Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 2 AL 372/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 30 AL 4/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 08. Dezember 2003 sowie der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juni 2002 geändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Insolvenzgeld für die Zeit vom 01. August 2001 bis zum 22. Oktober 2001 zu gewähren. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Insolvenzgeld vom 01. August 2001 bis zum 22. Oktober 2001.
Der 1937 geborene Kläger, der seit dem 01. November 2001 eine Altersrente bezieht, ist Meister der Elektrotechnik und war Vorsitzender der P E in S. Durch notariellen Gesellschaftsvertrag des Notars R S/S (UR.-Nr.: ) vom 23. August 1991 errichteten der Kläger und weitere 19 Gesellschafter durch Umwandlung aus der P E S die E GmbH S. Von dem Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 597 800,00 DM (§ 3 des Gesellschaftsvertrages) hielten der Kläger zunächst eine Stammeinlage von 46 300,00 DM, später von 49.800,00 DM und die weiteren 19 Gesellschafter Stammeinlagen zwischen 46 300,00 DM und 2 000,00 DM; wegen der Einzelheiten der Verteilung der Stammeinlagen wird auf Bl. 29 bis 31 der Insolvenzgeldakten der Beklagten verwiesen. Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages war Gegenstand und Zweck des Unternehmens der E GmbH S die Übernahme und Durchführung elektrotechnischer Leistungen jeglicher Art, einschließlich (zunächst) Handel und Vertrieb von elektronischem Material und Artikeln. § 5 des Gesellschaftsvertrages regelte die Geschäftsführung und Vertretung. Danach hatte die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer. Soweit die Gesellschaft nur einen Geschäftsführer hatte, wurde sie durch diesen vertreten, bei mehreren Geschäftsführern wurde die Vertretung durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen ausgeübt. Der oder die Geschäftsführer konnten von der Gesellschafterversammlung von der Beschränkung des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit werden. Die Bestellung und Abberufung des oder der Geschäftsführer erfolgte mit Dreiviertelmehrheit der Gesellschafter. Die Rechte und Pflichten einschließlich der Vergütung des Geschäftsführers mit der Gesellschaft wurden in einem besonderen Dienstvertrag geregelt. Der oder die Geschäftsführer waren verpflichtet, a) Weisungen der Gesellschafter zu befolgen, b) die von den Gesellschaftern als zustimmungspflichtig bezeichneten Geschäfte nur mit deren Zustimmung vorzunehmen, c) bei einer von den Gesellschaftern errichteten Geschäftsordnung diese zu beachten, d) bei Beteiligung an oder dem Erwerb anderer Unternehmen die vorherige Zustimmung der Gesellschafter einzuholen, e) bei Rechtsgeschäften, die die Gesellschaft im Einzelfall mit mehr als 100 000,00 DM belasten oder belasten könnten, die vorherige Zustimmung der Gesellschafter einzuholen und f) bei Eingehen von Bürgschaften die vorherige Zustimmung der Gesellschafter einzuholen. Nach § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages waren Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu fassen, sofern nicht das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag eine andere Mehrheit vorschrieb. Die Auflösung der Gesellschaft, Änderungen des Gesellschaftsvertrages und die Bestellung oder Abberufung der Geschäftsführer bedurften einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Nach § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages wurde nach dem Nennbetrag der Geschäftsanteile abgestimmt. Je 100,00 DM des Geschäftsanteils gewährten eine Stimme. Für jeden Geschäftsanteil konnte nur einheitlich abgestimmt werden. Die Aufgaben der Gesellschafterversammlung wurden in § 10 des Gesellschaftsvertrages bestimmt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages der E GmbH S wird auf Bl. 32 bis 43 der Insolvenzgeldakten der Beklagten verwiesen.
Aufgrund Gesellschafterbeschlusses vom 23. August 1991 war der Kläger alleinvertretungsberechtigt für die E GmbH S und durfte Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder mit sich als Vertreter Dritter abschließen. Durch einen weiteren Gesellschafterbeschluss vom 27. Januar 1993 wurde der Gesellschaftsvertrag bezüglich § 2 (Gegenstand, Zweck des Unternehmens) geändert. Gegenstand des Unternehmens war danach nicht mehr der Handel und Vertrieb von elektrotechnischem Material und Artikeln.
Der Kläger schloss mit der E GmbH S einen Dienstvertrag über eine Tätigkeit als Geschäftsführer ab 01. Dezember 1991. Die Unterschriftsleiste am Ende des Vertrages weist den Firmenstempel der E GmbH S für die Gesellschaft ohne eine Unterschrift und die Unterschrift des Klägers als Geschäftsführer aus. Nach § 1 des Geschäftsführervertrages vertrat er die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Ihm stand Einzelvertretungs- und Einzelgeschäftsführungsbefugnis zu. Einschränkungen der Geschäftsführung durch Gesetz, Satzung, Geschäftsordnung oder durch den Geschäftsführervertrag waren von ihm zu beachten. Als Geschäftsführer hatte er auch Gesellschafterbeschlüsse zu befolgen, soweit sich aus dem Vertrag nichts anderes ergeben sollte. § 2 des Geschäftsführervertrages regelte die weiteren Pflichten des Geschäftsführers, § 3 Nebentätigkeit und Wettbewerbsverbot, § 4 Bezüge, § 5 sonstige Leistungen, § 6 Jahresurlaub, § 7 Dauer des Vertrages und § 8 enthielt die Schlussbestimmungen.
