L 1 R 548/06 PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 11 RA 744/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 548/06 PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Auf den Rentenantrag der 1947 geborenen Klägerin, die in der DDR eine Ausbildung als Serviererin durchlaufen hat und zuletzt als Restaurantleiterin und Ausbilderin im Gaststättengewerbe beschäftigt war, bewilligte die Beklagte vom 1. Dezember 2001 an eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (Bescheid vom 20. Oktober 2003) und lehnte den weitergehenden Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach Einholung zweier orthopädischer und eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens (in Ergänzung zu den Feststellungen eines Rehabilitationsverfahrens aus dem Jahr 2002) ab, weil die Klägerin unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein könne (Bescheid vom 9. Mai 2003, Widerspruchsbescheid vom 26. August 2004).

Das dagegen angerufene Sozialgericht (SG) Cottbus hat nach Einholung von ergänzenden medizinischen Unterlagen ein Gutachten über die Klägerin durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C (vom 23. November 2005) erstatten lassen und sodann die Klage abgewiesen (Urteil vom 26. Januar 2006). Die Klägerin sei nach den Feststellungen der Kammer, die auf den nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen Dr. C beruhten, trotz des vorliegenden chronischen Halswirbelsäulensyndroms mit degenerativen Veränderungen der mittleren und unteren Halswirbelsäule in Folge eines Verkehrsunfalls im Jahre 2001 noch in der Lage körperlich leichte und geistig einfache, teilweise auch mittelschwere Arbeiten täglich 6 Stunden ausüben. Die weiteren qualitativen Leistungseinschränkungen seien nicht derart, dass sie einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem weiten Feld des allgemeinen Arbeitsmarktes entgegenstünden. Die Klägerin sei daher nicht voll erwerbsgemindert.

Hiergegen beabsichtigt die Klägerin Berufung einzulegen, sieht sich jedoch nicht in der Lage, die Kosten für das Berufungsverfahren aus eigenen Mitteln aufzubringen und hat aus diesem Grunde unter Vorlage von Erklärungen über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt. Sie macht geltend, die Entscheidung des SG lasse nicht erkennen, dass andere medizinischen Unterlagen als das gerichtlich eingeholte Gutachten überhaupt mit in die Entscheidungsfindung eingeflossen seien. Das SG habe insbesondere die vorliegenden orthopädischen Befunde nicht ausreichend gewürdigt und hätte sich gedrängt sehen müssen, ein aktuelles fachorthopädisches Gutachten einzuholen, zumal die Würdigung des Gesundheitszustandes durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen ausdrücklich allein aus nervenärztlicher Sicht erfolgt sei. Weder die der gutachterlichen Einschätzung entgegenstehenden Schlussfolgerungen des langjährigen Hausarztes noch des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MdK) aus dem Jahre 2002 noch das in einem parallel geführten Rechtsstreit gegen die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten eingeholte Sachverständigengutachten des Dipl. Med. Z habe das SG ausreichend bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt.

II.

Der Antrag ist zurückzuweisen, weil die Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73 a des Sozialgerichtsgesetzes – SGG - in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung - ZPO).

Prozesskostenhilfe erhält nach den genannten Bestimmungen auf Antrag eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Im Hinblick auf die Kostenfreiheit des Verfahrens vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in Fällen wie dem Vorliegenden (§ 183 SGG) kommen hier als von der Klägerin zu tragende Kosten allein die Kosten eines gegebenenfalls beizuordnenden Rechtsanwaltes in Betracht. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe insoweit liegen aber nicht vor.

Die Bedenken der Klägerin gegen die Entscheidung des Sozialgerichts teilt der Senat nicht. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beurteilung ihres Leistungsvermögens andere bzw. wesentlich verschlimmerte Leiden zugrunde gelegt werden müssten als diejenigen, die das Sozialgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Zwar hat das SG eine orthopädische Begutachtung nicht in Auftrag gegeben. Dies erscheint aber auch nicht geboten, denn die Klägerin ist im Verwaltungsverfahren zweimal orthopädisch begutachtet worden, eine maßgebliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes im Verlauf des Verfahrens hat sie demgegenüber nicht geltend gemacht. Zuletzt ist der Facharzt für Orthopädie Dipl. Med. F aufgrund einer Untersuchung am 11. Juni 2004 zu dem Ergebnis gekommen, es liege ein Cervikobrachialsyndrom vor, das zu einer deutlichen Einschränkung der Beweglichkeit der Halswirbelsäule geführt habe. Zwangshaltungen seien deshalb auszuschließen, ein 6stündiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Arbeiten sei aber noch vorhanden. Dieses Leistungsbild beschreibt auf der Grundlage derselben Diagnose auch der zuvor tätig gewordene Sachverständige B, der die Klägerin am 27. Dezember 2002 untersucht hat. Schließlich hat der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. C festgestellt, dass neben dem diagnostizierten Halswirbelsäulensysdrom insbesondere neurologische Störungen von Krankheitswert nicht vorlägen. Er hat entsprechend dem gerichtlichen Auftrag die Ergebnisse der Vorgutachten bei Gutachtenerstellung miteinbezogen, worauf das SG ausdrücklich in den Entscheidungsgründen Bezug genommen hat, und ist zu dem Schluss gekommen, dass zur Feststellung des Leistungsvermögens insbesondere ein weiteres orthopädisches Fachgutachten nicht erforderlich sei.

Anhaltspunkte dafür, dass die Einschätzung des Restleistungsvermögens durch die für die Beklagte und das Gericht tätig gewordenen Sachverständigen unzutreffend wäre und der Sachverhalt deshalb weiterer Aufklärung bedurft hätte, ergeben sich entgegen der Auffassung der Klägerin aus den beigezogenen Unterlagen nicht. Der gutachterlichen Äußerung des behandelnden Facharztes für Orthopädie Dipl. Med. F vom 16. Februar 2004 und seinem Befundbericht vom 24. April 2005 ist nicht zu entnehmen, dass er abweichende Diagnosen gestellt hätte. Auch seine weitere Aussage, die Beschwerdesymptomatik sei seit 2001 unverändert und damit therapieresistent, steht nicht im Gegensatz zu den Feststellungen der Sachverständigen, die ebenfalls davon ausgehen, dass ein Besserung der Beschwerden nicht zu erwarten sei. Gleiches gilt auch für den Befundbericht des behandelnden Internisten Dr. Sch vom 2. Juni 2005. Eine Aussage zum verbliebenen Restleistungsvermögen treffen sie (als behandelnde Ärzte) ohnehin nicht. Die Feststellung der dauernden Arbeitsunfähigkeit im Gutachten des MdK vom 26. Juni 2002 bezieht sich auf den zuletzt ausgeübten Beruf als Restaurantfachfrau mit Ausbildungsaufgaben, also einer körperlich mittelschweren Tätigkeit. Der Einschätzung einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit in diesem Beruf, die sich dem MdK-Gutachten – wenngleich ohne eingehende Begründung – entnehmen lässt, ist die Beklagte (nachdem auch zumutbare Verweisungstätigkeiten nicht ersichtlich waren) durch die Zuerkennung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit gefolgt. Ein Widerspruch der Feststellungen des MdK zum Ergebnis des vorliegenden Verfahrens lässt sich damit nicht ersehen. Rückschlüsse auf ein auch für körperlich leichte Tätigkeiten dauerhaft reduziertes Leistungsvermögen lassen sich dem MdK-Gutachten nicht entnehmen, so dass weitere Ermittlungen im Hinblick auf dieses Gutachten nicht angezeigt waren. Eine andere Bewertung erzwingen schließlich nicht die Ergebnisse der in dem Verfahren S 15 U 113/02 durchgeführten Beweisaufnahme, soweit sie im vorliegenden Verfahren verwertet worden sind. Es ist nicht erkennbar, dass sich aus dem Gutachten von Dipl. Med. Z und seiner ergänzenden Äußerung irgendeine Feststellung zu einem aufgehobenen Leistungsvermögen für körperlich leichte Tätigkeiten ergeben könnte, wie die Klägerin meint. Die Befunde, die er in dem Gutachten vom 19. Mai 2003 erhoben hat, weichen nicht von den Feststellungen der übrigen Gutachter ab. Im Übrigen verhält sich das Gutachten im Wesentlichen zu Kausalitätsfragen, wie sie für die gesetzliche Unfallversicherung bedeutsam sind, und trifft für die im vorliegenden Rechtsstreit streitigen Fragen keinerlei Aussage. Mithin ist nicht erkennbar, dass die Beklagte und im Folgenden das Sozialgericht dem Grundsatz der Amtsermittlung nicht ausreichend nachgekommen sind oder den Gesundheitszustand und das Leistungsvermögen der Klägerin unzutreffend gewürdigt haben. Da die Berufungsinstanz im sozialgerichtlichen Verfahren als vollständige zweite Tatsacheninstanz ausgestaltet ist, sind für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Berufung die von der Klägerin behaupteten Begründungsdefizite in der Entscheidung des SG grundsätzlich ohne Belang. Nach alledem bietet die Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg mit der Folge, dass Prozesskostenhilfe nicht zu bewilligen ist.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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