Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3560/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2162/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31. März 2006 abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist (noch) streitig, ob der Kläger Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Juni 2003 hat.
Der 1951 geborene Kläger italienischer Staatsangehörigkeit stammt aus Sizilien und hat seinen Angaben zufolge keinen Beruf erlernt. Seit 1987 lebt er dauerhaft in Deutschland und arbeitete als Maurer für verschiedene Firmen, zuletzt von 1999 bis 2002 bei der Firma E & S B. GmbH in S ... Von Mai 2002 bis einschließlich Januar 2003 war er wegen eines depressiven Syndroms arbeitsunfähig, dann erneut dauerhaft wegen Meniskusschädigung ab dem 13. Februar 2003, zunächst mit Krankengeldbezug. Seit April 2004 ist er arbeitslos.
Seinen am 5. Mai 2003 gestellten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung begründete er mit dem mit chronischen Schmerzen verbundenen Verschleiß beider Kniegelenken, die zu Schwierigkeiten beim Stehen, Sitzen und Laufen führten.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine orthopädische Begutachtung des Klägers nach ambulanter Untersuchung. Der Orthopäde und Rheumatologe Dr. V. diagnostizierte 1. mäßige Retropatellararthrose beider Knie, 2. Lumboischialgie bei mäßiger Degeneration und 3. narbige Kontraktur der rechten Hand mit Streckdefizit der Finger 1, 4 und 5. Als Maurer im Hoch- und Tiefbau sei der Kläger daher nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar, während noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit kürzeren Stehzeiten und kürzeren Wegstrecken bestehe.
Die Beklagte holte hierauf eine Auskunft des letzten Arbeitgebers ein. Die Firma E & S B. GmbH teilte mit, der Kläger sei mit Hochbauarbeiten beschäftigt gewesen, die im allgemeinen von angelernten Arbeitern mit einer Ausbildung von vier bis fünf Monaten verrichtet werden könnten. Der Kläger habe nicht über die praktischen und theoretischen Kenntnisse eines voll ausgebildeten Facharbeiters verfügt. Vergütet worden sei er nach freier Vereinbarung, wobei berücksichtigt worden sei, dass er im Akkord gearbeitet habe.
Mit Bescheid vom 26. September 2003 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag mit der Begründung ab, der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts noch leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten und sei damit weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Auf seinen dagegen eingelegten Widerspruch veranlasste die Beklagte eine weitere neurologisch-psychiatrische Begutachtung durch Dr. W ... Diese führte aus, dass die berufliche Leistungsfähigkeit aus neuropsychiatrischer Sicht nicht nennenswert eingeschränkt sei. Wegen des Untergewichts und der chronischen Lumbalgien sei er sicher nicht mehr in der Lage, körperlich schwere Tätigkeiten auszuführen, insbesondere als Bauarbeiter zu arbeiten. Beschränkungen für körperlich leichte Tätigkeiten bestünden hingegen nicht. Der Kläger müsse lediglich Tätigkeiten verbunden mit häufigem Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie Zwangshaltungen vermeiden. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2004 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, der Kläger sei nach Art und Qualität der verrichteten Tätigkeit in Deutschland als ungelernter, günstigstenfalls angelernter Arbeiter im Hochbau beschäftigt gewesen und könne deshalb ohne Einschränkung auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, die keine besonderen Fachkenntnisse voraussetzten und denen er gesundheitlich gewachsen sei. Nach dem medizinischen Beweisergebnis stehe auch fest, dass er in der Lage sei, noch solche leichten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen vollschichtig zu verrichten.
Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, es sei ihm das Ergebnis der nervenärztlichen Begutachtung nicht nachvollziehbar.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen gehört, ihn nervenärztlich begutachten lassen und den Geschäftsführer bzw. den Polier der Firma E & S B. schriftlich bzw. mündlich als Zeugen befragt.
