L 23 B 1089/05 SO PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
23
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 50 SO 4210/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 23 B 1089/05 SO PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Oktober 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt mit Ihrer Klage vor dem Sozialgericht Berlin die Verpflichtung des Beklagten zur Leistung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – SGB XII –. Im Beschwerdeverfahren ist die ablehnende Entscheidung des Sozialgerichts zur Gewährung von Prozesskostenhilfe streitig. Die Klägerin bezieht eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit in Höhe von 685,27 Euro nach Abzug von Beiträgen zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung. Zusätzlich bezieht die Klägerin Wohngeld. Ihre Kosten für Unterkunft und Heizung belaufen sich auf 347,82 Euro monatlich. Sie begehrte bei verschiedenen Stellen die Übernahme von Kosten für notwendige Medikamente und Heilmittelverordnungen. Nachdem das Bundespräsidialamt einen entsprechenden Antrag an den Beklagten weitergeleitet hatte, machte die Klägerin dort die Gewährung von Leistungen für Kosten für notwendige Medikamente und Heilverordnungen geltend. Am 1. August 2005 wandte sich die Klägerin an das Sozialgericht und machte u.a. die Notwendigkeit von Leistungen zur Abdeckung der Kosten für Medikamente und Heilverordnungen geltend und wies auf einen zu deckenden Mehrbedarf hin. Mit Bescheid vom 12. September 2005 lehnte der Beklagte die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII mit der Begründung ab, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse seien die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nicht gegeben, das Einkommen übersteige den sozialhilferechtlichen Bedarf. Zudem werde für den geltend gemachten Mehrbedarf eine amtsärztliche Stellungnahme benötigt. Das zur Einholung einer solchen der Antragstellerin übersandte Formular sei nicht zurückgereicht worden. Die Klägerin macht im Klageverfahren weiter geltend, ihr Einkommen reiche nicht zur Deckung des Mehrbedarfs aus. Sie habe laut Gesetz Anspruch auf Gesundheitserhaltung. Sie hat u. a. Unterlagen zu ihren Einkommensverhältnissen, ärztliche Befundunterlagen über ihren gesundheitlichen Zustand, einen Nachweis der Krankengymnastikpraxis B sowie eine Quittung einer Heilmittelverordnung, ausgestellt am 29. März 2004, zur Gerichtakte gereicht. Mit Beschluss vom 11. Oktober 2005 des Sozialgerichts Berlin wurde ein Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verpflichtung des Beklagten, die Kosten für notwendige Medikamente zu übernehmen, abgewiesen; die hiergegen erhobene Beschwerde wies der Senat mit Beschluss vom 5. Dezember 2005 zurück (L 23 B 1067/05 SO ER). Mit Beschluss vom 18. Oktober 2005 hat das Sozialgericht den Antrag der Klägerin, ihr für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe zu gewähren, mit der Begründung abgelehnt, dass eine Beiordnung eines Rechtsanwaltes nicht erforderlich sei und die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete, weil die Klage unzulässig sei. Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin am 1. November 2005 Beschwerde eingelegt, mit der sie geltend macht, dass ihr ohne die Gewährung von Prozesskostenhilfe Nachteile entstünden an ihrer Gesundheit. Sie habe das Recht auf Gesundheitserhaltung. Sie benötige einen Rechtsanwalt, damit sie ihre Angelegenheiten juristisch richtig verhandeln könne. Sie beantragt: 1. Der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 18. Oktober 2005 wird aufgehoben. 2. Den Antragsgegner zu verpflichten, die Kosten für notwendige Medikamente und Heilmittelverordnungen zu übernehmen. 3. Die Prozesskostenhilfe wird bewilligt. Der Beklagte hält die sozialgerichtliche Entscheidung für zutreffend. Wegen der Einzelheiten hinsichtlich des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt der Entscheidung wird auf die Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.

II.

Soweit die Klägerin im Beschwerdeverfahren auch die Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme von Kosten im Beschwerdeverfahren begehrt, ist ihr Antrag unzulässig. Dieses Begehren ist Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens; hierüber hat das Sozialgericht in dem mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss nicht entschieden, so dass die Klägerin diesbezüglich durch die angefochtene Entscheidung auch nicht beschwert ist. Im Übrigen ist die zulässige Beschwerde unbegründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Nach § 73 a Sozialgerichtsgesetz – SGG – i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung – ZPO – erhält ein Beteiligter auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn er nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Hinsichtlich der zu stellenden Erfolgsprognose ist auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung abzustellen (Kalthoener/Büttner/Frobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 2. Aufl. 1999, Anm. 423 m. w. N. aus Literatur und Rechtssprechung). Ein Anspruch auf Übernahme der durch die Zuzahlung verursachten Aufwendungen besteht gegen den Beklagten nach summarischer Prüfung nicht. Es ist schon fraglich, ob eine Bedarfslage vorliegt. Zwar hat die Klägerin als Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich nach § 61 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V – Zuzahlungen für Heilmittel zu leisten. Ist aber eine jährliche Belastungsgrenze (2 v. H. der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt) erreicht, hat die Krankenkasse eine Bescheinigung darüber zu erteilen, dass für den Rest des Kalenderjahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten sind, § 62 Abs. 1 2. Halbsatz SGB V. Eine Zuzahlungspflicht kann damit entfallen. Hierüber entscheidet der zuständige Träger der Krankenversicherung. Dies gilt ebenfalls für Aufwendungen für die Praxisgebühr nach § 28 Abs. 4 SGB V. Für diese gilt ebenfalls die Befreiungsregelung des § 62 Abs. 1 SGB V. Daneben fällt die Praxisgebühr nicht bei jedem Arztbesuch an (§ 28 Abs. 4 Satz 2 SGB V), so dass nicht in jedem Fall ein sozialhilferechtlicher Bedarf besteht. Die Klägerin hat weder bei der Beklagten noch beim Sozialgericht Unterlagen eingereicht, aus denen eine Bedarfslage nach dem SGB XII hervorgeht. Selbst bei angenommenem Bedarf dürfte ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII nicht bestehen. Gemäß § 48 SGB XII werden Leistungen zur Krankenbehandlung entsprechend dem 3. Kapitel, 5. Abschnitt, 1. Teil SGB V gewährt, sofern Leistungen eines Hilfeempfängers nach SGB XII beantragt werden. Bei diesen gehen die Leistungen zur Krankenbehandlung nach § 264 SGB V den Leistungen zur Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII vor. Damit besteht keine gesetzliche Grundlage für die Gewährung einmaliger Hilfen für eine von den Leistungen nach dem SGB V nicht abgedeckten Bedarf. Die Klägerin ist nicht Hilfeempfängerin nach den Vorschriften des SGB XII und als Rentenbezieherin Versicherte in der gesetzlichen Krankenversicherung. Hat schon der Empfänger von Regelleistungen nach dem SGB XII in der Regel keinen über den Rahmen des SGB V hinausgehenden Anspruch auf Hilfen bei Krankheit nach § 48 SGB XII, gilt dies erst recht für Mitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse, deren Einkommen den sozialhilferechtlichen Bedarf übersteigt. In § 62 SGB V hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Befreiung von der Pflicht zu Leistungen von Zuzahlungen in Abhängigkeit von einer Belastungsgrenze für alle Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung geregelt und dabei auch für Hilfeempfänger nach dem SGB XII eine besondere Belastungsgrenze normiert (§ 62 Abs. 2 Satz 5 SGB V) und damit den Versicherten Zuzahlungen bis zu den geregelten Belastungsgrenzen, unabhängig davon, ob ein Hilfebedarf nach dem SGB XII besteht, zugemutet. Über die in § 62 SGB V vorgesehenen Möglichkeiten hinaus können Aufwendungen für Zuzahlungen nicht als Mehrbedarf im Rahmen der Krankenhilfe nach § 48 SGB XII berücksichtigt werden. Daneben dürfte die vor dem Sozialgericht erhobene Klage auch deshalb keinen Erfolg haben, weil das nach § 78 SGG erforderliche Vorverfahren nicht abgeschlossen ist. Zwar hat das Sozialgericht dem Beklagten die Möglichkeit einzuräumen, das Verfahren abzuschließen; bis zum Abschluss des Vorverfahrens ist die Klage jedoch unzulässig und kann keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung erfolgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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