Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 4 AL 3462/03
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 248/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. November 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die teilweise Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) in der Zeit vom 27. April bis 18. August 2002 sowie über die Rückforderung von in diesem Zeitraum überzahlten Leistungen von 1.532,16 Euro.
Die am 1945 geborene verheiratete Klägerin, italienische Staatsangehörige, war von April 1986 bis Dezember 1996 als Maschinenarbeiterin bei der O. E. GmbH & Co., F. , beschäftigt. Nach einer Zeit der Arbeitsunfähigkeit bezog sie von der Beklagten ab März 1997 mit Unterbrechungen (u.a. durch wiederholte Zahlung von Krankengeld) Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, und zwar zunächst Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von zuletzt 63,50 DM täglich (444,50 DM wöchentlich) bis zur Erschöpfung des Anspruchs mit dem 13. April 2000 sowie anschließend bis 1. April 2001 Alhi (täglicher Leistungssatz zuletzt 43,38 DM). In der Zeit vom 2. April bis 30. September 2001 war die Klägerin im Rahmen eines von vornherein befristeten Arbeitsvertrages als Montagearbeiterin bei der E. Pneumatik GmbH, W. , tätig.
Nach erneuter Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt Waiblingen (ArbA) bewilligte die Beklagte der Klägerin 1. Oktober 2001 Alg (auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 720,00 DM (ungerundet 723,66 DM), der Leistungsgruppe C und dem Prozentsatz von 60) in Höhe von 49,11 DM täglich/343,77 DM wöchentlich (Bescheid vom 24. Oktober 2001). Ab 19. November 2001 bestand Arbeitsunfähigkeit bis 27. Januar 2002 (Aufhebungsbescheid vom 27. Dezember 2001 wegen eines ab 31. Dezember 2002 zuerkannten Krankengeldanspruchs). Auf die anschließende Arbeitslosmeldung bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 14. Februar 2002 Alg ab 28. Januar 2002 nach einem täglichen Leistungsbetrag von 25,23 Euro (176,61 Euro wöchentlich), wobei sich das Bemessungsentgelt nach Umrechnung des DM-Werts auf 370,00 Euro belief (Leistungsgruppe und Prozentsatz wie bisher); in Höhe des genannten Leistungsbetrags wurde das Alg noch bis zur Erschöpfung des Anspruchs mit dem 26. April 2002 gewährt.
Zwischenzeitlich hatte die Klägerin am 18. April 2002 Alhi beantragt, welche ihr durch Bescheid vom 24. April 2002 ab 27. April 2002 in Höhe von 35,72 Euro täglich (250,04 Euro wöchentlich) bewilligt wurde; dieser Leistungsbetrag beruhte darauf, dass die Beklagte der Leistungsberechnung nunmehr ein (angepasstes) Bemessungsentgelt von 700,00 Euro zugrunde legte (übrige Berechnungsfaktoren wie bisher), wobei sie freilich übersah, dass der DM-Wert in Euro umzurechnen gewesen wäre. Bis 18. August 2002 wurde die Alhi in Höhe von täglich 35,72 Euro gezahlt. Zu dem genannten Datum erfolgte die Aufhebung der Leistungsbewilligung (Bescheid vom 19. August 2002), nachdem die Arbeitsvermittlung bei einer persönlichen Vorsprache der Klägerin am 22. Juli 2002 der beantragten Ortsabwesenheit in Italien (vom 29. Juli bis 25. August 2002), welche sie bereits in einem Termin vom 4. Juli 2002 angekündigt hatte, für die Dauer von drei Wochen zugestimmt hatte.
Mit Blick auf die Meldeaufforderung zum 26. August 2002 sprach die Klägerin, die ab 7. August 2002 in Italien arbeitsunfähig erkrankt war, auf dem ArbA vor; gleichzeitig bat sie ausweislich des Beratungsvermerks vom selben Tage um Überprüfung der Leistungshöhe wegen des ihrer Auffassung nach zu hohen Leistungssatzes. Dennoch wurde die Alhi durch Bescheid vom 4. September 2002 ab 19. August 2002 nach einem Leistungsbetrag von 35,72 Euro täglich (250,04 Euro wöchentlich) weiterbewilligt und der Klägerin in der genannten Höhe bis zum Ende der Leistungsfortzahlung mit dem 17. September 2002 gezahlt (Aufhebungsbescheid vom 18. September 2002). Nach dem Bezug von Krankengeld ihrerseits bis 30. September 2002 erfolgte auf Antrag der Klägerin ab dem 1. Oktober 2002 die Weiterbewilligung der Alhi, wobei wiederum ein Leistungsbetrag von 35, 72 Euro zuerkannt (Bescheid vom 25. Oktober 2002) und noch bis 30. November 2002 tatsächlich gezahlt wurde. Ab 1. Dezember 2002 wurde die Leistung nur noch in Höhe von 21,68 Euro täglich (151,76 Euro wöchentlich) gewährt (Bescheid vom 3. Dezember 2002).
Ende November 2002 hatte die Beklagte nämlich die fehlerhaft unterbliebene Umrechnung des Arbeitsentgelts von DM- in Euro-Werte bemerkt. Auf das Anhörungsschreiben vom 29. November 2002 verwies die Klägerin am 2. Dezember 2002 darauf, dass sie sich beim ArbA zweimal telefonisch sowie am 26. August 2002 persönlich gemeldet und darauf hingewiesen habe, dass "etwas nicht stimme"; sie sei deshalb zur Erstattung der Überzahlung nicht bereit. Mit Bescheid vom 18. Februar 2003 nahm die Beklagte die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 27. April 2002 teilweise in Höhe von 98,28 Euro wöchentlich zurück und forderte die Erstattung von 2.878,20 Euro; der Betrag werde im Rahmen des § 51 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) in Höhe von wöchentlich 75,88 Euro aufgerechnet. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe gleich nach der ersten Überweisung der Alhi beim ArbA angerufen und mitgeteilt, dass die Leistung zu hoch sei; sie habe jedoch die Mitteilung erhalten, dass alles in Ordnung sei. Nach jeder weiteren Überweisung habe sich ihre Tochter telefonisch an das ArbA gewandt und nachgefragt, ob die Leistungshöhe zutreffend sei; auch dieser sei erklärt worden, dass alles seine Richtigkeit habe. Nach ihrem Urlaub sei sie ferner am 26. August 2002 persönlich mit ihrer Tochter auf dem ArbA gewesen, weil sie wiederum festgestellt habe, dass die Alhi zu hoch sei. Durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2003 hob die Beklagte den Bescheid vom 18. Februar 2003 teilweise auf und wies den Widerspruch im Übrigen zurück; der Rücknahmezeitraum umfasse nur die Zeit vom 27. April bis 18. August 2002, der Erstattungsbetrag reduziere sich auf 1.600,56 Euro, wobei der Betrag mit den laufenden Leistungen nach § 51 Abs. 1 SGB I aufgerechnet werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, für den vorgenannten Zeitraum könne sich die Klägerin nicht auf Vertrauen berufen, weil sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X)); sie habe erkennen müssen, dass die ihr gezahlte Alhi wöchentlich fast 80,00 Euro höher als das Alg gewesen sei. Der darauf ergangene Aufrechnungsbescheid vom 13. Juni 2003 wurde später auf den Widerspruch der Klägerin aufgehoben (Abhilfebescheid vom 14. Juli 2003).
Wegen des Bescheides vom 18. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2003 hat die Klägerin am 30. Juni 2003 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgebracht, die Überzahlung sei von den Mitarbeitern der Beklagten verschuldet worden. Sie selbst habe sich völlig korrekt verhalten; sie habe gleich nach der ersten Überweisung im April/Mai 2002 und danach noch mehrmals bei der Beklagten angerufen und um Überprüfung der Zahlungshöhe gebeten, wobei ihr bei jedem Telefongespräch versichert worden sei, dass die Zahlungen in Ordnung gingen; außerdem habe sie am 26. August 2002 sogar persönlich vorgesprochen und um Überprüfung gebeten. Mit Urteil vom 25. November 2004 hat das SG die Klage abgewiesen; in den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom April 2002 gekannt; so habe sie selbst vorgetragen, mehrmals bei der Beklagten telefonisch nachgefragt zu haben, ob die die Höhe der Leistung stimme. Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bzw. grob fahrlässige Unkenntnis hätten erst dann nicht mehr vorgelegen, als die Beklagte nach der persönlichen Vorsprache der Klägerin am 26. August 2002 ab 19. August 2002 erneut Alhi in unzutreffender Höhe bewilligt habe; dies habe die Beklagte indes im Widerspruchsbescheid bereits berücksichtigt.
Gegen dieses der Bevollmächtigten der Klägerin am 5. Januar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 19. Januar 2005 beim Landessozialgericht eingelegte Berufung der Klägerin. Sie hat erneut geltend gemacht, dass die Unrichtigkeit des Bewilligungsbescheides allein in den Verantwortungsbereich der Beklagten falle; durch den groben Fehler der Verwaltung bei der Euro-Umstellung sei ihr Vertrauen in die Bestandskraft des Verwaltungsaktes gestärkt worden, zumal ihr auf mehrmaliges Nachfragen stets bestätigt worden sei, dass "alles in Ordnung sei". Sie könne sich daran erinnern, dass sie mit einer Frau M. und einer blonden jungen Frau auf dem ArbA gesprochen habe; insoweit könne es sich bei den Telefonaten um Frau S. gehandelt haben, welche ausweislich der BewA-Einträge am 18. April 2002 den Alhi-Antrag angenommen und am 4. Juli 2002 mit ihr und ihrer Tochter ein persönliches Gespräch geführt habe. Im Übrigen sei sie nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht in der Lage, die Forderung der Beklagten auf Rückzahlung der Alhi zu erfüllen; vorsorglich beantrage sie Niederschlagung bzw. Erlass der Forderung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. November 2004 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2003 und der Erklärung im Schriftsatz vom 12. Juli 2006 in vollem Umfang aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat mit Schriftsatz vom 12. Juli 2006 mitgeteilt, sie teile die Rechtsauffassung des Senats, dass bei der Berechnung der Überzahlung von einem Bemessungsentgelt von 370,00 Euro auszugehen gewesen sei. Nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2002 ergebe sich damit ein wöchentlicher Leistungssatz von 155,96 Euro, was einem täglichen Leistungssatz von 22,28 Euro entspreche. Die tägliche Überzahlung betrage damit 13,44 Euro (35,72 Euro./. 22,28 Euro); damit reduziere sich die Gesamtüberzahlung um 68,40 Euro auf 1.532,16 Euro (13,44 Euro x 114 Tage). Den Bescheid vom 18. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2003 ändere sie entsprechend ab. Die Beklagte hat außerdem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 19. Juli 2006 erklärt, dass die Aufrechnungserklärung im Bescheid vom 18. Februar 2003 und im Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2003 aufgehoben wird. Im Übrigen hält sie ihre Entscheidung für zutreffend. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestehe eine Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen; hieraus ergebe sich die "Sorgfaltsobliegenheit", einen Bewilligungsbescheid anzuschauen und - wenn auch aus Laiensicht - die zugrunde gelegten Berechnungsfaktoren mindestens überschlägig zu prüfen. Die Beklagte hat die Stellungnahmen der Sachbearbeiterin Arbeitnehmerleistungen I. vom 13. Juni 2005 sowie der Mitarbeiterin L. vom 7. November 2005, die BewA-Ausdrucke aus dem Jahr 2002 sowie eine Aufstellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ArbA (insgesamt 29), die in der fraglichen Zeit für die Klägerin hätten zuständig gewesen sein können, zu den Akten gereicht.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände), die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die jetzt noch aufrechterhaltene Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Zu befinden ist im Berufungsverfahren im Rahmen des § 123 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nur noch über die Rechtmäßigkeit der teilweisen Rücknahme der Leistungsbewilligung in Höhe von 13,44 Euro täglich (= 94,08 Euro wöchentlich) in der Zeit vom 27. April bis 18. August 2002 sowie über die Rückforderung überzahlter Alhi in diesem Zeitraum von 1.532,16 Euro; insoweit hat die Beklagte den Bescheid vom 18. Februar 2003 (Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2006) im Schriftsatz vom 12. Juli 2006 sowie in ihrer Prozesserklärung in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2006 durch Aufhebung der darüber hinausgehenden Verfügungssätze korrigiert.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes mehr als 500,00 Euro beträgt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die fortgeführte Berufung ist jedoch nicht begründet.
