Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 3 R 132/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 B 454/06 R ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 14. März 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verurteilt wird, dem Antragsteller ab Januar 2006 die ihm gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung in voller Höhe auszuzahlen. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller seine notwendigen außergerichtlichen Kosten auch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.
Gründe:
I.
Der 1958 geborene Antragsteller bezog bis zu seiner Aussteuerung am 29. Januar 2004 Krankengeld und ab dem Folgetag Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 23. Dezember 2004 gewährte die Antragsgegnerin ihm ab dem 01. Juli 2004 eine bis zum 30. November 2006 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Diese betrug nach erster Berechnung ab dem 01. Februar 2005 735,58 EUR, der Zahlbetrag belief sich auf 669,75 EUR. Den sich für die Zeit vom 01. Juli 2004 bis zum 31. Januar 2005 errechnenden Nachzahlbetrag in Höhe von 4.699,30 EUR behielt die Antragsgegnerin ein und erstattete ihn im weiteren Verlauf an die Bundesagentur für Arbeit, die für den Zeitraum vom 01. Juli 2004 bis zum 01. Januar 2005 Erstattungsansprüche in Höhe von insgesamt 5.961,08 EUR (Arbeitslosengeld sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) geltend gemacht hatte.
Mit am 09. Mai 2005 bei der Antragsgegnerin eingegangenem Schreiben vom 28. April 2005 ermächtigte die Bundesagentur für Arbeit diese zur Verrechnung einer Forderung in Höhe von 819,66 EUR. Eine Konkretisierung zur Art der Forderung enthielt das Schreiben ebenso wenig wie die Feststellung, dass die Forderung bestands- oder rechtskräftig festgestellt worden sei. Die Antragsgegnerin informierte den Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 06. Juli 2005, dass sie beabsichtige, im Hinblick auf den Anspruch der Bundesagentur für Arbeit auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen in der genannten Höhe einen Betrag von 333,47 EUR zweimal monatlich und einmalig 152,72 EUR von seiner Rente einzubehalten. Weiter prüfte die Antragsgegnerin die Sozialhilfebedürftigkeit des Antragstellers. In diesem Zusammenhang teilte ihr der Landkreis D als Träger der Sozialhilfe mit, dass der Antragsteller und seine Familie mit 366,57 EUR über dem Sozialhilfebedarf lägen. Aus diesem Überhang seien allerdings noch drei Kredite zu tilgen, die im Zusammenhang mit einem Hauskauf stünden und sich insgesamt auf 577,07 EUR beliefen. Davon seien 358,18 EUR Zinsen bereits bei den Unterkunftskosten berücksichtigt. Ein Betrag von 218,89 EUR müsse für die Tilgung aus dem Überhang aufgebracht werden.
Mit als Bescheid bezeichnetem Schreiben vom 24. August 2005 verrechnete die Antragsgegnerin gegen die bewilligte, dem Antragsteller in Höhe von monatlich 670,27 EUR ausgezahlte Rente wegen voller Erwerbsminderung die von der Bundesagentur geltend gemachten Ansprüche ab dem 01. Oktober 2005 in Höhe von monatlich 147,68 EUR. Zur Begründung führte sie aus, dass die Bundesagentur für Arbeit ihr mitgeteilt habe, es bestehe ein Anspruch auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen in Höhe von 819,66 EUR, und sie zur Verrechnung ermächtigt habe. In Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens habe sie unter Abwägung der Interessen des Antragstellers und der Interessen der Versichertengemeinschaft von einer Verrechnung nicht absehen können. Nach der Sozialhilfeberechnung des Landkreises D bestehe ein Sozialhilfeüberhang von 366,57 EUR. Nach Abzug der zu leistenden Tilgungen der Kredite in Höhe von 218,89 EUR verbleibe ein Betrag in Höhe von 147,68 EUR. Abschließend wurde der Antragsteller über sein Widerspruchsrecht gegen diesen "Bescheid" belehrt.
Den am 01. September 2005 eingelegten Widerspruch des Antragstellers, mit dem dieser geltend machte, dass die Tilgungsrate für die Kredite nicht 218,89 EUR sondern 677,06 EUR betrage und noch laufende Betriebskosten wie Versicherungen, Wasser, Energie etc. hinzukämen, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2005 zurück. Durch die Einbehaltung eines Betrages von monatlich 147,68 EUR trete Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches nicht ein.
