Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 2 KA 168/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KA 6/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 28/06 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.12.2005 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Honorarrückforderung für das Jahr 1997 in Höhe von 15.843,04 Euro auf Grund der Überschreitung der gesetzlichen Punktmengengrenze.
Der Kläger hat bis zum 30.06.2003 an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilgenommen. Die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) hatte nach Aufhebung der Vorschriften zum degressiven Punktwert (§ 85 Abs. 4 b ff. 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der bis zum 30.06.1997 geltenden Fassung) durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG vom 23.06.1997, BGBl. I, 1520) zum 01.07.1997 die Auffassung vertreten, dass die im Gesetz genannte Punktmengengrenze von 350.000 Punkten ungeachtet der Aufhebung der Vorschrift auch im Jahre 1997 für alle Vertragszahnärzte gelte, die mindestens vom 01.01.1997 bis 30.06.1997 zugelassen waren. Demgemäß ermittelte die Beklagte die Degressionsbeträge nur in den Fällen, in denen Vertragszahnärzte die Punktmengengrenze von 350.000 Punkten bereits im ersten Halbjahr überschritten hatten. Gegenüber dem Kläger, der in den beiden ersten Quartalen 1997 322.174 Punkte abgerechnet hat, erging demgemäß kein Bescheid.
Da die Krankenkassen gegenüber den KZVen die Auffassung vertraten, dass Degressionsbeträge unter Zugrundelegung einer maximal hälftigen Jahrespunktmenge zu berechnen seien und Ansprüche auf Abführung entsprechend berechneter Degressionsbeträge erhoben, forderte die Beklagte mit Schreiben vom 12.10.2001 als Anlage zur Quartalsabrechnung für das 2. Quartal 2001 vom 16.10.2001 Honorar in Höhe von 30.986,29 DM (15.843,04 Euro) vom Kläger zurück. Unter Hinweis auf die umstrittene Rechtsfrage führte sie aus, wenn die Auffassung der Krankenkassen bestätigt werde, sei sie verpflichtet, Degressionsbeträge unter Zugrundelegung von 175.000 Punkten abzuführen. Da bis zu einer gerichtlichen Klärung eine erhebliche Zeit verstreichen werde, sei sie zur Sicherstellung der möglichen Forderungen der Krankenkassen aus formalen Gründen gezwungen, schon jetzt die Rückforderung gegen den Kläger festzusetzen. Zugleich setzte sie die Vollziehung des Bescheides aus. Nach dem Ausscheiden des Klägers aus der vertragszahnärztlichen Versorgung hat sie die Aussetzung der Vollziehung aufgehoben. Zunächst wurde der letzte Zahlungsanspruch des Klägers um den festgesetzten Degressionsbetrag gemindert, nach Stellung einer Bürgschaft zur Sicherung des Anspruchs auf die Nachberechnung der Degression ist der Betrag dann an den Kläger ausgezahlt worden.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, für die Nachberechnung der Degression fehle eine Rechtsgrundlage. In dem Bescheid werde auch nicht ausgeführt, auf welcher rechtlichen Grundlage das festgesetzte Honorar zurückgefordert werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Zur Begründung der am 05.07.2004 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Honorarbescheide aus dem Jahr 1997 enthielten einen unzureichenden Berichtigungsvorbehalt. Der Hinweis, dass die Honorarabrechnung unter dem Vorbehalt nachträglicher Berichtigung erfolge, sei zu pauschal und allgemein gehalten und könne die Nachberechnung nicht rechtfertigen. Es sei nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage die Beklagte die Honorarbescheide rückwirkend aufheben wolle. Er habe nach über vier Jahren nicht mehr damit rechnen können, dass auf Grund des allgemein gehaltenen Satzes in den Honorarbescheiden eine Korrektur erfolgen werde. Vorsorglich erhob der Kläger die Einrede der Verjährung und der Verwirkung.
Mit Gerichtsbescheid vom 15.12.2005 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Es hat gemeint, die Entscheidung des BSG vom 30.06.2004 (SozR 4-2500 § 85 Nr. 11) sei auch in diesem Fall einschlägig, so dass die Beklagte dem Vertrauensschutz des Klägers habe Rechnung tragen müssen. Die angefochtenen Degressionsberechnungen seien rechtswidrig, weil keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Kläger gewusst oder wegen grober Fahrlässigkeit nicht gewusst habe, wie die degressionsfreie Punktmenge im Jahre 1997 zu berechnen sei.
Gegen das ihr am 21.12.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.01.2006 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, die vom SG genannte Rechtsprechung sei nicht anwendbar, da es sich um die erstmalige Berechnung der Degression handele und zudem die Vertragszahnärzte spätestens ab März 1997 damit hätten rechnen müssen, dass die Degressionsregelung im Jahre 1997 nur bis zum Ende des ersten halben Jahres gelten und daher die Punktmengengrenze von 175.000 Punkten maßgeblich sein werde.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.12.2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg, denn das Sozialgericht hatte zu Unrecht der Klage stattgegeben. Der angefochtene Bescheid vom 16.10.2001 ist hinsichtlich der Regelung der Punktwertdegression für das Jahr 1997 nicht zu beanstanden.
I. Rechtsgrundlage des Bescheides ist § 19 lit.a Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) bzw. § 12 Abs. 1 Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z), wonach die Beklagte die von den Vertragszahnärzten eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührensordnungsmäßig zu prüfen und gegebenenfalls zu berichtigen hat. Diese Bestimmungen setzen die Möglichkeit einer nachträglichen Honorarberichtigung voraus. Zahlungen an den Vertragszahnarzt haben nur vorläufigen Charakter; bis zum Ablauf der für die Einleitung und Durchführung von Prüfverfahren vorgesehenen Fristen muss der Vertragszahnarzt mit einer nachträglichen Prüfung und Berichtigung rechnen (BSG SozR 3-5555 § 32 Nr. 1; SozR 4-2500 § 85 Nr. 11). Die genannten Vorschriften verdrängen in ihrem Anwendungsbereich gemäß § 37 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ((SGB X), vgl. BSGE 74, 44; 89, 90). Die Berichtigungsbefugnis besteht unabhängig davon, welcher Sphäre der zu Unrichtigkeit des Honorarbescheides führende Fehler zuzurechnen ist und gilt auch für die Umsetzung der Vorschriften über die Honorarminderung wegen eines degressiven Punktwertes gemäß § 85 Abs. 4b ff. SGB V (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 11).
II. 1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berichtigung der ursprünglichen Bescheide über die Degressionsberechnung liegen vor. Die Auffassung der Beklagten, dass den Zahnärzten für die ersten sechs Monate des Jahres 1997 eine degressionsfreie Punktmenge von 350.000 Punkten zugestanden habe, ist im Gerichtsverfahren nicht bestätigt worden. Vielmehr kommen die in § 85 Abs. 4b SGB V (in der bis 30.06.1997 geltenden Fassung) für ein Kalenderjahr genannten Punktmengengrenzen entsprechend dem verkürzten Geltungszeitraum der Norm nur zeitanteilig zur Anwendung, so dass die Punktmengengrenze für das Jahr 1997 maximal 175.000 Punkte beträgt (BSG Urt. v. 27.04.2005 - B 6 KA 18/04 R).
2. Die Beklagte durfte das in den Honorarbescheiden für die Quartale I/1997 und II/1997 festgesetzte Honorar in Anwendung des § 85 Abs. 4b SGB V wegen Überschreitung der gesetzlichen Punktmengengrenze mindern. Die Ansicht des Klägers, der Vorbehalt in den Honorarbescheiden sei nicht ausreichend konkret gewesen, teilt der Senat nicht. Das BSG fordert für eine sachlich-rechnerische Berichtigung nur, dass aufgrund entsprechender Hinweise hinreichend deutlich ist oder sich zumindest aus den dem Vertragszahnarzt bekannten Gesamtumständen hinreichend deutlich ergibt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem ungefähren Umfang sich die KZV auf die Vorläufigkeit des Bescheides berufen will (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 42). Diese Voraussetzungen liegen vor.
Zwar enthielten die Honorarbescheide nur den allgemeinen Hinweis, die Honorarabrechnung erfolge unter dem Vorbehalt nachträglicher Berichtigungen. Ob und für welche Fälle dieser Vorbehalt Berichtigungen erlaubt, kann dahinstehen. Hinsichtlich der gesetzlich angeordneten Anwendung der Degressionsregelung des § 85 Abs. 4b SGB V war kein ausdrücklicher Vorbehalt erforderlich. Insoweit ergab sich schon aus dem Gesetz, dass bei Überschreiten der gesetzlich bestimmten Punktmengen die Bestimmungen über die Punktwertdegression eingreifen und es demgemäß zu einer Kürzung des Honorars kommen kann. Für den Vertragszahnarzt war bei Erhalt der Honorarbescheide ohne weiteres erkennbar, dass er bei einer quartalsübergreifenden Betrachtung wegen einer (späteren) Überschreitung der Punktmengengrenzen ggfs. wegen der Regelung zum degressiven Punktwert Honorar (teilweise) zurückzahlen muss (s. auch Senat, Urteil vom 05.06.2002 - L 11 KA 146/00). Von dieser Kenntnis der Vertragszahnärzte über die Degressionsregelung geht ersichtlich auch das BSG in seinem Urteil vom 27.04.2005 (a. a. O.) aus, wenn es ausführt, die Vertragszahnärzte hätten spätestens ab dem 22. März 1997 damit rechnen müssen, dass die Degressionsregelung nur bis Ende des ersten Halbjahres 1997 gelten und entsprechend der in § 85 Abs. 4b SGB V angelegten Grundstruktur "pro rata temporis" die Punktmengengrenze von 175.000 Punkten für diesen Zeitraum maßgeblich sein werde. Sie hätten daher die Möglichkeit gehabt, das Volumen ihrer Leistungserbringung bis zum 30.06.1997 so weit zu reduzieren, dass sie eine Überschreitung der degressionsfreien Punktmenge hätten vermeiden können. Wenn ein Vertragszahnarzt wie der Kläger im 2. Quartal 1997 diese Punktmengengrenze schon deutlich überschritt, konnte er bei Erhalt seiner Abrechnung für dieses Quartal nicht davon ausgehen, dass das gesamte festgesetzte Honorar ihm schon endgültig zustehe, sondern er musste mit einer Honorarkürzung in Anwendung der Degressionsregelungen rechnen. Dass die Beklagte wegen ihrer unzutreffenden Rechtsauffassung zunächst keinen Degressionsbescheid erlassen hat, nimmt den Honorarbescheiden nicht ihren vorläufigen Charakter; entscheidend ist insoweit allein, ob die Ausschlussfrist für die Korrektur der Honorarbescheide gewahrt ist (dazu unten II 4.).
3. Das Sozialgericht hat zu Unrecht angenommen, der Kläger könne sich gegenüber der Honorarrückforderung wegen degressionsbedingter Kürzungen auf Vertrauensschutz berufen. Das BSG hat zwar in den Urteilen vom 30.06.2004 (SozR4-2500 § 85 Nr. 11) und 08.02.2006 (B 6 KA 27/05 R) entschieden, dass die ursprüngliche Berechnung der Degressionsminderung zu Lasten der Zahnärzte nur unter Beachtung ihres Vertrauensschutzes korrigiert werden darf und dass insoweit im Rahmen des Berichtigungsverfahrens die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i. V. m. Abs. 4 10. Buch Sozialgesetzbuch entsprechend heranzuziehen sind. Diese Urteile sind aber nicht einschlägig, denn sie gelten nur für den Fall, dass die KZV bereits einen Degressionsberechnungsbescheid (sei es als Teil eines einheitlichen Honorarbescheides oder durch eine getrennte eigenständige Regelung) erteilt und demgemäß ihre Befugnis zur Berichtigung des ursprünglichen Honorarbescheides bereits "verbraucht" hatte. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, denn die Beklagte hatte gerade wegen ihrer Auffassung, dass ungeachtet der unterjährigen Geltung des § 85 Abs. 4 b SGB V die Punktmengengrenze von 350.000 Punkten gelte, dem Kläger keinen Degressionsbescheid erteilt. Es fehlt somit an einem Vertrauensschutz begründenden Handeln der Beklagten, so dass hier nicht entschieden werden muss, ob nicht ohnehin auch eine Korrektur einer früheren fehlerhaften Degressionsberechnung zulässig gewesen wäre (s. insoweit Senat, Urteil vom 10.05.2006 - L 11 KA 52/04).
4. Der Honorarrückforderung steht auch nicht der Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist für die Korrektur der Honorarbescheide entgegen.
Für sachlich-rechnerische Richtigstellungen gilt in Anlehnung an die im Sozialrecht für die Verjährung von Sozialleistungen (§ 45 Abs. 1 SGB I), Beiträgen (§ 25 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)) und Erstattungsansprüchen (§ 27 Abs. 2 SGB IV, § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X, § 113 Abs. 1 SGB X) geltende Verjährungsfrist von vier Jahren eine vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer die Beanstandung dem Betroffenen bekannt gegeben werden muss (BSG SozR 3-5535 § 119 Nr. 1; SozR 3-2500 § 82 Nr. 3). Diese Ausschlussfrist begann erst mit dem Ablauf des Jahres 1997, d.h. ab dem 01.01.1998, zu laufen, so dass sie bei Erlass des Bescheides vom 19.11.2001 noch nicht abgelaufen war.
Für den Fristbeginn ist nicht auf die Bekanntgabe der Honorarbescheide abzustellen. Das BSG hat im Beschluss vom 27.04.2005 (B 6 KA 46/04 B) dargelegt, dass es zwar in seiner bisherigen Rechtsprechung für den Fristbeginn auf das Ergehen des zu berichtigenden Quartalsbescheides abgestellt habe, diese Entscheidungen aber quartalsbezogene Korrekturen des Honorars betroffen hätten. Soweit Gegenstand des Korrekturbescheides insgesamt das dem betroffenen (Zahn)Arzt in diesem Jahr für seine Leistung zustehende Honorar sei, sei offen, ob bei rückwirkender Korrektur des Honorars für ein Jahr bei der Frist für die teilweise Aufhebung der für alle Quartale ergangenen Bescheide auf die Bekanntgabe der einzelnen Honorarbescheide, auf den Zeitpunkt des für das betroffene Jahr abschließenden Honorarbescheides oder auf den Schluss des jeweiligen Kalenderjahres abzustellen sei.
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 28.04.2004 (L 11 KA 150/03) die Auffassung vertreten, dass sich aus einer Gesamtanalogie zu § 45 Abs. 1 SGB X, § 25 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, 50 Abs. 4 Satz 1, 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X ergebe, dass die Frist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der ursprüngliche Honorarbescheid ergangen ist, zu laufen beginnt. Er hat dazu in dem genannten Urteil ausgeführt:
"Diese Gesamtanalogie ist gerechtfertigt, nachdem es hinsichtlich der Fristen für sachlich-rechnerische Berichtigungen und damit erst recht für deren Beginn oder Ablauf keine eigenständigen Fristen gibt. Die genannten Vorschriften betreffen alle wesentlichen im Sozialrecht auftretenden Konfliktlagen: den Leistungsanspruch des Versicherten (§ 45 Abs. 1 SGB I) ebenso wie die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen (§ 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X), Beitragsforderungen (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) gleichermaßen wie Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV) und schließlich die Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander (§ 113 SGB X). In allen Fällen hat es der Gesetzgeber für angemessen gehalten, die Geltendmachung des Anspruchs nach vier Jahren auszuschließen und mit Ablauf dieser Frist ungeachtet der materiellen Berechtigung des Anspruchs Rechtsfrieden einkehren zu lassen. Da sozialrechtliche Ansprüche mithin in aller Regel nach Ablauf von vier Jahren verjähren, ist die Anwendung dieser Frist auch auf sachlich-rechnerische Berichtigungen gerechtfertigt. Dies entspricht der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG SozR 3-5535 Nr. 119 Nr. 1), wobei das BSG ausdrücklich ausführt, es handele sich um "die vierjährige Frist, wie sie im sonstigen Sozialrecht z.B. für die Verjährung von Sozialleistungen und Erstattungsansprüchen gilt" (BSGE 89, 90, 103).
