Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
19
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 19 SO 17/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Übernahme der noch offenen Kosten der Klägerin für die Behandlung des Herrn N (N) in Zeit vom 15.09.2002 bis zum 21.02.2003 in Höhe von 29.355,66 EUR.
Der Beklagte gewährte dem N von April 1993 bis zum 31.07.2002 Hilfe zum Lebensunterhalt und Krankenhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Im Juli 2002 stellte der Beklagte fest, dass der N noch über Sparvermögen oberhalb der Vermögensfreigrenze im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG verfügte. Mit Schreiben vom 11.07.2002 forderte der Beklagte den N auf, den überschießenden Betrag in Höhe von 464,86 EUR zu erstatten. Ab dem 01.08.2002 stellte der Beklagte die Leistungsgewährung ein.
Am 23.08.2002 erfolgte die Notfallaufnahme des N bei der Klägerin. Die dortige stationäre Behandlung dauerte bis zur Aufnahme des N in ein Pflegeheim am 21.02.2003.
Am 10.10.2002 beantragte die Klägerin schriftlich die Kostenübernahme beim Beklagten. Der Beklagte teilte der Klägerin telefonisch ein Aktenzeichen mit und erklärte bei dieser Gelegenheit nach Angaben der Klägerin, dass er die Behandlungskosten übernehmen werde. Am 20.01.2003 und am 12.02.2003 reichte die Klägerin bei dem Beklagten Rechnungen über insgesamt etwa 42.000,00 EUR ein. Am 10.02.2003 wurde für den N eine Betreuung eingerichtet. Bei den weiteren Ermittlungen des Beklagten stellte sich heraus, dass der N von seiner Lebensgefährtin als Erbe bzw. Vermächtnisnehmer nach deren Tod Guthaben auf Sparbüchern in Höhe von mehr als 50.000,00 EUR erhalten hatte. In der Folgezeit zahlte der Beklagte einen Betrag von ca. 6.400,00 EUR, der N selbst zahlte insgesamt ca. 6.500,00 EUR. Die Klägerin machte die Rechnungen auch gegenüber der Betreuerin geltend. Diese teilte der Klägerin unter dem 15.12.2003 mit, dass das Vormundschaftsgericht die Erstattung der Rechnungen abgelehnt habe, weil die Rechnungen nicht an den N gerichtet und nicht hinreichend spezifiziert seien.
Mit Bescheid vom 13.02.2004 übernahm der Beklagte die Kosten der Behandlung für den Zeitraum vom 23.08.2002 bis zum 14.09.2002 in Höhe von 6.404,19 EUR. Für den spä-teren Behandlungszeitraum nach dem 15.09.2002 sei die Kostenübernahme aufgrund der Nachrangigkeit der Sozialhilfe nicht mehr möglich. Denn ab diesem Zeitpunkt sei der N nicht mehr hilfsbedürftig gewesen. Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, dass der Beklagte eine telefonische Kostenzusage abgegeben habe. Von der Nichtbedürftigkeit des N habe sie erst am 13.01.2004 erfahren.
Mit Bescheid vom 10.12.2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begrün-dung führte sie an, dass eine Kostenzusage nicht abgegeben worden sei bzw. sich den Akten nicht entnehmen lasse. Auch die Voraussetzungen des § 121 BSHG lägen nicht vor. Ab dem 10.10.2002 sei dem Beklagten der Hilfefall bekannt gewesen, sodass ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch der Klägerin als Nothilfe nach § 121 BSHG ausscheide. Die Tatsache, dass dem Beklagten die fehlende Hilfsbedürftigkeit erst im Zuge der Klärung der Vermögensverhältnisse nach dem Eintritt des Eilfalles festgestellt habe, könne für den Zeitraum vom 15.09.2002 bis zum 10.10.2002 eine Kostenübernahmeverpflichtung nicht auslösen. Denn § 121 BSHG begründe keine ausfallschuldnerische Haftung des Sozialhilfeträgers.