Hiergegen erhob der Kläger am 23. November 2005 zum Aktenzeichen S 3 R 1033/05 Klage. Zur Begründung machte er geltend, dass die Rückforderung der Bundesagentur für Arbeit zu Unrecht erfolge. Er habe den zuständigen Sachbearbeiter beim Arbeitsamt von Anfang an darauf hingewiesen, dass die Leistungsbescheide nicht korrekt seien und das ihm bewilligte Arbeitslosengeld zu hoch sei. Der Erstattungsbescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil ihm nicht zu entnehmen sei, in welcher Höhe eine Überzahlung erfolgt sei. Der Erstattungsbetrag in Höhe von 735,58 EUR sei durchgestrichen und nicht unterschrieben. Das Verfahren gegen diesen Bescheid sei noch nicht beendet. Außerdem werde er durch die Verrechnung sehr wohl sozialhilfebedürftig.
Nachdem die Antragsgegnerin die Rente des Antragstellers für Januar 2006 um 147,68 EUR gemindert ausgezahlt hatte, hat der anwaltlich vertretene Antragsteller mit seinem am 07. Februar 2006 beim Sozialgericht Cottbus eingegangenen Antrag ausdrücklich begehrt, die Vollstreckung des "Bescheides" vom 24. August 2005 im Wege der einstweiligen Anordnung solange auszusetzen, bis das Hauptsacheverfahren zum Aktenzeichen S 3 R 1033/05 rechtskräftig abgeschlossen ist. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus dem Klageverfahren wiederholt. Das Sozialgericht Cottbus hat mit Beschluss vom 14. März 2006 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 23. November 2005 gegen den "Bescheid" der Antragsgegnerin vom 24. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2005 angeordnet und die Antragsgegnerin verpflichtet, die ab Januar 2006 einbehaltenen monatlichen Rententeilbeträge in Höhe von 147,68 EUR an den Antragsteller auszukehren. Die Verrechnung der dem Antragsteller zu gewährenden Rentenleistungen mit Erstattungsansprüchen der Bundesagentur für Arbeit sei offensichtlich rechtswidrig. Die Forderung, um deren Verrechnung nachgesucht werde, müsse bestands- bzw. rechtskräftig festgestellt sein. Vorliegend sei jedoch nicht ersichtlich, dass dies der Fall sei. Dem Vortrag des Antragstellers, den maßgeblichen Bescheid der Bundesagentur angefochten zu haben, sei die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten. Auch ergebe sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht, dass die Forderung bestandskräftig festgestellt sei.
Gegen den ihr am 16. März 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 23. März 2006 eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 27. Dezember 2004 nach Mitteilung der Agentur für Arbeit L bestandskräftig sei; ein Rechtsbehelf sei nicht eingelegt worden.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 14. März 2006 aufzuheben und den Antrag vom 07. Februar 2006 auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Ergänzend verweist er darauf, dass ihm der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid am 30. Dezember 2005 zugegangen sei. Er habe daraufhin in der zweiten Januarhälfte beim zuständigen Arbeitsamt vorgesprochen, um Widerspruch einzureichen. Ihm sei dort die Auskunft erteilt worden, er solle keinen Widerspruch einlegen, da von ihm keine Zahlungen gefordert würden. Er solle erst gegen den Forderungseinzug vorgehen. Als die Forderung dann eingezogen werden sollte, habe er mit Schreiben vom 20. April 2005 Einspruch eingelegt. Dieses Schreiben sei nach Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters als Einspruch gewertet worden und die Sache für den Antragsteller erledigt. Im Übrigen sei die Verrechnung aus den im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Gründen nicht rechtmäßig.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 14. März 2006 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, kann aber in der Sache keinen Erfolg haben.
Soweit das Sozialgericht Cottbus davon ausgegangen ist, dass der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes als Antrag nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Anordnung der kraft Gesetzes nach § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung seiner am 23. November 2005 erhobenen Klage gegen den "Bescheid" der Beklagten vom 24. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2005 auszulegen ist, kann ihm nicht gefolgt werden. Zwar liegt es nahe, aufgrund der von der Antragsgegnerin ausgesprochenen Verrechnung – insbesondere unter Berücksichtigung der hierzu gewählten Form – vom Vorliegen eines Verwaltungsaktes auszugehen und anzunehmen, dass mit der Feststellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des hiergegen gerichteten Rechtsmittels das im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verfolgte Begehren erreicht ist. Indes ist dies hier nicht der Fall. Denn notwendig für die aufschiebende Wirkung ist stets, dass überhaupt ein Verwaltungsakt ergangen ist. Die hier streitgegenständliche Verrechnung stellt jedoch keinen Verwaltungsakt in diesem Sinne dar (vgl. BSG, Urteil vom 24.07.2003, B 4 RA 60/02 R, SozR 4-1200 § 52 Nr. 1; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86a Rn. 6 und Anhang zu § 54 Rn. 4c).