Der Allgemeinmediziner und Psychotherapeut Dr. K. erachtete das Leistungsvermögen aufgrund des Verdachtes auf eine generalisierte Schmerzsymptomatik als eingeschränkt. Diese gehe einher mit einer Depression, wobei die Behandlung dadurch erschwert sei, dass sich der Kläger ohne Hilfe seiner Kinder in der deutschen Sprache so gut wie nicht verständigen könne. Der Orthopäde Dr. R., der den Kläger wegen seiner Rückenbeschwerden behandelt hatte, war hingegen der Auffassung, dass aus orthopädischer Sicht einem Leistungsvermögen von täglich sechs Stunden unter Vermeidung von permanentem Heben und Tragen von Lasten von mehr als 20 kg sowie Überkopfarbeiten nichts entgegenstünde. Der Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. W. berichtete über ein chronisches Rückenleiden bei degenerativen Veränderungen des Achsenorgans, eine generalisierte Schmerzverarbeitungsstörung und eine Funktionseinschränkung der rechten Hand durch eine Verkürzung der Beugesehnen. Unter der Bedingung einer verbesserten Schmerzkontrolle (unter orthopädischer, gegebenenfalls schmerztherapeutischer Behandlung) und mit der Einschränkung, dass Nachtarbeit ebenso wie vornübergebeugte Tätigkeiten und Überkopfarbeiten sowie das regelmäßige Heben und Tragen von Lasten über 5 kg unterbleiben sollten, auch die rechte Hand nicht hoch manuell belastbar sei, sei der Kläger aber wieder vollschichtig leistungsfähig. Der Arzt für Chirurgie W. erachtete den Kläger aufgrund der überlagerten psychosomatischen Gelenkbeschwerden und Depression für nicht vollschichtig leistungsfähig. Die Neurologin und Psychiaterin Dr. M.-K. beschrieb eine mittelschwere bis schwere rezidivierende depressive Störung sowie ein pathologisches Spielen. Diesbezüglich habe sie den Kläger an die Suchtberatungsstelle verwiesen. Aus ihrer Sicht sei der Kläger daher nur halbschichtig leistungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten, wobei keine hohen Anforderungen an Konzentration, Durchhaltevermögen und Anpassungsfähigkeit sowie Umstellungsfähigkeit zu stellen seien.
Der Sachverständige Dr. S., Chefarzt der Abteilung Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie I des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden, beschrieb ein pathologisches Glücksspiel sowie einen Zustand nach schwerer depressiver Störung, die jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt überwunden sei. Auch aufgrund des in der mehrstündigen Untersuchung gezeigten kognitiven und motorischen Leistungsvermögens sei der Kläger nicht quantitativ leistungsgemindert, sondern könne noch vollschichtig, d.h. bis zu acht Stunden werktäglich arbeiten. Dabei müsse er Tätigkeiten, die ihn in unmittelbare Kontakte zu Bargeld oder Glücksspielautomaten brächten, ebenso vermeiden wie solche, die arbeitsplatzbedingt zu Alkoholkontakt führten. Arbeiten mit erhöhter psychosozialer Stressbelastung schieden ebenso wie solche einhergehend mit erhöhtem Zeitdruck oder Nachtschicht aus.
Der Geschäftsführer Herr J. S. führte aus, die Firma E & S B. sei seit 2003 insolvent. Der Kläger sei im Hochbau mit Maurer-, Schal- und Betonierarbeiten eingesetzt worden. Diese Tätigkeiten würden im allgemeinen nur von Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung von mehr als zwei Jahren verrichtet werden. Die Tätigkeiten seien häufig schwer gewesen, nie im Schichtbetrieb oder im Akkord, ständig im Stehen und Gehen, häufig auch im Sitzen, nur gelegentlich im Bücken und nicht hockend verrichtet.
Der Maurermeister und Polier Herr M. M. führte aus, der Kläger sei nach freier Vereinbarung gezahlt worden. Aufgrund seiner mangelnden Sprachkenntnisse habe der Kläger den Bürobesprechungen nicht folgen können. Weil jedoch immer die gleichen Arbeitsabläufe angefallen seien, habe man sich irgendwie verständigen können. Fachlich habe der Kläger alles machen können, was für die Tätigkeit eines Maurers erforderlich sei. Über theoretisches Wissen habe er nur sehr wenig verfügt. Er hätte z.B. selbst nicht die verschiedene Betonsorten, wie sie teilweise erforderlich seien, bestellen können.
Nach Widerruf eines in der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2006 geschlossenen Vergleichs durch die Beklagte verurteilte das SG die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 31. März 2006, der Beklagten zugestellt am 6. April 2006, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Juni 2003 zu gewähren und wies im Übrigen die Klage als unbegründet ab. Der Kläger sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zwar noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Einschränkungen zu verrichten, was sich insbesondere aus dem Gutachten von Dr. S. ergebe. Damit sei er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er habe jedoch Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er aufgrund seiner orthopädischen Einschränkungen nicht mehr in der Lage sei als Maurer tätig zu sein. Aufgrund seiner Tätigkeit bei der Firma E & S B. GmbH müsse ihm Berufsschutz zugebilligt werden. Dies ergebe sich insbesondere aufgrund der Aussage des Zeugen M., wonach er sämtliche Tätigkeiten eines Maurers vollschichtig hätte verrichten können. Dem stünden auch seine schlechten Deutschkenntnisse nicht entgegen. Denn die Anforderungen bei den theoretischen Kenntnissen dürften nicht überspannt werden. Es könne nur gefordert werden, dass der Versicherte unbeanstandet die gleichen Arbeiten wie seine Berufskollegen mit regulärer Ausbildung erbrächte. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Arbeitsplatzbeschreibung, die nach Aussage des Zeugen M. von einer Bürokraft stamme. Denn der Einschätzung eines Maurermeisters und Poliers komme ein höherer Beweiswert zu. Der Kläger könne auch nicht auf einen zumutbaren Verweisungsberuf verwiesen werden, da er über die erforderlichen Vorkenntnisse für eine Tätigkeit als Registrator bzw. Mitarbeiter in einem Büro oder in einer Poststelle nicht verfüge. Dies setze jedenfalls gewisse Grundkenntnisse in der Datenverarbeitung und über Verwaltungsabläufe voraus. Über solche Erfahrungen im Büro- und Verwaltungsbereich verfüge der Kläger nicht, der bisher ausschließlich rein körperlich als Maurer und zuvor in der Landwirtschaft gearbeitet habe. Somit seien die Tätigkeiten für ihn vollkommen berufsfremd und er könne sie nicht innerhalb einer unter dreimonatigen Einlernzeit erlernen.
