Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 8 RA 1027/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 RA 25/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Feststellung einer Zusatzversorgungszeit im Sinne des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG).
Dem 1942 geborenen Kläger wurde nach erfolgreichem Studium an der Ingenieurschule für Maschinenbau und Elektrotechnik Berlin mit Urkunde vom 14. Juli 1973 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Vom 2. Juli 1973 bis 31. Januar 1977 war er beim VEB M W und vom 1. Februar 1977 bis 31. Januar 1990 beim VEB R B beschäftigt. Er gab an, im Rahmen des letzten Beschäftigungsverhältnisses Auslandseinsätze im Irak (Februar 1979 bis Januar 1980) und in Angola (Februar 1980 bis April 1989) wahrgenommen zu haben. Am 4. Februar 1990 siedelte der Kläger nach B über.
Durch Bescheid vom 31. Juli 2002 – bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2003 – lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 17. Dezember 2001 auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. September 1973 bis 31. Januar 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG mangels Erfüllung der Voraussetzungen ab. Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen gewesen wäre. Das AAÜG sei danach entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht anwendbar.
Im Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin trug der Kläger vor, ihm sei ebenso wie den übrigen Mitgliedern des leitenden technischen Personals für den Einsatz in Angola über den dortigen ehemaligen Botschafter der DDR u. a. wegen der sicherheitsriskanten Situation in dem damals vom Bürgerkrieg heimgesuchten Land eine zusätzliche Versorgung im Alter zugesagt bzw. zugesichert worden. Eine schriftliche Bestätigung hierfür habe es allerdings nicht gegeben. Es habe aber systemimmanenter Übung und ministerieller Anordnung entsprochen, allen im Außenwirtschaftsbereich im Ausland über die Regierung der DDR insbesondere in Krisengebieten eingesetzten Mitarbeitern Leistungen aus dem Zusatzversorgungssystem zu gewähren.
Durch Urteil vom 19. Dezember 2003 wies das SG die auf Feststellung der Anwendbarkeit des AAÜG, der Zeit vom 14. Juli 1973 bis 31. Januar 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz – AVItech – (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) und der tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte gerichtete Klage ab. Der gegen die Beklagte als zuständigen Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der AVItech (Anlage 1 Nr.1 zum AAÜG) gerichtete Antrag nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und 1 AAÜG auf Feststellung versorgungsspezifischer Daten sei unbegründet. Der Kläger sei nicht Berechtigter im Sinne des § 8 AAÜG, weil das AAÜG auf ihn keine Anwendung finde. Er habe im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG keine Versorgungsanwartschaft erworben, weil er keinem Versorgungssystem zugehört habe. Weder liege eine gemäß Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebene Verwaltungsentscheidung über die Einbeziehung in ein Versorgungssystem (Versorgungszusage, Einzelentscheidung aufgrund Vertrages) noch eine ihn einbeziehende Rehabilitierungsentscheidung nach Art. 17 EV noch schließlich eine Gleichstellung mit den in das Versorgungssystem Einbezogenen über eine verfassungs-konforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG vor. Voraussetzung für die Gleichstellung sei nach der überzeugenden ständigen Rechtsprechung des BSG, dass jemand aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach den zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme gehabt hätte. Das sei beim Kläger im Hinblick auf die Regelungen des Versorgungssystems der AVItech schon deshalb nicht der Fall, weil er am 30. Juni 1990 nicht mehr in einem DDR-Betrieb beschäftigt gewesen sei.