Durch die Erklärung vom 24. August 2005, sie verrechne die monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung aus dem Rentenbescheid vom 23. Dezember 2004 ab dem 01. Oktober 2005 in Höhe von monatlich 147,68 EUR mit der Forderung der Bundesagentur für Arbeit, hat die Antragsgegnerin keine Regelung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen. Denn durch diese Erklärung sind die in dem Bescheid vom 23. Dezember 2004 festgestellten subjektiven Rechte des Antragstellers – unter anderem auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und die hieraus resultierenden monatlichen Einzelansprüche - sowie die sie regelnden Verwaltungsakte von der Antragsgegnerin erkennbar nicht aufgehoben oder abgeändert worden. Die insoweit in dem vorgenannten Bescheid enthaltenen Regelungen bestehen vielmehr weiter und sind Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch des Antragstellers. Durch die Verrechnung hat die Antragsgegnerin lediglich den monatlichen Zahlungsanspruch des Antragstellers reduzieren wollen. Die Wirkungen der Verrechnung beurteilen sich, soweit die §§ 51 und 52 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) nichts anderes vorgeben und soweit sie mit dem öffentlichen Sozialverwaltungsrecht vereinbar sind, nach den zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). In diesem Rahmen und auf dieser Grundlage sind sie entsprechend (lückenfüllend) anwendbar. Dies hat zur Folge, dass bei wirksamer Ausübung des öffentlich-rechtlichen Gestaltungsrechts die Rechtsfolgen aus § 389 BGB direkt kraft Gesetzes eintreten. Diese setzen folglich gerade voraus, dass das Recht zu diesem Zeitpunkt noch erfüllbar bestanden hat. Nach Erfüllung bleibt es als Rechtsgrund der Leistung solange bestehen, bis der Verwaltungsakt aufgehoben oder geändert wird oder sich auf andere Weise erledigt hat (§ 39 Abs. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches). Dass die Antragsgegnerin mit ihrer unter der Überschrift "Bescheid" ergangenen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Verrechnungserklärung den Anschein vermittelt hat, eine verbindliche Regelung des öffentlichen Rechts zu treffen, rechtfertigt nicht die Annahme, vorläufiger Rechtsschutz sei nach § 86b Abs. 1 SGG zu gewähren. Denn zwar hat die Antragsgegnerin sich der äußeren Form nach eines - formellen - Verwaltungsaktes bedient, den sie aufzuheben hat, da allein schon durch die Existenz eines solchen formellen Verwaltungsaktes der Antragsteller mit dem Risiko behaftet ist, dass ihm in Zukunft unter Umständen ein insoweit "bestandskräftiger Verwaltungsakt" entgegengehalten werden könnte. Dies dient jedoch allein der Beseitigung eines bestehenden Rechtsscheins.
Maßgeblich für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, mit dem der Antragsteller letztlich die weitere volle Auszahlung der ihm gewährten Rente ab Januar 2006 begehrt, ist vorliegend mithin § 86b Abs. 2 SGG. Nach dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Dies ist vorliegend der Fall.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren unter Aufhebung des "Bescheides" vom 14. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2005 verurteilt werden wird, dem Antragsteller die ihm mit Bescheid vom 23. Dezember 2004 gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung auch ab Januar 2006 in voller Höhe auszuzahlen. Die insoweit noch offene Forderung ist durch die Verrechnungserklärung der Beklagten nicht erloschen (§§ 52, 51, SGB I i.V.m. §§ 387 ff. BGB); die Verrechnungserklärung vom 24. August 2005 war vielmehr mangels hinreichend bestimmter Bezeichnung der zur Verrechnung gestellten Forderung der Bundesagentur für Arbeit unwirksam.
