L 27 B 437/06 R ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 27 R 5903/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 B 437/06 R ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Februar 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel der Bewilligung einer berufsfördernden Maßnahme zur Ausbildung als Goldschmiedin.

Die 1969 geborene Antragstellerin hat eine Berufsausbildung als anerkannte Erzieherin aufgrund einer arbeitsamtlich geförderten Umschulung. Diesen Beruf übte sie nicht aus. Sie verkaufte auf verschiedenen Kunstmärkten selbst angefertigten Schmuck. Von August 2002 bis August 2004 arbeitete sie als Assistentin der Geschäftsleitung im Geschäft ihres damaligen Lebensgefährten. Seit der im Jahr 2004 erfolgten Beendigung dieser Beschäftigung ist die Antragstellerin arbeitslos. Mit dem im Mai 2005 bei der Beklagten eingegangenen Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation für Versicherte hat sie geltend gemacht, nicht mehr im Beruf der Erzieherin arbeiten zu können. Infolge eines unerfüllten Kinderwunsches und der daran zerbrochenen Lebensgemeinschaft breche für sie eine Welt zusammen, wenn sie fremde Kinder oder eine glückliche Familie sehe. Zudem habe sie private Goldschmiedekurse besucht, da ihr diese Tätigkeit besonders gut liege. Daraus sei der Berufswunsch zur Goldschmiedin entstanden.

Durch Bescheid vom 21. Juli 2005 hat die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 19. Mai 2005 auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, nach den getroffenen Festlegungen sei sie in ihrer Erwerbsfähigkeit nicht erheblich gefährdet oder gemindert, weil sie in der Lage sei, eine Beschäftigung als Erzieherin weiterhin auszuüben. Damit lägen die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht vor.

Den dagegen eingelegten Widerspruch hat die Antragstellerin insbesondere damit begründet, sie sei aus seelischen Gründen nicht in der Lage, mit Kindern als Erzieherin zu arbeiten. Um in ihrem Leben wieder einen Sinn zu sehen, sei eine berufliche Umorientierung unumgänglich. Es sei ihr gut vorstellbar, wenn ihre berufliche Zukunft in die Richtung des handwerklichen Berufes eines Goldschmiedes gehen würde. Dabei wäre sie nicht unmittelbar gezwungen, täglich mit Kindern zu arbeiten, könne mit neuer Hoffnung auf eine berufliche Zukunft und auf ihr Leben blicken.

Daraufhin hat die Antragsgegnerin ein Gutachten eingeholt, das die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. L im Oktober 2005 erstattet hat. Die Gutachterin erachtete eine Umschulung der Antragstellerin zur Goldschmiedin aus medizinischer Sicht nicht für begründbar.

Durch Widerspruchsbescheid vom 01. Dezember 2005 hat die Beklagte den Widerspruch der Antragstellerin als unbegründet zurückgewiesen. Die medizinischen Voraussetzungen des § 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) lägen insbesondere nach dem Gutachten von Dr. L nicht vor.

Am 28. Dezember 2005 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht (SG) Berlin Klage gegen die angefochtenen Bescheide erhoben.

Des Weiteren hat sie beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, umgehend Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Umschulung zum Goldschmied in B- zu bewilligen.

Sie hat zur Begründung vorgetragen, Eile sei geboten, da die Ausbildung nur einmal jährlich im März beginne.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als unbegründet zurückzuweisen.

Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, es fehle bereits am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis. Insbesondere dürfe eine einstweilige Anordnung grundsätzlich die endgültige Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen, so dass es schon in der Regel nicht zulässig sei, die Behörde zum Erlass eines im Hauptverfahren beantragten Verwaltungsaktes zu verpflichten. Dies könne nur ausnahmsweise im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes erforderlich sein. Zudem könne eine einstweilige Anordnung nur erlassen werden, wenn der Anspruch auf die begehrte Leistung dem Grunde nach auch bestehe. Dies sei nicht der Fall. Es wurde Bezug genommen auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Durch Beschluss vom 12. Februar 2006 hat das SG Berlin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anordnungsanspruch sei nicht gegeben. Insbesondere aus dem Gutachten von Frau Dr. L sei nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin ohne Gefährdung ihrer Erwerbsfähigkeit nicht in der Lage wäre, entweder als Erzieherin oder aber in einem Büro entsprechend der letzten Tätigkeit zu arbeiten.