Mit ihrer dagegen am 26. April 2006 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, der Kläger sei weder tarifvertraglich als Facharbeiter eingestuft und bezahlt worden, sondern nach freier Vereinbarung, noch verfüge er angesichts seiner mangelnden Deutschkenntnisse über die theoretischen Kenntnisse eines Maurerfacharbeiters. Der Zeuge M. habe lediglich ausgeführt, dass der Kläger an seinem individuellen Arbeitsplatz in der Lage gewesen sei als Facharbeiter tätig zu sein. Auf dem freien Arbeitsmarkt sei er hingegen in vollem Umfang nicht wettbewerbsfähig. Das Argument, dass für Arbeitnehmer am Ende eines langen Berufslebens nach jahrzehntelanger Ausübung einer Facharbeitertätigkeit nicht mehr alle theoretischen Kenntnisse zur Ablegung einer Facharbeiterprüfung abverlangt werden dürften, sei auf den Fall des Klägers nicht übertragbar, dessen Arbeitsverhältnis lediglich drei Jahre angedauert habe.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31. März 2006 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er ist der Auffassung, dass sich sein Anspruch auch aufgrund der schriftlichen Angaben von Herrn S., vormals Geschäftsführer der Firma E & S B. GmbH, ergebe. Dieser habe ausgeführt, dass seine Tätigkeit im Allgemeinen nur von Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung von mehr als zwei Jahren hätten verrichtet werden können. Dass er über die praktische Fähigkeiten und theoretischen Kenntnisse verfügt habe, zeige auch seine lange Berufserfahrung. Es gebe genug Großbaustellen mit Arbeitsplätzen, auf denen er in der geschilderten Weise hätte tätig werden können und zwar mit Erfolg.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG) ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst und damit insgesamt zulässig. Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch in der hier anzuwendenden ab 1. Januar 2001 gültigen Fassung sind im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht. Zwar hat er die allgemeine Wartezeit und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, wie sich aus dem Versicherungsverlauf vom Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2004 ergibt. Indessen kann er nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch leichte Tätigkeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten und als angelernter Arbeiter im oberen Bereich zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners verwiesen werden.
Der Senat stützt sich insoweit auf die überzeugenden und in sich widerspruchsfreien Gutachten von Dr. S., Dr. V. und Dr. W ... Danach steht im Vordergrund der gesundheitlichen Einschränkungen zwar der nervenärztliche Befund mit einem pathologischen Glücksspiel sowie Zustand nach schwerer depressiver Störung. Insbesondere letztere steht aufgrund des Abklingens der Symptomatik aber einer vollschichtigen, sogar achtstündigen Tätigkeit täglich unter Vermeidung von Schicht- und Akkordarbeit nicht entgegen. Erstere bedingt nur, dass der Kläger unmittelbaren Kontakt zu Bargeld, Glücksspielautomaten, Alkohol vermeiden muss. Aufgrund der mäßigen Retropatellararthrose beider Knie sowie der Lumboischialgie bei mäßiger Degeneration kann der Kläger zwar unstreitig seine bisherige Tätigkeit als Maurer im Hoch- und Tiefbau nur noch unter drei Stunden täglich verrichten. Dies hat insbesondere der Verwaltungsgutachter Dr. V. überzeugend und auch für die Beklagte nachvollziehbar dargelegt. Das führt aber nicht dazu, dass der Kläger berufsunfähig ist. Der Senat ist im Gegensatz zum SG zu der Überzeugung gelangt, dass dem Kläger der dafür erforderliche Facharbeiterstatus nicht zusteht. Die Voraussetzungen für einen Berufsschutz hat das SG zutreffend dargestellt. Auch insoweit nimmt der Senat auf den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid Bezug.