Die Verrechnung erfordert neben dem Vorliegen einer Verrechnungslage zum einen eine wirksame Ermächtigung des die Verrechnungserklärung abgebenden - "schuldenden" - Sozialleistungsträgers (hier der Antragsgegnerin) von dem forderungsberechtigten Leistungsträger sowie zum anderen eine wirksame Verrechnungserklärung. Die Ermächtigung selbst ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Vorliegend dürfte bereits die Ermächtigungserklärung der Bundesagentur für Arbeit vom 28. April 2005 nicht hinreichend substantiiert gewesen sein, also Art und Umfang der Forderung so genau bezeichnet haben, dass die Antragsgegnerin als Empfängerin dieser Willenserklärung ohne weiteres - korrespondierend zu der Ermächtigung - eine substantiierte Verrechnungserklärung hätte mit der Folge abgeben können, dass etwa sich gegenüberstehende Forderungen erloschen sind. Nach Aktenlage hat die Bundesagentur für Arbeit sich in ihrem Schreiben nämlich vielmehr darauf beschränkt zu behaupten, dass eine Forderung in Höhe von 819,66 EUR bestehe. Weder hat sie jedoch Rechtsgrund und Entstehungszeitpunkt sowie Fälligkeit des Anspruchs genannt. Noch hat sie sich dazu geäußert, ob die Forderung bestands- oder rechtskräftig festgestellt worden ist. Infolgedessen dürfte auch die Verrechnungserklärung der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller unwirksam gewesen sein. Für den Antragsteller als Empfänger der Willenserklärung war nach objektiven Auslegungskriterien (§ 133 BGB) nicht erkennbar, mit welcher Forderung der Bundesagentur für Arbeit seine Forderung gegen die Antragsgegnerin verrechnet werden sollte. Es ist zwar gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, welchen Inhalt eine wirksame Verrechnungserklärung haben muss. Da die zur Verrechnung gestellten Forderungen aber nur soweit erlöschen, als sie sich decken, müssen Art und Umfang der Forderungen in der Erklärung eindeutig bezeichnet werden, damit das Erlöschen/Tilgen der jeweiligen Forderungen - auch im Hinblick auf die Rechtskraft (§ 141 Abs. 2 SGG) - festgestellt werden kann. Der zur Herbeiführung der Rechtswirkung der Verrechnung gerichtete Wille muss für einen objektiven Dritten klar erkennbar sein. Dies aber war hier nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hat mit ihrem "Bescheid" vom 24. August 2005 erklärt, dass nach dem bei ihr am 09. Mai 2005 eingegangenen Schreiben der Bundesagentur für Arbeit (vom 28. April 2005) gegen den Antragsteller eine Anspruch auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen in Höhe von 819,66 EUR bestehe, und sie von diesem Leistungsträger zur Verrechnung ermächtigt worden sei. Sie verrechne daher gegen die ihm mit Bescheid vom 23. Dezember 2004 bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung die von der Bundesagentur für Arbeit geltend gemachten Ansprüche in Höhe von monatlich 147,68 EUR. Damit aber hat die Antragsgegnerin die Forderung der Bundesagentur für Arbeit nicht ordnungsgemäß, bestimmt genug bezeichnet. Es fehlen jedenfalls Angaben über den Rechtsgrund, die Bezugszeiten und die Fälligkeit der Forderung; nicht angegeben ist auch, ob die Forderung bestands- bzw. rechtskräftig festgestellt worden ist. Vielmehr wird überhaupt erstmals im Beschwerdeverfahren hinreichend deutlich, dass es vorliegend offenbar um die Befriedigung einer Forderung aus einem – angeblich bestandskräftigen - Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27. Dezember 2004 gehen soll. Sind aber die beabsichtigten Rechtswirkungen wegen Unwirksamkeit der Verrechnung nicht eingetreten, mithin weder die (restliche) Forderung des Antragstellers erloschen noch eine möglicherweise bestehende Schuld des Antragstellers gegenüber der Bundesagentur für Arbeit getilgt, hat der Antragsteller einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Auszahlung der noch offenen Rentenforderung.
Auch hat der Antragsteller ein Bedürfnis an einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren glaubhaft gemacht. Ansprüche aus dem Recht auf Rente wegen voller Erwerbsminderung dienen der Bestreitung des Lebensunterhaltes und damit der Existenzsicherung. Sie sind grundsätzlich unverzüglich zu befriedigen (vgl. BSG a.a.O.). Dies hat hier insbesondere unter Berücksichtigung des verhältnismäßig niedrigen Einkommens des Antragstellers und seiner Ehefrau einerseits und der Schuldverpflichtungen der Familie andererseits zu gelten.