Im Hinblick darauf ist gerechtfertigt, sich auch hinsichtlich Beginn und Ablauf der Frist an den genannten Vorschriften zu orientieren. Diese zeichnen sich sämtlich dadurch aus, dass die Frist mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem das verjährungsbegründende Ereignis eingetreten (z.B. die Fälligkeit des Anspruchs oder die Unanfechtbarkeit des die Leistung gewährenden Bescheides) ist. Sie stehen in Einklang mit den bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen, nach denen die Regelverjährungsfrist von dort drei Jahren ebenfalls erst mit dem Jahresschluss zu laufen beginnt (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Soweit es - wie hier - auf die Bekanntgabe des Honorarbescheides ankommt, läuft die Frist danach ab dem 01.01. des Folgejahres (hier am 01.01.1997) und endet am 31.12. des vierten folgenden Jahres (hier am 31.12.2000).
Hierfür sprechen im Übrigen dieselben sachlichen Erwägungen, die im Sozialrecht wie im bürgerlichen Recht dieser sog. Ultimo-Verjährung zugrunde liegen. Gegen den ursprünglichen Regierungsentwurf hat sich der Gesetzgeber bei der Abfassung des § 19 Abs. 1 Nr. 1 BGB für diese Verjährungsform nach der Sachverständigenanhörung entschieden, weil sie nicht unerhebliche praktische Erleichterungen biete (vgl. BT-Drucks. 14/7052, S. 180). Auch im Sozialrecht soll der Verjährungsablauf am Letzten des jeweiligen Jahres die Überwachung der Fristen erleichtern (vgl. Seewald in KassKomm, § 25 SGB IV Rdnr. 5). Gerade im Bereich der Massenverwaltung, zu der auch die vertrags(zahn)ärztliche Honorarverteilung gehört, gewinnt dieser Gesichtspunkt an besonderer Bedeutung. Da die Honorarbescheide nicht förmlich bekannt gemacht und nicht einmal ihre Absendung von den Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen individuell festgehalten wird, lässt sich das genaue Datum ihrer Bekanntgabe häufig gar nicht feststellen. Wegen der unsicheren Postlaufzeiten weil sich die Ausfertigung eines Honorarbescheides jedenfalls bei den Kassenärztlichen Vereinigungen oft über mehrere Tage hinzieht und in mehreren Ausfertigungsdaten auf den einzelnen Bestandteilen des Bescheides niederschlägt, erscheint es ebenso wenig gerechtfertigt, auf das Datum der Ausfertigung abzustellen. Die Überwachung der genauen Fristdaten würde aus diesen Gründen für die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen - ebenso wie für die Vertrags(zahn)ärzte - zu einem zusätzlichen und vermeidbaren Verwaltungsmehraufwand führen".
An dieser Auffassung hält der Senat jedenfalls für nicht quartalsbezogene Korrekturbescheide fest (das LSG Schleswig konzediert in seinem Urteil vom 28.06.2005 - L 4 KA 9/05, dass gewichtige Gründe für diese Fristberechnung sprechen). Die Honorarminderung aufgrund der Degressionsregelung betrifft auch im Jahre 1997 unverändert das Gesamthonorar des Jahres, wobei lediglich wegen der Aufhebung des § 85 Abs. 4b SGB V zum 01.07.1997 für das zweite Halbjahr keine Punktmengengrenze mehr bestand. Aus diesem Grund unterlagen nur die im ersten Halbjahr 1997 abgerechneten Punkte der - anteiligen - Jahresmengenbegrenzung, so dass sich die Degressionsberechnung nur auf die im ersten Halbjahr 1997 abgerechneten Punkte bezog. Dies rechtfertigt aber nicht, für den Lauf der Ausschlussfrist auf den Erlass der Honorarbescheide für die einzelnen Quartale abzustellen. Vielmehr ist es sachgerecht, dass die Frist zur Berichtigung erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres, für das die Degressionsberechnung vorgenommen wird, beginnt.
Fehler bei der Berechnung der Höhe der Honorarminderung aufgrund der Degression sind nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Die Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Der Bescheid vom 16.10.2001 ist somit nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat misst insbesondere der Frage der Fristberechnung für die Korrektur von Honorarbescheiden grundsätzliche Bedeutung bei und hat daher die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Honorarrückforderung für das Jahr 1997 in Höhe von 15.843,04 Euro auf Grund der Überschreitung der gesetzlichen Punktmengengrenze.