Mit der Berufung macht der Kläger geltend, dass SG habe seinen Vortrag, eine Versorgungs-zusage erhalten zu haben, nicht ausreichend gewürdigt. Er bleibe dabei, dass er eine ministerielle mündliche Versorgungszusage erhalten habe und zwar durch einen ihm namentlich nicht mehr erinnerlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau (MALF) unmittelbar vor Beginn des Auslandseinsatzes in Angola. Dies stelle er unter Beweis. In den archivierten, vom Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten bzw. Bundesministerium für Wirtschaft übernommenen Unterlagen über seine Auslandseinsätze sei die Zusatzversorgungszusage festgehalten. Auch könnten für den Einsatz in Angola verantwortlich gewesene Angehörige der höheren Führungsebene die Versorgungszusage bestätigen. Zudem verweise er auf die bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegte schriftliche Erklärung eines seinerzeitigen Arbeitskollegen. Die mündliche Zusage eines verantwortlichen Vertreters der Regierung habe für die Wirksamkeit einer Versorgungszusage genügt. In der DDR sei es üblich gewesen, Versorgungszusagen mit der Begründung der Zugehörigkeit zur AVItech bei politisch ideologisch motivierten Auslandseinsätzen nicht schriftlich zu verbürgen. Im Übrigen habe er sein Beschäftigungsverhältnis nicht freiwillig zum 31. Januar 1990 aufgegeben. Wegen seines familiär bedingten Vorhabens, nach Berlin-West umzuziehen, habe er trotz bestehender Maueröffnung einen Ausreiseantrag stellen und im Zusammenhang damit auch sein Arbeitsverhältnis kündigen müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2003 sowie den Bescheid vom 31. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seine Versorgungsberechtigung für die Beschäftigungszeit vom 14. Juli 1973 bis 31. Januar 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech sowie seine tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Es fehle an einem tatsächlichen Einbe-ziehungsakt, der die Zugehörigkeit des Klägers zum Zusatzversorgungssystem der AVItech hätte begründen können. Die Zuerkennung sei nach dem in § 3 der 2. Durchführungsbe-stimmung zur AVItech-Verordnung (2. DB) geregelten Einbeziehungsverfahren erfolgt, das gemäß § 3 Abs. 5 mit der Übersendung eines "Dokuments" abgeschlossen worden sei. An diesen Voraussetzungen fehle es. Eine möglicherweise mündlich gegebene Zusage auf Einbeziehung führe nicht zu einer tatsächlichen Einbeziehung. Die "Aushändigung" der Urkunde sei der einzig maßgebliche Einbeziehungsakt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG - S 8 RA 1027/03-) und Beklagtenakten () verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass das AAÜG auf den Kläger keine Anwendung findet, weil er dem Zusatzversorgungssystem der AVItech nicht angehört hat. Der Senat nimmt auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Soweit der Kläger hervorhebt, dass er allein aufgrund der "diktatorischen Maßnahmen" der DDR-Staatsführung am maßgeblichen Stichtag 30. Juni 1990 nicht mehr im Beschäftigungs-verhältnis gestanden habe, ist dies nicht entscheidungserheblich. Dies ändert nichts daran, dass er am Stichtag keinen Anspruch mehr auf eine Versorgungsanwartschaft gehabt hat. Die Maßgeblichkeit dieses Stichtages ist nicht länger anzuzweifeln, nachdem das Bundesverfassungsgericht eine gegen die entsprechende Rechtsprechung des BSG gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat (Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 -).
Der Kläger kann die erstrebte Feststellung auch nicht deshalb beanspruchen, weil er eine Versorgungszusage erhalten habe. Unterstellt, ihm sei tatsächlich nicht nur eine Zusicherung auf eine Zusage, sondern unmittelbar eine mündliche Versorgungszusage gemacht worden, so wäre diese unwirksam gewesen. Die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes der DDR bestimmt sich für die Zeit bis zum Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland nach DDR-Recht (vgl. BSG SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 1 Seite 5). Da das DDR-Recht die Unterscheidung von unwirksamen – weil nichtigen – und nur anfechtbaren Verwaltungsakten wie im Recht der Bundesrepublik Deutschland (vgl. §§ 39 Abs. 3, 40, 62 Sozialgesetzbuch [SGB] X) nicht kannte - Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte gab es nicht -, ist die Wirksamkeit eines DDR-Verwaltungsaktes danach zu bestimmen, ob er nach den Vorschriften der DDR mit schwerwiegenden Mängeln behaftet war. Solche Mängel werden jedenfalls dann anzunehmen sein, wenn sie nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland Nichtigkeit bewirkt hätten (vgl. § 40 Abs. 1 und 2 SGB X).