Nach alledem ist die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Auszahlung der vollen Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Januar 2006 zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und orientiert sich am Ausgang in der Sache selbst.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der 1958 geborene Antragsteller bezog bis zu seiner Aussteuerung am 29. Januar 2004 Krankengeld und ab dem Folgetag Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 23. Dezember 2004 gewährte die Antragsgegnerin ihm ab dem 01. Juli 2004 eine bis zum 30. November 2006 befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Diese betrug nach erster Berechnung ab dem 01. Februar 2005 735,58 EUR, der Zahlbetrag belief sich auf 669,75 EUR. Den sich für die Zeit vom 01. Juli 2004 bis zum 31. Januar 2005 errechnenden Nachzahlbetrag in Höhe von 4.699,30 EUR behielt die Antragsgegnerin ein und erstattete ihn im weiteren Verlauf an die Bundesagentur für Arbeit, die für den Zeitraum vom 01. Juli 2004 bis zum 01. Januar 2005 Erstattungsansprüche in Höhe von insgesamt 5.961,08 EUR (Arbeitslosengeld sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) geltend gemacht hatte.
Mit am 09. Mai 2005 bei der Antragsgegnerin eingegangenem Schreiben vom 28. April 2005 ermächtigte die Bundesagentur für Arbeit diese zur Verrechnung einer Forderung in Höhe von 819,66 EUR. Eine Konkretisierung zur Art der Forderung enthielt das Schreiben ebenso wenig wie die Feststellung, dass die Forderung bestands- oder rechtskräftig festgestellt worden sei. Die Antragsgegnerin informierte den Antragsteller daraufhin mit Schreiben vom 06. Juli 2005, dass sie beabsichtige, im Hinblick auf den Anspruch der Bundesagentur für Arbeit auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Sozialleistungen in der genannten Höhe einen Betrag von 333,47 EUR zweimal monatlich und einmalig 152,72 EUR von seiner Rente einzubehalten. Weiter prüfte die Antragsgegnerin die Sozialhilfebedürftigkeit des Antragstellers. In diesem Zusammenhang teilte ihr der Landkreis D als Träger der Sozialhilfe mit, dass der Antragsteller und seine Familie mit 366,57 EUR über dem Sozialhilfebedarf lägen. Aus diesem Überhang seien allerdings noch drei Kredite zu tilgen, die im Zusammenhang mit einem Hauskauf stünden und sich insgesamt auf 577,07 EUR beliefen. Davon seien 358,18 EUR Zinsen bereits bei den Unterkunftskosten berücksichtigt. Ein Betrag von 218,89 EUR müsse für die Tilgung aus dem Überhang aufgebracht werden.
Mit als Bescheid bezeichnetem Schreiben vom 24. August 2005 verrechnete die Antragsgegnerin gegen die bewilligte, dem Antragsteller in Höhe von monatlich 670,27 EUR ausgezahlte Rente wegen voller Erwerbsminderung die von der Bundesagentur geltend gemachten Ansprüche ab dem 01. Oktober 2005 in Höhe von monatlich 147,68 EUR. Zur Begründung führte sie aus, dass die Bundesagentur für Arbeit ihr mitgeteilt habe, es bestehe ein Anspruch auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen in Höhe von 819,66 EUR, und sie zur Verrechnung ermächtigt habe. In Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens habe sie unter Abwägung der Interessen des Antragstellers und der Interessen der Versichertengemeinschaft von einer Verrechnung nicht absehen können. Nach der Sozialhilfeberechnung des Landkreises D bestehe ein Sozialhilfeüberhang von 366,57 EUR. Nach Abzug der zu leistenden Tilgungen der Kredite in Höhe von 218,89 EUR verbleibe ein Betrag in Höhe von 147,68 EUR. Abschließend wurde der Antragsteller über sein Widerspruchsrecht gegen diesen "Bescheid" belehrt.
Den am 01. September 2005 eingelegten Widerspruch des Antragstellers, mit dem dieser geltend machte, dass die Tilgungsrate für die Kredite nicht 218,89 EUR sondern 677,06 EUR betrage und noch laufende Betriebskosten wie Versicherungen, Wasser, Energie etc. hinzukämen, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2005 zurück. Durch die Einbehaltung eines Betrages von monatlich 147,68 EUR trete Hilfebedürftigkeit im Sinne der Vorschriften des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches nicht ein.
Hiergegen erhob der Kläger am 23. November 2005 zum Aktenzeichen S 3 R 1033/05 Klage. Zur Begründung machte er geltend, dass die Rückforderung der Bundesagentur für Arbeit zu Unrecht erfolge. Er habe den zuständigen Sachbearbeiter beim Arbeitsamt von Anfang an darauf hingewiesen, dass die Leistungsbescheide nicht korrekt seien und das ihm bewilligte Arbeitslosengeld zu hoch sei. Der Erstattungsbescheid sei auch deshalb rechtswidrig, weil ihm nicht zu entnehmen sei, in welcher Höhe eine Überzahlung erfolgt sei. Der Erstattungsbetrag in Höhe von 735,58 EUR sei durchgestrichen und nicht unterschrieben. Das Verfahren gegen diesen Bescheid sei noch nicht beendet. Außerdem werde er durch die Verrechnung sehr wohl sozialhilfebedürftig.
Nachdem die Antragsgegnerin die Rente des Antragstellers für Januar 2006 um 147,68 EUR gemindert ausgezahlt hatte, hat der anwaltlich vertretene Antragsteller mit seinem am 07. Februar 2006 beim Sozialgericht Cottbus eingegangenen Antrag ausdrücklich begehrt, die Vollstreckung des "Bescheides" vom 24. August 2005 im Wege der einstweiligen Anordnung solange auszusetzen, bis das Hauptsacheverfahren zum Aktenzeichen S 3 R 1033/05 rechtskräftig abgeschlossen ist. Zur Begründung hat er seinen Vortrag aus dem Klageverfahren wiederholt. Das Sozialgericht Cottbus hat mit Beschluss vom 14. März 2006 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 23. November 2005 gegen den "Bescheid" der Antragsgegnerin vom 24. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2005 angeordnet und die Antragsgegnerin verpflichtet, die ab Januar 2006 einbehaltenen monatlichen Rententeilbeträge in Höhe von 147,68 EUR an den Antragsteller auszukehren. Die Verrechnung der dem Antragsteller zu gewährenden Rentenleistungen mit Erstattungsansprüchen der Bundesagentur für Arbeit sei offensichtlich rechtswidrig. Die Forderung, um deren Verrechnung nachgesucht werde, müsse bestands- bzw. rechtskräftig festgestellt sein. Vorliegend sei jedoch nicht ersichtlich, dass dies der Fall sei. Dem Vortrag des Antragstellers, den maßgeblichen Bescheid der Bundesagentur angefochten zu haben, sei die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten. Auch ergebe sich aus den vorliegenden Unterlagen nicht, dass die Forderung bestandskräftig festgestellt sei.
Gegen den ihr am 16. März 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 23. März 2006 eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin. Zur Begründung hat sie geltend gemacht, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 27. Dezember 2004 nach Mitteilung der Agentur für Arbeit L bestandskräftig sei; ein Rechtsbehelf sei nicht eingelegt worden.
Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 14. März 2006 aufzuheben und den Antrag vom 07. Februar 2006 auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend. Ergänzend verweist er darauf, dass ihm der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid am 30. Dezember 2005 zugegangen sei. Er habe daraufhin in der zweiten Januarhälfte beim zuständigen Arbeitsamt vorgesprochen, um Widerspruch einzureichen. Ihm sei dort die Auskunft erteilt worden, er solle keinen Widerspruch einlegen, da von ihm keine Zahlungen gefordert würden. Er solle erst gegen den Forderungseinzug vorgehen. Als die Forderung dann eingezogen werden sollte, habe er mit Schreiben vom 20. April 2005 Einspruch eingelegt. Dieses Schreiben sei nach Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters als Einspruch gewertet worden und die Sache für den Antragsteller erledigt. Im Übrigen sei die Verrechnung aus den im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragenen Gründen nicht rechtmäßig.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 14. März 2006 ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, kann aber in der Sache keinen Erfolg haben.
Soweit das Sozialgericht Cottbus davon ausgegangen ist, dass der Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes als Antrag nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Anordnung der kraft Gesetzes nach § 86 a Abs. 2 Nr. 3 SGG ausgeschlossenen aufschiebenden Wirkung seiner am 23. November 2005 erhobenen Klage gegen den "Bescheid" der Beklagten vom 24. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2005 auszulegen ist, kann ihm nicht gefolgt werden. Zwar liegt es nahe, aufgrund der von der Antragsgegnerin ausgesprochenen Verrechnung – insbesondere unter Berücksichtigung der hierzu gewählten Form – vom Vorliegen eines Verwaltungsaktes auszugehen und anzunehmen, dass mit der Feststellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung des hiergegen gerichteten Rechtsmittels das im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verfolgte Begehren erreicht ist. Indes ist dies hier nicht der Fall. Denn notwendig für die aufschiebende Wirkung ist stets, dass überhaupt ein Verwaltungsakt ergangen ist. Die hier streitgegenständliche Verrechnung stellt jedoch keinen Verwaltungsakt in diesem Sinne dar (vgl. BSG, Urteil vom 24.07.2003, B 4 RA 60/02 R, SozR 4-1200 § 52 Nr. 1; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86a Rn. 6 und Anhang zu § 54 Rn. 4c).