Verfahrensrechtliche Grundlage der kassatorischen Entscheidung der Beklagten ist mit Blick auf den von Anfang an teilweise rechtswidrigen Bescheid vom 24. April 2002 die Bestimmung des § 45 SGB X in der Modifikation durch § 330 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III). § 45 SGB X ist - in Abgrenzung zu § 48 SGB X - dann anzuwenden, wenn der ursprüngliche Bewilligungsbescheid bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses - d.h. der Bekanntgabe (§§ 37, 39 Abs. 1 SGB I) - rechtswidrig war (vgl. BSGE 74, 20, 23 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 32; BSG, Urteil vom 14. März 1996 - 7 RAr 84/94 - (juris)). Nach § 45 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III ist ein begünstigender Verwaltungsakt unter Beachtung der Einschränkungen der Abs. 2 und 4 von § 45 SGB X ganz oder teilweise zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz (vgl. § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X) kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bösgläubigkeit ist der Erlass des zurückzunehmenden begünstigenden Bescheides (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24 S. 82; SozR a.a.O. Nr. 39 S. 127; Wiesner in von Wulffen u.a., SGB X, 5. Auflage, § 45 Rdnr. 23)).
Die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme des Bescheides vom 24. April 2002 sind in dem von der Beklagten jetzt noch verfügten Umfang in der Zeit vom 27. April bis 18. August 2002 gegeben. § 330 Abs. 2 SGB III schreibt die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X zwingend vor (vgl. z.B. BSG SozR 3-4100 § 117 Nr. 13; SozR a.a.O. § 152 Nr. 8), sodass weder Raum für eine gesonderte Vertrauensschutzprüfung noch eine Ermessensentscheidung verbleibt.
Die Höhe der Alhi war in der streitbefangenen Zeit nicht richtig berechnet. Nach § 195 Satz 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - SGB III - (in der hier noch anwendenden Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2970)) betrug die Alhi für Arbeitslose - wie die Klägerin -, bei denen Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes nicht berücksichtigt werden können (vgl. hierzu § 129 Nr. 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266)), 53 Prozent des Leistungsentgelts. Leistungsentgelt ist das um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderte Bemessungsentgelt (vgl. hierzu § 198 Satz 2 Nr. 4 SGB III (in der Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes) i.V.m. § 136 Abs. 1 SGB III (in der Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997 - AFRG -, BGBl. I S. 594)). Die insoweit als gewöhnlicher Abzug zugrunde zu legende Steuer richtet sich nach der Leistungsgruppe, der der Arbeitsnehmer zuzuordnen ist (vgl. § 198 Satz 1 Nr. 4 SGB III i.V.m. § 137 Abs. 1 SGB III (Fassung durch das AFRG)). Bemessungsentgelt für die Alhi war nach § 300 Abs. 1 SGB III (Fassung durch Gesetz vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1971) grundsätzlich das Bemessungsentgelt, nach dem das Alg zuletzt bemessen worden war. Maßgebliche Berechnungsgrundlagen für die Alhi waren mithin das gerundete Bruttoarbeitsentgelt (Bemessungsentgelt), das hieraus - unter Zugrundelegung der sich an der Lohnsteuerklasse orientierenden Leistungsgruppe zu errechnende - pauschalierte hypothetische Nettoentgelt (Leistungsentgelt) sowie der, je nachdem, ob Kinder vorhanden sind oder nicht, zu bestimmende Prozentsatz. Während die Beklagte bei der Berechnung der Alhi in der streitbefangenen Zeit mit Blick auf die bei der Klägerin durchgehend eingetragene Lohnsteuerklasse III die Leistungsgruppe C (vgl. hierzu § 137 Abs. 2 Nr. 3 SGB III (Fassung durch das AFRG)) sowie den Prozentsatz von 53 zutreffend ermittelt hat, traf das auf das als weiterer Faktor zugrunde gelegte Bemessungsentgelt nicht zu.
Denn das bei der Klägerin bei der Berechnung des Alg ab 1. Oktober 2001 herangezogene Bemessungsentgelt hatte sich - wie auch von ihr nicht beanstandet - auf wöchentlich 720,00 DM (ungerundetes Arbeitsentgelt 723,66 DM) belaufen; der vorgenannte (ungerundete) Betrag ist für das (nach dem Ende des Krankengeldbezuges bewilligte) Alg ab 28. Januar 2002 aufgrund der Währungsumstellung zum 1. Januar 2002 umgerechnet worden (1,00 DM = 0,51129 Euro), sodass sich - gerundet auf den nächsten durch fünf teilbaren Euro-Betrag (vgl. hierzu jetzt § 132 Abs. 3 in der Fassung des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1983)) - ein Bemessungsentgelt von 370,00 Euro ergeben hat. Nicht dieses Bemessungsentgelt wurde indes der Alhi ab 27. April 2002 zugrunde gelegt; stattdessen zog die Beklagte fälschlicherweise ein - freilich entgegen § 201 Abs. 1 SGB III (in der Fassung durch das Job-AQTIV-Gesetz vom 10. Dezember 2001, BGBl. I S. 3443)) - angepasstes Entgelt von 700,00 DM heran, wobei allerdings die Umrechnung des DM-Werts in Euro unterblieb; dies führte zu dem deutlich überhöhten (gerundeten) Bemessungsentgelt von 700,00 Euro.
Bei einem richtigerweise zugrunde zu legenden Bemessungsentgelt von 370,00 Euro hätte sich unter Heranziehung der ermächtigungskonformen SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2002 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 4036) ab 27. April 2002 ein konkreter Leistungsbetrag von täglich 22,28 Euro (wöchentlich 155,96 Euro) ergeben müssen. Stattdessen hat die Beklagte der Klägerin mit dem Bescheid vom 24. April 2002 rechtswidrig eine tägliche Alhi ab 27. April 2002 von 35,72 Euro (tägliche Differenz 13,44 Euro) zuerkannt.