Nach § 3 2. DB – der bis zum Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland geltendes DDR-Recht war (vgl. BSG SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 2 Seite 13) – vollzog sich die Einbeziehung eines Beschäftigten in das Versorgungssystem der AVItech nach einem bestimmten Verfahren, das nach § 3 Abs. 5 2. DB mit der Zustellung des Dokuments über die zusätzliche Alters-versorgung an den Begünstigten abgeschlossen wurde. Erst mit diesem Einbeziehungsakt war der Begünstigte Inhaber einer Versorgungszusage. Demgegenüber wäre eine mündliche Versorgungszusage, die davon absähe, dem Begünstigten das Dokument (den Versicherungs-schein) zukommen zu lassen, mit so schweren Mängeln behaftet, dass ihr keine Wirksamkeit zugesprochen werden könnte. Sah das Versorgungsrecht für die Begründung einer Ver-sorgungsanwartschaft die Zustellung eines entsprechenden Dokuments an den Begünstigten vor, so brachte es damit zum Ausdruck, dass diese Form der Zusage im Hinblick auf deren Charakter als Dauerverwaltungsakt von existenzieller Bedeutung wesentlich und unabdingbar war. Auch nach den Maßstäben des Rechts der Bundesrepublik Deutschland hätte die Außer-achtlassung dieser gesetzlich vorgesehenen Form Unwirksamkeit (nämlich Nichtigkeit gem. § 40 Abs. 1 SGB X) des Verwaltungsakts nach sich gezogen, denn es hätte sich um einen besonders schwerwiegenden Fehler gehandelt und dies wäre bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände auch offensichtlich gewesen.
Demgemäß geht auch das BSG ohne weiteres davon aus, dass im Versorgungssystem der AVItech (nur) durch einen Versicherungsschein eine (wirksame) Versorgungszusage erteilt worden sei (SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 2 Seite 15); derjenige, der in der DDR keinen Versicherungsschein über die Einbeziehung in die AVItech erhalten habe, habe keine nach deren Recht gesicherte Aussicht gehabt, im Versorgungsfall Versorgungsleistungen zu erhalten (BSG a.a.O. Seite 16).
Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist der Anspruch auf Feststellung einer Zusatzversorgungszeit im Sinne des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG).
Dem 1942 geborenen Kläger wurde nach erfolgreichem Studium an der Ingenieurschule für Maschinenbau und Elektrotechnik Berlin mit Urkunde vom 14. Juli 1973 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Vom 2. Juli 1973 bis 31. Januar 1977 war er beim VEB M W und vom 1. Februar 1977 bis 31. Januar 1990 beim VEB R B beschäftigt. Er gab an, im Rahmen des letzten Beschäftigungsverhältnisses Auslandseinsätze im Irak (Februar 1979 bis Januar 1980) und in Angola (Februar 1980 bis April 1989) wahrgenommen zu haben. Am 4. Februar 1990 siedelte der Kläger nach B über.
Durch Bescheid vom 31. Juli 2002 – bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2003 – lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 17. Dezember 2001 auf Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. September 1973 bis 31. Januar 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG mangels Erfüllung der Voraussetzungen ab. Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen gewesen wäre. Das AAÜG sei danach entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht anwendbar.
Im Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin trug der Kläger vor, ihm sei ebenso wie den übrigen Mitgliedern des leitenden technischen Personals für den Einsatz in Angola über den dortigen ehemaligen Botschafter der DDR u. a. wegen der sicherheitsriskanten Situation in dem damals vom Bürgerkrieg heimgesuchten Land eine zusätzliche Versorgung im Alter zugesagt bzw. zugesichert worden. Eine schriftliche Bestätigung hierfür habe es allerdings nicht gegeben. Es habe aber systemimmanenter Übung und ministerieller Anordnung entsprochen, allen im Außenwirtschaftsbereich im Ausland über die Regierung der DDR insbesondere in Krisengebieten eingesetzten Mitarbeitern Leistungen aus dem Zusatzversorgungssystem zu gewähren.