Ausschlaggebend für die Zuordnung der Tätigkeit zu der Gruppe des Facharbeiters ist danach allein die Qualität der verrichteten Arbeiten, d.h. der aus einer Vielzahl von Faktoren zu ermittelnde qualitative Wert der Arbeit für den Betrieb. Die für den Beruf des Maurers erforderliche Ausbildung als das wichtigste Kriterium für die Einstufung des Berufes hat der Kläger nicht absolviert. Er wurde auch tarifvertraglich nicht als Maurer entlohnt, sondern nach freier Vereinbarung. Dies hat sowohl die schriftliche Befragung der Firma E & S B. wie auch die Einvernahme des Zeugen M. ergeben. Für eine Einstufung des Klägers als Facharbeiter fehlt es auch an der erforderlichen Wettbewerbsfähigkeit, die grundsätzlich im Verhältnis zu anderen Versicherten derselben Berufsgruppe bestehen muss (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 53, 70, 149). Nach Auswertung der sich aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme ergebenden Erkenntnisse mangelt es dem Kläger dafür an den theoretischen Kenntnissen. Insbesondere der Zeuge M. hat eindrücklich dargelegt, dass der Kläger nur bei immer gleichen Arbeitsabläufen in der Lage war, problemlos mit den anderen Facharbeitern zusammenzuarbeiten. Über theoretisches Wissen hat er jedoch nur sehr wenig verfügt und hätte deswegen beispielsweise nicht verschiedene Betonsorten, soweit sie teilweise erforderlich sind, bestellen können. Das wäre nicht nur aufgrund seiner sprachlichen Probleme, sondern auch aufgrund seines fehlenden Wissens für ihn schwierig gewesen. Dadurch werden die Anforderungen an einen langjährig tätigen Gelernten nicht überspannt. Der Kläger hat zwar in seinem gesamten Versichertenleben in Deutschland und damit nicht nur die drei Jahre bei der Firma E & S B. GmbH als Maurer gearbeitet, sodass von einer langjährigen Beschäftigung als Maurer auszugehen ist. Es werden deswegen nicht die von einem Facharbeiterabsolventen abgefragten theoretischen Kenntnisse verlangt, sondern nur diejenigen, die man nach langjähriger Tätigkeit parat haben muss. Über diese verfügt der Kläger nicht, er hat quasi gar keine theoretischen Kenntnisse. Damit kann er nicht einem ausgelernten Maurer gleichgestellt werden. Insofern hat die Angabe des Zeugen M., er selbst hätte ihn durchaus als Maurer beschäftigt, keine Aussagekraft. Entscheidend ist vielmehr die Wettbewerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, von der aber bei einem Versicherten, der über keinerlei theoretische Kenntnisse verfügt, nicht auszugehen ist. Deswegen kann der Kläger insgesamt gesehen nicht als Facharbeiter, sondern allenfalls als oberer Angelernter eingestuft werden, sodass ihm ein sozial zumutbarer Verweisungsberuf benannt werden muss.
Das ist mit der Tätigkeit eines Pförtners der Fall. Bei dieser Tätigkeit werden die bei dem Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen berücksichtigt. Die Tätigkeit wird überwiegend sitzend, aber auch im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt und ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden (vgl. auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 28.04.2004 - L 3 RJ 2939/99). Der Kläger kann sich gegenüber der Verweisung auf diese Tätigkeit nicht auf mangelnde deutsche Sprachkenntnisse berufen; der Berufsschutz bezieht sich nämlich nur auf die fachlichen Kenntnisse, nicht auf die nicht vorhandenen Kenntnisse der deutschen Sprache (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 61; BSGE 68, 87). Soweit ein Versicherter Deutsch nicht sprechen kann, aber eine andere Sprache spricht, ist die Möglichkeit, einen Arbeitsplatz zu erhalten, nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern aus anderen - nicht versicherten - Gründen eingeschränkt (BSG SozR 3 - 2000 § 1246 Nr. 11).
Nach alledem steht deshalb fest, dass der Kläger nicht berufsunfähig ist. Auf die Berufung der Beklagten ist daher der erstinstanzliche Gerichtsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen angesichts der gefestigten Rechtsprechung des BSG nicht vor.
Außergerichtliche Kosten beider Instanzen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist (noch) streitig, ob der Kläger Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Juni 2003 hat.
Der 1951 geborene Kläger italienischer Staatsangehörigkeit stammt aus Sizilien und hat seinen Angaben zufolge keinen Beruf erlernt. Seit 1987 lebt er dauerhaft in Deutschland und arbeitete als Maurer für verschiedene Firmen, zuletzt von 1999 bis 2002 bei der Firma E & S B. GmbH in S ... Von Mai 2002 bis einschließlich Januar 2003 war er wegen eines depressiven Syndroms arbeitsunfähig, dann erneut dauerhaft wegen Meniskusschädigung ab dem 13. Februar 2003, zunächst mit Krankengeldbezug. Seit April 2004 ist er arbeitslos.
Seinen am 5. Mai 2003 gestellten Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung begründete er mit dem mit chronischen Schmerzen verbundenen Verschleiß beider Kniegelenken, die zu Schwierigkeiten beim Stehen, Sitzen und Laufen führten.
Die Beklagte veranlasste daraufhin eine orthopädische Begutachtung des Klägers nach ambulanter Untersuchung. Der Orthopäde und Rheumatologe Dr. V. diagnostizierte 1. mäßige Retropatellararthrose beider Knie, 2. Lumboischialgie bei mäßiger Degeneration und 3. narbige Kontraktur der rechten Hand mit Streckdefizit der Finger 1, 4 und 5. Als Maurer im Hoch- und Tiefbau sei der Kläger daher nur noch unter drei Stunden täglich einsetzbar, während noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen mit kürzeren Stehzeiten und kürzeren Wegstrecken bestehe.
Die Beklagte holte hierauf eine Auskunft des letzten Arbeitgebers ein. Die Firma E & S B. GmbH teilte mit, der Kläger sei mit Hochbauarbeiten beschäftigt gewesen, die im allgemeinen von angelernten Arbeitern mit einer Ausbildung von vier bis fünf Monaten verrichtet werden könnten. Der Kläger habe nicht über die praktischen und theoretischen Kenntnisse eines voll ausgebildeten Facharbeiters verfügt. Vergütet worden sei er nach freier Vereinbarung, wobei berücksichtigt worden sei, dass er im Akkord gearbeitet habe.
Mit Bescheid vom 26. September 2003 lehnte die Beklagte daraufhin den Rentenantrag mit der Begründung ab, der Kläger könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts noch leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten und sei damit weder berufs- noch erwerbsunfähig.
Auf seinen dagegen eingelegten Widerspruch veranlasste die Beklagte eine weitere neurologisch-psychiatrische Begutachtung durch Dr. W ... Diese führte aus, dass die berufliche Leistungsfähigkeit aus neuropsychiatrischer Sicht nicht nennenswert eingeschränkt sei. Wegen des Untergewichts und der chronischen Lumbalgien sei er sicher nicht mehr in der Lage, körperlich schwere Tätigkeiten auszuführen, insbesondere als Bauarbeiter zu arbeiten. Beschränkungen für körperlich leichte Tätigkeiten bestünden hingegen nicht. Der Kläger müsse lediglich Tätigkeiten verbunden mit häufigem Bücken, Heben, Tragen und Bewegen von Lasten sowie Zwangshaltungen vermeiden. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2004 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie ergänzend aus, der Kläger sei nach Art und Qualität der verrichteten Tätigkeit in Deutschland als ungelernter, günstigstenfalls angelernter Arbeiter im Hochbau beschäftigt gewesen und könne deshalb ohne Einschränkung auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, die keine besonderen Fachkenntnisse voraussetzten und denen er gesundheitlich gewachsen sei. Nach dem medizinischen Beweisergebnis stehe auch fest, dass er in der Lage sei, noch solche leichten Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen vollschichtig zu verrichten.
Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltend, es sei ihm das Ergebnis der nervenärztlichen Begutachtung nicht nachvollziehbar.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen gehört, ihn nervenärztlich begutachten lassen und den Geschäftsführer bzw. den Polier der Firma E & S B. schriftlich bzw. mündlich als Zeugen befragt.