In diesem Umfang stand der vorgenannte Bescheid mit der materiellen Rechtslage nicht im Einklang. Auch wenn der Klägerin ein Verstoß gegen ihre Mitteilungspflichten nicht vorgehalten werden kann und damit hinsichtlich des Bescheides vom 24. April 2002 die Vorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ausscheidet, vermag sie sich dennoch auf Grundsätze des Vertrauensschutzes nicht zu berufen. Denn sie hat die teilweise Rechtswidrigkeit der Bewilligung, wenn nicht gar gekannt - so das SG -, so jedenfalls auf Grund grober Fahrlässigkeit nicht erkannt (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Bösgläubigkeit im Sinne dieser Vorschrift bedeutet nicht, dass die Begünstigte die Rechtswidrigkeit der Überzahlung betragsmäßig genau gekannt oder grob fahrlässig nicht erkannt hat; ausreichend ist vielmehr, dass sie hinsichtlich eines bestimmten Teils des Verwaltungsakts, auf dessen Korrektur sich die Rücknahmeentscheidung bezieht, bösgläubig war (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 42 S. 137). Maßgeblicher Zeitpunkt für das Kennen oder die grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit ist der Erlass des zurückzunehmenden begünstigenden Verwaltungsaktes (vgl. hierzu nochmals BSG SozR 3-1300 § 45 Nrn. 24 und 39). Ein der Klägerin vorzuwerfendes grobes Verschulden lag hier mit Bezug auf das der Alhi-Berechnung in der streitbefangenen Zeit fehlerhaft zugrunde gelegte Bemessungsentgelt vor. Grobe Fahrlässigkeit setzt eine Sorgfaltspflichtverletzung ungewöhnlich hohen Maßes, d.h. eine schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung voraus; es müssen schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt, also nicht beachtet worden sein, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSG SozR a.a.O. Nr. 10 S. 33). Insoweit ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere an der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen der Betroffenen sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; vgl. BSGE 44, 264, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 2). Missachtet die Begünstigte die klaren und eindeutigen Hinweise im Bescheid oder in einem Merkblatt und konnte sie dies nach ihrer Persönlichkeitsstruktur und ihrem Bildungsstand erkennen, so begründet dies im Regelfall, wenn nicht gar Kenntnis, so zumindest grobe Fahrlässigkeit (vgl. BSGE 44, 264, 273; BSG, Urteil vom 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 - (juris); BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 45).
Das der Alhi ab 27. April 2002 zugrunde gelegte Bemessungsentgelt von 700,00 Euro (Bescheid vom 24. April 2002) wich ganz erheblich vom Bemessungsentgelt des Alg (Bescheide vom 24. Oktober 2001 und 14. Februar 2002 ) ab; in den beiden letztgenannten Bewilligungsbescheiden hatte die Beklagte jeweils ein Bemessungsentgelt von 370,00 Euro (720,00 DM) zugrunde gelegt, was einem Alg von wöchentlich 176,61 Euro (343,77 DM) entsprach. Demgegenüber führte das der Alhi fehlerhaft zugrunde gelegten Bemessungsentgelt zu wöchentlichen Leistungsbeträgen von 250,04 Euro, also zu Beträgen, die um rund 73,00 Euro über dem Alg lagen. Diese erhebliche - auf dem Bemessungsentgelt beruhende - Diskrepanz in der Leistungshöhe hätte der Klägerin, die seit März 1997 nahezu durchgehend im Leistungsbezug bei der Beklagten stand, beim Durchlesen des Bescheides vom 24. April 2002 ohne weitere Überlegungen auffallen müssen (vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 45 S. 154 ff.); sofern sie das nicht getan haben sollte, gereicht ihr dies zum Vorwurf im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X. Dies gilt umso mehr, als der Klägerin durch die Alg-Bewilligungen vor und nach Ende des Krankengeldbezuges die unterschiedlichen Werte für DM und Euro bekannt waren, sodass es ihr hätte ins Auge springen müssen, dass eine Alhi, die sich der Höhe auf etwa das Anderthalbfache des bewilligten Alg belief, nicht richtig sein konnte. Dass die Alhi-Bewilligung nicht in Ordnung war, hat sie im Übrigen selbst erkannt; dass die (teilweise) Rechtswidrigkeit der Bewilligung seine Ursache im Berechnungsfaktor des Bemessungsentgelts hatte, hätte ihr sich ihr durch das im Bescheid vom 24. April 2002 - wie auch im Bescheid vom 14. Februar 2002 - deutlich in Euro aufgeführte Bemessungsentgelt aufdrängen müssen, welches sich mit 700,00 Euro für die Alhi auf nahezu das Doppelte des dem Alg zugrunde gelegten Bemessungsentgelts (370,00 Euro) belief. Dass die Klägerin, bei der Beeinträchtigungen ihres Einsichts-, Kritik- und Beurteilungsvermögens auf subjektiver Grundlage nicht vorhanden sind, der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung misstraute, wird im Übrigen durch ihren Vortrag bestätigt, die Beklagte wiederholt auf den überhöhten Leistungsbetrag hingewiesen zu haben.
Nach allem ist der Klägerin Fehlverhalten im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X anzulasten. Da § 330 Abs. 2 SGB III unter den Voraussetzungen dieser Bestimmung die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes im Umfang seiner Rechtwidrigkeit zwingend vorschreibt, ist ein Mitverschulden der Beklagten an der Leistungsüberzahlung ohne Bedeutung; ebenso wenig greifen Härtegesichtspunkte ein. Soweit sich die Klägerin unter Verweis auf eine von der Beklagte "wesentlich verursachte Überzahlung" (vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 38) auf die Vertrauensschutzregelung des § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X beruft, vermag ihr dies unter den gegebenen Umständen nicht weiterzuhelfen, zumal sie - abgesehen davon, dass bezüglich der Bösgläubigkeit auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses abzustellen ist - ganz offenkundig nie auf die Richtigkeit der Leistungsberechnung vertraut hat, was auch durch ihren stets bekräftigten Vortrag zu wiederholten Nachfragen beim ArbA bezüglich der Leistungshöhe bestätigt wird. Die in § 45 Abs. 3 und 4 SGB X genannten Fristen sind eingehalten. All das hat zur Folge, dass die Klägerin nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet ist, die im Zeitraum vom 27. April bis 18. August 2002 überzahlten Leistungen zu erstatten. Der von der Beklagten mittlerweile auf 1.532,16 Euro (114 Tage x 13,44 Euro) korrigierte Rückforderungsbetrag ist nicht zu beanstanden; diesen Betrag hat die Klägerin zu erstatten. Über die Modalitäten der Rückzahlung war vorliegend nicht zu entscheiden (vgl. BSG SozR 1200 § &61492;2 Nr. 4 S. 18; SozR 3-1300 § 48 Nr. 37 S. 84).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei der Senat mit Blick auf das nur geringfügige Obsiegen der Klägerin von einer Kostenquotelung zu Lasten der Beklagten abgesehen hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die teilweise Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) in der Zeit vom 27. April bis 18. August 2002 sowie über die Rückforderung von in diesem Zeitraum überzahlten Leistungen von 1.532,16 Euro.
Die am 1945 geborene verheiratete Klägerin, italienische Staatsangehörige, war von April 1986 bis Dezember 1996 als Maschinenarbeiterin bei der O. E. GmbH & Co., F. , beschäftigt. Nach einer Zeit der Arbeitsunfähigkeit bezog sie von der Beklagten ab März 1997 mit Unterbrechungen (u.a. durch wiederholte Zahlung von Krankengeld) Leistungen wegen Arbeitslosigkeit, und zwar zunächst Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von zuletzt 63,50 DM täglich (444,50 DM wöchentlich) bis zur Erschöpfung des Anspruchs mit dem 13. April 2000 sowie anschließend bis 1. April 2001 Alhi (täglicher Leistungssatz zuletzt 43,38 DM). In der Zeit vom 2. April bis 30. September 2001 war die Klägerin im Rahmen eines von vornherein befristeten Arbeitsvertrages als Montagearbeiterin bei der E. Pneumatik GmbH, W. , tätig.
Nach erneuter Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt Waiblingen (ArbA) bewilligte die Beklagte der Klägerin 1. Oktober 2001 Alg (auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 720,00 DM (ungerundet 723,66 DM), der Leistungsgruppe C und dem Prozentsatz von 60) in Höhe von 49,11 DM täglich/343,77 DM wöchentlich (Bescheid vom 24. Oktober 2001). Ab 19. November 2001 bestand Arbeitsunfähigkeit bis 27. Januar 2002 (Aufhebungsbescheid vom 27. Dezember 2001 wegen eines ab 31. Dezember 2002 zuerkannten Krankengeldanspruchs). Auf die anschließende Arbeitslosmeldung bewilligte die Beklagte durch Bescheid vom 14. Februar 2002 Alg ab 28. Januar 2002 nach einem täglichen Leistungsbetrag von 25,23 Euro (176,61 Euro wöchentlich), wobei sich das Bemessungsentgelt nach Umrechnung des DM-Werts auf 370,00 Euro belief (Leistungsgruppe und Prozentsatz wie bisher); in Höhe des genannten Leistungsbetrags wurde das Alg noch bis zur Erschöpfung des Anspruchs mit dem 26. April 2002 gewährt.
Zwischenzeitlich hatte die Klägerin am 18. April 2002 Alhi beantragt, welche ihr durch Bescheid vom 24. April 2002 ab 27. April 2002 in Höhe von 35,72 Euro täglich (250,04 Euro wöchentlich) bewilligt wurde; dieser Leistungsbetrag beruhte darauf, dass die Beklagte der Leistungsberechnung nunmehr ein (angepasstes) Bemessungsentgelt von 700,00 Euro zugrunde legte (übrige Berechnungsfaktoren wie bisher), wobei sie freilich übersah, dass der DM-Wert in Euro umzurechnen gewesen wäre. Bis 18. August 2002 wurde die Alhi in Höhe von täglich 35,72 Euro gezahlt. Zu dem genannten Datum erfolgte die Aufhebung der Leistungsbewilligung (Bescheid vom 19. August 2002), nachdem die Arbeitsvermittlung bei einer persönlichen Vorsprache der Klägerin am 22. Juli 2002 der beantragten Ortsabwesenheit in Italien (vom 29. Juli bis 25. August 2002), welche sie bereits in einem Termin vom 4. Juli 2002 angekündigt hatte, für die Dauer von drei Wochen zugestimmt hatte.
Mit Blick auf die Meldeaufforderung zum 26. August 2002 sprach die Klägerin, die ab 7. August 2002 in Italien arbeitsunfähig erkrankt war, auf dem ArbA vor; gleichzeitig bat sie ausweislich des Beratungsvermerks vom selben Tage um Überprüfung der Leistungshöhe wegen des ihrer Auffassung nach zu hohen Leistungssatzes. Dennoch wurde die Alhi durch Bescheid vom 4. September 2002 ab 19. August 2002 nach einem Leistungsbetrag von 35,72 Euro täglich (250,04 Euro wöchentlich) weiterbewilligt und der Klägerin in der genannten Höhe bis zum Ende der Leistungsfortzahlung mit dem 17. September 2002 gezahlt (Aufhebungsbescheid vom 18. September 2002). Nach dem Bezug von Krankengeld ihrerseits bis 30. September 2002 erfolgte auf Antrag der Klägerin ab dem 1. Oktober 2002 die Weiterbewilligung der Alhi, wobei wiederum ein Leistungsbetrag von 35, 72 Euro zuerkannt (Bescheid vom 25. Oktober 2002) und noch bis 30. November 2002 tatsächlich gezahlt wurde. Ab 1. Dezember 2002 wurde die Leistung nur noch in Höhe von 21,68 Euro täglich (151,76 Euro wöchentlich) gewährt (Bescheid vom 3. Dezember 2002).
Ende November 2002 hatte die Beklagte nämlich die fehlerhaft unterbliebene Umrechnung des Arbeitsentgelts von DM- in Euro-Werte bemerkt. Auf das Anhörungsschreiben vom 29. November 2002 verwies die Klägerin am 2. Dezember 2002 darauf, dass sie sich beim ArbA zweimal telefonisch sowie am 26. August 2002 persönlich gemeldet und darauf hingewiesen habe, dass "etwas nicht stimme"; sie sei deshalb zur Erstattung der Überzahlung nicht bereit. Mit Bescheid vom 18. Februar 2003 nahm die Beklagte die Bewilligung von Alhi für die Zeit ab 27. April 2002 teilweise in Höhe von 98,28 Euro wöchentlich zurück und forderte die Erstattung von 2.878,20 Euro; der Betrag werde im Rahmen des § 51 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) in Höhe von wöchentlich 75,88 Euro aufgerechnet. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie habe gleich nach der ersten Überweisung der Alhi beim ArbA angerufen und mitgeteilt, dass die Leistung zu hoch sei; sie habe jedoch die Mitteilung erhalten, dass alles in Ordnung sei. Nach jeder weiteren Überweisung habe sich ihre Tochter telefonisch an das ArbA gewandt und nachgefragt, ob die Leistungshöhe zutreffend sei; auch dieser sei erklärt worden, dass alles seine Richtigkeit habe. Nach ihrem Urlaub sei sie ferner am 26. August 2002 persönlich mit ihrer Tochter auf dem ArbA gewesen, weil sie wiederum festgestellt habe, dass die Alhi zu hoch sei. Durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2003 hob die Beklagte den Bescheid vom 18. Februar 2003 teilweise auf und wies den Widerspruch im Übrigen zurück; der Rücknahmezeitraum umfasse nur die Zeit vom 27. April bis 18. August 2002, der Erstattungsbetrag reduziere sich auf 1.600,56 Euro, wobei der Betrag mit den laufenden Leistungen nach § 51 Abs. 1 SGB I aufgerechnet werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, für den vorgenannten Zeitraum könne sich die Klägerin nicht auf Vertrauen berufen, weil sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X)); sie habe erkennen müssen, dass die ihr gezahlte Alhi wöchentlich fast 80,00 Euro höher als das Alg gewesen sei. Der darauf ergangene Aufrechnungsbescheid vom 13. Juni 2003 wurde später auf den Widerspruch der Klägerin aufgehoben (Abhilfebescheid vom 14. Juli 2003).
Wegen des Bescheides vom 18. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2003 hat die Klägerin am 30. Juni 2003 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie vorgebracht, die Überzahlung sei von den Mitarbeitern der Beklagten verschuldet worden. Sie selbst habe sich völlig korrekt verhalten; sie habe gleich nach der ersten Überweisung im April/Mai 2002 und danach noch mehrmals bei der Beklagten angerufen und um Überprüfung der Zahlungshöhe gebeten, wobei ihr bei jedem Telefongespräch versichert worden sei, dass die Zahlungen in Ordnung gingen; außerdem habe sie am 26. August 2002 sogar persönlich vorgesprochen und um Überprüfung gebeten. Mit Urteil vom 25. November 2004 hat das SG die Klage abgewiesen; in den Entscheidungsgründen hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe die Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides vom April 2002 gekannt; so habe sie selbst vorgetragen, mehrmals bei der Beklagten telefonisch nachgefragt zu haben, ob die die Höhe der Leistung stimme. Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bzw. grob fahrlässige Unkenntnis hätten erst dann nicht mehr vorgelegen, als die Beklagte nach der persönlichen Vorsprache der Klägerin am 26. August 2002 ab 19. August 2002 erneut Alhi in unzutreffender Höhe bewilligt habe; dies habe die Beklagte indes im Widerspruchsbescheid bereits berücksichtigt.
Gegen dieses der Bevollmächtigten der Klägerin am 5. Januar 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 19. Januar 2005 beim Landessozialgericht eingelegte Berufung der Klägerin. Sie hat erneut geltend gemacht, dass die Unrichtigkeit des Bewilligungsbescheides allein in den Verantwortungsbereich der Beklagten falle; durch den groben Fehler der Verwaltung bei der Euro-Umstellung sei ihr Vertrauen in die Bestandskraft des Verwaltungsaktes gestärkt worden, zumal ihr auf mehrmaliges Nachfragen stets bestätigt worden sei, dass "alles in Ordnung sei". Sie könne sich daran erinnern, dass sie mit einer Frau M. und einer blonden jungen Frau auf dem ArbA gesprochen habe; insoweit könne es sich bei den Telefonaten um Frau S. gehandelt haben, welche ausweislich der BewA-Einträge am 18. April 2002 den Alhi-Antrag angenommen und am 4. Juli 2002 mit ihr und ihrer Tochter ein persönliches Gespräch geführt habe. Im Übrigen sei sie nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht in der Lage, die Forderung der Beklagten auf Rückzahlung der Alhi zu erfüllen; vorsorglich beantrage sie Niederschlagung bzw. Erlass der Forderung.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 25. November 2004 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2003 und der Erklärung im Schriftsatz vom 12. Juli 2006 in vollem Umfang aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat mit Schriftsatz vom 12. Juli 2006 mitgeteilt, sie teile die Rechtsauffassung des Senats, dass bei der Berechnung der Überzahlung von einem Bemessungsentgelt von 370,00 Euro auszugehen gewesen sei. Nach der SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2002 ergebe sich damit ein wöchentlicher Leistungssatz von 155,96 Euro, was einem täglichen Leistungssatz von 22,28 Euro entspreche. Die tägliche Überzahlung betrage damit 13,44 Euro (35,72 Euro./. 22,28 Euro); damit reduziere sich die Gesamtüberzahlung um 68,40 Euro auf 1.532,16 Euro (13,44 Euro x 114 Tage). Den Bescheid vom 18. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2003 ändere sie entsprechend ab. Die Beklagte hat außerdem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 19. Juli 2006 erklärt, dass die Aufrechnungserklärung im Bescheid vom 18. Februar 2003 und im Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2003 aufgehoben wird. Im Übrigen hält sie ihre Entscheidung für zutreffend. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bestehe eine Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen; hieraus ergebe sich die "Sorgfaltsobliegenheit", einen Bewilligungsbescheid anzuschauen und - wenn auch aus Laiensicht - die zugrunde gelegten Berechnungsfaktoren mindestens überschlägig zu prüfen. Die Beklagte hat die Stellungnahmen der Sachbearbeiterin Arbeitnehmerleistungen I. vom 13. Juni 2005 sowie der Mitarbeiterin L. vom 7. November 2005, die BewA-Ausdrucke aus dem Jahr 2002 sowie eine Aufstellung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ArbA (insgesamt 29), die in der fraglichen Zeit für die Klägerin hätten zuständig gewesen sein können, zu den Akten gereicht.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände), die Klageakte des SG und die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die jetzt noch aufrechterhaltene Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Zu befinden ist im Berufungsverfahren im Rahmen des § 123 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nur noch über die Rechtmäßigkeit der teilweisen Rücknahme der Leistungsbewilligung in Höhe von 13,44 Euro täglich (= 94,08 Euro wöchentlich) in der Zeit vom 27. April bis 18. August 2002 sowie über die Rückforderung überzahlter Alhi in diesem Zeitraum von 1.532,16 Euro; insoweit hat die Beklagte den Bescheid vom 18. Februar 2003 (Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2006) im Schriftsatz vom 12. Juli 2006 sowie in ihrer Prozesserklärung in der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2006 durch Aufhebung der darüber hinausgehenden Verfügungssätze korrigiert.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist unter Beachtung der Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 SGG eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil der Wert des Beschwerdegegenstandes mehr als 500,00 Euro beträgt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die fortgeführte Berufung ist jedoch nicht begründet.
Verfahrensrechtliche Grundlage der kassatorischen Entscheidung der Beklagten ist mit Blick auf den von Anfang an teilweise rechtswidrigen Bescheid vom 24. April 2002 die Bestimmung des § 45 SGB X in der Modifikation durch § 330 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III). § 45 SGB X ist - in Abgrenzung zu § 48 SGB X - dann anzuwenden, wenn der ursprüngliche Bewilligungsbescheid bereits zum Zeitpunkt seines Erlasses - d.h. der Bekanntgabe (§§ 37, 39 Abs. 1 SGB I) - rechtswidrig war (vgl. BSGE 74, 20, 23 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 32; BSG, Urteil vom 14. März 1996 - 7 RAr 84/94 - (juris)). Nach § 45 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 330 Abs. 2 SGB III ist ein begünstigender Verwaltungsakt unter Beachtung der Einschränkungen der Abs. 2 und 4 von § 45 SGB X ganz oder teilweise zurückzunehmen. Auf Vertrauensschutz (vgl. § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X) kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bösgläubigkeit ist der Erlass des zurückzunehmenden begünstigenden Bescheides (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 24 S. 82; SozR a.a.O. Nr. 39 S. 127; Wiesner in von Wulffen u.a., SGB X, 5. Auflage, § 45 Rdnr. 23)).
Die Voraussetzungen für eine teilweise Rücknahme des Bescheides vom 24. April 2002 sind in dem von der Beklagten jetzt noch verfügten Umfang in der Zeit vom 27. April bis 18. August 2002 gegeben. § 330 Abs. 2 SGB III schreibt die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes unter den Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X zwingend vor (vgl. z.B. BSG SozR 3-4100 § 117 Nr. 13; SozR a.a.O. § 152 Nr. 8), sodass weder Raum für eine gesonderte Vertrauensschutzprüfung noch eine Ermessensentscheidung verbleibt.
Die Höhe der Alhi war in der streitbefangenen Zeit nicht richtig berechnet. Nach § 195 Satz 1 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - SGB III - (in der hier noch anwendenden Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2970)) betrug die Alhi für Arbeitslose - wie die Klägerin -, bei denen Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes nicht berücksichtigt werden können (vgl. hierzu § 129 Nr. 1 SGB III in der Fassung des Gesetzes vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266)), 53 Prozent des Leistungsentgelts. Leistungsentgelt ist das um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderte Bemessungsentgelt (vgl. hierzu § 198 Satz 2 Nr. 4 SGB III (in der Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes) i.V.m. § 136 Abs. 1 SGB III (in der Fassung des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24. März 1997 - AFRG -, BGBl. I S. 594)). Die insoweit als gewöhnlicher Abzug zugrunde zu legende Steuer richtet sich nach der Leistungsgruppe, der der Arbeitsnehmer zuzuordnen ist (vgl. § 198 Satz 1 Nr. 4 SGB III i.V.m. § 137 Abs. 1 SGB III (Fassung durch das AFRG)). Bemessungsentgelt für die Alhi war nach § 300 Abs. 1 SGB III (Fassung durch Gesetz vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1971) grundsätzlich das Bemessungsentgelt, nach dem das Alg zuletzt bemessen worden war. Maßgebliche Berechnungsgrundlagen für die Alhi waren mithin das gerundete Bruttoarbeitsentgelt (Bemessungsentgelt), das hieraus - unter Zugrundelegung der sich an der Lohnsteuerklasse orientierenden Leistungsgruppe zu errechnende - pauschalierte hypothetische Nettoentgelt (Leistungsentgelt) sowie der, je nachdem, ob Kinder vorhanden sind oder nicht, zu bestimmende Prozentsatz. Während die Beklagte bei der Berechnung der Alhi in der streitbefangenen Zeit mit Blick auf die bei der Klägerin durchgehend eingetragene Lohnsteuerklasse III die Leistungsgruppe C (vgl. hierzu § 137 Abs. 2 Nr. 3 SGB III (Fassung durch das AFRG)) sowie den Prozentsatz von 53 zutreffend ermittelt hat, traf das auf das als weiterer Faktor zugrunde gelegte Bemessungsentgelt nicht zu.
Denn das bei der Klägerin bei der Berechnung des Alg ab 1. Oktober 2001 herangezogene Bemessungsentgelt hatte sich - wie auch von ihr nicht beanstandet - auf wöchentlich 720,00 DM (ungerundetes Arbeitsentgelt 723,66 DM) belaufen; der vorgenannte (ungerundete) Betrag ist für das (nach dem Ende des Krankengeldbezuges bewilligte) Alg ab 28. Januar 2002 aufgrund der Währungsumstellung zum 1. Januar 2002 umgerechnet worden (1,00 DM = 0,51129 Euro), sodass sich - gerundet auf den nächsten durch fünf teilbaren Euro-Betrag (vgl. hierzu jetzt § 132 Abs. 3 in der Fassung des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1983)) - ein Bemessungsentgelt von 370,00 Euro ergeben hat. Nicht dieses Bemessungsentgelt wurde indes der Alhi ab 27. April 2002 zugrunde gelegt; stattdessen zog die Beklagte fälschlicherweise ein - freilich entgegen § 201 Abs. 1 SGB III (in der Fassung durch das Job-AQTIV-Gesetz vom 10. Dezember 2001, BGBl. I S. 3443)) - angepasstes Entgelt von 700,00 DM heran, wobei allerdings die Umrechnung des DM-Werts in Euro unterblieb; dies führte zu dem deutlich überhöhten (gerundeten) Bemessungsentgelt von 700,00 Euro.
Bei einem richtigerweise zugrunde zu legenden Bemessungsentgelt von 370,00 Euro hätte sich unter Heranziehung der ermächtigungskonformen SGB III-Leistungsentgeltverordnung 2002 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 4036) ab 27. April 2002 ein konkreter Leistungsbetrag von täglich 22,28 Euro (wöchentlich 155,96 Euro) ergeben müssen. Stattdessen hat die Beklagte der Klägerin mit dem Bescheid vom 24. April 2002 rechtswidrig eine tägliche Alhi ab 27. April 2002 von 35,72 Euro (tägliche Differenz 13,44 Euro) zuerkannt.
In diesem Umfang stand der vorgenannte Bescheid mit der materiellen Rechtslage nicht im Einklang. Auch wenn der Klägerin ein Verstoß gegen ihre Mitteilungspflichten nicht vorgehalten werden kann und damit hinsichtlich des Bescheides vom 24. April 2002 die Vorschrift des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X ausscheidet, vermag sie sich dennoch auf Grundsätze des Vertrauensschutzes nicht zu berufen. Denn sie hat die teilweise Rechtswidrigkeit der Bewilligung, wenn nicht gar gekannt - so das SG -, so jedenfalls auf Grund grober Fahrlässigkeit nicht erkannt (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Bösgläubigkeit im Sinne dieser Vorschrift bedeutet nicht, dass die Begünstigte die Rechtswidrigkeit der Überzahlung betragsmäßig genau gekannt oder grob fahrlässig nicht erkannt hat; ausreichend ist vielmehr, dass sie hinsichtlich eines bestimmten Teils des Verwaltungsakts, auf dessen Korrektur sich die Rücknahmeentscheidung bezieht, bösgläubig war (vgl. BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 42 S. 137). Maßgeblicher Zeitpunkt für das Kennen oder die grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit ist der Erlass des zurückzunehmenden begünstigenden Verwaltungsaktes (vgl. hierzu nochmals BSG SozR 3-1300 § 45 Nrn. 24 und 39). Ein der Klägerin vorzuwerfendes grobes Verschulden lag hier mit Bezug auf das der Alhi-Berechnung in der streitbefangenen Zeit fehlerhaft zugrunde gelegte Bemessungsentgelt vor. Grobe Fahrlässigkeit setzt eine Sorgfaltspflichtverletzung ungewöhnlich hohen Maßes, d.h. eine schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung voraus; es müssen schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt, also nicht beachtet worden sein, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSGE 42, 184, 187 = SozR 4100 § 152 Nr. 3; BSG SozR a.a.O. Nr. 10 S. 33). Insoweit ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere an der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen der Betroffenen sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; vgl. BSGE 44, 264, 273 = SozR 5870 § 13 Nr. 2). Missachtet die Begünstigte die klaren und eindeutigen Hinweise im Bescheid oder in einem Merkblatt und konnte sie dies nach ihrer Persönlichkeitsstruktur und ihrem Bildungsstand erkennen, so begründet dies im Regelfall, wenn nicht gar Kenntnis, so zumindest grobe Fahrlässigkeit (vgl. BSGE 44, 264, 273; BSG, Urteil vom 24. April 1997 - 11 RAr 89/96 - (juris); BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 45).
Das der Alhi ab 27. April 2002 zugrunde gelegte Bemessungsentgelt von 700,00 Euro (Bescheid vom 24. April 2002) wich ganz erheblich vom Bemessungsentgelt des Alg (Bescheide vom 24. Oktober 2001 und 14. Februar 2002 ) ab; in den beiden letztgenannten Bewilligungsbescheiden hatte die Beklagte jeweils ein Bemessungsentgelt von 370,00 Euro (720,00 DM) zugrunde gelegt, was einem Alg von wöchentlich 176,61 Euro (343,77 DM) entsprach. Demgegenüber führte das der Alhi fehlerhaft zugrunde gelegten Bemessungsentgelt zu wöchentlichen Leistungsbeträgen von 250,04 Euro, also zu Beträgen, die um rund 73,00 Euro über dem Alg lagen. Diese erhebliche - auf dem Bemessungsentgelt beruhende - Diskrepanz in der Leistungshöhe hätte der Klägerin, die seit März 1997 nahezu durchgehend im Leistungsbezug bei der Beklagten stand, beim Durchlesen des Bescheides vom 24. April 2002 ohne weitere Überlegungen auffallen müssen (vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 45 S. 154 ff.); sofern sie das nicht getan haben sollte, gereicht ihr dies zum Vorwurf im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X. Dies gilt umso mehr, als der Klägerin durch die Alg-Bewilligungen vor und nach Ende des Krankengeldbezuges die unterschiedlichen Werte für DM und Euro bekannt waren, sodass es ihr hätte ins Auge springen müssen, dass eine Alhi, die sich der Höhe auf etwa das Anderthalbfache des bewilligten Alg belief, nicht richtig sein konnte. Dass die Alhi-Bewilligung nicht in Ordnung war, hat sie im Übrigen selbst erkannt; dass die (teilweise) Rechtswidrigkeit der Bewilligung seine Ursache im Berechnungsfaktor des Bemessungsentgelts hatte, hätte ihr sich ihr durch das im Bescheid vom 24. April 2002 - wie auch im Bescheid vom 14. Februar 2002 - deutlich in Euro aufgeführte Bemessungsentgelt aufdrängen müssen, welches sich mit 700,00 Euro für die Alhi auf nahezu das Doppelte des dem Alg zugrunde gelegten Bemessungsentgelts (370,00 Euro) belief. Dass die Klägerin, bei der Beeinträchtigungen ihres Einsichts-, Kritik- und Beurteilungsvermögens auf subjektiver Grundlage nicht vorhanden sind, der Rechtmäßigkeit der Leistungsbewilligung misstraute, wird im Übrigen durch ihren Vortrag bestätigt, die Beklagte wiederholt auf den überhöhten Leistungsbetrag hingewiesen zu haben.
Nach allem ist der Klägerin Fehlverhalten im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X anzulasten. Da § 330 Abs. 2 SGB III unter den Voraussetzungen dieser Bestimmung die Rücknahme des begünstigenden Verwaltungsaktes im Umfang seiner Rechtwidrigkeit zwingend vorschreibt, ist ein Mitverschulden der Beklagten an der Leistungsüberzahlung ohne Bedeutung; ebenso wenig greifen Härtegesichtspunkte ein. Soweit sich die Klägerin unter Verweis auf eine von der Beklagte "wesentlich verursachte Überzahlung" (vgl. hierzu BSG SozR 3-1300 § 45 Nr. 38) auf die Vertrauensschutzregelung des § 45 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB X beruft, vermag ihr dies unter den gegebenen Umständen nicht weiterzuhelfen, zumal sie - abgesehen davon, dass bezüglich der Bösgläubigkeit auf den Zeitpunkt des Bescheiderlasses abzustellen ist - ganz offenkundig nie auf die Richtigkeit der Leistungsberechnung vertraut hat, was auch durch ihren stets bekräftigten Vortrag zu wiederholten Nachfragen beim ArbA bezüglich der Leistungshöhe bestätigt wird. Die in § 45 Abs. 3 und 4 SGB X genannten Fristen sind eingehalten. All das hat zur Folge, dass die Klägerin nach § 50 Abs. 1 SGB X verpflichtet ist, die im Zeitraum vom 27. April bis 18. August 2002 überzahlten Leistungen zu erstatten. Der von der Beklagten mittlerweile auf 1.532,16 Euro (114 Tage x 13,44 Euro) korrigierte Rückforderungsbetrag ist nicht zu beanstanden; diesen Betrag hat die Klägerin zu erstatten. Über die Modalitäten der Rückzahlung war vorliegend nicht zu entscheiden (vgl. BSG SozR 1200 § &61492;2 Nr. 4 S. 18; SozR 3-1300 § 48 Nr. 37 S. 84).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, wobei der Senat mit Blick auf das nur geringfügige Obsiegen der Klägerin von einer Kostenquotelung zu Lasten der Beklagten abgesehen hat.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
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