Durch Urteil vom 19. Dezember 2003 wies das SG die auf Feststellung der Anwendbarkeit des AAÜG, der Zeit vom 14. Juli 1973 bis 31. Januar 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz – AVItech – (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) und der tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte gerichtete Klage ab. Der gegen die Beklagte als zuständigen Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der AVItech (Anlage 1 Nr.1 zum AAÜG) gerichtete Antrag nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 und 1 AAÜG auf Feststellung versorgungsspezifischer Daten sei unbegründet. Der Kläger sei nicht Berechtigter im Sinne des § 8 AAÜG, weil das AAÜG auf ihn keine Anwendung finde. Er habe im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG keine Versorgungsanwartschaft erworben, weil er keinem Versorgungssystem zugehört habe. Weder liege eine gemäß Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebene Verwaltungsentscheidung über die Einbeziehung in ein Versorgungssystem (Versorgungszusage, Einzelentscheidung aufgrund Vertrages) noch eine ihn einbeziehende Rehabilitierungsentscheidung nach Art. 17 EV noch schließlich eine Gleichstellung mit den in das Versorgungssystem Einbezogenen über eine verfassungs-konforme Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG vor. Voraussetzung für die Gleichstellung sei nach der überzeugenden ständigen Rechtsprechung des BSG, dass jemand aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage nach den zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme gehabt hätte. Das sei beim Kläger im Hinblick auf die Regelungen des Versorgungssystems der AVItech schon deshalb nicht der Fall, weil er am 30. Juni 1990 nicht mehr in einem DDR-Betrieb beschäftigt gewesen sei.
Mit der Berufung macht der Kläger geltend, dass SG habe seinen Vortrag, eine Versorgungs-zusage erhalten zu haben, nicht ausreichend gewürdigt. Er bleibe dabei, dass er eine ministerielle mündliche Versorgungszusage erhalten habe und zwar durch einen ihm namentlich nicht mehr erinnerlichen Mitarbeiter des Ministeriums für Allgemeinen Maschinen-, Landmaschinen- und Fahrzeugbau (MALF) unmittelbar vor Beginn des Auslandseinsatzes in Angola. Dies stelle er unter Beweis. In den archivierten, vom Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten bzw. Bundesministerium für Wirtschaft übernommenen Unterlagen über seine Auslandseinsätze sei die Zusatzversorgungszusage festgehalten. Auch könnten für den Einsatz in Angola verantwortlich gewesene Angehörige der höheren Führungsebene die Versorgungszusage bestätigen. Zudem verweise er auf die bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegte schriftliche Erklärung eines seinerzeitigen Arbeitskollegen. Die mündliche Zusage eines verantwortlichen Vertreters der Regierung habe für die Wirksamkeit einer Versorgungszusage genügt. In der DDR sei es üblich gewesen, Versorgungszusagen mit der Begründung der Zugehörigkeit zur AVItech bei politisch ideologisch motivierten Auslandseinsätzen nicht schriftlich zu verbürgen. Im Übrigen habe er sein Beschäftigungsverhältnis nicht freiwillig zum 31. Januar 1990 aufgegeben. Wegen seines familiär bedingten Vorhabens, nach Berlin-West umzuziehen, habe er trotz bestehender Maueröffnung einen Ausreiseantrag stellen und im Zusammenhang damit auch sein Arbeitsverhältnis kündigen müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Dezember 2003 sowie den Bescheid vom 31. Juli 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seine Versorgungsberechtigung für die Beschäftigungszeit vom 14. Juli 1973 bis 31. Januar 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech sowie seine tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Es fehle an einem tatsächlichen Einbe-ziehungsakt, der die Zugehörigkeit des Klägers zum Zusatzversorgungssystem der AVItech hätte begründen können. Die Zuerkennung sei nach dem in § 3 der 2. Durchführungsbe-stimmung zur AVItech-Verordnung (2. DB) geregelten Einbeziehungsverfahren erfolgt, das gemäß § 3 Abs. 5 mit der Übersendung eines "Dokuments" abgeschlossen worden sei. An diesen Voraussetzungen fehle es. Eine möglicherweise mündlich gegebene Zusage auf Einbeziehung führe nicht zu einer tatsächlichen Einbeziehung. Die "Aushändigung" der Urkunde sei der einzig maßgebliche Einbeziehungsakt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG - S 8 RA 1027/03-) und Beklagtenakten () verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass das AAÜG auf den Kläger keine Anwendung findet, weil er dem Zusatzversorgungssystem der AVItech nicht angehört hat. Der Senat nimmt auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug und sieht insoweit gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Soweit der Kläger hervorhebt, dass er allein aufgrund der "diktatorischen Maßnahmen" der DDR-Staatsführung am maßgeblichen Stichtag 30. Juni 1990 nicht mehr im Beschäftigungs-verhältnis gestanden habe, ist dies nicht entscheidungserheblich. Dies ändert nichts daran, dass er am Stichtag keinen Anspruch mehr auf eine Versorgungsanwartschaft gehabt hat. Die Maßgeblichkeit dieses Stichtages ist nicht länger anzuzweifeln, nachdem das Bundesverfassungsgericht eine gegen die entsprechende Rechtsprechung des BSG gerichtete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat (Beschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 -).