Durch die Erklärung vom 24. August 2005, sie verrechne die monatliche Rente wegen voller Erwerbsminderung aus dem Rentenbescheid vom 23. Dezember 2004 ab dem 01. Oktober 2005 in Höhe von monatlich 147,68 EUR mit der Forderung der Bundesagentur für Arbeit, hat die Antragsgegnerin keine Regelung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen. Denn durch diese Erklärung sind die in dem Bescheid vom 23. Dezember 2004 festgestellten subjektiven Rechte des Antragstellers – unter anderem auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und die hieraus resultierenden monatlichen Einzelansprüche - sowie die sie regelnden Verwaltungsakte von der Antragsgegnerin erkennbar nicht aufgehoben oder abgeändert worden. Die insoweit in dem vorgenannten Bescheid enthaltenen Regelungen bestehen vielmehr weiter und sind Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch des Antragstellers. Durch die Verrechnung hat die Antragsgegnerin lediglich den monatlichen Zahlungsanspruch des Antragstellers reduzieren wollen. Die Wirkungen der Verrechnung beurteilen sich, soweit die §§ 51 und 52 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB I) nichts anderes vorgeben und soweit sie mit dem öffentlichen Sozialverwaltungsrecht vereinbar sind, nach den zivilrechtlichen Vorschriften der §§ 387 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). In diesem Rahmen und auf dieser Grundlage sind sie entsprechend (lückenfüllend) anwendbar. Dies hat zur Folge, dass bei wirksamer Ausübung des öffentlich-rechtlichen Gestaltungsrechts die Rechtsfolgen aus § 389 BGB direkt kraft Gesetzes eintreten. Diese setzen folglich gerade voraus, dass das Recht zu diesem Zeitpunkt noch erfüllbar bestanden hat. Nach Erfüllung bleibt es als Rechtsgrund der Leistung solange bestehen, bis der Verwaltungsakt aufgehoben oder geändert wird oder sich auf andere Weise erledigt hat (§ 39 Abs. 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches). Dass die Antragsgegnerin mit ihrer unter der Überschrift "Bescheid" ergangenen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Verrechnungserklärung den Anschein vermittelt hat, eine verbindliche Regelung des öffentlichen Rechts zu treffen, rechtfertigt nicht die Annahme, vorläufiger Rechtsschutz sei nach § 86b Abs. 1 SGG zu gewähren. Denn zwar hat die Antragsgegnerin sich der äußeren Form nach eines - formellen - Verwaltungsaktes bedient, den sie aufzuheben hat, da allein schon durch die Existenz eines solchen formellen Verwaltungsaktes der Antragsteller mit dem Risiko behaftet ist, dass ihm in Zukunft unter Umständen ein insoweit "bestandskräftiger Verwaltungsakt" entgegengehalten werden könnte. Dies dient jedoch allein der Beseitigung eines bestehenden Rechtsscheins.
Maßgeblich für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes, mit dem der Antragsteller letztlich die weitere volle Auszahlung der ihm gewährten Rente ab Januar 2006 begehrt, ist vorliegend mithin § 86b Abs. 2 SGG. Nach dieser Vorschrift sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Dies ist vorliegend der Fall.
Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegnerin im Hauptsacheverfahren unter Aufhebung des "Bescheides" vom 14. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2005 verurteilt werden wird, dem Antragsteller die ihm mit Bescheid vom 23. Dezember 2004 gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung auch ab Januar 2006 in voller Höhe auszuzahlen. Die insoweit noch offene Forderung ist durch die Verrechnungserklärung der Beklagten nicht erloschen (§§ 52, 51, SGB I i.V.m. §§ 387 ff. BGB); die Verrechnungserklärung vom 24. August 2005 war vielmehr mangels hinreichend bestimmter Bezeichnung der zur Verrechnung gestellten Forderung der Bundesagentur für Arbeit unwirksam.