Zur Begründung der am 17.01.2005 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass ein Anspruch für den gesamten Behandlungszeitraum bereits aus der mündlichen Kostenübernahme resultiere. Es handele sich dabei um ein Schuld-anerkenntnis des Beklagten. Darüber hinaus hätte der Beklagte zum Zeitpunkt des Eintritts der Notlage Leistungen erbringen müssen. Entsprechende Leistungen hätte er erbringen müssen, bis ihm nachträglich am 10.02.2003 bekannt geworden ist, dass der Kläger tatsächlich ab dem 14.09.2002 nicht mehr hilfebedürftig gewesen ist. Zumindest hätte der Beklagte aber bis zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom Härtefall am 10.10.2002 leisten müssen. Der Beklagte habe sich auch nicht darauf berufen dürfen, dass zum Zeitpunkt des Eintretens der Notlage die Hilfegewährung nach dem BSHG bereits wegen fehlender Mitwirkung des Klägers eingestellt gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
1.den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 13.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2004 zu verurteilen, der Klägerin weitere 29.355,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über den Basiszinssatz seit dem 16.02.2003 für die stationäre Behandlung des Herrn N in der Zeit vom 15.09.2002 bis 21.02.2003 zu zahlen.
2.hilfsweise, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 13.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2004 zu verurteilen, der Klägerin die Erstattung ihrer Aufwendungen für die stationäre Behandlung des Herrn N auch in der Zeit vom 15.09.2002 bis 10.02.2003 zu zahlen.
3.hilfsweise, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 13.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2004 zu verurteilen, der Klägerin die Erstattung ihrer Aufwendungen für die stationäre Behandlung des Herrn N in der Zeit vom 15.09.2002 bis zu der Hilfegewährung für Herrn N im Zeitraum vom 15.09. bis 09.10.2002 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dass er zu keinem Zeitpunkt ein Kostenanerkenntnis abgegeben habe. Er wiederholt er darüber hinaus sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Überdies macht er geltend, dass es unerheblich sei, ob die Einstellung der Leistungsgewährung zum 01.08.2002 aufgrund fehlender Mitwirkung und nicht aufgrund fehlender Bedürftigkeit erfolgt sei. Entscheidend sei, dass der Beklagte ohne weitere Klärung der finanziellen Verhältnisse des N auch zum Zeitpunkt des Eintretens des Notfalles am 23.08.2002 keine Leistungen erbracht hätte. Überdies seien auch für eine fiktive Hilfegewährung im Sinne des § 121 BSHG die Verhältnisse im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung maßgeblich. Denn die Verwaltung sei verpflichtet, alle entscheidungserheblichen Umstände aufzuklären.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten hingewiesen, die der Kammer vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erstattung der noch nicht bezahlten Rechnungen für die Zeit vom 15.09.2002 bis zum 21.02.2003.
Ein Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus einem "Schuldanerkenntnis" des Beklagten. Ein entsprechendes Schuldanerkenntnis hat der Beklagte nicht abgegeben. Zumindest lässt sich die Abgabe eines Schuldanerkenntnisses nicht nachweisen, was zu Lasten der Klägerin geht. Grundsätzlich bedarf ein Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis gemäß § 780, 781 BGB der Schriftform. Eine schriftliche Zusage des Beklagten liegt unstreitig nicht vor. Ob und inwieweit auch eine mündliche telefonische Zusage eine abstrakte Verpflichtung des Beklagten begründen könnte, braucht hier nicht entschieden werden. Auch eine entsprechende mündliche Zusicherung lässt sich nicht nachweisen und liegt zur Überzeugung der Kammer auch nicht vor. Soweit die Klägerin vorträgt, dass bereits die Tatsache, dass die Klägerin von der zuständigen Sachbearbeiterin des Sozialamtes ein Aktenzeichen mitgeteilt worden sei "beweise", dass es eine entsprechende Zusage gibt, überzeugt dies nicht. Die Vergabe eines Aktenzeichens weist lediglich nach, dass ein entsprechender Vorgang beim Beklagten aktenkundig geworden ist.
Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch kommt daher ausschließlich § 121 BSHG in Betracht. Dessen Voraussetzungen liegen aber weder hinsichtlich des Hauptantrages noch hinsichtlich der Hilfsanträge vor.
Gemäß § 121 BSHG sind demjenigen, der in einem Eilfall einem anderen Hilfe gewährt hat, die der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis nach diesem Gesetz gewährt haben würde, auf Antrag die Aufwendungen im gebotenen Umfange zu erstatten, wenn er sich nicht aufgrund rechtlicher und ersichtlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Ein Eilfall lag zum Zeitpunkt des Auftretens der Notlage am 23.08.2002 vor. Weitere Voraussetzungen des Anspruchs des Nothelfers ist jedoch, dass der Sozialhilfeträger keine Kenntnis von der Hilfebedürftigkeit des Anspruchsberechtigten hat. Sobald er diese Kenntnis erlangt, entsteht ein originäres Sozialhilfeverhältnis zwischen dem Hilfeberechtigten und dem Sozialhilfeträger mit der Folge, dass nur noch der Hilfebedürftige selbst seinen Anspruch geltend machen kann (vgl. BVerwG, Urt. v 02.04.1987, Az. 5 C 67/84; Beschl. v. 17.07.1992, Az. 5 B 69/92). Zumindest ab dem 10.10.2002 hat die Klägerin schon auf Grund der Kenntnis des Beklagten daher keinen Anspruch mehr aus § 121 BSHG.
Der Kläger hat aber auch für die Zeit vom 15.09.2002 bis zum 10.10.2002 (Hilfsantrag zu 2) keinen Anspruch nach § 121 BSHG.
Denn ab dem 14.09.2002 war der N nicht mehr hilfsbedürftig. Der Sozialhilfeträger darf Sozialhilfe aber grundsätzlich nur dann leisten, wenn er nach Abschluss entsprechender Ermittlungen festgestellt hat, dass tatsächlich Hilfsbedürftigkeit vorliegt. Entsprechendes muss auch für den Anspruch des Nothelfers gelten. Denn der Erstattungsanspruch des Nothelfers besteht nur in dem Umfang, wie der Anspruch des Hilfeempfängers selbst und geht über diesen keinesfalls hinaus (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.03.1974, Az.: V C 27.73). Es ist nach Auffassung der Kammer insoweit unerheblich, dass der Beklagte Kenntnis von der fehlenden Hilfsbedürftigkeit erst gegen Ende der mehrmonatigen Behandlung bei der Klägerin erhielt. Denn die materielle Beweislast für das Vorliegen eines Eilfalles und für die Tatsache, dass der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis Leistungen erbracht hätte, trägt der Nothelfer (vgl. BVerwG a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 30.12.1996, Az.: 5 B 202/95, OVG NW, Urt. v. 16.05.2000, Az.: 22 A 3534/98). Dies bedeutet, dass selbst in einem Fall, in dem der Sozialhilfeträger entweder nur unzureichende oder sogar überhaupt keine eigenen Ermittlungen durchgeführt hat und sich infolge dessen eine Hilfsbedürftigkeit des Empfängers der Nothilfe nicht mehr nachweisen lässt, d.h., wenn offenbleibt, ob eine Hilfsbedürftigkeit vorliegt oder nicht, grundsätzlich der vorleistende Nothelfer das finanzielle Risiko trägt (BVerwG, Urt. v. 02.04.1987, Az. 5 C 67/84; OVG NW a.a.O.) Die Voraussetzungen der Hilfsbedürftigkeit müssen für einen Erstattungsanspruch gemäß § 121 BSHG während des gesamten Verweilens des Empfängers der Nothilfe im Krankenhaus vorgelegen haben, für den der Anspruch geltend gemacht wird (vgl. OVG NW a.a.O.). Wenn aber bereits bei Vorliegen eines Eilfalles, bei dem sich eine Hilfsbedürftigkeit, eventuell auch durch Ermittlungsversäumnisse des Sozialhilfeträgers, nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen lässt, kein Erstattungsanspruch entsteht, so muss ein entsprechender Erstattungsanspruch erst recht dann ausscheiden, wenn sich nach Durchführung entsprechender Ermittlungen herausstellt, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt gerade keine Hilfsbedürftigkeit mehr vorgelegen hat. Denn zur Durchführung entsprechender Ermittlungen ist der Sozialhilfeträger von Amts wegen verpflichtet, wobei er Art und Umfang der Ermittlungen bestimmt (§ 20 Abs. 1 SGB X) und alle für den Einzelfall bedeutsamen und auch für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen hat (§ 20 Abs. 2 SGB X).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Übernahme der noch offenen Kosten der Klägerin für die Behandlung des Herrn N (N) in Zeit vom 15.09.2002 bis zum 21.02.2003 in Höhe von 29.355,66 EUR.