In den Insolvenzgeldakten der Beklagten ist ferner eine Kopie eines mit "Arbeitsvertrag" bezeichneten Vertrag vom 15. Februar 1995 enthalten, nach dem der Kläger bei der E GmbH S seine Tätigkeit als "Arbeitnehmer" ab 01. Januar 1992 als Geschäftsführer aufnehmen sollte. Den Vertrag unterzeichnete der Kläger für sich als Arbeitnehmer und zugleich als Arbeitgeber.
Die E GmbH S, vertreten durch den Kläger beantragte bei dem Amtsgericht Cottbus am 28. August 2001, über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Durch Beschluss des Amtsgerichts Cottbus (Az.: ) vom 23. Oktober 2001 wurde über das Vermögen der E GmbH S das Insolvenzverfahren eröffnet.
Am 03. September 2001 beantragte der Kläger beim Arbeitsamt S Insolvenzgeld wegen nicht gezahlten Arbeitsentgelts für die Monate August bis Oktober 2001 in Höhe von jeweils 5 690,00 DM brutto monatlich. Die vorläufige Insolvenzverwalterin Rechtsanwältin K R bestätigte in der Insolvenzgeldbescheinigung vom 14. November 2001 ebenfalls offene Arbeitsentgeltforderungen des Klägers in Höhe von jeweils 5 690,00 DM brutto monatlich (=3 306,92 DM netto monatlich) für den Zeitraum vom 01. August 2001 bis zum 31. Oktober 2001.
In einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH gab der Kläger unter dem 09. Oktober 2001 u. a. an, dass seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 39,5 Stunden betragen habe, er jedoch tatsächlich durchschnittlich wöchentlich 40 bis 45 Stunden tätig geworden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Feststellungsbogens wird auf Bl. 9 bis 10 der Insolvenzgeldakten der Beklagten verwiesen.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2002 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Insolvenzgeld ab, weil der Kläger nicht Arbeitnehmer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gewesen sei. Er sei mit einem Stammkapital von 7,745 v. H. beteiligt gewesen, alleinvertretungsberechtigt und von der Beschränkung des § 181 BGB befreit gewesen.
Der Kläger legte hiergegen am 30. Januar 2002 Widerspruch mit Hinweis auf sein ausstehendes Gehalt für die Monate August 2001 bis Oktober 2001 ein. Er sei Angestellter in der Funktion des Geschäftsführers der E GmbH S gewesen. Beiträge zur Arbeitslosen- und Pflegeversicherung habe er entrichtet.
Durch Widerspruchsbescheid vom 07. Juni 2002 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Allein die Tatsache der vom Kläger vorgenommenen Abführung von Beiträgen zur Arbeitslosen- und Pflegeversicherung begründete keine versicherungspflichtige Beschäftigung und damit auch keinen Leistungsanspruch.
Der Kläger hat am 10. Juli 2002 Klage vor dem Sozialgericht Cottbus erhoben und sein Begehren weiter verfolgt.
Durch Beschluss vom 26. November 2002 hat das Sozialgericht Cottbus die Deutsche Angestellten Krankenkasse zum Verfahren beigeladen.
Das Sozialgericht hat Beweis durch Vernehmung der Zeugen I H, J D, IS und F K jeweils zum Beweisthema: Tätigkeit des Klägers in der GmbH erhoben. Wegen der Einzelheiten der Aussage der Zeugin H wird auf Bl. 71 der Gerichtsakten, wegen der des Zeugen D auf Bl. 84 der Gerichtsakten, wegen der des Zeugen S auf Bl. 85 der Gerichtsakten und wegen der des Zeugen K auf Bl. 86 der Gerichtsakten verwiesen.
Das Sozialgericht Cottbus hat durch Urteil vom 08. Dezember 2003 die Klage abgewiesen. Als Geschäftsführer der GmbH habe er nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Er habe zwar nur über einen geringen Anteil am Stammkapital verfügt, er sei aber dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung nicht unterlegen gewesen. Er habe insbesondere seine Arbeitszeit frei gestalten können und sei im Hinblick auf die Aufgaben der GmbH frei in seiner Entscheidungsbefugnis gewesen. Eine Kontrolle der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer sei durch die Gesellschafter nicht erfolgt. Die Zeugen H, K und D hätten ausgesagt, dass sie mit der Arbeit des Geschäftsführers zufrieden gewesen seien und sein Handeln nicht hätten unterbinden müssen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Urteils wird auf Bl. 91 bis 93 der Gerichtsakten verwiesen.
Gegen das der früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06. Januar 2004 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 08. Dezember 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juni 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 01. August 2001 bis zum 22. Oktober 2001 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen I S und M K zum Beweisthema: Inhalt und Umfang der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der E GmbH S. Wegen der Einzelheiten der Aussage des Zeugen S wird auf Bl. 147 f. der Gerichtsakten und wegen der der Zeugin K auf Bl. 149 der Gerichtsakten verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten wegen des Verfahrens wird auf die Gerichtsakten, die Insolvenzgeldakten der Beklagten (Kundennummer ) sowie zwei Bände Gerichtsakten des Amtsgerichts Cottbus (Az.: ) Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 Euro übersteigt.
Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht Cottbus hat die zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Verwaltungsentscheidungen der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf Insolvenzgeld vom 01. August 2001 bis zum 22. Oktober 2001. Auf diesen Zeitraum hat der Kläger sein Begehren in der mündlichen Verhandlung – ausweislich seines Antrages – auch beschränkt.
Gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in der hier maßgeblichen Fassung des 1. SGB III – Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 (BG Bl. I S. 2970) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie bei 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Insolvenzereignis ist hier die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E GmbH S mit Wirkung ab 23. Oktober 2001 durch Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom selben Tage.
Bei einem bestehenden Arbeitsverhältnis – wie hier – bestimmen sich die letzten drei Monate vor dem Insolvenzereignis nach § 26 des Zehnten Buches Sozialgerichtsbuch (SGB X) iVm §§ 187, 188 BGB. Der Tag des Beschlusses über die Eröffnung des Insolvenzereignis ist bei der rückwirkenden Berechnung nicht mitzurechnen (Roeder, in: Niesel, SGB III, 2. Aufl., Rnr. 33 zu § 183). Vorliegend wird der Zeitraum vom 23. Juli 2001 bis 22. Oktober 2001 erfasst, wovon der Kläger indessen nur die Zeit ab 01. August 2001 geltend macht.
Insolvenzgeld nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III können nur Arbeitnehmer, d. h. abhängig Beschäftigte, die Arbeitnehmer im arbeitsförderungsrechtlichen Sinne sind, beanspruchen (BSG SozR 2100 § 7 Nr. 7; SozR 4100 § 141 b Nr. 24). In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen gemäß § 24 Abs. 1 SGB III Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Nach § 25 Abs. 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Nach § 7 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) diese Vorschrift ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch im Bereich der Arbeitsförderung anwendbar ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Arbeitnehmer ist demnach, wer unselbständige Arbeit leistet, das heißt von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht kann zwar, insbesondere bei Diensten höherer Art, erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung bleiben. Ist ein Weisungsrecht nicht vorhanden oder wird von ihm tatsächlich kein Gebrauch gemacht, kann der Betreffende also seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen oder fügt er sich nur in die von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes ein, liegt keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet zu sein pflegt. In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen. Die Beurteilung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei die vertragliche Ausgestaltung im Vordergrund steht, jedoch zurücktritt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend hiervon abweichen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Bundessozialgericht BSG , Urteil vom 05. Februar 1998, Az.: B 11 AL 71/97 R, SozR 3-4100 § 168 Nr. 22 mit weiteren Nachweisen). Dies gilt auch für Personen, die wie der Geschäftsführer einer GmbH gesetzliche Vertreter einer juristischen Person sind (hier § 35 Abs. 1 GmbH Gesetz). Auch wer selbst Arbeitgeberfunktion ausübt, kann seinerseits als leitender Angestellter bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein (BSGE 13, 196, 198). Ist dieser Dritte eine juristische Person, so muss die persönliche Abhängigkeit gegenüber dem willensbildenden Organ der juristischen Person bestehen, bei einer GmbH also gegenüber der Gesamtheit der Gesellschafter als dem "obersten Willensbildungsorgan" der GmbH. Ob die Geschäftsführer einer GmbH von den Gesellschaftern abhängig sind, ist auch nicht allein danach zu beurteilen, inwieweit sie an Entscheidungen der Gesellschafter gebunden sind, die den Inhalt ihrer Geschäftsführertätigkeit betreffen; solchen Bindungen unterliegt unter Umständen auch ein selbständiger Beauftragter (Dienstpflichtiger), der Geschäfte für einen anderen zu besorgen hat (vgl. §§ 665, 675 in Verbindung mit § 611 BGB). Wesentlicher ist auch für die Frage nach dem "Gesamtbild" der Geschäftsführertätigkeit , ob der äußere Rahmen dieser Tätigkeit, insbesondere was Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsleistung betrifft, durch einseitige Weisungen der Gesellschafter geregelt wird oder geregelt werden kann. Insofern kommt es wiederum nicht so sehr auf den Wortlaut der einschlägigen Regelungen im Gesellschafts- und/oder im Anstellungsvertrag an, sondern vor allem auf die praktische Durchführung dieser Regelungen im Leben der Gesellschaft. Im Übrigen ist die Frage der Weisungsgebundenheit und damit der Versicherungspflicht von Geschäftsführern einer GmbH unterschiedlich zu beantworten je nach dem, ob diese zugleich Gesellschafter der GmbH sind (Gesellschafter-Geschäftsführer) oder als Fremd Geschäftsführer von außen kommen. Im letzteren Fall wird in der Regel ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegen. Bei der Versicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern kommt es dagegen nach der Rechtsprechung des BSG entscheidend darauf an, ob sie aufgrund ihrer Beteiligung am Stammkapital der GmbH einen maßgebenden Einfluss auf deren Willensbildung ausüben. Trifft dies zu, kann von einer Weisungsgebundenheit und damit einer persönlichen Abhängigkeit der Geschäftsführer keine Rede sein; eine versicherungspflichtige Beschäftigung scheidet hier von vornherein aus. Aber auch dort, wo die Kapitalbeteiligungen einer GmbH für deren Beherrschung nicht ausreicht, wie insbesondere dann, wenn wie im vorliegenden Fall die jeweiligen Kapitalanteile der Gesellschafter-Geschäftsführer unter 50 % liegen und die einfache Mehrheit der Stimmen für eine Beschlussfassung der Gesellschafter in der Regel genügt, ist gleichwohl eine versicherungspflichtige Beschäftigung der Geschäftsführer zu verneinen, wenn sie nach der Gestaltung ihrer vertraglichen Beziehung zur GmbH und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort ihrer Tätigkeit im Wesentlichen weisungsfrei sind. In diesen Fällen wird auch die Kapitalbeteiligung der Gesellschafter-Geschäftsführer häufig so hoch sein, dass sie ein nicht unerhebliches Unternehmerrisiko tragen, so dass sie ihre Geschäftsführertätigkeit, wirtschaftlich gesehen, nicht für ein ihnen fremdes Unternehmen, sondern im eigenen Unternehmen ausüben (vgl. BSGE 51, 164, 170 f.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen stand der Kläger in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Einen Stammkapitalanteil von 50 v. H. oder mehr hatte er nicht inne gehabt. Sein Stammkapital betrug lediglich 46 300,00 DM bzw. 49.800,00 DM. Dieser Anteil entsprach 7,745 v. H. bzw. 8,33 v. H. des gesamten Stammkapitals des Unternehmens. Es rechtfertigte keine Sperrminorität. Einen bestimmenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft konnte er deswegen auch nicht ausüben.
Willensbildendes Organ der Gesellschaft war die Gesellschafterversammlung. In dieser Gesellschafterversammlung hatte der Kläger nicht das alleinige Sagen, schon allein wegen seines geringen Gesellschaftsanteils. Nach § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages gewährte je 100,00 DM eine Stimme. Danach verfügte der Kläger über 463 bzw. 498 Stimmen, die Gesamtzahl der Stimmen betrug 5 978. Bereits aus dem Verhältnis wird deutlich, dass er keinen bestimmen den Einfluss in der Gesellschafterversammlung haben konnte.
Der vom Sozialgericht vorgenommenen Beurteilung, dass der Kläger nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung nicht persönlich abhängig und deswegen nicht in den Betrieb im Sinne eines Arbeitnehmers eingegliedert gewesen ist und sich nicht einem Weisungsrecht des Arbeitnehmers unterordnen brauchte, folgt der Senat nicht. Bereits aus den Aussagen der Zeugen H, K und D lässt sich dieser Schluss nicht rechtfertigen. So bekundete die Zeugin H, dass es Gesellschafterversammlungen gegeben habe und sie mit der Arbeit des Klägers als Geschäftsführer einverstanden gewesen ist. Auch die Tatsache, dass der Kläger eine Entscheidung für das Unternehmen getroffen hatte und die Zeugin H damit einverstanden war, zeigt auf, dass sie jedenfalls seine Geschäftsführertätigkeit als Gesellschafterin (sie hatte einen Stammkapitalanteil von 48.100,00 DM) genehmigt hatte. Dasselbe trifft auf den Gesellschafter D zu, wenn er u. a. erklärt hat, dass er Einblick in den Jahresabschluss genommen hat. Letztlich hat er damit eine Tätigkeit als Gesellschafter (er hatte einen Stammkapitalanteil von 49.700,00 DM) wahrgenommen, auch wenn seine weitere Erklärung, "es war alles Zahlensalat", daraufhin deuten, dass er mit der Aufgabe als Gesellschafter überfordert gewesen ist. Der Zeuge Shat erklärt, dass in dem Unternehmen auch kontrovers über einzelne Projekte diskutiert, die Probleme dann aber einvernehmlich gelöst worden sind. Auch insoweit hat der Zeuge S (er hatte einen Stammkapitalanteil von 39.700,00 DM) hierdurch seine Aufgaben als Gesellschafter wahrgenommen. Im Ergebnis nichts anderes lässt sich aus der Aussage des Zeugen K(er hatte einen Stammkapitalanteil von 36.700,00 DM) entnehmen. Allein die Tatsache, dass die anderen Gesellschafter im Wesentlichen mit der Arbeit des Klägers zufrieden gewesen sind und ihm deswegen keine Weisungen gegeben haben, rechtfertigt nicht die Annahme, der Kläger habe nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Entscheidend ist in derartigen Fällen, wie hier, allein die rechtliche Möglichkeit, nach der die Gesellschafter entscheidenden Einfluss auf die Arbeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer hätten nehmen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten Insolvenzgeld vom 01. August 2001 bis zum 22. Oktober 2001.
Der 1937 geborene Kläger, der seit dem 01. November 2001 eine Altersrente bezieht, ist Meister der Elektrotechnik und war Vorsitzender der P E in S. Durch notariellen Gesellschaftsvertrag des Notars R S/S (UR.-Nr.: ) vom 23. August 1991 errichteten der Kläger und weitere 19 Gesellschafter durch Umwandlung aus der P E S die E GmbH S. Von dem Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 597 800,00 DM (§ 3 des Gesellschaftsvertrages) hielten der Kläger zunächst eine Stammeinlage von 46 300,00 DM, später von 49.800,00 DM und die weiteren 19 Gesellschafter Stammeinlagen zwischen 46 300,00 DM und 2 000,00 DM; wegen der Einzelheiten der Verteilung der Stammeinlagen wird auf Bl. 29 bis 31 der Insolvenzgeldakten der Beklagten verwiesen. Nach § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages war Gegenstand und Zweck des Unternehmens der E GmbH S die Übernahme und Durchführung elektrotechnischer Leistungen jeglicher Art, einschließlich (zunächst) Handel und Vertrieb von elektronischem Material und Artikeln. § 5 des Gesellschaftsvertrages regelte die Geschäftsführung und Vertretung. Danach hatte die Gesellschaft einen oder mehrere Geschäftsführer. Soweit die Gesellschaft nur einen Geschäftsführer hatte, wurde sie durch diesen vertreten, bei mehreren Geschäftsführern wurde die Vertretung durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer zusammen mit einem Prokuristen ausgeübt. Der oder die Geschäftsführer konnten von der Gesellschafterversammlung von der Beschränkung des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit werden. Die Bestellung und Abberufung des oder der Geschäftsführer erfolgte mit Dreiviertelmehrheit der Gesellschafter. Die Rechte und Pflichten einschließlich der Vergütung des Geschäftsführers mit der Gesellschaft wurden in einem besonderen Dienstvertrag geregelt. Der oder die Geschäftsführer waren verpflichtet, a) Weisungen der Gesellschafter zu befolgen, b) die von den Gesellschaftern als zustimmungspflichtig bezeichneten Geschäfte nur mit deren Zustimmung vorzunehmen, c) bei einer von den Gesellschaftern errichteten Geschäftsordnung diese zu beachten, d) bei Beteiligung an oder dem Erwerb anderer Unternehmen die vorherige Zustimmung der Gesellschafter einzuholen, e) bei Rechtsgeschäften, die die Gesellschaft im Einzelfall mit mehr als 100 000,00 DM belasten oder belasten könnten, die vorherige Zustimmung der Gesellschafter einzuholen und f) bei Eingehen von Bürgschaften die vorherige Zustimmung der Gesellschafter einzuholen. Nach § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages waren Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu fassen, sofern nicht das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag eine andere Mehrheit vorschrieb. Die Auflösung der Gesellschaft, Änderungen des Gesellschaftsvertrages und die Bestellung oder Abberufung der Geschäftsführer bedurften einer Dreiviertelmehrheit der abgegebenen Stimmen. Nach § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages wurde nach dem Nennbetrag der Geschäftsanteile abgestimmt. Je 100,00 DM des Geschäftsanteils gewährten eine Stimme. Für jeden Geschäftsanteil konnte nur einheitlich abgestimmt werden. Die Aufgaben der Gesellschafterversammlung wurden in § 10 des Gesellschaftsvertrages bestimmt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gesellschaftsvertrages der E GmbH S wird auf Bl. 32 bis 43 der Insolvenzgeldakten der Beklagten verwiesen.
Aufgrund Gesellschafterbeschlusses vom 23. August 1991 war der Kläger alleinvertretungsberechtigt für die E GmbH S und durfte Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder mit sich als Vertreter Dritter abschließen. Durch einen weiteren Gesellschafterbeschluss vom 27. Januar 1993 wurde der Gesellschaftsvertrag bezüglich § 2 (Gegenstand, Zweck des Unternehmens) geändert. Gegenstand des Unternehmens war danach nicht mehr der Handel und Vertrieb von elektrotechnischem Material und Artikeln.
Der Kläger schloss mit der E GmbH S einen Dienstvertrag über eine Tätigkeit als Geschäftsführer ab 01. Dezember 1991. Die Unterschriftsleiste am Ende des Vertrages weist den Firmenstempel der E GmbH S für die Gesellschaft ohne eine Unterschrift und die Unterschrift des Klägers als Geschäftsführer aus. Nach § 1 des Geschäftsführervertrages vertrat er die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Ihm stand Einzelvertretungs- und Einzelgeschäftsführungsbefugnis zu. Einschränkungen der Geschäftsführung durch Gesetz, Satzung, Geschäftsordnung oder durch den Geschäftsführervertrag waren von ihm zu beachten. Als Geschäftsführer hatte er auch Gesellschafterbeschlüsse zu befolgen, soweit sich aus dem Vertrag nichts anderes ergeben sollte. § 2 des Geschäftsführervertrages regelte die weiteren Pflichten des Geschäftsführers, § 3 Nebentätigkeit und Wettbewerbsverbot, § 4 Bezüge, § 5 sonstige Leistungen, § 6 Jahresurlaub, § 7 Dauer des Vertrages und § 8 enthielt die Schlussbestimmungen.
In den Insolvenzgeldakten der Beklagten ist ferner eine Kopie eines mit "Arbeitsvertrag" bezeichneten Vertrag vom 15. Februar 1995 enthalten, nach dem der Kläger bei der E GmbH S seine Tätigkeit als "Arbeitnehmer" ab 01. Januar 1992 als Geschäftsführer aufnehmen sollte. Den Vertrag unterzeichnete der Kläger für sich als Arbeitnehmer und zugleich als Arbeitgeber.