Die Verrechnung erfordert neben dem Vorliegen einer Verrechnungslage zum einen eine wirksame Ermächtigung des die Verrechnungserklärung abgebenden - "schuldenden" - Sozialleistungsträgers (hier der Antragsgegnerin) von dem forderungsberechtigten Leistungsträger sowie zum anderen eine wirksame Verrechnungserklärung. Die Ermächtigung selbst ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Vorliegend dürfte bereits die Ermächtigungserklärung der Bundesagentur für Arbeit vom 28. April 2005 nicht hinreichend substantiiert gewesen sein, also Art und Umfang der Forderung so genau bezeichnet haben, dass die Antragsgegnerin als Empfängerin dieser Willenserklärung ohne weiteres - korrespondierend zu der Ermächtigung - eine substantiierte Verrechnungserklärung hätte mit der Folge abgeben können, dass etwa sich gegenüberstehende Forderungen erloschen sind. Nach Aktenlage hat die Bundesagentur für Arbeit sich in ihrem Schreiben nämlich vielmehr darauf beschränkt zu behaupten, dass eine Forderung in Höhe von 819,66 EUR bestehe. Weder hat sie jedoch Rechtsgrund und Entstehungszeitpunkt sowie Fälligkeit des Anspruchs genannt. Noch hat sie sich dazu geäußert, ob die Forderung bestands- oder rechtskräftig festgestellt worden ist. Infolgedessen dürfte auch die Verrechnungserklärung der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller unwirksam gewesen sein. Für den Antragsteller als Empfänger der Willenserklärung war nach objektiven Auslegungskriterien (§ 133 BGB) nicht erkennbar, mit welcher Forderung der Bundesagentur für Arbeit seine Forderung gegen die Antragsgegnerin verrechnet werden sollte. Es ist zwar gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, welchen Inhalt eine wirksame Verrechnungserklärung haben muss. Da die zur Verrechnung gestellten Forderungen aber nur soweit erlöschen, als sie sich decken, müssen Art und Umfang der Forderungen in der Erklärung eindeutig bezeichnet werden, damit das Erlöschen/Tilgen der jeweiligen Forderungen - auch im Hinblick auf die Rechtskraft (§ 141 Abs. 2 SGG) - festgestellt werden kann. Der zur Herbeiführung der Rechtswirkung der Verrechnung gerichtete Wille muss für einen objektiven Dritten klar erkennbar sein. Dies aber war hier nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hat mit ihrem "Bescheid" vom 24. August 2005 erklärt, dass nach dem bei ihr am 09. Mai 2005 eingegangenen Schreiben der Bundesagentur für Arbeit (vom 28. April 2005) gegen den Antragsteller eine Anspruch auf Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen in Höhe von 819,66 EUR bestehe, und sie von diesem Leistungsträger zur Verrechnung ermächtigt worden sei. Sie verrechne daher gegen die ihm mit Bescheid vom 23. Dezember 2004 bewilligte Rente wegen voller Erwerbsminderung die von der Bundesagentur für Arbeit geltend gemachten Ansprüche in Höhe von monatlich 147,68 EUR. Damit aber hat die Antragsgegnerin die Forderung der Bundesagentur für Arbeit nicht ordnungsgemäß, bestimmt genug bezeichnet. Es fehlen jedenfalls Angaben über den Rechtsgrund, die Bezugszeiten und die Fälligkeit der Forderung; nicht angegeben ist auch, ob die Forderung bestands- bzw. rechtskräftig festgestellt worden ist. Vielmehr wird überhaupt erstmals im Beschwerdeverfahren hinreichend deutlich, dass es vorliegend offenbar um die Befriedigung einer Forderung aus einem – angeblich bestandskräftigen - Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 27. Dezember 2004 gehen soll. Sind aber die beabsichtigten Rechtswirkungen wegen Unwirksamkeit der Verrechnung nicht eingetreten, mithin weder die (restliche) Forderung des Antragstellers erloschen noch eine möglicherweise bestehende Schuld des Antragstellers gegenüber der Bundesagentur für Arbeit getilgt, hat der Antragsteller einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Auszahlung der noch offenen Rentenforderung.
Auch hat der Antragsteller ein Bedürfnis an einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren glaubhaft gemacht. Ansprüche aus dem Recht auf Rente wegen voller Erwerbsminderung dienen der Bestreitung des Lebensunterhaltes und damit der Existenzsicherung. Sie sind grundsätzlich unverzüglich zu befriedigen (vgl. BSG a.a.O.). Dies hat hier insbesondere unter Berücksichtigung des verhältnismäßig niedrigen Einkommens des Antragstellers und seiner Ehefrau einerseits und der Schuldverpflichtungen der Familie andererseits zu gelten.
Nach alledem ist die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Auszahlung der vollen Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Januar 2006 zu verurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und orientiert sich am Ausgang in der Sache selbst.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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