L 30 AL 1269/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
30
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 20 AL 843/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 30 AL 1269/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 16. August 2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten höhere Arbeitslosenhilfe ab 17. August 2004.

Die 1952 geborene Klägerin stand seit 1991 mit Unterbrechungen im Leistungsbezug seitens der Beklagten. Zuletzt erhielt sie bis zum 16. August 2001 Arbeitslosengeld und anschließend ab dem 17. August 2001 Arbeitslosenhilfe. Auf ihren Fortzahlungsantrag vom 5. August 2003 bewilligte ihr die Beklagte erneut Arbeitslosenhilfe ab 17. August 2003.

Mit Änderungsbescheid vom 01. Juni 2004 bewilligte die Beklagte Arbeitslosenhilfe über das ursprüngliche Ende des Bewilligungsabschnittes hinaus bis zum 31. Dezember 2004 von Amts wegen in Höhe von 196,49 EUR wöchentlich (Bemessungsentgelt 570,- EUR wöchentlich/Leistungsgruppe A/57 %/SGB III-LeistungsentgeltVO 2004/Anrechnungsbetrag 22,19 EUR wöchentlich/Zahlbetrag wöchentlich 174,30 EUR). Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass die Leistung werde in unveränderter Höhe weitergezahlt. Dabei werde unterstellt, dass sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht geändert hätten.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 26. August 2004 senkte die Beklagte das Bemessungsentgelt gemäß § 200 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ab 17. August 2004 auf 550 Euro wöchentlich ab und bewilligte der Klägerin Arbeitslosenhilfe in Höhe von 191,52 EUR wöchentlich (Zahlbetrag 169,33 EUR wöchentlich/unveränderter Anrechnungsbetrag 22,19 EUR wöchentlich).

Den hiergegen von der Klägerin am 06. September 2004 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2004 als unbegründet zurück. Der Änderungsbescheid vom 01. Juni 2004 sei aufgrund der Reform der Arbeitsförderung und der gesetzlich festgelegten Zusammenlegung der Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II ab 01. Januar 2005 ergangen. Es sei lediglich das Ende des Bewilligungsabschnittes auf den 31. Dezember 2004 festgesetzt worden. Sowohl jede Änderung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse als auch eine Absenkung des Bemessungsentgeltes nach § 200 SGB III seien zu berücksichtigen. Dementsprechend sei die ab 17. August 2004 vorgenommene Absenkung des Bemessungsentgeltes auf 550 Euro und die Verringerung des Leistungssatzes auf 191,52 EUR nicht zu beanstanden.

Am 29. November 2004 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben. Mit dem Bescheid vom 01. Juni 2004 habe ihr die Beklagte für den Zeitraum vom 1. Juni 2004 bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe eines Leistungsbetrages von 174,30 Euro bewilligt. Die Absenkung auf einen Leistungsbetrag in Höhe von 169,33 Euro für denselben Zeitraum mit Bescheid vom 26. August 2004 sei deshalb unzulässig.

Mit Urteil vom 16. August 2005 hat das Sozialgericht Frankfurt (Oder) den Bescheid der Beklagten vom 26. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2004 aufgehoben und die Berufung zugelassen. Der angegriffene Bescheid sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Zum Zeitpunkt des Änderungsbescheides vom 26. August 2004 sei der Bescheid vom 01. Juni 2004 bereits bindend gemäß § 77 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gewesen. Diese Bindungswirkung sei nicht durchbrochen worden. Es habe einer Rücknahme des Bescheides vom 01. Juni 2004 gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) oder einer Aufhebung gemäß § 48 SGB X durch den Bescheid vom 26. August 2004 bedurft. Eine solche Rücknahme oder Aufhebung sei jedoch nicht erfolgt. Vielmehr habe sich die Beklagte allein auf die gesetzliche Regelung des § 200 Abs. 3 SGB III gestützt. Diese Regelung stelle jedoch eine reine Berechnungsvorschrift dar und keine Ermächtigungsgrundlage für eine Aufhebung oder Rücknahme einer bereits bewilligten Leistung.

Gegen das der Beklagten am 21. Oktober 2005 zugestellte Urteil hat diese am 15. November 2005 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Mit der Absenkung der Arbeitslosenhilfe sei eine Entscheidung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X erfolgt. In den rechtlichen Verhältnissen sei eine wesentliche Änderung dadurch eingetreten, dass sich unter Berücksichtigung des sich aus dem Anpassungsfaktor (3 Prozent) ergebenden neuen Bemessungsentgeltes ein neuer Zahlbetrag ergebe. Der Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom 01. Juni 2004 sei deshalb nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X teilweise aufzuheben gewesen. Der angefochtene Bescheid vom 26. August 2004 sei am 01. September 2004 zugegangen, so dass zumindest ab diesem Zeitpunkt die Absenkung rechtmäßig sei. Der Bescheid vom 01. Juni 2004 habe demgegenüber keine Zusicherung dargestellt, dass bis zum 31. Dezember 2004 die Leistung in unveränderter Höhe weitergezahlt würde. Im Gegenteil sei im Bescheid ausdrücklich der Hinweis enthalten, dass sich Änderungen in den tatsächlichen und ebenso in den rechtlichen Verhältnissen auf den Leistungsanspruch auswirken würden. Damit sei lediglich für den Zeitraum vom 17. bis zum 31. August 2004 eine Nachzahlung (10,65 Euro) vorzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 16. August 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Bescheid vom 01. Juni 2004 stelle den Rechtsgrund für eine unveränderte Leistungsgewährung bis zum 31. Dezember 2004 dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Kundennr. ), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 144 SGG vom Sozialgericht im angefochtenen Urteil zugelassen worden; an diese Zulassung ist das Landessozialgericht gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

Die Berufung der Beklagten ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat den Bescheid der Beklagten vom 26.August 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. November 2004 zu Recht aufgehoben. Die Klage gegen die genannten Bescheide ist zulässig und begründet.

Der Senat verweist zur Begründung auf die Ausführungen des angefochtenen Urteils in den Entscheidungsgründen, denen er sich nach eigener Prüfung als ihn überzeugend und rechtlich zutreffend anschließt, § 153 Abs. 2 SGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen. Der Rechtsstreit betrifft lediglich das mit Ablauf des Jahres 2004 außer Kraft getretene Recht der Arbeitslosenhilfe des SGB III.
Rechtskraft
Aus
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