Gegen den der Antragstellerin am 17. Februar 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die am 17. März 2006 beim SG eingegangene Beschwerde der Antragstellerin. Zur Begründung wurde insbesondere vorgetragen, die Begründung des angefochtenen Beschlusses sei insofern unrichtig, als dort ausgeführt sei, dass sie ein Jahr als Erzieherin gearbeitet habe. Dies sei nicht richtig. Sie habe in diesem Beruf keine Berufserfahrungen sammeln können. Auch sei nicht richtig, dass sie gleich nach der Gründung des Geschäfts ihres ehemaligen Lebenspartners als Assistentin der Geschäftsleitung eingestellt worden sei. Sie sei dort nur von 2002 bis 2004 beschäftigt gewesen. Die Gründung der Firma sei jedoch bereits im Jahr 1996 erfolgt. Die Beschäftigung als Assistentin der Geschäftsleitung sei auch nicht aufgrund der Trennung von ihrem damaligen Lebenspartner beendet worden, sondern infolge Ablaufs des befristeten Arbeitsvertrages. Zudem sei aus einem Befund von Dr. B ersichtlich, dass sie nicht in der Lage sei, eine Beschäftigung als Erzieherin auszuüben. Zudem sei ein Antrag zur Förderung der Teilnahme am Arbeitsleben von der Bundesagentur für Arbeit im Jahr 2006 an die Antragsgegnerin verwiesen worden. Das beweise, dass die Antragsgegnerin für sie zuständig sei.

Dem Vorbringen der Antragstellerin ist als Antrag zu entnehmen,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Februar 2006 aufzuheben und ihr, der Antragstellerin, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Umschulung zur Goldschmiedin in B- zu bewilligen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 12. Februar 2006 zurückzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf ihr Vorbringen erster Instanz und auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin zum Geschäftszeichen und den Inhalt der Gerichtsakten, die dem Senat bei seiner Beschlussfassung vorgelegen haben.

II.

Die zulässige und im Übrigen statthafte Beschwerde ist unbegründet.

Es fehlt bereits an einem Anordnungsanspruch. Die Antragstellerin macht einen Anspruch auf eine konkrete Leistung der Teilhabe am Arbeitsleben speziell auf eine Umschulung zur Goldschmiedin in einer Umschulungsmaßnahme in Bab 06. März 2005 geltend. Dieser Anspruch ist nicht begründet. Nach § 9 Abs. 1 SGB VI erbringt die Rentenversicherung u. a. berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation, wobei diese Leistungen erbracht werden können, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, § 9 Abs. 2 SGB VI. So ist klargestellt, dass die Leistungen zur Rehabilitation nach Ermessen erbracht werden. Die Antragstellerin hat daher lediglich ein Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch (§ 39 Abs. 1 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch, SGB I). Umstände, die für eine Ermessensreduzierung auf Null sprechen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Darüber hinaus fehlt es nach Auffassung des Senats auch an einem Anordnungsgrund, weil weder vorgetragen noch sonst glaubhaft gemacht worden ist, dass der Antragstellerin ohne Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Der Antragstellerin ist, selbst wenn die gewährte Ausbildung lediglich einmal im Jahr beginnen sollte, zuzumuten, den Ausgang des Klageverfahrens in der Hauptsache abzuwarten und die Umschulung ggf. später zu beginnen.

Andernfalls würde hier durch den Erlass der Regelungsanordnung der Grundsatz des Verbots der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache verletzt. Im Interesse der Effektivität des Rechtsschutzes kann die Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise erforderlich sein, wenn sonst Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre (Meyer-Ladewig/Keller, SGG, 8. Auflage § 86 Rdnr. 30). Diese Voraussetzungen vermag der Senat gegenwärtig nicht festzustellen.

Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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