Der Kläger hat bis zum 30.06.2003 an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilgenommen. Die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) hatte nach Aufhebung der Vorschriften zum degressiven Punktwert (§ 85 Abs. 4 b ff. 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der bis zum 30.06.1997 geltenden Fassung) durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG vom 23.06.1997, BGBl. I, 1520) zum 01.07.1997 die Auffassung vertreten, dass die im Gesetz genannte Punktmengengrenze von 350.000 Punkten ungeachtet der Aufhebung der Vorschrift auch im Jahre 1997 für alle Vertragszahnärzte gelte, die mindestens vom 01.01.1997 bis 30.06.1997 zugelassen waren. Demgemäß ermittelte die Beklagte die Degressionsbeträge nur in den Fällen, in denen Vertragszahnärzte die Punktmengengrenze von 350.000 Punkten bereits im ersten Halbjahr überschritten hatten. Gegenüber dem Kläger, der in den beiden ersten Quartalen 1997 322.174 Punkte abgerechnet hat, erging demgemäß kein Bescheid.
Da die Krankenkassen gegenüber den KZVen die Auffassung vertraten, dass Degressionsbeträge unter Zugrundelegung einer maximal hälftigen Jahrespunktmenge zu berechnen seien und Ansprüche auf Abführung entsprechend berechneter Degressionsbeträge erhoben, forderte die Beklagte mit Schreiben vom 12.10.2001 als Anlage zur Quartalsabrechnung für das 2. Quartal 2001 vom 16.10.2001 Honorar in Höhe von 30.986,29 DM (15.843,04 Euro) vom Kläger zurück. Unter Hinweis auf die umstrittene Rechtsfrage führte sie aus, wenn die Auffassung der Krankenkassen bestätigt werde, sei sie verpflichtet, Degressionsbeträge unter Zugrundelegung von 175.000 Punkten abzuführen. Da bis zu einer gerichtlichen Klärung eine erhebliche Zeit verstreichen werde, sei sie zur Sicherstellung der möglichen Forderungen der Krankenkassen aus formalen Gründen gezwungen, schon jetzt die Rückforderung gegen den Kläger festzusetzen. Zugleich setzte sie die Vollziehung des Bescheides aus. Nach dem Ausscheiden des Klägers aus der vertragszahnärztlichen Versorgung hat sie die Aussetzung der Vollziehung aufgehoben. Zunächst wurde der letzte Zahlungsanspruch des Klägers um den festgesetzten Degressionsbetrag gemindert, nach Stellung einer Bürgschaft zur Sicherung des Anspruchs auf die Nachberechnung der Degression ist der Betrag dann an den Kläger ausgezahlt worden.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, für die Nachberechnung der Degression fehle eine Rechtsgrundlage. In dem Bescheid werde auch nicht ausgeführt, auf welcher rechtlichen Grundlage das festgesetzte Honorar zurückgefordert werde. Mit Widerspruchsbescheid vom 03.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Zur Begründung der am 05.07.2004 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Honorarbescheide aus dem Jahr 1997 enthielten einen unzureichenden Berichtigungsvorbehalt. Der Hinweis, dass die Honorarabrechnung unter dem Vorbehalt nachträglicher Berichtigung erfolge, sei zu pauschal und allgemein gehalten und könne die Nachberechnung nicht rechtfertigen. Es sei nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage die Beklagte die Honorarbescheide rückwirkend aufheben wolle. Er habe nach über vier Jahren nicht mehr damit rechnen können, dass auf Grund des allgemein gehaltenen Satzes in den Honorarbescheiden eine Korrektur erfolgen werde. Vorsorglich erhob der Kläger die Einrede der Verjährung und der Verwirkung.
Mit Gerichtsbescheid vom 15.12.2005 hat das Sozialgericht den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Es hat gemeint, die Entscheidung des BSG vom 30.06.2004 (SozR 4-2500 § 85 Nr. 11) sei auch in diesem Fall einschlägig, so dass die Beklagte dem Vertrauensschutz des Klägers habe Rechnung tragen müssen. Die angefochtenen Degressionsberechnungen seien rechtswidrig, weil keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der Kläger gewusst oder wegen grober Fahrlässigkeit nicht gewusst habe, wie die degressionsfreie Punktmenge im Jahre 1997 zu berechnen sei.
Gegen das ihr am 21.12.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20.01.2006 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, die vom SG genannte Rechtsprechung sei nicht anwendbar, da es sich um die erstmalige Berechnung der Degression handele und zudem die Vertragszahnärzte spätestens ab März 1997 damit hätten rechnen müssen, dass die Degressionsregelung im Jahre 1997 nur bis zum Ende des ersten halben Jahres gelten und daher die Punktmengengrenze von 175.000 Punkten maßgeblich sein werde.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.12.2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg, denn das Sozialgericht hatte zu Unrecht der Klage stattgegeben. Der angefochtene Bescheid vom 16.10.2001 ist hinsichtlich der Regelung der Punktwertdegression für das Jahr 1997 nicht zu beanstanden.
I. Rechtsgrundlage des Bescheides ist § 19 lit.a Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) bzw. § 12 Abs. 1 Ersatzkassenvertrag-Zahnärzte (EKV-Z), wonach die Beklagte die von den Vertragszahnärzten eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührensordnungsmäßig zu prüfen und gegebenenfalls zu berichtigen hat. Diese Bestimmungen setzen die Möglichkeit einer nachträglichen Honorarberichtigung voraus. Zahlungen an den Vertragszahnarzt haben nur vorläufigen Charakter; bis zum Ablauf der für die Einleitung und Durchführung von Prüfverfahren vorgesehenen Fristen muss der Vertragszahnarzt mit einer nachträglichen Prüfung und Berichtigung rechnen (BSG SozR 3-5555 § 32 Nr. 1; SozR 4-2500 § 85 Nr. 11). Die genannten Vorschriften verdrängen in ihrem Anwendungsbereich gemäß § 37 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ((SGB X), vgl. BSGE 74, 44; 89, 90). Die Berichtigungsbefugnis besteht unabhängig davon, welcher Sphäre der zu Unrichtigkeit des Honorarbescheides führende Fehler zuzurechnen ist und gilt auch für die Umsetzung der Vorschriften über die Honorarminderung wegen eines degressiven Punktwertes gemäß § 85 Abs. 4b ff. SGB V (BSG SozR 4-2500 § 85 Nr. 11).
II. 1. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Berichtigung der ursprünglichen Bescheide über die Degressionsberechnung liegen vor. Die Auffassung der Beklagten, dass den Zahnärzten für die ersten sechs Monate des Jahres 1997 eine degressionsfreie Punktmenge von 350.000 Punkten zugestanden habe, ist im Gerichtsverfahren nicht bestätigt worden. Vielmehr kommen die in § 85 Abs. 4b SGB V (in der bis 30.06.1997 geltenden Fassung) für ein Kalenderjahr genannten Punktmengengrenzen entsprechend dem verkürzten Geltungszeitraum der Norm nur zeitanteilig zur Anwendung, so dass die Punktmengengrenze für das Jahr 1997 maximal 175.000 Punkte beträgt (BSG Urt. v. 27.04.2005 - B 6 KA 18/04 R).
2. Die Beklagte durfte das in den Honorarbescheiden für die Quartale I/1997 und II/1997 festgesetzte Honorar in Anwendung des § 85 Abs. 4b SGB V wegen Überschreitung der gesetzlichen Punktmengengrenze mindern. Die Ansicht des Klägers, der Vorbehalt in den Honorarbescheiden sei nicht ausreichend konkret gewesen, teilt der Senat nicht. Das BSG fordert für eine sachlich-rechnerische Berichtigung nur, dass aufgrund entsprechender Hinweise hinreichend deutlich ist oder sich zumindest aus den dem Vertragszahnarzt bekannten Gesamtumständen hinreichend deutlich ergibt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem ungefähren Umfang sich die KZV auf die Vorläufigkeit des Bescheides berufen will (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 42). Diese Voraussetzungen liegen vor.
Zwar enthielten die Honorarbescheide nur den allgemeinen Hinweis, die Honorarabrechnung erfolge unter dem Vorbehalt nachträglicher Berichtigungen. Ob und für welche Fälle dieser Vorbehalt Berichtigungen erlaubt, kann dahinstehen. Hinsichtlich der gesetzlich angeordneten Anwendung der Degressionsregelung des § 85 Abs. 4b SGB V war kein ausdrücklicher Vorbehalt erforderlich. Insoweit ergab sich schon aus dem Gesetz, dass bei Überschreiten der gesetzlich bestimmten Punktmengen die Bestimmungen über die Punktwertdegression eingreifen und es demgemäß zu einer Kürzung des Honorars kommen kann. Für den Vertragszahnarzt war bei Erhalt der Honorarbescheide ohne weiteres erkennbar, dass er bei einer quartalsübergreifenden Betrachtung wegen einer (späteren) Überschreitung der Punktmengengrenzen ggfs. wegen der Regelung zum degressiven Punktwert Honorar (teilweise) zurückzahlen muss (s. auch Senat, Urteil vom 05.06.2002 - L 11 KA 146/00). Von dieser Kenntnis der Vertragszahnärzte über die Degressionsregelung geht ersichtlich auch das BSG in seinem Urteil vom 27.04.2005 (a. a. O.) aus, wenn es ausführt, die Vertragszahnärzte hätten spätestens ab dem 22. März 1997 damit rechnen müssen, dass die Degressionsregelung nur bis Ende des ersten Halbjahres 1997 gelten und entsprechend der in § 85 Abs. 4b SGB V angelegten Grundstruktur "pro rata temporis" die Punktmengengrenze von 175.000 Punkten für diesen Zeitraum maßgeblich sein werde. Sie hätten daher die Möglichkeit gehabt, das Volumen ihrer Leistungserbringung bis zum 30.06.1997 so weit zu reduzieren, dass sie eine Überschreitung der degressionsfreien Punktmenge hätten vermeiden können. Wenn ein Vertragszahnarzt wie der Kläger im 2. Quartal 1997 diese Punktmengengrenze schon deutlich überschritt, konnte er bei Erhalt seiner Abrechnung für dieses Quartal nicht davon ausgehen, dass das gesamte festgesetzte Honorar ihm schon endgültig zustehe, sondern er musste mit einer Honorarkürzung in Anwendung der Degressionsregelungen rechnen. Dass die Beklagte wegen ihrer unzutreffenden Rechtsauffassung zunächst keinen Degressionsbescheid erlassen hat, nimmt den Honorarbescheiden nicht ihren vorläufigen Charakter; entscheidend ist insoweit allein, ob die Ausschlussfrist für die Korrektur der Honorarbescheide gewahrt ist (dazu unten II 4.).
