die Krankenkasse einem Versicherten, dessen Erwerbsfähigkeit nach ärztlichen Gutachten erheblich gefährdet oder gemindert ist, eine Frist von 10 Wochen setzen kann, innerhalb der er einen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation und zur Teilhabe am Arbeitsleben zu stellen hat.
Diese Voraussetzungen liegen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bei dem Kläger vor. Nach dem im Wege des Urkundsbeweises verwertbaren Gutachten (zum Gutachtensbegriff in diesem Zusammenhang vgl. BSG SozR 3-2200 § 183 Nr. 2) von Dr. N. ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers als Betriebsmechaniker aufgrund der Cervikobrachialgie C6/7 links erheblich gefährdet. Das wird letztendlich auch von dem Kläger nicht in Abrede gestellt und wird weiter bestätigt durch die Stellungnahme von Dr. R., der sogar die Erwerbsfähigkeit des Klägers für aufgehoben erachtete. Demgemäß war die Beklagte grundsätzlich berechtigt, den Kläger zur Antragstellung aufzufordern. Aus dem Beratungsvermerk über das daraufhin am 02.03.2004 geführte Beratungsgespräch geht auch hervor, dass die Beklagte ihrer Beratungspflicht nach § 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nachgekommen ist (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 07.12.2004, B 1 KR 6/03 R, SozR 4 - 2500 - § 51 Nr. 1). Der Kläger konnte eindeutige Klarheit darüber erhalten, welche Konsequenzen für ihn mit einer Beantragung von Leistungen zur Rehabilitation verbunden sind, nämlich dass der Antrag insbesondere in einen solchen auf Rente umgedeutet werden kann.
Die Beklagte hat auch ihre Entscheidung nach pflichtgemäßen Ermessen getroffen. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus der Formulierung des Bescheides vom 2.3.2004, dass unter Abwägung den Interessen der Versichertengemeinschaft mit den Interessen des Klägers man zu der Entscheidung gekommen sei, dass sich der Gesundheitszustand durch eine Rehabilitationsmaßnahme verbessern könne. Das SG hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger weder im Beratungsgespräch, noch im nachfolgenden Widerspruchs- oder Klageverfahren irgendwelche Interessen geltend gemacht hat, die Beklagte folglich auch nur ganz allgemein seine Interessen, möglichst lange die Krankengeldzahlung zu erhalten mit den Interessen der Versichertengemeinschaft abwägen konnte. Eine missbräuchliche Ausübung des Ermessens lässt sich nach alledem auch für den Senat nicht erkennen.
Nach alledem war deswegen die Berufung als unbegründet zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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