L 23 B 1088/05 SO ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 20 SO 104/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 1088/05 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Oktober2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Zahlung einer Mietkaution durch den Antragsgegner.

Die 1959 geborene Antragstellerin ist im August 2005 zusammen mit ihrem Enkelkind, für das ihr die elterliche Sorge übertragen wurde, von Berlin nach Genshagen (Ortsteil von Ludwigsfelde), dem Wohnort ihres Bruders und seiner Familie, umgezogen. Die Antragstellerin ist schwerbehindert (Grad der Behinderung 70 /Merkzeichen G) und auf einen Rollstuhl angewiesen.

Am 15. Juli 2005 beantragte die Antragstellerin im Sozialamt des Antragsgegners Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Sie legte hierbei einen bis dahin nicht unterschriebenen Mietvertrag vor, nach dem sie ab dem 01. August 2005 monatlich 600,50 EUR Miete für eine 78,23 m² große 2 ½ Zimmer Wohnung zu zahlen hätte. Vom Antragsgegner wurde ihr mitgeteilt, dass die Kosten für die Unterkunft unangemessen hoch seien und es im Landkreis Teltow Fläming genügend Wohnraum gäbe, für den keine Mietkaution gefordert werde. Anlässlich einer weiteren Vorsprache beim Sozialamt des Antragsgegners am 19. Juli 2005 unterschrieb die Antragstellerin den schriftlichen Sozialhilfeantrag und legte den von ihr am 18. Juli 2005 unterschriebenen Mietvertrag über die Wohnung in der Sstraße , L, OT G, vor.

Der Antragsgegner übersandte mit Schreiben vom 20. Juli 2005 die Antragsunterlagen der Antragstellerin an den Beigeladenen, ohne hierbei auf die Modalitäten des Mietvertrages (Miethöhe, Mietkaution) einzugehen. Am 22. Juli 2005 reichte die Antragstellerin bei der Beigeladenen eine formularmäßigen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für sich und ihr Enkelkind nach Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) sowie einen handschriftlichen Antrag auf ein Darlehen für ihre Mietkaution ein. Mit Bescheid vom 28. Juli 2005 bewilligte die Beigeladene zunächst für den Zeitraum vom 01. August 2005 bis 31. Oktober 2005 der Antragstellerin und ihrem Enkelkind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II (1 109,33 EUR, davon 588,77 EUR Leistungen für Unterkunft und Heizung). Den auf die Übernahme der Mietkaution gerichteten Antrag vom 22. Juli 2005 lehnte die Beigeladene mit Bescheid vom 10. August 2005 ab, weil eine Mietkaution nur übernommen werden könne, wenn der kommunale Träger (Antragsgegner) die Übernahme der Mietkaution zugesichert habe, was jedoch nicht der Fall sei.

Gegen diese Ablehnung legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 15. August 2005 bei der Beigeladenen Widerspruch ein, über den die Beigeladene noch nicht entschieden hat.

Am 29. August 2005 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Potsdam beantragt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihr bis zum Abschluss des Antragsverfahrens Leistungen gemäß SGB XII in Form der Übernahme einer Mietkaution zu gewähren. Zur Begründung hat sie vorgetragen, aus gesundheitlichen Gründen nach G umgezogen zu sein. Ihr sei vom Antragsgegner mitgeteilt worden, dass die Miete zu hoch sei und dass sie zur Bearbeitung des Antrages einen Mietvertrag vorlegen müsse. Sie sei auf die Erstattung der Mietkaution dringend angewiesen, da ihr ansonsten mit ihrem fünfjährigen Enkel Obdachlosigkeit drohe. Sie legte eine Kopie des Schreibens ihres Vermieters vom 01. September 2005 vor, in dem dieser die Zahlung der Mietkaution bis spätestens 09. September 2005 anmahnt.

Der Antragsgegner und die Beigeladene haben erstinstanzlich die Abweisung des Antrages begehrt. Der Antragsgegner hat darauf hingewiesen, für die beantragte Leistung sachlich nicht zuständig zu sein. Die Beigeladene hat darauf verwiesen, dass mangels einer dem Abschluss des Mietvertrages vorausgehenden Zusicherung des Antragsgegners, die Mietkaution zu übernehmen, ein Zahlungsanspruch gegen sie rechtlich nicht begründet sei. Der kommunale Träger sei auch nicht zur Zusicherung verpflichtet gewesen, da die Aufwendungen für die neue Unterkunft unangemessen hoch seien.