Der Beklagte gewährte dem N von April 1993 bis zum 31.07.2002 Hilfe zum Lebensunterhalt und Krankenhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Im Juli 2002 stellte der Beklagte fest, dass der N noch über Sparvermögen oberhalb der Vermögensfreigrenze im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG verfügte. Mit Schreiben vom 11.07.2002 forderte der Beklagte den N auf, den überschießenden Betrag in Höhe von 464,86 EUR zu erstatten. Ab dem 01.08.2002 stellte der Beklagte die Leistungsgewährung ein.
Am 23.08.2002 erfolgte die Notfallaufnahme des N bei der Klägerin. Die dortige stationäre Behandlung dauerte bis zur Aufnahme des N in ein Pflegeheim am 21.02.2003.
Am 10.10.2002 beantragte die Klägerin schriftlich die Kostenübernahme beim Beklagten. Der Beklagte teilte der Klägerin telefonisch ein Aktenzeichen mit und erklärte bei dieser Gelegenheit nach Angaben der Klägerin, dass er die Behandlungskosten übernehmen werde. Am 20.01.2003 und am 12.02.2003 reichte die Klägerin bei dem Beklagten Rechnungen über insgesamt etwa 42.000,00 EUR ein. Am 10.02.2003 wurde für den N eine Betreuung eingerichtet. Bei den weiteren Ermittlungen des Beklagten stellte sich heraus, dass der N von seiner Lebensgefährtin als Erbe bzw. Vermächtnisnehmer nach deren Tod Guthaben auf Sparbüchern in Höhe von mehr als 50.000,00 EUR erhalten hatte. In der Folgezeit zahlte der Beklagte einen Betrag von ca. 6.400,00 EUR, der N selbst zahlte insgesamt ca. 6.500,00 EUR. Die Klägerin machte die Rechnungen auch gegenüber der Betreuerin geltend. Diese teilte der Klägerin unter dem 15.12.2003 mit, dass das Vormundschaftsgericht die Erstattung der Rechnungen abgelehnt habe, weil die Rechnungen nicht an den N gerichtet und nicht hinreichend spezifiziert seien.
Mit Bescheid vom 13.02.2004 übernahm der Beklagte die Kosten der Behandlung für den Zeitraum vom 23.08.2002 bis zum 14.09.2002 in Höhe von 6.404,19 EUR. Für den spä-teren Behandlungszeitraum nach dem 15.09.2002 sei die Kostenübernahme aufgrund der Nachrangigkeit der Sozialhilfe nicht mehr möglich. Denn ab diesem Zeitpunkt sei der N nicht mehr hilfsbedürftig gewesen. Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, dass der Beklagte eine telefonische Kostenzusage abgegeben habe. Von der Nichtbedürftigkeit des N habe sie erst am 13.01.2004 erfahren.
Mit Bescheid vom 10.12.2004 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begrün-dung führte sie an, dass eine Kostenzusage nicht abgegeben worden sei bzw. sich den Akten nicht entnehmen lasse. Auch die Voraussetzungen des § 121 BSHG lägen nicht vor. Ab dem 10.10.2002 sei dem Beklagten der Hilfefall bekannt gewesen, sodass ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch der Klägerin als Nothilfe nach § 121 BSHG ausscheide. Die Tatsache, dass dem Beklagten die fehlende Hilfsbedürftigkeit erst im Zuge der Klärung der Vermögensverhältnisse nach dem Eintritt des Eilfalles festgestellt habe, könne für den Zeitraum vom 15.09.2002 bis zum 10.10.2002 eine Kostenübernahmeverpflichtung nicht auslösen. Denn § 121 BSHG begründe keine ausfallschuldnerische Haftung des Sozialhilfeträgers.
Zur Begründung der am 17.01.2005 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, dass ein Anspruch für den gesamten Behandlungszeitraum bereits aus der mündlichen Kostenübernahme resultiere. Es handele sich dabei um ein Schuld-anerkenntnis des Beklagten. Darüber hinaus hätte der Beklagte zum Zeitpunkt des Eintritts der Notlage Leistungen erbringen müssen. Entsprechende Leistungen hätte er erbringen müssen, bis ihm nachträglich am 10.02.2003 bekannt geworden ist, dass der Kläger tatsächlich ab dem 14.09.2002 nicht mehr hilfebedürftig gewesen ist. Zumindest hätte der Beklagte aber bis zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom Härtefall am 10.10.2002 leisten müssen. Der Beklagte habe sich auch nicht darauf berufen dürfen, dass zum Zeitpunkt des Eintretens der Notlage die Hilfegewährung nach dem BSHG bereits wegen fehlender Mitwirkung des Klägers eingestellt gewesen sei.
Die Klägerin beantragt,
1.den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 13.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2004 zu verurteilen, der Klägerin weitere 29.355,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über den Basiszinssatz seit dem 16.02.2003 für die stationäre Behandlung des Herrn N in der Zeit vom 15.09.2002 bis 21.02.2003 zu zahlen.
2.hilfsweise, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 13.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2004 zu verurteilen, der Klägerin die Erstattung ihrer Aufwendungen für die stationäre Behandlung des Herrn N auch in der Zeit vom 15.09.2002 bis 10.02.2003 zu zahlen.
3.hilfsweise, den Beklagten unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 13.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.12.2004 zu verurteilen, der Klägerin die Erstattung ihrer Aufwendungen für die stationäre Behandlung des Herrn N in der Zeit vom 15.09.2002 bis zu der Hilfegewährung für Herrn N im Zeitraum vom 15.09. bis 09.10.2002 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dass er zu keinem Zeitpunkt ein Kostenanerkenntnis abgegeben habe. Er wiederholt er darüber hinaus sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Überdies macht er geltend, dass es unerheblich sei, ob die Einstellung der Leistungsgewährung zum 01.08.2002 aufgrund fehlender Mitwirkung und nicht aufgrund fehlender Bedürftigkeit erfolgt sei. Entscheidend sei, dass der Beklagte ohne weitere Klärung der finanziellen Verhältnisse des N auch zum Zeitpunkt des Eintretens des Notfalles am 23.08.2002 keine Leistungen erbracht hätte. Überdies seien auch für eine fiktive Hilfegewährung im Sinne des § 121 BSHG die Verhältnisse im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung maßgeblich. Denn die Verwaltung sei verpflichtet, alle entscheidungserheblichen Umstände aufzuklären.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten hingewiesen, die der Kammer vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Erstattung der noch nicht bezahlten Rechnungen für die Zeit vom 15.09.2002 bis zum 21.02.2003.
Ein Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus einem "Schuldanerkenntnis" des Beklagten. Ein entsprechendes Schuldanerkenntnis hat der Beklagte nicht abgegeben. Zumindest lässt sich die Abgabe eines Schuldanerkenntnisses nicht nachweisen, was zu Lasten der Klägerin geht. Grundsätzlich bedarf ein Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis gemäß § 780, 781 BGB der Schriftform. Eine schriftliche Zusage des Beklagten liegt unstreitig nicht vor. Ob und inwieweit auch eine mündliche telefonische Zusage eine abstrakte Verpflichtung des Beklagten begründen könnte, braucht hier nicht entschieden werden. Auch eine entsprechende mündliche Zusicherung lässt sich nicht nachweisen und liegt zur Überzeugung der Kammer auch nicht vor. Soweit die Klägerin vorträgt, dass bereits die Tatsache, dass die Klägerin von der zuständigen Sachbearbeiterin des Sozialamtes ein Aktenzeichen mitgeteilt worden sei "beweise", dass es eine entsprechende Zusage gibt, überzeugt dies nicht. Die Vergabe eines Aktenzeichens weist lediglich nach, dass ein entsprechender Vorgang beim Beklagten aktenkundig geworden ist.
Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch kommt daher ausschließlich § 121 BSHG in Betracht. Dessen Voraussetzungen liegen aber weder hinsichtlich des Hauptantrages noch hinsichtlich der Hilfsanträge vor.
Gemäß § 121 BSHG sind demjenigen, der in einem Eilfall einem anderen Hilfe gewährt hat, die der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis nach diesem Gesetz gewährt haben würde, auf Antrag die Aufwendungen im gebotenen Umfange zu erstatten, wenn er sich nicht aufgrund rechtlicher und ersichtlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Ein Eilfall lag zum Zeitpunkt des Auftretens der Notlage am 23.08.2002 vor. Weitere Voraussetzungen des Anspruchs des Nothelfers ist jedoch, dass der Sozialhilfeträger keine Kenntnis von der Hilfebedürftigkeit des Anspruchsberechtigten hat. Sobald er diese Kenntnis erlangt, entsteht ein originäres Sozialhilfeverhältnis zwischen dem Hilfeberechtigten und dem Sozialhilfeträger mit der Folge, dass nur noch der Hilfebedürftige selbst seinen Anspruch geltend machen kann (vgl. BVerwG, Urt. v 02.04.1987, Az. 5 C 67/84; Beschl. v. 17.07.1992, Az. 5 B 69/92). Zumindest ab dem 10.10.2002 hat die Klägerin schon auf Grund der Kenntnis des Beklagten daher keinen Anspruch mehr aus § 121 BSHG.
Der Kläger hat aber auch für die Zeit vom 15.09.2002 bis zum 10.10.2002 (Hilfsantrag zu 2) keinen Anspruch nach § 121 BSHG.
Denn ab dem 14.09.2002 war der N nicht mehr hilfsbedürftig. Der Sozialhilfeträger darf Sozialhilfe aber grundsätzlich nur dann leisten, wenn er nach Abschluss entsprechender Ermittlungen festgestellt hat, dass tatsächlich Hilfsbedürftigkeit vorliegt. Entsprechendes muss auch für den Anspruch des Nothelfers gelten. Denn der Erstattungsanspruch des Nothelfers besteht nur in dem Umfang, wie der Anspruch des Hilfeempfängers selbst und geht über diesen keinesfalls hinaus (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.03.1974, Az.: V C 27.73). Es ist nach Auffassung der Kammer insoweit unerheblich, dass der Beklagte Kenntnis von der fehlenden Hilfsbedürftigkeit erst gegen Ende der mehrmonatigen Behandlung bei der Klägerin erhielt. Denn die materielle Beweislast für das Vorliegen eines Eilfalles und für die Tatsache, dass der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis Leistungen erbracht hätte, trägt der Nothelfer (vgl. BVerwG a.a.O.; BVerwG, Beschl. v. 30.12.1996, Az.: 5 B 202/95, OVG NW, Urt. v. 16.05.2000, Az.: 22 A 3534/98). Dies bedeutet, dass selbst in einem Fall, in dem der Sozialhilfeträger entweder nur unzureichende oder sogar überhaupt keine eigenen Ermittlungen durchgeführt hat und sich infolge dessen eine Hilfsbedürftigkeit des Empfängers der Nothilfe nicht mehr nachweisen lässt, d.h., wenn offenbleibt, ob eine Hilfsbedürftigkeit vorliegt oder nicht, grundsätzlich der vorleistende Nothelfer das finanzielle Risiko trägt (BVerwG, Urt. v. 02.04.1987, Az. 5 C 67/84; OVG NW a.a.O.) Die Voraussetzungen der Hilfsbedürftigkeit müssen für einen Erstattungsanspruch gemäß § 121 BSHG während des gesamten Verweilens des Empfängers der Nothilfe im Krankenhaus vorgelegen haben, für den der Anspruch geltend gemacht wird (vgl. OVG NW a.a.O.). Wenn aber bereits bei Vorliegen eines Eilfalles, bei dem sich eine Hilfsbedürftigkeit, eventuell auch durch Ermittlungsversäumnisse des Sozialhilfeträgers, nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen lässt, kein Erstattungsanspruch entsteht, so muss ein entsprechender Erstattungsanspruch erst recht dann ausscheiden, wenn sich nach Durchführung entsprechender Ermittlungen herausstellt, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt gerade keine Hilfsbedürftigkeit mehr vorgelegen hat. Denn zur Durchführung entsprechender Ermittlungen ist der Sozialhilfeträger von Amts wegen verpflichtet, wobei er Art und Umfang der Ermittlungen bestimmt (§ 20 Abs. 1 SGB X) und alle für den Einzelfall bedeutsamen und auch für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen hat (§ 20 Abs. 2 SGB X).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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