3. Das Sozialgericht hat zu Unrecht angenommen, der Kläger könne sich gegenüber der Honorarrückforderung wegen degressionsbedingter Kürzungen auf Vertrauensschutz berufen. Das BSG hat zwar in den Urteilen vom 30.06.2004 (SozR4-2500 § 85 Nr. 11) und 08.02.2006 (B 6 KA 27/05 R) entschieden, dass die ursprüngliche Berechnung der Degressionsminderung zu Lasten der Zahnärzte nur unter Beachtung ihres Vertrauensschutzes korrigiert werden darf und dass insoweit im Rahmen des Berichtigungsverfahrens die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i. V. m. Abs. 4 10. Buch Sozialgesetzbuch entsprechend heranzuziehen sind. Diese Urteile sind aber nicht einschlägig, denn sie gelten nur für den Fall, dass die KZV bereits einen Degressionsberechnungsbescheid (sei es als Teil eines einheitlichen Honorarbescheides oder durch eine getrennte eigenständige Regelung) erteilt und demgemäß ihre Befugnis zur Berichtigung des ursprünglichen Honorarbescheides bereits "verbraucht" hatte. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, denn die Beklagte hatte gerade wegen ihrer Auffassung, dass ungeachtet der unterjährigen Geltung des § 85 Abs. 4 b SGB V die Punktmengengrenze von 350.000 Punkten gelte, dem Kläger keinen Degressionsbescheid erteilt. Es fehlt somit an einem Vertrauensschutz begründenden Handeln der Beklagten, so dass hier nicht entschieden werden muss, ob nicht ohnehin auch eine Korrektur einer früheren fehlerhaften Degressionsberechnung zulässig gewesen wäre (s. insoweit Senat, Urteil vom 10.05.2006 - L 11 KA 52/04).
4. Der Honorarrückforderung steht auch nicht der Ablauf der vierjährigen Ausschlussfrist für die Korrektur der Honorarbescheide entgegen.
Für sachlich-rechnerische Richtigstellungen gilt in Anlehnung an die im Sozialrecht für die Verjährung von Sozialleistungen (§ 45 Abs. 1 SGB I), Beiträgen (§ 25 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV)) und Erstattungsansprüchen (§ 27 Abs. 2 SGB IV, § 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X, § 113 Abs. 1 SGB X) geltende Verjährungsfrist von vier Jahren eine vierjährige Ausschlussfrist, innerhalb derer die Beanstandung dem Betroffenen bekannt gegeben werden muss (BSG SozR 3-5535 § 119 Nr. 1; SozR 3-2500 § 82 Nr. 3). Diese Ausschlussfrist begann erst mit dem Ablauf des Jahres 1997, d.h. ab dem 01.01.1998, zu laufen, so dass sie bei Erlass des Bescheides vom 19.11.2001 noch nicht abgelaufen war.
Für den Fristbeginn ist nicht auf die Bekanntgabe der Honorarbescheide abzustellen. Das BSG hat im Beschluss vom 27.04.2005 (B 6 KA 46/04 B) dargelegt, dass es zwar in seiner bisherigen Rechtsprechung für den Fristbeginn auf das Ergehen des zu berichtigenden Quartalsbescheides abgestellt habe, diese Entscheidungen aber quartalsbezogene Korrekturen des Honorars betroffen hätten. Soweit Gegenstand des Korrekturbescheides insgesamt das dem betroffenen (Zahn)Arzt in diesem Jahr für seine Leistung zustehende Honorar sei, sei offen, ob bei rückwirkender Korrektur des Honorars für ein Jahr bei der Frist für die teilweise Aufhebung der für alle Quartale ergangenen Bescheide auf die Bekanntgabe der einzelnen Honorarbescheide, auf den Zeitpunkt des für das betroffene Jahr abschließenden Honorarbescheides oder auf den Schluss des jeweiligen Kalenderjahres abzustellen sei.
Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 28.04.2004 (L 11 KA 150/03) die Auffassung vertreten, dass sich aus einer Gesamtanalogie zu § 45 Abs. 1 SGB X, § 25 Abs. 1 Satz 1, 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV, 50 Abs. 4 Satz 1, 113 Abs. 1 Satz 1 SGB X ergebe, dass die Frist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der ursprüngliche Honorarbescheid ergangen ist, zu laufen beginnt. Er hat dazu in dem genannten Urteil ausgeführt:
"Diese Gesamtanalogie ist gerechtfertigt, nachdem es hinsichtlich der Fristen für sachlich-rechnerische Berichtigungen und damit erst recht für deren Beginn oder Ablauf keine eigenständigen Fristen gibt. Die genannten Vorschriften betreffen alle wesentlichen im Sozialrecht auftretenden Konfliktlagen: den Leistungsanspruch des Versicherten (§ 45 Abs. 1 SGB I) ebenso wie die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen (§ 50 Abs. 4 Satz 1 SGB X), Beitragsforderungen (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) gleichermaßen wie Erstattung zu Unrecht entrichteter Beiträge (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB IV) und schließlich die Erstattungsansprüche der Sozialleistungsträger untereinander (§ 113 SGB X). In allen Fällen hat es der Gesetzgeber für angemessen gehalten, die Geltendmachung des Anspruchs nach vier Jahren auszuschließen und mit Ablauf dieser Frist ungeachtet der materiellen Berechtigung des Anspruchs Rechtsfrieden einkehren zu lassen. Da sozialrechtliche Ansprüche mithin in aller Regel nach Ablauf von vier Jahren verjähren, ist die Anwendung dieser Frist auch auf sachlich-rechnerische Berichtigungen gerechtfertigt. Dies entspricht der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG SozR 3-5535 Nr. 119 Nr. 1), wobei das BSG ausdrücklich ausführt, es handele sich um "die vierjährige Frist, wie sie im sonstigen Sozialrecht z.B. für die Verjährung von Sozialleistungen und Erstattungsansprüchen gilt" (BSGE 89, 90, 103).
Im Hinblick darauf ist gerechtfertigt, sich auch hinsichtlich Beginn und Ablauf der Frist an den genannten Vorschriften zu orientieren. Diese zeichnen sich sämtlich dadurch aus, dass die Frist mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem das verjährungsbegründende Ereignis eingetreten (z.B. die Fälligkeit des Anspruchs oder die Unanfechtbarkeit des die Leistung gewährenden Bescheides) ist. Sie stehen in Einklang mit den bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen, nach denen die Regelverjährungsfrist von dort drei Jahren ebenfalls erst mit dem Jahresschluss zu laufen beginnt (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Soweit es - wie hier - auf die Bekanntgabe des Honorarbescheides ankommt, läuft die Frist danach ab dem 01.01. des Folgejahres (hier am 01.01.1997) und endet am 31.12. des vierten folgenden Jahres (hier am 31.12.2000).
Hierfür sprechen im Übrigen dieselben sachlichen Erwägungen, die im Sozialrecht wie im bürgerlichen Recht dieser sog. Ultimo-Verjährung zugrunde liegen. Gegen den ursprünglichen Regierungsentwurf hat sich der Gesetzgeber bei der Abfassung des § 19 Abs. 1 Nr. 1 BGB für diese Verjährungsform nach der Sachverständigenanhörung entschieden, weil sie nicht unerhebliche praktische Erleichterungen biete (vgl. BT-Drucks. 14/7052, S. 180). Auch im Sozialrecht soll der Verjährungsablauf am Letzten des jeweiligen Jahres die Überwachung der Fristen erleichtern (vgl. Seewald in KassKomm, § 25 SGB IV Rdnr. 5). Gerade im Bereich der Massenverwaltung, zu der auch die vertrags(zahn)ärztliche Honorarverteilung gehört, gewinnt dieser Gesichtspunkt an besonderer Bedeutung. Da die Honorarbescheide nicht förmlich bekannt gemacht und nicht einmal ihre Absendung von den Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen individuell festgehalten wird, lässt sich das genaue Datum ihrer Bekanntgabe häufig gar nicht feststellen. Wegen der unsicheren Postlaufzeiten weil sich die Ausfertigung eines Honorarbescheides jedenfalls bei den Kassenärztlichen Vereinigungen oft über mehrere Tage hinzieht und in mehreren Ausfertigungsdaten auf den einzelnen Bestandteilen des Bescheides niederschlägt, erscheint es ebenso wenig gerechtfertigt, auf das Datum der Ausfertigung abzustellen. Die Überwachung der genauen Fristdaten würde aus diesen Gründen für die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen - ebenso wie für die Vertrags(zahn)ärzte - zu einem zusätzlichen und vermeidbaren Verwaltungsmehraufwand führen".
An dieser Auffassung hält der Senat jedenfalls für nicht quartalsbezogene Korrekturbescheide fest (das LSG Schleswig konzediert in seinem Urteil vom 28.06.2005 - L 4 KA 9/05, dass gewichtige Gründe für diese Fristberechnung sprechen). Die Honorarminderung aufgrund der Degressionsregelung betrifft auch im Jahre 1997 unverändert das Gesamthonorar des Jahres, wobei lediglich wegen der Aufhebung des § 85 Abs. 4b SGB V zum 01.07.1997 für das zweite Halbjahr keine Punktmengengrenze mehr bestand. Aus diesem Grund unterlagen nur die im ersten Halbjahr 1997 abgerechneten Punkte der - anteiligen - Jahresmengenbegrenzung, so dass sich die Degressionsberechnung nur auf die im ersten Halbjahr 1997 abgerechneten Punkte bezog. Dies rechtfertigt aber nicht, für den Lauf der Ausschlussfrist auf den Erlass der Honorarbescheide für die einzelnen Quartale abzustellen. Vielmehr ist es sachgerecht, dass die Frist zur Berichtigung erst mit dem Ablauf des Kalenderjahres, für das die Degressionsberechnung vorgenommen wird, beginnt.
Fehler bei der Berechnung der Höhe der Honorarminderung aufgrund der Degression sind nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Die Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Der Bescheid vom 16.10.2001 ist somit nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat misst insbesondere der Frage der Fristberechnung für die Korrektur von Honorarbescheiden grundsätzliche Bedeutung bei und hat daher die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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