Das Sozialgericht Potsdam hat den Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 10. Oktober 2005 abgelehnt. Bestünde ein Rechtsanspruch auf Übernahme der Mietkaution, richtete er sich nicht gegen den Antragsgegner. Eine Mietkaution könne bei vorheriger Zusicherung durch den kommunalen Träger von der Arbeitsgemeinschaft Grundsicherung für Arbeitsuchende (der Beigeladenen) übernommen werden. Der Antragsgegner habe sich gegenüber der Beigeladenen bei Abgabe des Antrages weder positiv noch negativ über eine Zusicherung in Bezug auf die Aufwendungen für die Wohnung in G geäußert. Sofern im Laufe des weiteren Verwaltungsverfahrens eine Zuständigkeit des Antragsgegners wegen fehlender Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin begründet werde, was nahe liege, habe dieser dann in eigener Zuständigkeit auf der Rechtsgrundlage des § 29 Abs. 1 Satz 6 SGB XII die Frage der Übernahme der Mietkaution erneut zu prüfen. Als Kompromisslösung biete sich dann die Gewährung eines von der Antragstellerin in erträglichen Raten zurückzuzahlendes Darlehen an. Aufgrund einer solchen möglich erscheinenden Kompromisslösung könne davon ausgegangen werden, dass der Antragstellerin zurzeit keine wesentlichen Nachteile, etwa in Gestalt einer Wohnungslosigkeit, drohten.

Gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam hat die Antragstellerin am 04. November 2001 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, sie sei nach G gezogen, weil sie schwerbehindert sei und im Rollstuhl sitze und in G ihr Bruder wohne, der sich um sie kümmere. Vor ihrem Umzug habe ihr niemand mitgeteilt, dass die Kaution für diese Wohnung nicht übernommen werde. Sie bitte lediglich um die Gewährung eines Darlehens, da sie sonst in Kürze mit ihrem Enkel obdachlos sei.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 10. Oktober 2005 aufzuheben und den Antragsgegner vorläufig zur Zahlung der im Mietvertrag vom 18. Juli 2005 vereinbarten Mietkaution in Höhe von 1.305,00 EUR zu verpflichten.

Weder Antragsgegner noch Beigeladene haben sich im Beschwerdeverfahren geäußert.

Das Sozialgericht Potsdam hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners und der Beigeladenen Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Die statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Die Antragstellerin hat weder einen Anordnungsanspruch noch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz SGG - sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die Notwendigkeit in der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 Satz 3 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung ZPO ).

Die Antragstellerin hat einen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Übernahme der Mietkaution (§ 29 Abs. 1 SGB XII) nicht glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin erhält Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II von der Beigeladenen. Der Erhalt von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II schließt Leistungen für nichterwerbsfähige Hilfebedürftige nach dem SGB XII, für die der Antragsgegner zuständiger Leistungsträger wäre, bereits begrifflich aus. Die Leistungssysteme nach dem SGB II und dem SGB XII stehen isoliert nebeneinander, eine irgendwie geartete Ergänzung einer Leistung durch Leistungen aus dem anderen System findet nicht statt (Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, Einl, Rdnr. 15).

Die Antragstellerin hätte im Übrigen auch für den Fall, dass sie zwischenzeitlich in den Leistungsbezug beim Antragsgegner eingetreten sein sollte, was sie allerdings selbst nicht geltend gemacht, keinen Anspruch auf Übernahme der Mietkaution gegen diesen.

Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 7 SGB XII können Wohnungsbeschaffungskosten und Mietkautionen (nur) bei vorheriger Zustimmung (des Sozialhilfeträgers) übernommen werden. Eine vorherige Zustimmung des Antragsgegners liegt nicht vor und ist aufgrund der Ausführungen des Antragsgegners in dem Schreiben vom 19. August 2005, wonach es im Landkreis Teltow Fläming genügend Wohnraum gäbe, für den keine Mietkaution gefordert werde, denen die Antragstellerin nicht entgegengetreten ist, auch nicht gemäß § 29 Abs. 1 Satz 8 SGB XII zu erteilen gewesen.

Die Antragstellerin hat im Übrigen auch keinen Anspruch gegen die Beigeladene auf Übernahme der Mietkaution. Ein etwaiger Anspruch aus § 22 Abs. 3 SGB II scheitert ebenfalls an der fehlenden vorherigen Zusicherung durch dem kommunalen Träger.

Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Auch bei Verlust der von ihr in der Sstraße angemieteten Wohnung ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass ihr Obdachlosigkeit drohen würde. Nach den Ausführungen des Antragsgegners im Schreiben vom 19. August 2005 gibt es im Landkreis Teltow Fläming genügend Wohnraum, für den keine Mietkaution gefordert wird. Dieser Darlegung ist die Antragstellerin nicht entgegengetreten.

Das Sozialgericht hat mithin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG.

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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