Die E GmbH S, vertreten durch den Kläger beantragte bei dem Amtsgericht Cottbus am 28. August 2001, über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Durch Beschluss des Amtsgerichts Cottbus (Az.: ) vom 23. Oktober 2001 wurde über das Vermögen der E GmbH S das Insolvenzverfahren eröffnet.
Am 03. September 2001 beantragte der Kläger beim Arbeitsamt S Insolvenzgeld wegen nicht gezahlten Arbeitsentgelts für die Monate August bis Oktober 2001 in Höhe von jeweils 5 690,00 DM brutto monatlich. Die vorläufige Insolvenzverwalterin Rechtsanwältin K R bestätigte in der Insolvenzgeldbescheinigung vom 14. November 2001 ebenfalls offene Arbeitsentgeltforderungen des Klägers in Höhe von jeweils 5 690,00 DM brutto monatlich (=3 306,92 DM netto monatlich) für den Zeitraum vom 01. August 2001 bis zum 31. Oktober 2001.
In einem Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Gesellschafter-Geschäftsführers einer GmbH gab der Kläger unter dem 09. Oktober 2001 u. a. an, dass seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit 39,5 Stunden betragen habe, er jedoch tatsächlich durchschnittlich wöchentlich 40 bis 45 Stunden tätig geworden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten des Feststellungsbogens wird auf Bl. 9 bis 10 der Insolvenzgeldakten der Beklagten verwiesen.
Mit Bescheid vom 25. Januar 2002 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Insolvenzgeld ab, weil der Kläger nicht Arbeitnehmer in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gewesen sei. Er sei mit einem Stammkapital von 7,745 v. H. beteiligt gewesen, alleinvertretungsberechtigt und von der Beschränkung des § 181 BGB befreit gewesen.
Der Kläger legte hiergegen am 30. Januar 2002 Widerspruch mit Hinweis auf sein ausstehendes Gehalt für die Monate August 2001 bis Oktober 2001 ein. Er sei Angestellter in der Funktion des Geschäftsführers der E GmbH S gewesen. Beiträge zur Arbeitslosen- und Pflegeversicherung habe er entrichtet.
Durch Widerspruchsbescheid vom 07. Juni 2002 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Allein die Tatsache der vom Kläger vorgenommenen Abführung von Beiträgen zur Arbeitslosen- und Pflegeversicherung begründete keine versicherungspflichtige Beschäftigung und damit auch keinen Leistungsanspruch.
Der Kläger hat am 10. Juli 2002 Klage vor dem Sozialgericht Cottbus erhoben und sein Begehren weiter verfolgt.
Durch Beschluss vom 26. November 2002 hat das Sozialgericht Cottbus die Deutsche Angestellten Krankenkasse zum Verfahren beigeladen.
Das Sozialgericht hat Beweis durch Vernehmung der Zeugen I H, J D, IS und F K jeweils zum Beweisthema: Tätigkeit des Klägers in der GmbH erhoben. Wegen der Einzelheiten der Aussage der Zeugin H wird auf Bl. 71 der Gerichtsakten, wegen der des Zeugen D auf Bl. 84 der Gerichtsakten, wegen der des Zeugen S auf Bl. 85 der Gerichtsakten und wegen der des Zeugen K auf Bl. 86 der Gerichtsakten verwiesen.
Das Sozialgericht Cottbus hat durch Urteil vom 08. Dezember 2003 die Klage abgewiesen. Als Geschäftsführer der GmbH habe er nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Er habe zwar nur über einen geringen Anteil am Stammkapital verfügt, er sei aber dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung nicht unterlegen gewesen. Er habe insbesondere seine Arbeitszeit frei gestalten können und sei im Hinblick auf die Aufgaben der GmbH frei in seiner Entscheidungsbefugnis gewesen. Eine Kontrolle der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer sei durch die Gesellschafter nicht erfolgt. Die Zeugen H, K und D hätten ausgesagt, dass sie mit der Arbeit des Geschäftsführers zufrieden gewesen seien und sein Handeln nicht hätten unterbinden müssen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Urteils wird auf Bl. 91 bis 93 der Gerichtsakten verwiesen.
Gegen das der früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18. Dezember 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06. Januar 2004 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 08. Dezember 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. Juni 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld für die Zeit vom 01. August 2001 bis zum 22. Oktober 2001 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen I S und M K zum Beweisthema: Inhalt und Umfang der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der E GmbH S. Wegen der Einzelheiten der Aussage des Zeugen S wird auf Bl. 147 f. der Gerichtsakten und wegen der der Zeugin K auf Bl. 149 der Gerichtsakten verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten wegen des Verfahrens wird auf die Gerichtsakten, die Insolvenzgeldakten der Beklagten (Kundennummer ) sowie zwei Bände Gerichtsakten des Amtsgerichts Cottbus (Az.: ) Bezug genommen. Die Akten haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist ohne weitere Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 500,00 Euro übersteigt.
Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht Cottbus hat die zulässige Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Verwaltungsentscheidungen der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf Insolvenzgeld vom 01. August 2001 bis zum 22. Oktober 2001. Auf diesen Zeitraum hat der Kläger sein Begehren in der mündlichen Verhandlung – ausweislich seines Antrages – auch beschränkt.
Gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) in der hier maßgeblichen Fassung des 1. SGB III – Änderungsgesetzes vom 16. Dezember 1997 (BG Bl. I S. 2970) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie bei 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben.
Insolvenzereignis ist hier die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E GmbH S mit Wirkung ab 23. Oktober 2001 durch Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom selben Tage.
Bei einem bestehenden Arbeitsverhältnis – wie hier – bestimmen sich die letzten drei Monate vor dem Insolvenzereignis nach § 26 des Zehnten Buches Sozialgerichtsbuch (SGB X) iVm §§ 187, 188 BGB. Der Tag des Beschlusses über die Eröffnung des Insolvenzereignis ist bei der rückwirkenden Berechnung nicht mitzurechnen (Roeder, in: Niesel, SGB III, 2. Aufl., Rnr. 33 zu § 183). Vorliegend wird der Zeitraum vom 23. Juli 2001 bis 22. Oktober 2001 erfasst, wovon der Kläger indessen nur die Zeit ab 01. August 2001 geltend macht.
Insolvenzgeld nach § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III können nur Arbeitnehmer, d. h. abhängig Beschäftigte, die Arbeitnehmer im arbeitsförderungsrechtlichen Sinne sind, beanspruchen (BSG SozR 2100 § 7 Nr. 7; SozR 4100 § 141 b Nr. 24). In einem Versicherungspflichtverhältnis stehen gemäß § 24 Abs. 1 SGB III Personen, die als Beschäftigte oder aus sonstigen Gründen versicherungspflichtig sind. Nach § 25 Abs. 1 SGB III sind versicherungspflichtig Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt (versicherungspflichtige Beschäftigung) sind. Nach § 7 Abs. 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) diese Vorschrift ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auch im Bereich der Arbeitsförderung anwendbar ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Arbeitnehmer ist demnach, wer unselbständige Arbeit leistet, das heißt von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Persönliche Abhängigkeit erfordert Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht kann zwar, insbesondere bei Diensten höherer Art, erheblich eingeschränkt sein, vollständig entfallen darf es jedoch nicht. Es muss eine fremdbestimmte Dienstleistung bleiben. Ist ein Weisungsrecht nicht vorhanden oder wird von ihm tatsächlich kein Gebrauch gemacht, kann der Betreffende also seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten, insbesondere über die eigene Arbeitskraft, über Arbeitsort und Arbeitszeit frei verfügen oder fügt er sich nur in die von ihm selbst gegebene Ordnung des Betriebes ein, liegt keine abhängige, sondern eine selbständige Tätigkeit vor, die zusätzlich durch ein Unternehmerrisiko gekennzeichnet zu sein pflegt. In Zweifelsfällen kommt es darauf an, welche Merkmale überwiegen. Die Beurteilung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei die vertragliche Ausgestaltung im Vordergrund steht, jedoch zurücktritt, wenn die tatsächlichen Verhältnisse entscheidend hiervon abweichen (ständige Rechtsprechung, vgl. nur Bundessozialgericht BSG , Urteil vom 05. Februar 1998, Az.: B 11 AL 71/97 R, SozR 3-4100 § 168 Nr. 22 mit weiteren Nachweisen). Dies gilt auch für Personen, die wie der Geschäftsführer einer GmbH gesetzliche Vertreter einer juristischen Person sind (hier § 35 Abs. 1 GmbH Gesetz). Auch wer selbst Arbeitgeberfunktion ausübt, kann seinerseits als leitender Angestellter bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein (BSGE 13, 196, 198). Ist dieser Dritte eine juristische Person, so muss die persönliche Abhängigkeit gegenüber dem willensbildenden Organ der juristischen Person bestehen, bei einer GmbH also gegenüber der Gesamtheit der Gesellschafter als dem "obersten Willensbildungsorgan" der GmbH. Ob die Geschäftsführer einer GmbH von den Gesellschaftern abhängig sind, ist auch nicht allein danach zu beurteilen, inwieweit sie an Entscheidungen der Gesellschafter gebunden sind, die den Inhalt ihrer Geschäftsführertätigkeit betreffen; solchen Bindungen unterliegt unter Umständen auch ein selbständiger Beauftragter (Dienstpflichtiger), der Geschäfte für einen anderen zu besorgen hat (vgl. §§ 665, 675 in Verbindung mit § 611 BGB). Wesentlicher ist auch für die Frage nach dem "Gesamtbild" der Geschäftsführertätigkeit , ob der äußere Rahmen dieser Tätigkeit, insbesondere was Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsleistung betrifft, durch einseitige Weisungen der Gesellschafter geregelt wird oder geregelt werden kann. Insofern kommt es wiederum nicht so sehr auf den Wortlaut der einschlägigen Regelungen im Gesellschafts- und/oder im Anstellungsvertrag an, sondern vor allem auf die praktische Durchführung dieser Regelungen im Leben der Gesellschaft. Im Übrigen ist die Frage der Weisungsgebundenheit und damit der Versicherungspflicht von Geschäftsführern einer GmbH unterschiedlich zu beantworten je nach dem, ob diese zugleich Gesellschafter der GmbH sind (Gesellschafter-Geschäftsführer) oder als Fremd Geschäftsführer von außen kommen. Im letzteren Fall wird in der Regel ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorliegen. Bei der Versicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern kommt es dagegen nach der Rechtsprechung des BSG entscheidend darauf an, ob sie aufgrund ihrer Beteiligung am Stammkapital der GmbH einen maßgebenden Einfluss auf deren Willensbildung ausüben. Trifft dies zu, kann von einer Weisungsgebundenheit und damit einer persönlichen Abhängigkeit der Geschäftsführer keine Rede sein; eine versicherungspflichtige Beschäftigung scheidet hier von vornherein aus. Aber auch dort, wo die Kapitalbeteiligungen einer GmbH für deren Beherrschung nicht ausreicht, wie insbesondere dann, wenn wie im vorliegenden Fall die jeweiligen Kapitalanteile der Gesellschafter-Geschäftsführer unter 50 % liegen und die einfache Mehrheit der Stimmen für eine Beschlussfassung der Gesellschafter in der Regel genügt, ist gleichwohl eine versicherungspflichtige Beschäftigung der Geschäftsführer zu verneinen, wenn sie nach der Gestaltung ihrer vertraglichen Beziehung zur GmbH und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort ihrer Tätigkeit im Wesentlichen weisungsfrei sind. In diesen Fällen wird auch die Kapitalbeteiligung der Gesellschafter-Geschäftsführer häufig so hoch sein, dass sie ein nicht unerhebliches Unternehmerrisiko tragen, so dass sie ihre Geschäftsführertätigkeit, wirtschaftlich gesehen, nicht für ein ihnen fremdes Unternehmen, sondern im eigenen Unternehmen ausüben (vgl. BSGE 51, 164, 170 f.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen stand der Kläger in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Einen Stammkapitalanteil von 50 v. H. oder mehr hatte er nicht inne gehabt. Sein Stammkapital betrug lediglich 46 300,00 DM bzw. 49.800,00 DM. Dieser Anteil entsprach 7,745 v. H. bzw. 8,33 v. H. des gesamten Stammkapitals des Unternehmens. Es rechtfertigte keine Sperrminorität. Einen bestimmenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft konnte er deswegen auch nicht ausüben.
Willensbildendes Organ der Gesellschaft war die Gesellschafterversammlung. In dieser Gesellschafterversammlung hatte der Kläger nicht das alleinige Sagen, schon allein wegen seines geringen Gesellschaftsanteils. Nach § 9 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages gewährte je 100,00 DM eine Stimme. Danach verfügte der Kläger über 463 bzw. 498 Stimmen, die Gesamtzahl der Stimmen betrug 5 978. Bereits aus dem Verhältnis wird deutlich, dass er keinen bestimmen den Einfluss in der Gesellschafterversammlung haben konnte.
Der vom Sozialgericht vorgenommenen Beurteilung, dass der Kläger nach Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung nicht persönlich abhängig und deswegen nicht in den Betrieb im Sinne eines Arbeitnehmers eingegliedert gewesen ist und sich nicht einem Weisungsrecht des Arbeitnehmers unterordnen brauchte, folgt der Senat nicht. Bereits aus den Aussagen der Zeugen H, K und D lässt sich dieser Schluss nicht rechtfertigen. So bekundete die Zeugin H, dass es Gesellschafterversammlungen gegeben habe und sie mit der Arbeit des Klägers als Geschäftsführer einverstanden gewesen ist. Auch die Tatsache, dass der Kläger eine Entscheidung für das Unternehmen getroffen hatte und die Zeugin H damit einverstanden war, zeigt auf, dass sie jedenfalls seine Geschäftsführertätigkeit als Gesellschafterin (sie hatte einen Stammkapitalanteil von 48.100,00 DM) genehmigt hatte. Dasselbe trifft auf den Gesellschafter D zu, wenn er u. a. erklärt hat, dass er Einblick in den Jahresabschluss genommen hat. Letztlich hat er damit eine Tätigkeit als Gesellschafter (er hatte einen Stammkapitalanteil von 49.700,00 DM) wahrgenommen, auch wenn seine weitere Erklärung, "es war alles Zahlensalat", daraufhin deuten, dass er mit der Aufgabe als Gesellschafter überfordert gewesen ist. Der Zeuge Shat erklärt, dass in dem Unternehmen auch kontrovers über einzelne Projekte diskutiert, die Probleme dann aber einvernehmlich gelöst worden sind. Auch insoweit hat der Zeuge S (er hatte einen Stammkapitalanteil von 39.700,00 DM) hierdurch seine Aufgaben als Gesellschafter wahrgenommen. Im Ergebnis nichts anderes lässt sich aus der Aussage des Zeugen K(er hatte einen Stammkapitalanteil von 36.700,00 DM) entnehmen. Allein die Tatsache, dass die anderen Gesellschafter im Wesentlichen mit der Arbeit des Klägers zufrieden gewesen sind und ihm deswegen keine Weisungen gegeben haben, rechtfertigt nicht die Annahme, der Kläger habe nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden. Entscheidend ist in derartigen Fällen, wie hier, allein die rechtliche Möglichkeit, nach der die Gesellschafter entscheidenden Einfluss auf die Arbeit des Klägers als Gesellschafter-Geschäftsführer hätten nehmen können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved