S 29 AS 160/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 29 AS 160/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
Für eine im Anwendungsbereich des SGB II anlässlich eines Streits um das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft erhobene Feststellungsklage, dass der beklagte Leistungsträger verpflichtet sei, Anträge der Klägerin auf Leistungen entgegenzunehmen, sowie dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, ihre ursprünglichen Angaben in einem Leistungsantrag zu korrigieren, fehlt es entweder am besonderen Feststellungsinteresse i. S. v. § 55 Abs. 1 SGG oder am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Der Antrag der Klägerin vom 02.05.2006,

der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen,

hat keinen Erfolg.

Gemäß § 193 Abs. 1, 2. Halbsatz Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss darüber, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren anders als durch Urteil beendet wird. Das Gericht entscheidet über die Kosten nach sachgemäßem richterlichen Ermessen, wobei in erster Linie der vermutliche Verfahrensausgang maßgebend ist. In der Regel ist es billig, dass der Unterlegene die Kosten trägt.

Vgl. Bundessozialgericht (BSG), BSGE 17, 124 (128); SozR Nr. 4 zu § 193; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Urteil vom 15.09.1999

– L 6 B 24/99 SB –; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., 2005, § 193 Rn. 12 f.

Das Gericht muss jedoch alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Es kann insbesondere darauf abstellen, welcher Beteiligte Anlass für die Klageerhebung gegeben hat.

Vgl. LSG NRW, a. a. O.; Beschlüsse vom 30.11.2004 – L 16 B 152/04 KR ER – und – L 16 B 99/04 KR ER –; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 11.03.2003 – L 13 B 34/02 SB – und vom 26.05.2003 – L 13 B 13/03 SB –; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., Rn. 12 b.

Nachdem die Beklagte der Klägerin rückwirkend ab Antragstellung Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in voller Höhe einschließlich des Mietanteils gewährt hat, hat die Klägerin den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 02.05.2006 für erledigt erklärt. Die Beklagte hat die Hauptsache schon mit Schriftsatz vom 27.04.2006 für erledigt erklärt. Es entspricht billigem Ermessen, dass die Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die am 30.11.2005 bei Gericht eingegangene Klage hätte voraussichtlich keinen Erfolg gehabt. Dem steht die rückwirkende Leistungsbewilligung durch die Beklagte nicht entgegen, da es sich dabei um einen anderen Streitgegenstand handelt. Diese Klage war nach aktueller Einschätzung des Gerichts bereits unzulässig. Mit der Klage hat die Klägerin – anders als im einstweiligen Anordnungsverfahren gleichen Rubrums mit dem Aktenzeichen S 00 AS 000/00 ER, das am selben Tag einging – nicht die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II begehrt. Vielmehr ging es ihr nach den in der Klageschrift angekündigten Anträgen um die Feststellung, 1.dass die Beklagte verpflichtet ist, Anträge der Klägerin entgegenzunehmen, sowie 2.dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, ihre ursprünglichen Angaben zu korrigieren. Unabhängig von der durch die Beklagte aufgeworfenen Frage, ob diese Anträge hinreichend bestimmt sind und ob es sich um hinreichend konkrete feststellungsfähige Rechtsverhältnisse handelt, so fehlte es jedenfalls am für die Feststellungsklage erforderlichen besonderen Feststellungsinteresse bzw. schon am allgemeinen Rechtsschutzbedürfnis. Der Klägerin stand für die Verfolgung ihres Begehrens ein einfacherer Weg zur Verfügung. Sie hätte den Antrag auf Leistungen nach dem SGB II in der von ihr gewählten Form (ohne Aufnahme von Herrn I als eheähnlichen Partner sowie ohne Angaben zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen) einfach bei der Beklagten einreichen können. Wenn dort von einem Sachbearbeiter die Annahme dieses Antrags "verweigert" worden sein soll, so hätte sie ihrerseits die Rücknahme dieses Antrags und die Mitnahme eines neuen Blanko-Antrags verweigern können. Den von ihr nach ihrer besten Überzeugung ausgefüllten Antrag hätte sie weiterhin an der Poststelle der Beklagten (oder einer ähnlichen zur persönlichen Abgabe von Post oder Unterlagen bestimmten Stelle) abgeben oder in den allgemeinen Hausbriefkasten der Beklagten werfen können. Ebenfalls stand ihr die Übersendung des Antrags per Post oder (gegebenenfalls mit Hilfe ihrer Prozessbevollmächtigten) per Telefax offen. In einem solchen Fall wäre die Frage, ob die Beklagte ihre Anträge körperlich entgegennimmt, geklärt gewesen, da diese auf jeden Fall bei der Beklagten eingegangen wären. Gleiches gilt für die Frage, ob die Klägerin dazu verpflichtet ist oder war, ihre ursprünglichen Angaben betreffend einer eheähnlichen Gemeinschaft zu korrigieren. Hätte sie den Antrag in der ursprünglichen Gestalt wie vorstehend beschrieben eingereicht, hätte sie ihre Angaben so gemacht, wie von ihr selbst gewünscht. Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass es der erhobenen Klage nicht bedurfte. Die Frage, ob die Beklagte einen so eingereichten Antrag zeitnah bearbeitet oder gar positiv beschieden hätte, ist nach dem von der Klägerin bestimmten Streitgegenstand hier nicht von Belang. Die Ablehnung der Kostenerstattung ist auch nicht unter Berücksichtigung des Gesichtspunkts der Veranlassung der Klageerhebung unbillig. Es mag sein, dass die Beklagte durch ihr Verhalten Anlass zur Einlegung von Rechtsbehelfen beim Sozialgericht gegeben hat, weil sie zunächst in Bezug auf eine mögliche eheähnliche Gemeinschaft Leistungen verweigerte. Veranlasst hat sie insofern – möglicherweise – aber nur einen Rechtsbehelf, der auf die Bewilligung von Leistungen gerichtet war, nicht jedoch diese Feststellungsklage.
Rechtskraft
Aus
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