Der Allgemeinmediziner und Psychotherapeut Dr. K. erachtete das Leistungsvermögen aufgrund des Verdachtes auf eine generalisierte Schmerzsymptomatik als eingeschränkt. Diese gehe einher mit einer Depression, wobei die Behandlung dadurch erschwert sei, dass sich der Kläger ohne Hilfe seiner Kinder in der deutschen Sprache so gut wie nicht verständigen könne. Der Orthopäde Dr. R., der den Kläger wegen seiner Rückenbeschwerden behandelt hatte, war hingegen der Auffassung, dass aus orthopädischer Sicht einem Leistungsvermögen von täglich sechs Stunden unter Vermeidung von permanentem Heben und Tragen von Lasten von mehr als 20 kg sowie Überkopfarbeiten nichts entgegenstünde. Der Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. W. berichtete über ein chronisches Rückenleiden bei degenerativen Veränderungen des Achsenorgans, eine generalisierte Schmerzverarbeitungsstörung und eine Funktionseinschränkung der rechten Hand durch eine Verkürzung der Beugesehnen. Unter der Bedingung einer verbesserten Schmerzkontrolle (unter orthopädischer, gegebenenfalls schmerztherapeutischer Behandlung) und mit der Einschränkung, dass Nachtarbeit ebenso wie vornübergebeugte Tätigkeiten und Überkopfarbeiten sowie das regelmäßige Heben und Tragen von Lasten über 5 kg unterbleiben sollten, auch die rechte Hand nicht hoch manuell belastbar sei, sei der Kläger aber wieder vollschichtig leistungsfähig. Der Arzt für Chirurgie W. erachtete den Kläger aufgrund der überlagerten psychosomatischen Gelenkbeschwerden und Depression für nicht vollschichtig leistungsfähig. Die Neurologin und Psychiaterin Dr. M.-K. beschrieb eine mittelschwere bis schwere rezidivierende depressive Störung sowie ein pathologisches Spielen. Diesbezüglich habe sie den Kläger an die Suchtberatungsstelle verwiesen. Aus ihrer Sicht sei der Kläger daher nur halbschichtig leistungsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten, wobei keine hohen Anforderungen an Konzentration, Durchhaltevermögen und Anpassungsfähigkeit sowie Umstellungsfähigkeit zu stellen seien.
Der Sachverständige Dr. S., Chefarzt der Abteilung Allgemeine Psychiatrie und Psychotherapie I des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden, beschrieb ein pathologisches Glücksspiel sowie einen Zustand nach schwerer depressiver Störung, die jedoch zum gegenwärtigen Zeitpunkt überwunden sei. Auch aufgrund des in der mehrstündigen Untersuchung gezeigten kognitiven und motorischen Leistungsvermögens sei der Kläger nicht quantitativ leistungsgemindert, sondern könne noch vollschichtig, d.h. bis zu acht Stunden werktäglich arbeiten. Dabei müsse er Tätigkeiten, die ihn in unmittelbare Kontakte zu Bargeld oder Glücksspielautomaten brächten, ebenso vermeiden wie solche, die arbeitsplatzbedingt zu Alkoholkontakt führten. Arbeiten mit erhöhter psychosozialer Stressbelastung schieden ebenso wie solche einhergehend mit erhöhtem Zeitdruck oder Nachtschicht aus.
Der Geschäftsführer Herr J. S. führte aus, die Firma E & S B. sei seit 2003 insolvent. Der Kläger sei im Hochbau mit Maurer-, Schal- und Betonierarbeiten eingesetzt worden. Diese Tätigkeiten würden im allgemeinen nur von Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung von mehr als zwei Jahren verrichtet werden. Die Tätigkeiten seien häufig schwer gewesen, nie im Schichtbetrieb oder im Akkord, ständig im Stehen und Gehen, häufig auch im Sitzen, nur gelegentlich im Bücken und nicht hockend verrichtet.
Der Maurermeister und Polier Herr M. M. führte aus, der Kläger sei nach freier Vereinbarung gezahlt worden. Aufgrund seiner mangelnden Sprachkenntnisse habe der Kläger den Bürobesprechungen nicht folgen können. Weil jedoch immer die gleichen Arbeitsabläufe angefallen seien, habe man sich irgendwie verständigen können. Fachlich habe der Kläger alles machen können, was für die Tätigkeit eines Maurers erforderlich sei. Über theoretisches Wissen habe er nur sehr wenig verfügt. Er hätte z.B. selbst nicht die verschiedene Betonsorten, wie sie teilweise erforderlich seien, bestellen können.
Nach Widerruf eines in der mündlichen Verhandlung vom 17. Februar 2006 geschlossenen Vergleichs durch die Beklagte verurteilte das SG die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 31. März 2006, der Beklagten zugestellt am 6. April 2006, dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Juni 2003 zu gewähren und wies im Übrigen die Klage als unbegründet ab. Der Kläger sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zwar noch in der Lage, eine leichte körperliche Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Einschränkungen zu verrichten, was sich insbesondere aus dem Gutachten von Dr. S. ergebe. Damit sei er weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Er habe jedoch Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, da er aufgrund seiner orthopädischen Einschränkungen nicht mehr in der Lage sei als Maurer tätig zu sein. Aufgrund seiner Tätigkeit bei der Firma E & S B. GmbH müsse ihm Berufsschutz zugebilligt werden. Dies ergebe sich insbesondere aufgrund der Aussage des Zeugen M., wonach er sämtliche Tätigkeiten eines Maurers vollschichtig hätte verrichten können. Dem stünden auch seine schlechten Deutschkenntnisse nicht entgegen. Denn die Anforderungen bei den theoretischen Kenntnissen dürften nicht überspannt werden. Es könne nur gefordert werden, dass der Versicherte unbeanstandet die gleichen Arbeiten wie seine Berufskollegen mit regulärer Ausbildung erbrächte. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Arbeitsplatzbeschreibung, die nach Aussage des Zeugen M. von einer Bürokraft stamme. Denn der Einschätzung eines Maurermeisters und Poliers komme ein höherer Beweiswert zu. Der Kläger könne auch nicht auf einen zumutbaren Verweisungsberuf verwiesen werden, da er über die erforderlichen Vorkenntnisse für eine Tätigkeit als Registrator bzw. Mitarbeiter in einem Büro oder in einer Poststelle nicht verfüge. Dies setze jedenfalls gewisse Grundkenntnisse in der Datenverarbeitung und über Verwaltungsabläufe voraus. Über solche Erfahrungen im Büro- und Verwaltungsbereich verfüge der Kläger nicht, der bisher ausschließlich rein körperlich als Maurer und zuvor in der Landwirtschaft gearbeitet habe. Somit seien die Tätigkeiten für ihn vollkommen berufsfremd und er könne sie nicht innerhalb einer unter dreimonatigen Einlernzeit erlernen.
Mit ihrer dagegen am 26. April 2006 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, der Kläger sei weder tarifvertraglich als Facharbeiter eingestuft und bezahlt worden, sondern nach freier Vereinbarung, noch verfüge er angesichts seiner mangelnden Deutschkenntnisse über die theoretischen Kenntnisse eines Maurerfacharbeiters. Der Zeuge M. habe lediglich ausgeführt, dass der Kläger an seinem individuellen Arbeitsplatz in der Lage gewesen sei als Facharbeiter tätig zu sein. Auf dem freien Arbeitsmarkt sei er hingegen in vollem Umfang nicht wettbewerbsfähig. Das Argument, dass für Arbeitnehmer am Ende eines langen Berufslebens nach jahrzehntelanger Ausübung einer Facharbeitertätigkeit nicht mehr alle theoretischen Kenntnisse zur Ablegung einer Facharbeiterprüfung abverlangt werden dürften, sei auf den Fall des Klägers nicht übertragbar, dessen Arbeitsverhältnis lediglich drei Jahre angedauert habe.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 31. März 2006 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er ist der Auffassung, dass sich sein Anspruch auch aufgrund der schriftlichen Angaben von Herrn S., vormals Geschäftsführer der Firma E & S B. GmbH, ergebe. Dieser habe ausgeführt, dass seine Tätigkeit im Allgemeinen nur von Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung von mehr als zwei Jahren hätten verrichtet werden können. Dass er über die praktische Fähigkeiten und theoretischen Kenntnisse verfügt habe, zeige auch seine lange Berufserfahrung. Es gebe genug Großbaustellen mit Arbeitsplätzen, auf denen er in der geschilderten Weise hätte tätig werden können und zwar mit Erfolg.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat nach Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG) ist statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG, da die Berufung einen Zeitraum von mehr als einem Jahr umfasst und damit insgesamt zulässig. Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für einen solchen Anspruch in der hier anzuwendenden ab 1. Januar 2001 gültigen Fassung sind im angefochtenen Gerichtsbescheid zutreffend zitiert; hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger zur Überzeugung des Senats nicht. Zwar hat er die allgemeine Wartezeit und die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt, wie sich aus dem Versicherungsverlauf vom Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2004 ergibt. Indessen kann er nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch leichte Tätigkeiten mit gewissen qualitativen Einschränkungen vollschichtig verrichten und als angelernter Arbeiter im oberen Bereich zumutbar auf die Tätigkeit eines Pförtners verwiesen werden.
Der Senat stützt sich insoweit auf die überzeugenden und in sich widerspruchsfreien Gutachten von Dr. S., Dr. V. und Dr. W ... Danach steht im Vordergrund der gesundheitlichen Einschränkungen zwar der nervenärztliche Befund mit einem pathologischen Glücksspiel sowie Zustand nach schwerer depressiver Störung. Insbesondere letztere steht aufgrund des Abklingens der Symptomatik aber einer vollschichtigen, sogar achtstündigen Tätigkeit täglich unter Vermeidung von Schicht- und Akkordarbeit nicht entgegen. Erstere bedingt nur, dass der Kläger unmittelbaren Kontakt zu Bargeld, Glücksspielautomaten, Alkohol vermeiden muss. Aufgrund der mäßigen Retropatellararthrose beider Knie sowie der Lumboischialgie bei mäßiger Degeneration kann der Kläger zwar unstreitig seine bisherige Tätigkeit als Maurer im Hoch- und Tiefbau nur noch unter drei Stunden täglich verrichten. Dies hat insbesondere der Verwaltungsgutachter Dr. V. überzeugend und auch für die Beklagte nachvollziehbar dargelegt. Das führt aber nicht dazu, dass der Kläger berufsunfähig ist. Der Senat ist im Gegensatz zum SG zu der Überzeugung gelangt, dass dem Kläger der dafür erforderliche Facharbeiterstatus nicht zusteht. Die Voraussetzungen für einen Berufsschutz hat das SG zutreffend dargestellt. Auch insoweit nimmt der Senat auf den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid Bezug.
Ausschlaggebend für die Zuordnung der Tätigkeit zu der Gruppe des Facharbeiters ist danach allein die Qualität der verrichteten Arbeiten, d.h. der aus einer Vielzahl von Faktoren zu ermittelnde qualitative Wert der Arbeit für den Betrieb. Die für den Beruf des Maurers erforderliche Ausbildung als das wichtigste Kriterium für die Einstufung des Berufes hat der Kläger nicht absolviert. Er wurde auch tarifvertraglich nicht als Maurer entlohnt, sondern nach freier Vereinbarung. Dies hat sowohl die schriftliche Befragung der Firma E & S B. wie auch die Einvernahme des Zeugen M. ergeben. Für eine Einstufung des Klägers als Facharbeiter fehlt es auch an der erforderlichen Wettbewerbsfähigkeit, die grundsätzlich im Verhältnis zu anderen Versicherten derselben Berufsgruppe bestehen muss (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 53, 70, 149). Nach Auswertung der sich aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme ergebenden Erkenntnisse mangelt es dem Kläger dafür an den theoretischen Kenntnissen. Insbesondere der Zeuge M. hat eindrücklich dargelegt, dass der Kläger nur bei immer gleichen Arbeitsabläufen in der Lage war, problemlos mit den anderen Facharbeitern zusammenzuarbeiten. Über theoretisches Wissen hat er jedoch nur sehr wenig verfügt und hätte deswegen beispielsweise nicht verschiedene Betonsorten, soweit sie teilweise erforderlich sind, bestellen können. Das wäre nicht nur aufgrund seiner sprachlichen Probleme, sondern auch aufgrund seines fehlenden Wissens für ihn schwierig gewesen. Dadurch werden die Anforderungen an einen langjährig tätigen Gelernten nicht überspannt. Der Kläger hat zwar in seinem gesamten Versichertenleben in Deutschland und damit nicht nur die drei Jahre bei der Firma E & S B. GmbH als Maurer gearbeitet, sodass von einer langjährigen Beschäftigung als Maurer auszugehen ist. Es werden deswegen nicht die von einem Facharbeiterabsolventen abgefragten theoretischen Kenntnisse verlangt, sondern nur diejenigen, die man nach langjähriger Tätigkeit parat haben muss. Über diese verfügt der Kläger nicht, er hat quasi gar keine theoretischen Kenntnisse. Damit kann er nicht einem ausgelernten Maurer gleichgestellt werden. Insofern hat die Angabe des Zeugen M., er selbst hätte ihn durchaus als Maurer beschäftigt, keine Aussagekraft. Entscheidend ist vielmehr die Wettbewerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, von der aber bei einem Versicherten, der über keinerlei theoretische Kenntnisse verfügt, nicht auszugehen ist. Deswegen kann der Kläger insgesamt gesehen nicht als Facharbeiter, sondern allenfalls als oberer Angelernter eingestuft werden, sodass ihm ein sozial zumutbarer Verweisungsberuf benannt werden muss.
Das ist mit der Tätigkeit eines Pförtners der Fall. Bei dieser Tätigkeit werden die bei dem Kläger bestehenden qualitativen Leistungseinschränkungen berücksichtigt. Die Tätigkeit wird überwiegend sitzend, aber auch im Wechsel von Sitzen und Stehen ausgeübt und ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden (vgl. auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 28.04.2004 - L 3 RJ 2939/99). Der Kläger kann sich gegenüber der Verweisung auf diese Tätigkeit nicht auf mangelnde deutsche Sprachkenntnisse berufen; der Berufsschutz bezieht sich nämlich nur auf die fachlichen Kenntnisse, nicht auf die nicht vorhandenen Kenntnisse der deutschen Sprache (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 61; BSGE 68, 87). Soweit ein Versicherter Deutsch nicht sprechen kann, aber eine andere Sprache spricht, ist die Möglichkeit, einen Arbeitsplatz zu erhalten, nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern aus anderen - nicht versicherten - Gründen eingeschränkt (BSG SozR 3 - 2000 § 1246 Nr. 11).
Nach alledem steht deshalb fest, dass der Kläger nicht berufsunfähig ist. Auf die Berufung der Beklagten ist daher der erstinstanzliche Gerichtsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen angesichts der gefestigten Rechtsprechung des BSG nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved