Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 6 RJ 1166/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 4414/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 18. August 2004 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen (voller oder teilweiser) Erwerbsminderung.
Der am 1949 geborene Kläger stammt aus Bosnien. Er befindet sich seit 1970 in Deutschland. Eine Berufsausbildung hat er nicht durchlaufen. Von Februar 1970 bis zum April 1990 arbeitete er bei der Deutschen Bahn als Rangierer und von 1990 bis 1995 bei Bremsproben. Ab April 1995 wurde er als Haus- und Weichenreiniger beschäftigt. Seit dem 28. August 1995 war der Kläger krankgeschrieben und bezog bis zu seiner Aussteuerung im Februar 1997 Krankengeld. Anschließend erhielt er Leistungen wegen Arbeitslosigkeit bis zuletzt Juni 2001. Das Beschäftigungsverhältnis wurde aufgrund eines Aufhebungsvertrages zum 3. Juli 1998 unter Gewährung einer Abfindung von 70.000 DM beendet. Seit dem August 1995 ist der Kläger nicht mehr berufstätig gewesen.
Am 31. Mai 1996 stellte er einen ersten Rentenantrag unter Hinweis auf Wirbelsäulenbeschwerden, Magenerkrankung und Bluthochdruck. Diesen Antrag lehnte die Bahnversicherungsanstalt mit Bescheid vom 17. Oktober 1996 ab und stützte sich auf die durchgeführte Begutachtung durch den medizinischen Dienst. Danach bestand ein chronisches, belastungsabhängiges Wirbelsäulensyndrom sowie eine Spinalkanalenge zwischen dem Lendenwirbelkörper (LWK) 3 und dem Sakralwirbelkörper (SWK) 1 mit Schwerpunkt bei LWK 4/5 sowie der Verdacht auf einen freien Gelenkkörper im Schultergelenk und eine arterielle Hypertonie. Am 8. Februar 1996 wurde wegen der Wirbelsäulenerkrankung eine Operation in Form einer dorsalen Dekompression der LWK 4/5 und LWK5/SWK 1 durchgeführt. Aus einem anschließendem Heilverfahren wurde der Kläger als arbeitsunfähig entlassen unter Hinweis auf eine später zu erwartende vollschichtige Einsatzfähigkeit für leichte Arbeiten. Auch der Bahnarzt Dr. H. äußerte in seinem Gutachten vom 30. September 1996 diese Auffassung. Im Verlauf des damaligen Widerspruchsverfahrens holte die Bahnversicherungsanstalt ein sozialmedizinisches Gutachten durch den Orthopäden Dr. Ha. und den Nervenfacharzt Dr. L. ein. Die Ärzte kamen zu dem Ergebnis, neben einem schmerzhaften Wirbelsäulensyndrom bei Zustand nach dorsaler Dekompression von LWK 4 bis SWK 1 mit anhaltend lumbalen Wurzelreizerscheinungen bestehe eine depressive Verstimmung. Der Kläger sei in der Lage, leichte Männerarbeiten vollschichtig zu verrichten. In dem sich an den negativen Widerspruchsbescheid anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Ulm (SG) - 8 RJ 204/98 - wurde ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Dr. K. eingeholt, der neben der Bestätigung einer chronisch linksbetonten Kaudareizung nach lumbaler Bandscheibenoperation bei engem Spinalkanal davon sprach, dass keine gravierenden neurologischen Ausfälle bestünden und eine reaktive Depression zu diagnostizieren sei. Dem Kläger seien leichte Arbeiten vollschichtig zumutbar. Daraufhin ist in dem damaligen Verfahren die Klage zurückgenommen worden.
Am 12./17. Juni 2001 stellte der Kläger den diesem Verfahren zugrunde liegenden Rentenantrag und gab an, wegen Rücken- und Wirbelsäulenproblemen seien ihm keinerlei Arbeiten mehr möglich. Hierzu legte er Berichte des behandelnden Allgemeinarztes und Psychiaters Dr. G. und des behandelnden Orthopäden Dr. F. vor, die von einem chronifizierten Schmerzbild sprachen und eine weitere Tätigkeit des Klägers nicht für möglich hielten.
In seinem Gutachten vom 30. August 2001 gelangte der Bahnarzt Dr. H. zu der Auffassung, gegenüber seiner letzten Begutachtung sei keine wesentliche Änderung festzustellen. Der Kläger sei nach wie vor in der Lage, leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Gestützt hierauf lehnte die Bahnversicherungsanstalt mit Bescheid vom 25. September 2001 die Bewilligung der begehrten Rente ab. Es lägen weder die Voraussetzungen einer vollen, noch die einer teilweisen Erwerbsminderung vor. Der hiergegen erhobene und in der Folgezeit nicht begründete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2002 (zugestellt am 9. April 2002) zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger über seinen damaligen Bevollmächtigten am 8. Mai 2002 Klage erhoben und im wesentlichen geltend gemacht, er könne nicht mehr als Rangierarbeiter arbeiten. Hierzu legte er erneut eine Bescheinigung des behandelnden Orthopäden Dr. F. (vom 9. Mai 2002) vor, der davon sprach, dass die Beschwerdesymptomatik seit 1996 weitgehend ohne Verbesserung bestehe und dass er den Kläger sowohl als Rangierer als auch für leichte Arbeiten nur unter drei Stunden einsetzbar halte. Der behandelnde Arzt, Dr. G. , bescheinigte unter dem 18. Juli 2002, dass sich der Zustand des Klägers permanent verschlechtere; dies gelte insbesondere für den psychischen Zustand. Der Kläger nehme regelmäßig Antidepressiva.
Auf Anforderung des SG ist der Kläger von Dr. U. orthopädisch/chirurgisch begutachtet worden. Der Sachverständige berichtet von osteochondrotischen Veränderungen der Halswirbelsäule von C 5 bis C 7 und der unteren Brustwirbelsäule sowie der Lendenwirbelsäule, verbunden mit dem Zustand nach operativer Dekompression des Rückenmarkkanals mit leichten Gefühlsstörungen im L5-Dermatom des linken Unterschenkels ohne motorische Ausfälle. Außerdem bestünden beginnende degenerative Veränderungen der Schultereckgelenke beidseits sowie Zustand nach operativer Versorgung einer Schultereckgelenksverletzung links, röntgenologisch ohne Instabilität. Der Griffelfortsatz der rechten Elle zeige Veränderungen nach stattgehabter Fraktur. Beide Kniescheiben seien zweigeteilt. Degenerative Veränderungen seien nicht festzustellen.
Durch die Befunde im Bereich der Schultereckgelenke werde der Kläger bei Überkopfarbeiten behindert. Die Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule ließen mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten nicht mehr zumutbar erscheinen. Unzumutbar seien auch Arbeiten überwiegend im Freien, unter Einwirkung von Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe. Das Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel über 5 kg sei nicht mehr zumutbar. Dasselbe gelte für Arbeiten überwiegend im Bücken oder in Körperzwangshaltungen und für Akkordarbeiten. Als Rangierarbeiter könne der Kläger nicht mehr eingesetzt werden. Er sei aber in der Lage, leichte Männerarbeiten im Wechselrhythmus vollschichtig zu verrichten, d.h. mindestens sechs Stunden täglich. Diese Leistungseinschränkungen bestünden seit Rentenantragstellung.
Das SG hat weiter ein nervenfachärztliches Gutachten bei Dr. J. eingeholt, der unter dem 30. Dezember 2002 ausführt, der Kläger leide unter einem leichten Cervikalsyndrom ohne Nachweis radikulärer Schäden und einem Lumbalsyndrom ohne Nachweis neurologischer Ausfallerscheinungen. Daneben sei eine reaktive Depression mit Neigung zu Aggravation und Simulation bei Rentenbegehren festzustellen. Der Kläger habe Beschwerden vorgetäuscht oder aggraviert, die nur in der Untersuchungssituation zu beobachten, aber sonst nicht vorhanden seien. Als Rangierarbeiter sei er nicht mehr einsetzbar. Leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, bei wechselnder Körperhaltung ohne Heben und Tragen schwerer Lasten und ohne Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten seien ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit weiterhin möglich und zwar im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich.
Nach Vorlage eines weiteren Arztbriefes von Dr. F. , der den Kläger für nicht in der Lage hielt, Tätigkeiten unter drei Stunden täglich auszuüben, hat das SG noch auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei dem behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. S. eingeholt. Dieser kam zur Diagnose einer endoreaktiven Depression nach Weitbrecht mit deutlicher Verbindung mit orthopädischen Beschwerden. Nach seiner Auffassung können Simulation und Aggravation ausgeschlossen werden. Die Klagen seien im Verlaufe der fast zehnjährigen Behandlung schlimmer geworden. Der Kläger könne eine leichte Arbeit bis maximal drei Stunden ausüben.
In einer Stellungnahme zu diesem Gutachten (vom 16. März 2004) berichtet Dr. J. von deutlichen Hinweisen auf Simulation und Aggravation während der Untersuchung und davon, dass nach seiner Auffassung nur von einem leicht depressiven Bild auszugehen sei. Er bleibe bei seinem Urteil, dass leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichtet werden könnten.
Mit Urteil vom 18. August 2004 hat das SG die Klage abgewiesen und dabei ausgeführt, dass dem Gutachten Dr. S. nicht gefolgt werden könne, welcher die Angaben des Klägers kritiklos übernommen und Hinweise zu Simulation und Aggravation verneint habe. Demgegenüber habe Dr. J. Aggravation und Simulation nachgewiesen und seine Einschätzung einer nur leichten Depression nachvollziehbar begründet. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Er habe als ungelernter bzw. angelernter Arbeiter im unteren Bereich gearbeitet, weshalb er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei.
Gegen dieses, seinem Bevollmächtigten am 6. September 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger über seinen jetzigen Bevollmächtigten am 30. September 2004 Berufung eingelegt und sich im wesentlichen auf die Äußerungen der behandelnden Ärzte Dr. F. und Dr. S. berufen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 18. August 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 1. Juli 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In einer mündlichen Verhandlung vom 14. November 2005 hat der Kläger ärztliche Äußerungen der Dres. G. , S. und F. vorgelegt. Dr. G. wiederholt seine Auffassung, dass er den Kläger für erwerbsunfähig halte und Dr. S. berichtet von einer endoreaktiven Depression.
Der Senat hat schließlich von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Prof. Dr. B. eingeholt. Dieser schildert unter ausführlicher Wiedergabe der Angaben des Klägers im Gutachten vom 28. Februar 2001 zunächst zahlreiche bewusstseinsnahe, demonstrative Äußerungen, verbunden mit Aggravation und Simulation. Aus den anamnestischen Angaben zum Verhalten im Alltag stellt er aus psychiatrischer Sicht (lediglich) die Diagnose einer Dysthymie und schließt insgesamt eine psychiatrische Krankheit im eigentlichen Sinn aus. Der Nachweis simulativer Tendenzen widerspreche diametral der Diagnose eines depressiven Syndroms jedweder Genese bzw. unüberwindbarer psychischer Hemmungen. Daneben bestehe ein Wirbelsäulensyndrom ohne aktuelle Nervenwurzelreizsymptome und ohne auf die Wirbelsäule beziehbare segmentale sensible oder motorische neurologische Defizite. Aus diesem Wirbelsäulensyndrom resultierten lediglich qualitative Leistungseinschränkungen. Eine psychiatrische Krankheit klinisch relevanten Ausmaßes könne ausgeschlossen werden. Aus der zu diagnostizierenden Dysthymie ergäben sich keine objektivierbaren Leistungseinbußen. Dies habe sich nicht nur in der Untersuchungssituation feststellen lassen, sondern sich auch aus den eigenen anamnestischen Angaben des Klägers hinsichtlich seiner Tagesstrukturierung und seines allgemeinen und sozialen Interessenspektrums ergeben. Unter neurologischem und psychiatrischem Blickwinkel seien dem Kläger leichte und vorübergehend auch mittelschwere körperliche Arbeiten zumutbar. Unter Berücksichtigung der von ihm genannten qualitativen Leistungseinschränkungen seien entsprechende Tätigkeiten im Rahmen eines vollen Arbeitstages zumutbar. Die freie Wegestrecke sei unter rein nervenärztlichen Gesichtspunkten nicht eingeschränkt.
Zur mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2006 ist der Kläger nicht erschienen. Sein Prozessbevollmächtigter hatte am Tag zuvor mitgeteilt, er werde nicht erscheinen und verzichte auf mündliche Verhandlung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Akten des SG - S 8 RJ 204/98 und S 6 RJ 1166/02 - verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2006 nach Lage der Akten entscheiden, da die Beteiligten in der rechtzeitig zugestellten Ladung hierauf hingewiesen worden sind (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Maßgebend ist im vorliegenden Fall das ab dem 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 BGBl I Seite 1827), denn im Streit steht ein Anspruch des Klägers ab dem 1. Juli 2001 (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI. Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres besteht - bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und der allgemeinen Wartezeit (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI) -, wenn der Versicherte teilweise erwerbsgemindert ist, also wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbarer Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu allgemein Bundessozialgericht - Großer Senat - BSGE 80, 24 ff.). Versicherte, die wie der Kläger vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, haben - bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen (vgl. hierzu § 43 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI) - im Falle der Berufsunfähigkeit Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 240 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGB VI). Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2 a.a.O.). Gemäß § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI ist nicht berufsunfähig, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die gesundheitlichen Beschwerden des Klägers berühren das orthopädische und das neurologisch-psychiatrische Gebiet; sie führen jedoch zu keinen einen Rentenanspruch auslösenden Leistungseinschränkungen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens leidet der Kläger an osteochondrotischen Veränderungen der Halswirbelsäule von CWK 5 bis CWK 7, der unteren Brustwirbelsäule und der Lendenwirbelsäule sowie einem Zustand nach operativer Dekompression des Rückenmarkkanals mit leichten Gefühlsstörungen im L5-Dermatom des linken Unterschenkels, einer beginnenden degenerativen Veränderung der Schultereckgelenke beidseits, einem Zustand nach operativer Versorgung einer Schultereckgelenksverletzung links, Veränderungen am Griffefortsatz der rechten Elle und zweigeteilter Kniescheibe beidseits ohne degenerative Veränderungen. Diese orthopädischen Befunde schränken die Leistungsfähigkeit lediglich in qualitativer Hinsicht, nicht jedoch in quantitativer (zeitlicher) Hinsicht ein. Diese Feststellung trifft der Senat auf der Grundlage des vom SG eingeholten fachärztlichen Gutachtens Dr. U. und der urkundsbeweislich verwerteten Gutachten des Bahnarztes Dr. H. vom 30. August 2001 und vom 30. September 1996. Die Auffassung des behandelnden Orthopäden Dr. F. (vgl. etwa Bescheinigung vom 9. Mai 2002 und vom 7. April 2003) können demgegenüber nicht überzeugen. Insbesondere in letzterer steht für Dr. F. offenbar die Tätigkeit als Rangierarbeiter im Vordergrund, die nach übereinstimmender Äußerung der Fachärzte dem Kläger nicht mehr zumutbar ist. Für die weitergehende Auffassung, auch leichte Arbeiten seien nur unter drei Stunden möglich, fehlen in den Arztberichten Dr. F. nachprüfbare Befunde und Begründungen. Insbesondere können die berichteten Funktionsstörungen nicht nachvollzogen werden. Dr. U. hat bei der ausführlichen Untersuchung des Klägers als Folgen der Befunde lediglich geringfügige Funktionseinschränkungen festgestellt, z.B. für die Frage von Überkopfarbeiten und der Belastung der Wirbelsäule durch schwere körperliche Tätigkeiten. Aus den von ihm wiedergegebenen Messdaten bezüglich der Beweglichkeit der Wirbelsäule und der Gliedmaßen muss geschlossen werden, dass weitgehende Einschränkungen nicht bestehen. Dabei muss vor allem auch berücksichtigt werden, dass die Mitarbeit des Klägers bei der Untersuchung Dr. U. offensichtlich unzureichend war. Auffällig ist auch, dass die Funktionsstörungen in den Bescheinigungen von Dr. F. nicht im Einzelnen beschrieben, sondern nur allgemein benannt werden. Bei dieser Sachlage ist der Senat mit dem Sachverständigen Dr. U. der Auffassung, dass aus orthopädischer Sicht eine vollschichtige, jedenfalls über sechsstündige Tätigkeit nicht ausgeschlossen ist.
Eine andere Einschätzung der zeitlichen Belastbarkeit des Klägers ergibt sich auch nicht aus neurologisch psychiatrischer Sicht. Die Auffassung des behandelnden Hausarztes Dr. G. über das Bestehen einer depressiven Erkrankung, die zur Erwerbsunfähigkeit führt, ist dem Senat nicht nachvollziehbar. In der ärztlichen Bescheinigung vom 20. Juni 2001 ist auch nur von Arbeitsunfähigkeit die Rede. Gegenüber dem SG spricht der Hausarzt zunächst von einer permanenten Verschlechterung insbesondere der beschriebenen Skelettbeschädigungen und dann von einem psychischen Zustand, der sich im Laufe der Jahre deutlich verschlechtert habe. Dies lässt sich jedoch nicht belegen. Objektive Befunde hat der Hausarzt ohnehin hierfür nicht genannt. Die Beweiserhebung durch das SG und durch den Senat hat demgegenüber zur Überzeugung des Senats ergeben, dass keine schwerwiegende neurologisch-psychiatrische Erkrankung vorliegt und dass insbesondere durch die festzustellenden Leiden eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht zu begründen ist. So hat bereits Dr. J. in seinem nervenfachärztlichen Gutachten vom 30. Dezember 2002 von einer erheblichen funktionellen Überlagerung der Schmerzen mit ausgeprägter Schmerzdemonstration und Neigung zur Aggravation und Simulation bei Rentenbegehren berichtet. Diese Einschätzung bestätigt der vom Senat beauftragte Gutachter Prof. Dr. B. eindrücklich anhand der Angaben des Klägers selbst - insbesondere zu seiner Tagesstruktur und zu seinen Interessenschwerpunkten. Prof. Dr. B. kommt dabei für den Senat nachvollziehbar und in überzeugender Weise zu dem Ergebnis, dass hier simulative Tendenzen des Klägers manifest sind und dass eine echte psychische Erkrankung ausgeschlossen werden kann. Die diesbezüglichen Ausführungen, die sich ausführlich mit den Angaben des Klägers befassen, widerlegen zweifelsfrei die Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. S. , dass nämlich eine endoreaktive Depression erheblichen Ausmaßes vorliege. Diese Auffassung wird auch nicht in dessen auf Antrag des Klägers eingeholten nervenfachärztlichen Gutachten vom 20. Januar 2004 nachvollziehbar belegt. Dr. S. , der den Kläger seit 1995 behandelt, berichtet bei seinen Befunden neurologisch allseits von normgerechten Befunden. Die von ihm gestellte Diagnose einer endoreaktiven Depression nach Weitbrecht wird in seinem Gutachten nicht näher begründet. Objektive Befunde, die sie stützten könnten, werden nicht genannt. Offensichtlich übernimmt dieser Sachverständige die Angaben des Klägers über seine Befindlichkeiten ohne jegliche Einschränkung oder Nachforschung. Er berichtet u.a. davon, der Kläger lebe sozial deutlich zurückgezogen, was als Beleg für die ernsthafte Erkrankung angeführt wird. Dies ließ sich anhand der von dem Sachverständigen Prof. Dr. B. gezielt abgefragten Aktivitäten, des dort vom Kläger geschilderten Tagesablaufs und der angegebenen Interessenschwerpunkte gerade nicht bestätigen. Es ergibt sich aus den dortigen Angaben vielmehr das Bild eines am sozialen und familiären Leben teilnehmenden, aktiven Menschen. Prof. Dr. B. ist ein erfahrener Gutachter, der mit sozialmedizinischen Fragestellungen vertraut ist. Er hat für den Senat überzeugend die Angaben des Klägers gegenüber Dr. S. über seine soziale Zurückgezogenheit und mangelnde Aktivität als unzutreffend erkannt. Bei dieser Sachlage vermag das Gutachten Dr. S. den Senat nicht zu überzeugen.
Damit sind die Gesundheitsstörungen des Klägers vollständig erfasst; weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen hat er nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Im Hinblick auf die überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. J. , Dr. U. und Prof. Dr. B. , die sorgfältig, gewissenhaft und gründlich erarbeitet sind und im Übrigen in der Leistungsbeurteilung weitestgehend mit den früheren - urkundsbeweislich zu verwertenden Äußerungen der im Rentenverfahren beauftragten Ärzte (insbesondere Dr. H. ) - übereinstimmen, besteht keine Veranlassung, weitere Sachaufklärung zu betreiben.
Die vorhandenen Gesundheitsstörungen bewirken keine Einschränkungen der Leistungsfähigkeit in quantitativer Hinsicht. Insoweit schließt sich der Senat ebenfalls den Gutachten Dr. J. , Dr. U. und Prof. Dr. B. an, welche nur qualitative Leistungseinschränkungen für erforderlich ansehen. Die abweichenden Auffassungen der behandelnden Ärzte können demgegenüber nicht überzeugen.
Der Kläger kann nach allem leichte körperliche Arbeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Unzumutbar sind lediglich Arbeiten überwiegend im Freien, unter Einwirkung von Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe. Außerdem ist ihm das Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel über 5 kg nicht mehr zumutbar sowie Arbeiten überwiegend im Bücken oder in Körperzwangshaltungen sowie Akkordarbeiten.
Gründe, die trotz des quantitativ uneingeschränkten Leistungsvermögens ausnahmsweise einen Anspruch auf Rente rechtfertigen können, liegen nicht vor. Eine Ausnahme von der bei vollschichtig leistungsfähigen Versichten entbehrlichen Pflicht zur Benennung von Verweisungstätigkeiten ist nur dann gegeben, wenn qualitative Leistungsbeschränkungen vorliegen, die eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung darstellen (vgl. etwa BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12), oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, etwa weil der Versicherte nicht in der Lage ist, noch unter betriebsüblichen Bedingungen Tätigkeiten zu verrichten oder seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139). Solche Gründe für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes liegen nach dem Beweisergebnis nicht vor. Ebenso wenig stellt das beim Kläger zu beachtende positive und negative Leistungsbild eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Die genannten qualitativen Einschränkungen sind nämlich bereits im Begriff der "körperlich leichten Arbeiten" enthalten, nämlich die Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, die Arbeiten ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken und ohne Überkopfarbeiten. Mit diesen Einschränkungen ist der Kläger daher nach wie vor beruflich für leichte Arbeiten einsetzbar.
Da der Kläger mindestens sechs Stunden täglich tätig sein kann, liegen auch die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 SGB VI für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht vor. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 1 SGB VI) ist nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen. Angesichts des Fehlens jeglicher Berufsausbildung und längerer Anlernzeiten kommt ein Berufsschutz im Falle des Klägers ohnehin nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen (voller oder teilweiser) Erwerbsminderung.
Der am 1949 geborene Kläger stammt aus Bosnien. Er befindet sich seit 1970 in Deutschland. Eine Berufsausbildung hat er nicht durchlaufen. Von Februar 1970 bis zum April 1990 arbeitete er bei der Deutschen Bahn als Rangierer und von 1990 bis 1995 bei Bremsproben. Ab April 1995 wurde er als Haus- und Weichenreiniger beschäftigt. Seit dem 28. August 1995 war der Kläger krankgeschrieben und bezog bis zu seiner Aussteuerung im Februar 1997 Krankengeld. Anschließend erhielt er Leistungen wegen Arbeitslosigkeit bis zuletzt Juni 2001. Das Beschäftigungsverhältnis wurde aufgrund eines Aufhebungsvertrages zum 3. Juli 1998 unter Gewährung einer Abfindung von 70.000 DM beendet. Seit dem August 1995 ist der Kläger nicht mehr berufstätig gewesen.
Am 31. Mai 1996 stellte er einen ersten Rentenantrag unter Hinweis auf Wirbelsäulenbeschwerden, Magenerkrankung und Bluthochdruck. Diesen Antrag lehnte die Bahnversicherungsanstalt mit Bescheid vom 17. Oktober 1996 ab und stützte sich auf die durchgeführte Begutachtung durch den medizinischen Dienst. Danach bestand ein chronisches, belastungsabhängiges Wirbelsäulensyndrom sowie eine Spinalkanalenge zwischen dem Lendenwirbelkörper (LWK) 3 und dem Sakralwirbelkörper (SWK) 1 mit Schwerpunkt bei LWK 4/5 sowie der Verdacht auf einen freien Gelenkkörper im Schultergelenk und eine arterielle Hypertonie. Am 8. Februar 1996 wurde wegen der Wirbelsäulenerkrankung eine Operation in Form einer dorsalen Dekompression der LWK 4/5 und LWK5/SWK 1 durchgeführt. Aus einem anschließendem Heilverfahren wurde der Kläger als arbeitsunfähig entlassen unter Hinweis auf eine später zu erwartende vollschichtige Einsatzfähigkeit für leichte Arbeiten. Auch der Bahnarzt Dr. H. äußerte in seinem Gutachten vom 30. September 1996 diese Auffassung. Im Verlauf des damaligen Widerspruchsverfahrens holte die Bahnversicherungsanstalt ein sozialmedizinisches Gutachten durch den Orthopäden Dr. Ha. und den Nervenfacharzt Dr. L. ein. Die Ärzte kamen zu dem Ergebnis, neben einem schmerzhaften Wirbelsäulensyndrom bei Zustand nach dorsaler Dekompression von LWK 4 bis SWK 1 mit anhaltend lumbalen Wurzelreizerscheinungen bestehe eine depressive Verstimmung. Der Kläger sei in der Lage, leichte Männerarbeiten vollschichtig zu verrichten. In dem sich an den negativen Widerspruchsbescheid anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Ulm (SG) - 8 RJ 204/98 - wurde ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Dr. K. eingeholt, der neben der Bestätigung einer chronisch linksbetonten Kaudareizung nach lumbaler Bandscheibenoperation bei engem Spinalkanal davon sprach, dass keine gravierenden neurologischen Ausfälle bestünden und eine reaktive Depression zu diagnostizieren sei. Dem Kläger seien leichte Arbeiten vollschichtig zumutbar. Daraufhin ist in dem damaligen Verfahren die Klage zurückgenommen worden.
Am 12./17. Juni 2001 stellte der Kläger den diesem Verfahren zugrunde liegenden Rentenantrag und gab an, wegen Rücken- und Wirbelsäulenproblemen seien ihm keinerlei Arbeiten mehr möglich. Hierzu legte er Berichte des behandelnden Allgemeinarztes und Psychiaters Dr. G. und des behandelnden Orthopäden Dr. F. vor, die von einem chronifizierten Schmerzbild sprachen und eine weitere Tätigkeit des Klägers nicht für möglich hielten.
In seinem Gutachten vom 30. August 2001 gelangte der Bahnarzt Dr. H. zu der Auffassung, gegenüber seiner letzten Begutachtung sei keine wesentliche Änderung festzustellen. Der Kläger sei nach wie vor in der Lage, leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Gestützt hierauf lehnte die Bahnversicherungsanstalt mit Bescheid vom 25. September 2001 die Bewilligung der begehrten Rente ab. Es lägen weder die Voraussetzungen einer vollen, noch die einer teilweisen Erwerbsminderung vor. Der hiergegen erhobene und in der Folgezeit nicht begründete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2002 (zugestellt am 9. April 2002) zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger über seinen damaligen Bevollmächtigten am 8. Mai 2002 Klage erhoben und im wesentlichen geltend gemacht, er könne nicht mehr als Rangierarbeiter arbeiten. Hierzu legte er erneut eine Bescheinigung des behandelnden Orthopäden Dr. F. (vom 9. Mai 2002) vor, der davon sprach, dass die Beschwerdesymptomatik seit 1996 weitgehend ohne Verbesserung bestehe und dass er den Kläger sowohl als Rangierer als auch für leichte Arbeiten nur unter drei Stunden einsetzbar halte. Der behandelnde Arzt, Dr. G. , bescheinigte unter dem 18. Juli 2002, dass sich der Zustand des Klägers permanent verschlechtere; dies gelte insbesondere für den psychischen Zustand. Der Kläger nehme regelmäßig Antidepressiva.
Auf Anforderung des SG ist der Kläger von Dr. U. orthopädisch/chirurgisch begutachtet worden. Der Sachverständige berichtet von osteochondrotischen Veränderungen der Halswirbelsäule von C 5 bis C 7 und der unteren Brustwirbelsäule sowie der Lendenwirbelsäule, verbunden mit dem Zustand nach operativer Dekompression des Rückenmarkkanals mit leichten Gefühlsstörungen im L5-Dermatom des linken Unterschenkels ohne motorische Ausfälle. Außerdem bestünden beginnende degenerative Veränderungen der Schultereckgelenke beidseits sowie Zustand nach operativer Versorgung einer Schultereckgelenksverletzung links, röntgenologisch ohne Instabilität. Der Griffelfortsatz der rechten Elle zeige Veränderungen nach stattgehabter Fraktur. Beide Kniescheiben seien zweigeteilt. Degenerative Veränderungen seien nicht festzustellen.
Durch die Befunde im Bereich der Schultereckgelenke werde der Kläger bei Überkopfarbeiten behindert. Die Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule ließen mittelschwere und schwere körperliche Arbeiten nicht mehr zumutbar erscheinen. Unzumutbar seien auch Arbeiten überwiegend im Freien, unter Einwirkung von Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe. Das Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel über 5 kg sei nicht mehr zumutbar. Dasselbe gelte für Arbeiten überwiegend im Bücken oder in Körperzwangshaltungen und für Akkordarbeiten. Als Rangierarbeiter könne der Kläger nicht mehr eingesetzt werden. Er sei aber in der Lage, leichte Männerarbeiten im Wechselrhythmus vollschichtig zu verrichten, d.h. mindestens sechs Stunden täglich. Diese Leistungseinschränkungen bestünden seit Rentenantragstellung.
Das SG hat weiter ein nervenfachärztliches Gutachten bei Dr. J. eingeholt, der unter dem 30. Dezember 2002 ausführt, der Kläger leide unter einem leichten Cervikalsyndrom ohne Nachweis radikulärer Schäden und einem Lumbalsyndrom ohne Nachweis neurologischer Ausfallerscheinungen. Daneben sei eine reaktive Depression mit Neigung zu Aggravation und Simulation bei Rentenbegehren festzustellen. Der Kläger habe Beschwerden vorgetäuscht oder aggraviert, die nur in der Untersuchungssituation zu beobachten, aber sonst nicht vorhanden seien. Als Rangierarbeiter sei er nicht mehr einsetzbar. Leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, bei wechselnder Körperhaltung ohne Heben und Tragen schwerer Lasten und ohne Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten seien ohne unmittelbare Gefährdung der Gesundheit weiterhin möglich und zwar im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich.
Nach Vorlage eines weiteren Arztbriefes von Dr. F. , der den Kläger für nicht in der Lage hielt, Tätigkeiten unter drei Stunden täglich auszuüben, hat das SG noch auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei dem behandelnden Neurologen und Psychiater Dr. S. eingeholt. Dieser kam zur Diagnose einer endoreaktiven Depression nach Weitbrecht mit deutlicher Verbindung mit orthopädischen Beschwerden. Nach seiner Auffassung können Simulation und Aggravation ausgeschlossen werden. Die Klagen seien im Verlaufe der fast zehnjährigen Behandlung schlimmer geworden. Der Kläger könne eine leichte Arbeit bis maximal drei Stunden ausüben.
In einer Stellungnahme zu diesem Gutachten (vom 16. März 2004) berichtet Dr. J. von deutlichen Hinweisen auf Simulation und Aggravation während der Untersuchung und davon, dass nach seiner Auffassung nur von einem leicht depressiven Bild auszugehen sei. Er bleibe bei seinem Urteil, dass leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichtet werden könnten.
Mit Urteil vom 18. August 2004 hat das SG die Klage abgewiesen und dabei ausgeführt, dass dem Gutachten Dr. S. nicht gefolgt werden könne, welcher die Angaben des Klägers kritiklos übernommen und Hinweise zu Simulation und Aggravation verneint habe. Demgegenüber habe Dr. J. Aggravation und Simulation nachgewiesen und seine Einschätzung einer nur leichten Depression nachvollziehbar begründet. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Er habe als ungelernter bzw. angelernter Arbeiter im unteren Bereich gearbeitet, weshalb er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar sei.
Gegen dieses, seinem Bevollmächtigten am 6. September 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger über seinen jetzigen Bevollmächtigten am 30. September 2004 Berufung eingelegt und sich im wesentlichen auf die Äußerungen der behandelnden Ärzte Dr. F. und Dr. S. berufen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 18. August 2004 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab dem 1. Juli 2001 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In einer mündlichen Verhandlung vom 14. November 2005 hat der Kläger ärztliche Äußerungen der Dres. G. , S. und F. vorgelegt. Dr. G. wiederholt seine Auffassung, dass er den Kläger für erwerbsunfähig halte und Dr. S. berichtet von einer endoreaktiven Depression.
Der Senat hat schließlich von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Prof. Dr. B. eingeholt. Dieser schildert unter ausführlicher Wiedergabe der Angaben des Klägers im Gutachten vom 28. Februar 2001 zunächst zahlreiche bewusstseinsnahe, demonstrative Äußerungen, verbunden mit Aggravation und Simulation. Aus den anamnestischen Angaben zum Verhalten im Alltag stellt er aus psychiatrischer Sicht (lediglich) die Diagnose einer Dysthymie und schließt insgesamt eine psychiatrische Krankheit im eigentlichen Sinn aus. Der Nachweis simulativer Tendenzen widerspreche diametral der Diagnose eines depressiven Syndroms jedweder Genese bzw. unüberwindbarer psychischer Hemmungen. Daneben bestehe ein Wirbelsäulensyndrom ohne aktuelle Nervenwurzelreizsymptome und ohne auf die Wirbelsäule beziehbare segmentale sensible oder motorische neurologische Defizite. Aus diesem Wirbelsäulensyndrom resultierten lediglich qualitative Leistungseinschränkungen. Eine psychiatrische Krankheit klinisch relevanten Ausmaßes könne ausgeschlossen werden. Aus der zu diagnostizierenden Dysthymie ergäben sich keine objektivierbaren Leistungseinbußen. Dies habe sich nicht nur in der Untersuchungssituation feststellen lassen, sondern sich auch aus den eigenen anamnestischen Angaben des Klägers hinsichtlich seiner Tagesstrukturierung und seines allgemeinen und sozialen Interessenspektrums ergeben. Unter neurologischem und psychiatrischem Blickwinkel seien dem Kläger leichte und vorübergehend auch mittelschwere körperliche Arbeiten zumutbar. Unter Berücksichtigung der von ihm genannten qualitativen Leistungseinschränkungen seien entsprechende Tätigkeiten im Rahmen eines vollen Arbeitstages zumutbar. Die freie Wegestrecke sei unter rein nervenärztlichen Gesichtspunkten nicht eingeschränkt.
Zur mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2006 ist der Kläger nicht erschienen. Sein Prozessbevollmächtigter hatte am Tag zuvor mitgeteilt, er werde nicht erscheinen und verzichte auf mündliche Verhandlung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Akten des SG - S 8 RJ 204/98 und S 6 RJ 1166/02 - verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über die Berufung aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 19. Juli 2006 nach Lage der Akten entscheiden, da die Beteiligten in der rechtzeitig zugestellten Ladung hierauf hingewiesen worden sind (§ 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), weil die Berufung wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Maßgebend ist im vorliegenden Fall das ab dem 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 BGBl I Seite 1827), denn im Streit steht ein Anspruch des Klägers ab dem 1. Juli 2001 (vgl. § 300 Abs. 1 und 2 SGB VI. Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (versicherungsrechtliche Voraussetzungen) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres besteht - bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen und der allgemeinen Wartezeit (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI) -, wenn der Versicherte teilweise erwerbsgemindert ist, also wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbarer Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB VI). Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (vgl. hierzu allgemein Bundessozialgericht - Großer Senat - BSGE 80, 24 ff.). Versicherte, die wie der Kläger vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, haben - bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen (vgl. hierzu § 43 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI) - im Falle der Berufsunfähigkeit Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (§ 240 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGB VI). Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2 a.a.O.). Gemäß § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI ist nicht berufsunfähig, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die gesundheitlichen Beschwerden des Klägers berühren das orthopädische und das neurologisch-psychiatrische Gebiet; sie führen jedoch zu keinen einen Rentenanspruch auslösenden Leistungseinschränkungen. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens leidet der Kläger an osteochondrotischen Veränderungen der Halswirbelsäule von CWK 5 bis CWK 7, der unteren Brustwirbelsäule und der Lendenwirbelsäule sowie einem Zustand nach operativer Dekompression des Rückenmarkkanals mit leichten Gefühlsstörungen im L5-Dermatom des linken Unterschenkels, einer beginnenden degenerativen Veränderung der Schultereckgelenke beidseits, einem Zustand nach operativer Versorgung einer Schultereckgelenksverletzung links, Veränderungen am Griffefortsatz der rechten Elle und zweigeteilter Kniescheibe beidseits ohne degenerative Veränderungen. Diese orthopädischen Befunde schränken die Leistungsfähigkeit lediglich in qualitativer Hinsicht, nicht jedoch in quantitativer (zeitlicher) Hinsicht ein. Diese Feststellung trifft der Senat auf der Grundlage des vom SG eingeholten fachärztlichen Gutachtens Dr. U. und der urkundsbeweislich verwerteten Gutachten des Bahnarztes Dr. H. vom 30. August 2001 und vom 30. September 1996. Die Auffassung des behandelnden Orthopäden Dr. F. (vgl. etwa Bescheinigung vom 9. Mai 2002 und vom 7. April 2003) können demgegenüber nicht überzeugen. Insbesondere in letzterer steht für Dr. F. offenbar die Tätigkeit als Rangierarbeiter im Vordergrund, die nach übereinstimmender Äußerung der Fachärzte dem Kläger nicht mehr zumutbar ist. Für die weitergehende Auffassung, auch leichte Arbeiten seien nur unter drei Stunden möglich, fehlen in den Arztberichten Dr. F. nachprüfbare Befunde und Begründungen. Insbesondere können die berichteten Funktionsstörungen nicht nachvollzogen werden. Dr. U. hat bei der ausführlichen Untersuchung des Klägers als Folgen der Befunde lediglich geringfügige Funktionseinschränkungen festgestellt, z.B. für die Frage von Überkopfarbeiten und der Belastung der Wirbelsäule durch schwere körperliche Tätigkeiten. Aus den von ihm wiedergegebenen Messdaten bezüglich der Beweglichkeit der Wirbelsäule und der Gliedmaßen muss geschlossen werden, dass weitgehende Einschränkungen nicht bestehen. Dabei muss vor allem auch berücksichtigt werden, dass die Mitarbeit des Klägers bei der Untersuchung Dr. U. offensichtlich unzureichend war. Auffällig ist auch, dass die Funktionsstörungen in den Bescheinigungen von Dr. F. nicht im Einzelnen beschrieben, sondern nur allgemein benannt werden. Bei dieser Sachlage ist der Senat mit dem Sachverständigen Dr. U. der Auffassung, dass aus orthopädischer Sicht eine vollschichtige, jedenfalls über sechsstündige Tätigkeit nicht ausgeschlossen ist.
Eine andere Einschätzung der zeitlichen Belastbarkeit des Klägers ergibt sich auch nicht aus neurologisch psychiatrischer Sicht. Die Auffassung des behandelnden Hausarztes Dr. G. über das Bestehen einer depressiven Erkrankung, die zur Erwerbsunfähigkeit führt, ist dem Senat nicht nachvollziehbar. In der ärztlichen Bescheinigung vom 20. Juni 2001 ist auch nur von Arbeitsunfähigkeit die Rede. Gegenüber dem SG spricht der Hausarzt zunächst von einer permanenten Verschlechterung insbesondere der beschriebenen Skelettbeschädigungen und dann von einem psychischen Zustand, der sich im Laufe der Jahre deutlich verschlechtert habe. Dies lässt sich jedoch nicht belegen. Objektive Befunde hat der Hausarzt ohnehin hierfür nicht genannt. Die Beweiserhebung durch das SG und durch den Senat hat demgegenüber zur Überzeugung des Senats ergeben, dass keine schwerwiegende neurologisch-psychiatrische Erkrankung vorliegt und dass insbesondere durch die festzustellenden Leiden eine zeitliche Einschränkung der Leistungsfähigkeit nicht zu begründen ist. So hat bereits Dr. J. in seinem nervenfachärztlichen Gutachten vom 30. Dezember 2002 von einer erheblichen funktionellen Überlagerung der Schmerzen mit ausgeprägter Schmerzdemonstration und Neigung zur Aggravation und Simulation bei Rentenbegehren berichtet. Diese Einschätzung bestätigt der vom Senat beauftragte Gutachter Prof. Dr. B. eindrücklich anhand der Angaben des Klägers selbst - insbesondere zu seiner Tagesstruktur und zu seinen Interessenschwerpunkten. Prof. Dr. B. kommt dabei für den Senat nachvollziehbar und in überzeugender Weise zu dem Ergebnis, dass hier simulative Tendenzen des Klägers manifest sind und dass eine echte psychische Erkrankung ausgeschlossen werden kann. Die diesbezüglichen Ausführungen, die sich ausführlich mit den Angaben des Klägers befassen, widerlegen zweifelsfrei die Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. S. , dass nämlich eine endoreaktive Depression erheblichen Ausmaßes vorliege. Diese Auffassung wird auch nicht in dessen auf Antrag des Klägers eingeholten nervenfachärztlichen Gutachten vom 20. Januar 2004 nachvollziehbar belegt. Dr. S. , der den Kläger seit 1995 behandelt, berichtet bei seinen Befunden neurologisch allseits von normgerechten Befunden. Die von ihm gestellte Diagnose einer endoreaktiven Depression nach Weitbrecht wird in seinem Gutachten nicht näher begründet. Objektive Befunde, die sie stützten könnten, werden nicht genannt. Offensichtlich übernimmt dieser Sachverständige die Angaben des Klägers über seine Befindlichkeiten ohne jegliche Einschränkung oder Nachforschung. Er berichtet u.a. davon, der Kläger lebe sozial deutlich zurückgezogen, was als Beleg für die ernsthafte Erkrankung angeführt wird. Dies ließ sich anhand der von dem Sachverständigen Prof. Dr. B. gezielt abgefragten Aktivitäten, des dort vom Kläger geschilderten Tagesablaufs und der angegebenen Interessenschwerpunkte gerade nicht bestätigen. Es ergibt sich aus den dortigen Angaben vielmehr das Bild eines am sozialen und familiären Leben teilnehmenden, aktiven Menschen. Prof. Dr. B. ist ein erfahrener Gutachter, der mit sozialmedizinischen Fragestellungen vertraut ist. Er hat für den Senat überzeugend die Angaben des Klägers gegenüber Dr. S. über seine soziale Zurückgezogenheit und mangelnde Aktivität als unzutreffend erkannt. Bei dieser Sachlage vermag das Gutachten Dr. S. den Senat nicht zu überzeugen.
Damit sind die Gesundheitsstörungen des Klägers vollständig erfasst; weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen hat er nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich. Im Hinblick auf die überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. J. , Dr. U. und Prof. Dr. B. , die sorgfältig, gewissenhaft und gründlich erarbeitet sind und im Übrigen in der Leistungsbeurteilung weitestgehend mit den früheren - urkundsbeweislich zu verwertenden Äußerungen der im Rentenverfahren beauftragten Ärzte (insbesondere Dr. H. ) - übereinstimmen, besteht keine Veranlassung, weitere Sachaufklärung zu betreiben.
Die vorhandenen Gesundheitsstörungen bewirken keine Einschränkungen der Leistungsfähigkeit in quantitativer Hinsicht. Insoweit schließt sich der Senat ebenfalls den Gutachten Dr. J. , Dr. U. und Prof. Dr. B. an, welche nur qualitative Leistungseinschränkungen für erforderlich ansehen. Die abweichenden Auffassungen der behandelnden Ärzte können demgegenüber nicht überzeugen.
Der Kläger kann nach allem leichte körperliche Arbeiten mindestens sechs Stunden arbeitstäglich verrichten. Unzumutbar sind lediglich Arbeiten überwiegend im Freien, unter Einwirkung von Kälte, Hitze, starken Temperaturschwankungen, Zugluft und Nässe. Außerdem ist ihm das Heben und Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel über 5 kg nicht mehr zumutbar sowie Arbeiten überwiegend im Bücken oder in Körperzwangshaltungen sowie Akkordarbeiten.
Gründe, die trotz des quantitativ uneingeschränkten Leistungsvermögens ausnahmsweise einen Anspruch auf Rente rechtfertigen können, liegen nicht vor. Eine Ausnahme von der bei vollschichtig leistungsfähigen Versichten entbehrlichen Pflicht zur Benennung von Verweisungstätigkeiten ist nur dann gegeben, wenn qualitative Leistungsbeschränkungen vorliegen, die eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung darstellen (vgl. etwa BSG SozR 3-2600 § 43 Nrn. 17 und 21; SozR a.a.O. § 44 Nr. 12), oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, etwa weil der Versicherte nicht in der Lage ist, noch unter betriebsüblichen Bedingungen Tätigkeiten zu verrichten oder seine Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt ist (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 137 und 139). Solche Gründe für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes liegen nach dem Beweisergebnis nicht vor. Ebenso wenig stellt das beim Kläger zu beachtende positive und negative Leistungsbild eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Die genannten qualitativen Einschränkungen sind nämlich bereits im Begriff der "körperlich leichten Arbeiten" enthalten, nämlich die Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, die Arbeiten ohne Zwangshaltungen, ohne häufiges Bücken und ohne Überkopfarbeiten. Mit diesen Einschränkungen ist der Kläger daher nach wie vor beruflich für leichte Arbeiten einsetzbar.
Da der Kläger mindestens sechs Stunden täglich tätig sein kann, liegen auch die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 SGB VI für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht vor. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 Abs. 1 SGB VI) ist nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen. Angesichts des Fehlens jeglicher Berufsausbildung und längerer Anlernzeiten kommt ein Berufsschutz im Falle des Klägers ohnehin nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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