Der Kläger kann die erstrebte Feststellung auch nicht deshalb beanspruchen, weil er eine Versorgungszusage erhalten habe. Unterstellt, ihm sei tatsächlich nicht nur eine Zusicherung auf eine Zusage, sondern unmittelbar eine mündliche Versorgungszusage gemacht worden, so wäre diese unwirksam gewesen. Die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes der DDR bestimmt sich für die Zeit bis zum Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland nach DDR-Recht (vgl. BSG SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 1 Seite 5). Da das DDR-Recht die Unterscheidung von unwirksamen – weil nichtigen – und nur anfechtbaren Verwaltungsakten wie im Recht der Bundesrepublik Deutschland (vgl. §§ 39 Abs. 3, 40, 62 Sozialgesetzbuch [SGB] X) nicht kannte - Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte gab es nicht -, ist die Wirksamkeit eines DDR-Verwaltungsaktes danach zu bestimmen, ob er nach den Vorschriften der DDR mit schwerwiegenden Mängeln behaftet war. Solche Mängel werden jedenfalls dann anzunehmen sein, wenn sie nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland Nichtigkeit bewirkt hätten (vgl. § 40 Abs. 1 und 2 SGB X).
Nach § 3 2. DB – der bis zum Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland geltendes DDR-Recht war (vgl. BSG SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 2 Seite 13) – vollzog sich die Einbeziehung eines Beschäftigten in das Versorgungssystem der AVItech nach einem bestimmten Verfahren, das nach § 3 Abs. 5 2. DB mit der Zustellung des Dokuments über die zusätzliche Alters-versorgung an den Begünstigten abgeschlossen wurde. Erst mit diesem Einbeziehungsakt war der Begünstigte Inhaber einer Versorgungszusage. Demgegenüber wäre eine mündliche Versorgungszusage, die davon absähe, dem Begünstigten das Dokument (den Versicherungs-schein) zukommen zu lassen, mit so schweren Mängeln behaftet, dass ihr keine Wirksamkeit zugesprochen werden könnte. Sah das Versorgungsrecht für die Begründung einer Ver-sorgungsanwartschaft die Zustellung eines entsprechenden Dokuments an den Begünstigten vor, so brachte es damit zum Ausdruck, dass diese Form der Zusage im Hinblick auf deren Charakter als Dauerverwaltungsakt von existenzieller Bedeutung wesentlich und unabdingbar war. Auch nach den Maßstäben des Rechts der Bundesrepublik Deutschland hätte die Außer-achtlassung dieser gesetzlich vorgesehenen Form Unwirksamkeit (nämlich Nichtigkeit gem. § 40 Abs. 1 SGB X) des Verwaltungsakts nach sich gezogen, denn es hätte sich um einen besonders schwerwiegenden Fehler gehandelt und dies wäre bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände auch offensichtlich gewesen.
Demgemäß geht auch das BSG ohne weiteres davon aus, dass im Versorgungssystem der AVItech (nur) durch einen Versicherungsschein eine (wirksame) Versorgungszusage erteilt worden sei (SozR 3 – 8570 § 1 Nr. 2 Seite 15); derjenige, der in der DDR keinen Versicherungsschein über die Einbeziehung in die AVItech erhalten habe, habe keine nach deren Recht gesicherte Aussicht gehabt, im Versorgungsfall Versorgungsleistungen zu erhalten (BSG a.a.O. Seite 16).
Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved