Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 3396/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 5235/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. November 2003 und der Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 2002 sowie der Bescheid vom 05. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Februar 2003 aufgehoben.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin beider Instanzen zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rückforderung erbrachter Leistungen insbesondere wegen nicht ausreichender Eigenbemühungen der Klägerin streitig.
Die am 1956 geborene Klägerin steht seit vielen Jahren (mit Unterbrechungen) im Leistungsbezug des Arbeitsamtes Reutlingen, jetzt Agentur für Arbeit (AA). Im streitigen Rückforderungszeitraum vom 18.07.2002 bis 30.09.2002 wurden der Klägerin auf der Grundlage des Bescheides des AA vom 02.01.2002 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von täglich 22,97 EUR (Bemessungsentgelt 320 EUR, Leistungsgruppe B/1, Leistungstabelle 2002) bis 07.09.2002 gezahlt. Am 08.09.2002 war der Anspruch auf Alg erschöpft. Auf ihren Antrag wurde der Klägerin aufgrund des Bescheides des AA vom 12.09.2002 ab 08.09.2002 Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von täglich 19,42 EUR (Bemessungsentgelt 320 EUR, Leistungsgruppe B/1, Leistungstabelle 2002) bezahlt.
Am 18.07.2002 sprach die Klägerin beim AA vor. Hierzu vermerkte das AA: "Kann keine Eigenbemühungen vorlegen. Daher Nachweis asu mit schriftl. RF. 15 schriftliche Bewerbungen. Kann nach eigenen Angaben schriftl. Bewerbungen erstellen. Bewerbungen als Raumpflegekraft, Küchenhilfe und sonstige Helfertätigkeiten. Termin in 4 Woche ... Urlaub vom 19.08. - 01.09.02 nicht genehmigt. Soll sich erst intensiv um eine Arbeit kümmern." (Beratungsvermerk Herr B. vom 18.07.2002).
In dem Schreiben des AA vom 18.07.2002 mit Rechtsfolgenbelehrung wurde die Klägerin zur Vorlage von Nachweisen über Eigenbemühungen aufgefordert. Darin wurde insbesondere ausgeführt: "Die nachfolgend bezeichneten Eigenbemühungen sind daher von ihnen zu unternehmen: Regelmäßige Nutzung des Stelleninformationsservices (SIS), Auswertung der Tagespresse, Initiativbewerbungen (beispielsweise über Informationen aus den Branchenbuch), Stellensuche im Internet (so weit die Möglichkeit besteht).
Um prüfen zu können, ob die Voraussetzungen für die Zahlung der Leistungen weiterhin vorliegen, fordere ich Sie gemäß § 119 Abs. 5 Satz 2 SGB III auf, mir bis zum Termin in ca. 4 Wochen entsprechende Nachweise beispielsweise anhand von - schriftlichen Absagen - schriftlichen Bestätigungen über persönlichen Vorstellungsgespräche - 15 schriftlichen Bewerbungen. Zum vereinbarten Termin werden sie 15 Kopien ihrer Bewerbungen vorlegen. Absagen fügen sie bei. Wenn sie persönlich beim Arbeitgeber vorsprechen, dann erwarte ich Stempel und Unterschrift. vorzulegen bzw. überprüfbare Angaben zu machen "
Die Klägerin wurde vom AA mit Schreiben vom 27.08.2002 zum 30.09.2002 zur Vorsprache beim AA zur Besprechung ihres Bewerberangebots bzw. ihrer beruflichen Situation mit der Bitte, 15 schriftliche Bewerbungen bzw. Absagen vorzulegen, eingeladen. Dieser Einladung kann die Klägerin nach. Hierzu vermerkte das AA insbesondere, die Klägerin habe 5 Absagen dabei gehabt: D.-C., G. W. Stiftung, Kassenärztliche Vereinigung, R. AG, RHA. 10 fehlten. Daher würden Leistungen bis zur Nachholung eingestellt. RF seien der Klägerin persönlich ausgehändigt und besprochen worden. Heute 2 Vermittlungsvorschläge mitgegeben. Hat sich als Küchenhilfe, Raumpflegerin und Metallhelferin beworben. Antrag BK ausgehändigt. (Beratungsvermerk Herr B. und Vermerke auf dem Schreiben des AA vom 18.07.2002). In einem Aktenvermerk wurde vom AA weiter festgehalten, dass die Klägerin am 30.09.2002 auf die Möglichkeit der Nachholung hingewiesen worden sei, deshalb die Wiedervorlage auf 20.10.2002 verlängert worden sei. Gegebenenfalls seien die Leistungen ab Zugang des Schreibens aufzuheben.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 07.10.2002 (Blatt 350) wandte sich die Klägerin an das AA. Sie trug vor, sie habe das Schreiben vom 27.08.2002 mit der Aufforderung erhalten, bis 30.09.2002 15 schriftlichen Bewerbungen bzw. Absagen vorzulegen. Sie habe in den örtlichen Tageszeitungen die Stellenanzeigen daraufhin intensiv studiert. Sie habe ca. 5 geeignete Stellen gefunden, auf die sie sich ohne Erfolg beworben habe. Als sie am 30.09.2002 dem AA die 5 Bewerbungen vorgelegt habe, sei ihr mitgeteilt worden, die Zahl der Bewerbungen reiche nicht aus und die Auszahlung von Alhi werde eingestellt. Ihr könne nicht angelastet werden, dass in den örtlichen Tageszeitungen eine nicht ausreichende Zahl von Stellenanzeigen erschienen seien, die für sie in Betracht gekommen wären. Sie könne für die schlechte Arbeitsmarktsituation in der Bundesrepublik Deutschland nicht verantwortlich gemacht werden. Während ihrer ziemlich langen Arbeitslosigkeit habe sie weniger als 15 Vermittlungsvorschläge vom AA bekommen.
Mit Schreiben vom 14.11.2002 hörte das AA die Klägerin wegen der beabsichtigten Rückforderung von Alg bzw. Alhi in Höhe von 1641,10 EUR an. Hierzu nahm die Klägerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 25.11.2002 Stellung. Sie habe sich um die Stellen, die für sie in Betracht gekommen seien, beworben und für diese Bewerbungen die Nachweise vorgelegt.
Mit Bescheid vom 21.11.2002 bewilligte das AA der Klägerin Alhi ab 01.10.2002 weiter. Hiergegen erhob die Klägerin am 29.11.2002 Widerspruch. Ihr sei ununterbrochen Alhi zu gewähren. Die bewilligte Leistung von Alhi sei eingestellt worden, ohne dass ein Aufhebungsbescheid erlassen worden sei. Der Bewilligungsbescheid sei außerdem deshalb fehlerhaft, da Kirchensteuer abgezogen worden sei. Sie sei muslimischen Glaubens und müsse deshalb keine Kirchensteuern entrichten.
Mit Bescheid vom 05.12.2002 hob das AA die Bewilligung von Alg gemäß § 48 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III für die Zeit vom 18.07.2002 bis 30.09.2002 auf, da die Klägerin der mit Hinweis auf die Rechtsfolgen erfolgten Aufforderung vom 18.07.2002, bis zum 30.09.2002 15 schriftlichen Bewerbungen zu tätigen, nicht nachgekommen sei. Sie sei damit in diesem Zeitraum nicht arbeitslos gewesen und habe keinen Leistungsanspruch gehabt. Insoweit sei eine Überzahlung in Höhe von 1641,10 EUR zuzüglich gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 396,62 EUR eingetreten, die zu erstatten bzw. ersetzen seien (Erstattungsforderung 2037,72 EUR).
Gegen den Bescheid vom 05.12.2002 erhob die Klägerin am 16.12.2002 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2002 wies die Widerspruchsstelle des AA den Widerspruch der Klägerin vom 29.11.2002 gegen den Bescheid des AA vom 21.11.2002 zurück. Eine Unterbrechung im Leistungsbezug habe es nicht gegeben. Auf den Inhalt des Bescheides vom 05.12.2002, der nicht Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens sei, werde hingewiesen. Hinsichtlich des Abzuges für Kirchensteuer werde auf § 136 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III verwiesen. Diese Regelung gelte für alle Leistungsbezieher ohne Ansehung der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft.
Mit einem am 26.02.2003 bei der Beklagten eingegangen Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten begründete die Klägerin ihren Widerspruch gegen den Rückforderungsbescheid. Es sei zwar zutreffend, dass sie nicht 15 Bewerbungen und Absagen vorgelegt habe. Gleichwohl sei die Aufhebung der gewährten Leistungen rechtswidrig. Während ihrer gesamten Arbeitslosigkeit habe sie ständig versucht, aufgrund von Eigenbemühungen eine andere Arbeitsstelle zu finden. Als sie das Schreiben vom 18.07.2002 mit der Aufforderung erhalten habe, sie solle 15 Bewerbungen und Absagen vorlegen, habe sie ihre Bemühungen fortgesetzt. Allerdings hätten die Schulferien begonnen. Viele Firmen seien für mehrere Wochen wegen Betriebsferien geschlossen gewesen. Schon deshalb seien die Möglichkeiten der Eigenbemühungen eingeschränkt gewesen. Dennoch habe sie versucht, eine Arbeitsstelle zu bekommen. Ihre 5 Bewerbungen und Absagen habe sie auch vorgelegt. Zu bemängeln sei außerdem, dass sie auf die Rechtsfolgen nicht deutlich genug hingewiesen worden sei. Ihr sei lediglich mitgeteilt worden, dass die Weitergewährung der Leistungen davon abhänge, ob sie die Eigenbemühungen nachweise. Er sei aber nicht gesagt worden, dass sie eventuell Leistungen zurückzuzahlen habe. Die Rückforderung der Leistungen setze voraus, dass dieser Hinweis eindeutig erteilt werde. Für die Vorlage der Nachweise über die Eigenbemühungen sei ihr eine Frist bis 30.09.2002 gesetzt worden. Daher hätten die Leistungen allenfalls für die Zukunft versagt werden dürfen. Die hohe Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland könne nicht ihr angelastet werden. Selbst wenn sie 15 Eigenbemühungen nachgewiesen hätte, hätte sie keine Arbeit gefunden.
Inzwischen hatte die Widerspruchsstelle des AA mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2003 den Widerspruch der Klägerin vom 16.12.2002 gegen den Rückforderungsbescheid vom 05.12.2002 zurückgewiesen. Voraussetzung für einen Anspruch auf Alhi sei u. a., dass der Arbeitslose selbst umfassende Eigenbemühungen unternehme. Dem sei die Klägerin nicht in ausreichender Weise nachgekommen. Deshalb habe die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 18.07.2002 bis 30.09.2002 aufgehoben werden müssen. Die Klägerin habe insgesamt 2037,72 EUR zurückzuzahlen.
Gegen den Bescheid des AA vom 21.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2002 erhob die Klägerin am 30.12.2002 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage (S 5 AL 3396/02). Außerdem erhob die Klägerin am 03.03.2003 gegen den Bescheid des AA vom 05.12. 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2003 Klage beim SG (S 5 AL 559/03). Diese Klagen wurden durch Beschluss des SG vom 28.03.2003 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 5 AL 3396/02 verbunden.
Die Klägerin machte zur Begründung ihrer Klagen geltend, die Beklagte sei verpflichtet, ihr auf Grund des früheren Bewilligungsbescheides Alhi zu gewähren. Ab 09.12.2002 habe sie eine Arbeitsstelle gefunden. Die Rückforderung erbrachter Leistungen wegen unzureichender Eigenbemühungen sei nicht gerechtfertigt. Hierzu wiederholte und vertiefte sie ihr bisheriges Vorbringen.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.11.2003 wies das SG die Klagen unter Verweis auf die Gründe in den Widerspruchsbescheiden vom 13.12.2002 und 25.02.2003 ab. Die angefochtenen Bescheide seien nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei ihrer Verpflichtung zu Eigenbemühungen ersichtlich nicht nachgekommen. Sie habe sich keinesfalls darauf beschränken dürfen, auf Stellenangebote in den Zeitungen zu reagieren. Alhi steht der Klägerin erst ab 01.10.2002 zu, nachdem sie unter dem Druck der Sanktion nunmehr ihrer Verpflichtung, sich energisch um die Beseitigung der Arbeitslosigkeit zu bemühen, nachgekommen sei. Der Kirchensteuernhebesatz zähle noch zu den üblichen Abzügen, sodass die Leistungsverordnung auch durch das Gesetz gedeckt sei.
Gegen den am 11.12.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.12.2003 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung unter Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen ergänzend ausgeführt, aus ihrem früheren Vorbringen zu ihren Eigenbemühungen ergebe sich, dass der Vorwurf des SG, sie sei ihrer Verpflichtung zur Eigenbemühungen nicht nachgekommen, nicht zutreffend sei. Die Tatsache, dass sie die vom AA geforderte Anzahl von Bewerbungen nicht habe nachweisen können, ändere daran nichts. Zwar sei grundsätzlich richtig, dass sie die Eigenbemühungen nachzuweisen gehabt habe. Diese grundsätzliche Pflicht führe aber nicht dazu, dass die Folgen der Lage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf die Arbeitsuchenden abgewälzt werden können. Die Aufforderungen der Beklagten an die Arbeitslosen seien überzogen. Die Arbeitslosen hätten nicht völlig sinnlose Bewerbungen zu schreiben. Das SG habe sich mit ihrem Vorbringen nicht auseinandergesetzt. Die subjektiven Rückforderungsvoraussetzungen seien zu keinem Zeitpunkt erfüllt gewesen. Ein grob fahrlässiges Verhalten könne ihr nicht vorgeworfen werden. Bereits aus der Tatsache, dass das AA ihr eine Nachholmöglichkeit eingeräumt habe, ergebe sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Aufhebungsbescheides.
Den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 21.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2002 (ohne Abzug von Kirchensteuer) Arbeitslosenhilfe zu gewähren hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 25.11.2004 zurückgenommen.
Die Klägerin beantragt (noch),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. November 2003 abzuändern und die Bescheide der Beklagten vom 18. Juli 2002 sowie vom 5. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Februar 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG für zutreffend. Die Klägerin sei verpflichtet, auf Verlangen der AA ihre Eigenbemühungen nachzuweisen. Die Behauptung, sie habe sich bemüht, reiche nicht aus. Sie sei der gesetzlich vorgeschriebenen Hinweispflicht auch in Bezug auf eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung nachgekommen. Die Klägerin habe sich nicht allein auf die Auswertung der vorgelegten Zeitungsauszüge zurückziehen dürfen. Die Leistungsbewilligung sei auch zutreffend rückwirkend aufgehoben worden.
Die Sach- und Rechtslage ist mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung am 10.09.2004 durch den Berichterstatter erörtert worden. Die Klägerin hat im Termin vorgetragen, dem AA nicht nur 5 sondern 11 Bewerbungen vorgelegt zu haben.
Die Klägerin hat im Anschluss an den Erörterungstermin am 10.09.2004 durch Schriftsatz vom 14.09.2004 zum Umfang ihrer Eigenbemühungen weiter vorgetragen und hierzu Stellenanzeigen in Zeitungen im Monat September 2002 vorgelegt. Die Dokumentation der Beklagten über die Zahl der Bewerbungen sei fehlerhaft. Ihr seien für 11 Bewerbungen Kosten erstattet worden. Damit habe sie nachgewiesen, dass sie sich insgesamt auf 11 Stellen beworben habe. Im August 2002 habe sie drei Wochen genehmigten Urlaub gehabt.
Die Beklagte ist diesem Vorbringen der Klägerin entgegengetreten. Hinsichtlich der Kostenerstattung für Bewerbungen entfielen nur sechs Bewerbungen auf den Nachweiszeitraum vom 18.07.2002 bis 30.09.2002.
Der Senat hat die dienstliche Erklärung des Bediensteten der Beklagten Herr B. vom 17.01.2005 eingeholt, in der erklärt wird, dass die Äußerung der Klägerin, sie habe 11 Bewerbungen vorgelegt, die einbehalten worden seien, nicht korrekt sei.
Auf das Aufklärungsschreiben des Berichterstatters vom 12.04.2005 (bezüglich der vorgetragenen Ortsabwesenheit im August 2002) hat die Klägerin vorgetragen, ihr sei ein dreiwöchiger Urlaub in der Zeit vom 02.08.2002 bis 23.08.2002 genehmigt worden. Sie sei am 01.08.2002 beim AA gewesen und habe einen Antrag auf Ortsabwesenheit gestellt. Dort sei ihrer ein Schreiben vom 01.08.2002 betreffend "Persönliche Urlaubsrückmeldung" ausgehändigt worden. Da die Sache schon lange zurückliege, wisse sie nicht mehr genau, wie sie die Einladung erhalten habe. Wenn der Urlaub nicht genehmigt worden wäre, bestünde kein Grund, ihr dieses Schreibens auszuhändigen. Außerdem habe sie den Urlaubsschein des AA bei ihrer Krankenkasse abgegeben, damit sie die Auslandskrankenversicherung bekomme. Die Klägerin hat eine Kopie des Schreibens des AA vom 01.08.2002 sowie eine Bescheinigung über "Anspruch auf Sachleistungen bei vorübergehendem Aufenthalt in Kroatien" vom 01.08.2002 vorgelegt.
Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergebe sich nicht zweifelsfrei, dass der von ihr im August 2002 genommene Urlaub genehmigt worden sei. Die Aufhebung der Alg-Bewilligung dürfte insoweit ebenfalls rechtmäßig sein. In einer nachgereichten dienstliche Erklärung der Bediensteten der Beklagten Frau S. vom 30.09.2005 wird erklärt, die Einladung vom 01.08.2002 zur persönlichen Urlaubsrückmeldung sei im Rahmen eines Antrages auf Ortsabwesenheit ausgestellt worden. Wer diese Einladung veranlasst habe, ob sie persönlich ausgehändigt oder der Post zugestellt worden sei, könne nicht mehr nachvollzogen werden.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20.10.2005 (B 7a AL 18/05 R) hingewiesen. Hierzu haben die Beteiligten schriftlich Stellung genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreites ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie vier Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 18.07.2002 und 05.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2003 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2003 und außerdem das Schreiben der Beklagten vom 18.07.2002, mit dem die Klägerin zu Eigenbemühungen und zur Vorlage entsprechender Nachweise aufgefordert wurde und das die Klägerin auch erhalten hat, wie sich aus ihrem Vorbringen im Schreiben vom 26.02.2003 an das AA ergibt, in dem die Klägerin - u.a. - mitteilt, dieses Schreiben erhalten zu haben. Zwar handelt es sich bei dem Inhalt dieses Schreibens der Sache nach nicht um Verfügungen i.S. des § 31 SGB X, sondern lediglich um Maßnahmen, die eine eventuelle spätere unmittelbar die Leistungsbewilligung bzw. die Aufhebung einer Leistungsbewilligung betreffende Regelung erst vorbereiten sollen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen; denn die Beklagte hat das Schreiben mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, die dieses formal zu einem Verwaltungsakt macht (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R - m.w.N.).
Obwohl sich die Klägerin nicht ausdrücklich mit ihrem Widerspruch vom 16.12.2002 und der Klage gegen die Verfügung der Beklagten über die Vornahme bestimmter Eigenbemühungen und die Vorlage entsprechender Nachweise wandte, ist bei verständiger Würdigung ihres Begehrens davon auszugehen, dass die Klägerin bereits mit dem Widerspruch eine Überprüfung dieses damals schon bestandskräftigen (§ 77 SGG) Formal-Verwaltungsaktes für den Fall begehrt hat, dass er für die Entscheidung über die Aufhebung der Alhi-Bewilligung von Bedeutung ist, und deshalb, auch wenn die Beklagte hierauf im Widerspruchsbescheid nicht ausdrücklich eingegangen ist, nicht der Erlass eines (weiteren) Widerspruchsbescheids als Klagevoraussetzung gefordert werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R - m.w.N.).
Nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist dagegen der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2002 über die Weiterbewilligung von Alhi ab 01.10.2002, nachdem die Klägerin ihre Berufung insoweit zurückgenommen hat.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung von Alg ist § 48 SGB X und für die Bewilligung von Alhi § 45 SGB X. Dabei ist bei der Aufhebung / Rücknahme der Leistungsbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids auf den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids abzustellen (BSGE 79, 223 ff = SozR 3-1300 § 48 Nr. 57). Der Umstand, dass die Beklagte ihren Bescheid ausschließlich auf § 48 SGB X gestützt hat, bewirkt für sich noch nicht die Begründetheit der Berufung der Klägerin. Denn das so genannte "Nachschieben von Gründen" (Stützen der Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage) ist zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in nicht zulässiger Weise beeinträchtigt bzw. erschwert wird ( BSGE 29, 129 , 132 = SozR Nr 123 zu § 54 SGG ; BSG, Urteil vom 18.09.1997 - 11 RAr 9/97 -; BSGE 87, 8 , 12 = SozR 3-4100 § 152 Nr. 9; BSG, Urteil vom 25.04.2002 - B 11 AL 69/01 R ). Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig (BSG, Urteil vom 25.04.2002, a.a.O.). Auch vorliegend ist das Auswechseln der Rechtsgrundlage unbedenklich, weil dieselbe Rechtsfolge eintritt. Das Interesse der Klägerin daran, dass ein belastender Verwaltungsakt nicht nachträglich auf eine andere ihn tragende Rechtsgrundlage gestützt wird, ist rechtlich nicht per se geschützt (BSG, Urteile vom 19. März 1998 - B 7 AL 44/97 R -, vom 18.09.1997 - 11 RAr 9/97 - und vom 25.04.2002 - B 11 AL 69/01 R). Dies gilt im Hinblick auf § 330 Abs. 2 und 3 SGB III auch bei der Aufhebung / Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit.
Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2002 ist auch nicht wegen Verstoßes gegen allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen formell-rechtswidrig. Insbesondere ist die Klägerin vor Erlass dieses Bescheides ordnungsgemäß angehört worden.
Da die Klägerin gegen den Bescheid vom 18.07.2002 nicht innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt hat und der Bescheid deshalb bestandskräftig geworden ist (§ 77 SGG), ist weiter ohne Bedeutung, dass die Beklagte dessen sofortige Vollziehung nicht angeordnet hat und ob deswegen der Bescheid vom 05.12.2002 als so genannte Bewirkungshandlung unzulässig gewesen wäre (vgl. dazu allgemein Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 336a Rdnr. 5f m.w.N., Stand Januar 2005).
Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 SGB X wie des § 48 SGB X hängt zunächst gleichermaßen davon ob, ob die Klägerin im streitigen Zeitraum deswegen nicht arbeitslos war, weil sie keine hinreichenden Eigenbemühungen unternommen hat, wovon die Beklagte in dem Bescheid vom 05.12.2002 ausgeht. Dies beurteilt sich (im Wesentlichen) nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5. SGB III (in der bis 31.12.2004 gültigen Fassung). Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III sucht nur der eine Beschäftigung und ist deshalb auch nur der arbeitslos i.S. des § 118 Abs. 1 SGB III, der alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Nach § 119 Abs. 5 Satz 1 SGB III hat das Arbeitsamt (Agentur für Arbeit) den Arbeitslosen bei der Arbeitslosmeldung auf seine Verpflichtung nach Abs. 1 Nr. 1 besonders hinzuweisen. Nach Satz 2 des Abs. 5 hat der Arbeitslose auf Verlangen des Arbeitsamtes seine Eigenbemühungen nachzuweisen, wenn er rechtzeitig auf die Nachweispflicht hingewiesen worden ist. Arbeitslosigkeit setzt danach nicht nur (faktische) Beschäftigungslosigkeit, sondern auch Beschäftigungssuche des Arbeitslosen voraus (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III ). Eine Beschäftigung sucht nach § 119 Abs. 1 SGB III, wer den Eigenbemühungen nachkommt (Nr. 1) und (Nr. 2) den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Bei den vom Gesetz geforderten Eigenbemühungen handelt es um eine zur Anspruchsvoraussetzung gewordene versicherungsrechtliche Obliegenheit (BSGE 86, 147, 149 = SozR 3-4300 § 156 Nr. 1). Dies ist insbesondere für die Frage der Zurechenbarkeit von Fehlverhalten von Bedeutung.
Welche Eigenbemühungen mit welcher Intensität und Häufigkeit der Arbeitslose unternehmen muss, ist gesetzlich allerdings nicht geregelt. Den Gesetzesmaterialien ist nur zu entnehmen, dass der Arbeitslose nicht nur die Beratungs- und Vermittlungsdienste des Arbeitsamtes in Anspruch nehmen, sondern auch regelmäßig eigene Aktivitäten zur Überprüfung seiner Eingliederungschancen entfalten muss (BT-Drucks 13/4941 S 176 zu § 119 Abs. 5; Valgolio in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 10 Rdnr. 238). Unternimmt der Arbeitslose also keine über die Inanspruchnahme der Dienste der Beklagten hinausgehenden eigenen Bemühungen, ist die Anspruchsvoraussetzung der Eigenbemühungen und damit der Verfügbarkeit und Arbeitslosigkeit in jedem Fall nicht erfüllt. In derartigen Fällen kann die Beklagte die Leistung ohne Konkretisierung ablehnen oder die Bewilligung aufgehoben werden.
Dies trifft bei der Klägerin - unstreitig - nicht zu, denn sie hat für den streitigen Zeitraum jedenfalls 5 Bewerbungen der Beklagten vorgelegt und damit nachgewiesen, dass sie Eigenbemühungen unternommen hat.
Bemüht sich der Arbeitslose - wie vorliegend die Klägerin - in irgendeiner Weise, bleibt die Vorschrift des § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III isoliert betrachtet nicht justiziabel, weil dem Arbeitslosen nicht bekannt ist und auch nicht bekannt sein kann, welche Eigenaktivitäten von ihm verlangt werden. Umfang und Art der erforderlichen Eigenbemühungen liegen nicht auf der Hand. Gleichwohl verstößt die Norm nicht mangels hinreichender Bestimmtheit gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs. 3 Grundgesetz). Sie kann durch sinnvolle Auslegung verfassungskonform gestaltet werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R -, m.w.N.).
Diese verfassungskonforme Gestaltung erfordert materiell-rechtlich insbesondere eine Konkretisierung der Eigenbemühungsverpflichtung durch entsprechende Hinweise der Beklagten. Dabei sind auf Grund des Gesetzeswortlauts ("besonders") und der gravierenden Rechtsfolgen einer Verkennung des Umfangs der Eigenbemühungen an diese (auch formlos mögliche) Hinweispflicht hohe Anforderungen zu stellen. Das Arbeitsamt (Agentur für Arbeit) muss den Arbeitslosen darauf hinweisen, welche Eigenbemühungen von ihm im Einzelnen erwartet werden. Nur auf diese Weise kann eine willkürliche oder für den Arbeitslosen nicht voraussehbare Handhabung durch die Behörde ausgeschlossen und sichergestellt werden, dass der Betroffene in der Lage ist zu erkennen, was von ihm verlangt wird, um sein Verhalten danach einzurichten. Der "Hinweis" hat nach dem Gesetzeswortlaut zwar bei der Arbeitslosmeldung zu erfolgen; dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Konkretisierung der Obliegenheiten des Arbeitslosen nur zu diesem Zeitpunkt erfolgen kann, also nicht später nachgeholt werden darf. Eine entsprechende Rechtsfolgenbelehrung ist als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung weiter nicht erforderlich. Jede Konkretisierung der Pflicht zu Eigenbemühungen ist - selbst wenn sie nicht wie vorliegend als Form-Verwaltungsakt ergangen sein sollte - wie ein Verwaltungsakt nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen und muss sich am Maßstab der Zumutbarkeit messen lassen. Weiter ist für die Anspruchsvoraussetzung gewordene Obliegenheit des § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitslosen erforderlich. Dabei ist, wenn kein Vorsatz vorliegt, ein subjektiver Fahrlässigkeitsmaßstab anzulegen. Abzustellen ist mithin auf die individuellen Fähigkeiten des Arbeitslosen. Es genügt jede Art von Fahrlässigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R -, m.w.N.).
Diesen Maßstäben wird die Aufforderung der Beklagten an die Klägerin, Eigenbemühungen durchzuführen, nicht gerecht, weshalb bei der Klägerin im streitigen Zeitraum kein anspruchsausschließender Verstoß gegen ihre Eigenbemühungsverpflichtung vorliegt.
Die durch Verwaltungsakt ergangene Aufforderung des AA vom 18.07.2002 "Die nachfolgend bezeichneten Eigenbemühungen sind daher von ihnen zu unternehmen: Regelmäßige Nutzung des Stelleninformationsservices (SIS), Auswertung der Tagespresse, Initiativbewerbungen (beispielsweise über Informationen aus den Branchenbuch), Stellensuche im Internet (so weit die Möglichkeit besteht)."
enthält lediglich allgemeine Hinweise, die der dargestellten Konkretisierungspflicht der Beklagten nicht annähernd gerecht werden können. Denn daraus kann die Klägerin nach dem objektiven Empfängerhorizont in keiner Weise erkennen, welche Eigenbemühungen von ihr im Einzelnen erwartet werden.
Ob der weitere Inhalt der Aufforderung im Bescheid vom 18.07.2002 "Um prüfen zu können, ob die Voraussetzungen für die Zahlung der Leistungen weiterhin vorliegen, fordere ich Sie gemäß § 119 Abs. 5 Satz 2 SGB III auf, mir bis zum Termin in ca. 4 Wochen entsprechende Nachweise beispielsweise anhand von - schriftlichen Absagen - schriftlichen Bestätigungen über persönlichen Vorstellungsgespräche - 15 schriftlichen Bewerbungen. Zum vereinbarten Termin werden sie 15 Kopien ihrer Bewerbungen vorlegen. Absagen fügen sie bei. Wenn sie persönlich beim Arbeitgeber vorsprechen, dann erwarte ich stimmten und Unterschrift. vorzulegen bzw. überprüfbare Angaben zu machen "
dazu herangezogen werden kann, die materiell-rechtliche Verpflichtung der Klägerin, Eigenbemühungen zu unternehmen, zu konkretisieren ist zweifelhaft. Denn die materiell-rechtliche Pflicht des Arbeitslosen, sich selbst um eine Beschäftigung zu bemühen, ist von der in § 119 Abs. 5 Satz 2 SGB III vorgesehenen "Verpflichtung" des Arbeitslosen zu unterscheiden, auf Verlangen des Arbeitsamtes seine Eigenbemühungen nachzuweisen. Diese Vorschrift regelt nur die verfahrensrechtliche Problematik der materiellen Beweislast. Sie steht zwar in einem unlösbaren Zusammenhang mit § 119 Abs. 5 Satz 1 SGB III, ist jedoch selbst keine Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Alg bzw. Alhi, sondern eine Beweislastregelung (nur) für den Fall, dass die Beklagte die Eigenbemühungsverpflichtung rechtzeitig, also so, dass sich der Arbeitslose darauf einstellen konnte, konkretisiert hat (vgl. vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R -, m.w.N.). Nach dem objektiven Empfängerhorizont betrifft dieser Teil nicht die materiell-rechtliche Pflicht zu Eigenbemühungen, sondern die davon zu trennende verfahrensrechtliche Problematik der Beweislast, die selbst keine Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Alg bzw. Alhi ist.
Diese Zweifel können vorliegend offen bleiben. Denn selbst dann, wenn (zu Gunsten der Beklagten und zu Lasten der Klägerin) davon ausgegangen wird, dass der oben genannte weitere Inhalt des Bescheides vom 18.07.2002 zur Konkretisierung der materiell-rechtlichen Verpflichtung der Klägerin, Eigenbemühungen zu unternehmen, heranzuziehen ist, liegt bei der Klägerin im streitigen Zeitraum kein anspruchsausschließender materiell-rechtlicher Verstoß gegen ihre Eigenbemühungsverpflichtung vor.
Auch hinsichtlich der - beispielsweise - Aufforderungen zur Vorlage schriftlichen Absagen bzw. schriftlichen Bestätigungen über persönliche Vorstellungsgespräche, dem die Klägerin unstreitig nicht nachgekommen ist, kann die Klägerin nach dem objektiven Empfängerhorizont in keiner Weise erkennen, welche Eigenbemühungen von ihr im Einzelnen erwartet werden. Unabhängig davon ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats das Verlangen schriftliche Absagen bzw. schriftliche Bestätigungen über persönliche Vorstellungsgespräche vorzulegen, zum Nachweis ausreichender Eigenbemühungen ungeeignet (vgl. Urteil vom 07.06.2002 - L 8 AL 3134/01 -).
Zwar gilt dies nicht für die Aufforderung, 15 schriftlichen Bewerbungen vorzulegen, der sie nach ihrem eigenen mehrfachen Vorbringen im Verwaltungsverfahren und vor dem SG nicht nachgekommen ist, was durch die vom Senat eingeholte dienstliche Erklärung des Bediensteten der Beklagten B. bestätigt wird, weshalb sich das davon abweichende erstmalige Vorbringen der Klägerin im Termin am 10.09.2004, sie habe 11 Bewerbungen vorgelegt, als Schutzbehauptung erweist. Dieser Aufforderung fehlt es jedoch in zeitlicher Hinsicht an einer hinreichenden Konkretisierung (" ... mir bis zum Termin in ca. 4 Wochen ..."), weshalb sie nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG ebenfalls nicht geeignet ist, eine bestimmte materiell-rechtliche Verpflichtung der Klägerin, Eigenbemühungen zu unternehmen, auszulösen, die im Falle der Nichterfüllung einem Anspruch auf Alg oder Alhi entgegensteht. Dass die Klägerin keine 15 Bewerbungen vorgelegt hat, steht damit - entgegen der Ansicht der Beklagten - dem Anspruch der Klägerin auf Alg bzw. Alhi im streitigen Zeitraum nicht entgegen.
Daran ändert auch nicht das Schreiben des AA vom 27.08.2002, mit dem die Klägerin mit der Bitte, "legen Sie 15 schriftl. Bewerbungen bzw. Absagen vor" zum 30.09.2002 zu einer Vorsprache beim AA gemäß § 309 SGB III eingeladen wurde, dem die Klägerin nachgekommen ist. Denn nach dem Ausgeführten war die Klägerin hierzu nicht verpflichtet. Nach dem objektiven Empfängerhorizont kann diesem Einladungsschreiben auch keine Bedeutung hinsichtlich Eigenbemühungen der Klägerin zukommen, jedenfalls da es keinen hinreichenden Bezug zu konkret erwarteten Eigenbemühungen hat ("ich möchte mit Ihnen über Ihr Bewerberangebot bzw. Ihre berufliche Situation sprechen").
Eine andere Beurteilung ist schließlich auch nicht aufgrund der der Klägerin bei ihrer Vorsprache beim AA am 18.07.2002 gemachten mündlichen Hinweise durch Herrn B. gerechtfertigt. Dem hierzu gefertigten Beratungsvermerk kann zwar entnommen werden, dass von der Klägerin 15 schriftliche Bewerbungen als Raumpflegekraft, Küchenhilfe und sonstige Helfertätigkeiten gefordert wurden. Dass der Klägerin weiter in zeitlicher Hinsicht eine konkrete Vorgabe gemacht wurde, lässt sich dem Beratungsvermerk jedoch nicht entnehmen ("Termin in 4 Woche"). Dagegen spricht auch, dass die Klägerin erst mit Schreiben des AA vom 27.08.2002 zu einer Vorsprache beim AA zum 30.09.2002 eingeladen wurde. Damit kann aus den oben genannten Gründen auch nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Klägerin eine hinreichende mündliche Konkretisierung der Pflicht zu Eigenbemühungen durch das AA erfolgt ist.
Damit liegen die Voraussetzungen des § 48 SGB X hinsichtlich der Bewilligung von Alg und des § 45 SGB X hinsichtlich der Bewilligung von Alhi wegen nicht ausreichender Eigenbemühungen bei der Klägerin im streitigen Zeitraum jeweils nicht vor.
Der Bescheid vom 05.12.2002 erweist auch nicht für den Teilzeitraum vom 02.08.2002 bis 23.08.2002 wegen Ortsabwesenheit der Klägerin als teilweise rechtmäßig. Zwar hat die Klägerin auf Nachfrage des Senates mitgeteilt, im genannten Zeitraum "im Urlaub" gewesen zu sein. Nach ihrem Vorbringen und den von ihr vorgelegten Belegen (Schreiben des AA vom 01.08.2002 betreffend persönlicher Urlaubsrückmeldung am 26.08.2002 an der Kundentheke und Bescheinigung über Anspruch auf Sachleistungen bei vorübergehendem Aufenthalt in Kroatien) sowie der hierzu eingeholten dienstlichen Erklärung der Bediensteten der Beklagten Schwille vom 30.09.2005 ist davon auszugehen, dass die Ortsabwesenheit der Klägerin mit Zustimmung der Beklagten erfolgte, so dass diese Abwesenheit gemäß § 3 Abs. 1 Erreichbarkeits-Anordnung - EAO - ihrer Verfügbarkeit für das AA nicht entgegenstand.
Offen bleiben kann damit, ob der Bescheid vom 05.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2003 auch deshalb (teilweise) rechtswidrig ist, weil einerseits im Bescheid vom 05.12.2002 die Bewilligung von Alg für den gesamten streitigen Zeitraum aufgehoben wurde, obwohl der Klägerin ab 08.09.2002 Alhi bewilligt worden war, andererseits im Widerspruchsbescheid davon ausgegangen wurde, dass die Bewilligung von Alhi im gesamten streitigen Zeitraum habe aufgehoben werden müssen, obwohl der Klägerin bis 07.09.2002 Alg bewilligt worden war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das geringfügige Nachgeben der Klägerin durch die teilweise Berufungsrücknahme rechtfertigt es nicht, ihr ihre außergerichtlichen Kosten teilweise zu belassen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin beider Instanzen zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Rückforderung erbrachter Leistungen insbesondere wegen nicht ausreichender Eigenbemühungen der Klägerin streitig.
Die am 1956 geborene Klägerin steht seit vielen Jahren (mit Unterbrechungen) im Leistungsbezug des Arbeitsamtes Reutlingen, jetzt Agentur für Arbeit (AA). Im streitigen Rückforderungszeitraum vom 18.07.2002 bis 30.09.2002 wurden der Klägerin auf der Grundlage des Bescheides des AA vom 02.01.2002 Arbeitslosengeld (Alg) in Höhe von täglich 22,97 EUR (Bemessungsentgelt 320 EUR, Leistungsgruppe B/1, Leistungstabelle 2002) bis 07.09.2002 gezahlt. Am 08.09.2002 war der Anspruch auf Alg erschöpft. Auf ihren Antrag wurde der Klägerin aufgrund des Bescheides des AA vom 12.09.2002 ab 08.09.2002 Arbeitslosenhilfe (Alhi) in Höhe von täglich 19,42 EUR (Bemessungsentgelt 320 EUR, Leistungsgruppe B/1, Leistungstabelle 2002) bezahlt.
Am 18.07.2002 sprach die Klägerin beim AA vor. Hierzu vermerkte das AA: "Kann keine Eigenbemühungen vorlegen. Daher Nachweis asu mit schriftl. RF. 15 schriftliche Bewerbungen. Kann nach eigenen Angaben schriftl. Bewerbungen erstellen. Bewerbungen als Raumpflegekraft, Küchenhilfe und sonstige Helfertätigkeiten. Termin in 4 Woche ... Urlaub vom 19.08. - 01.09.02 nicht genehmigt. Soll sich erst intensiv um eine Arbeit kümmern." (Beratungsvermerk Herr B. vom 18.07.2002).
In dem Schreiben des AA vom 18.07.2002 mit Rechtsfolgenbelehrung wurde die Klägerin zur Vorlage von Nachweisen über Eigenbemühungen aufgefordert. Darin wurde insbesondere ausgeführt: "Die nachfolgend bezeichneten Eigenbemühungen sind daher von ihnen zu unternehmen: Regelmäßige Nutzung des Stelleninformationsservices (SIS), Auswertung der Tagespresse, Initiativbewerbungen (beispielsweise über Informationen aus den Branchenbuch), Stellensuche im Internet (so weit die Möglichkeit besteht).
Um prüfen zu können, ob die Voraussetzungen für die Zahlung der Leistungen weiterhin vorliegen, fordere ich Sie gemäß § 119 Abs. 5 Satz 2 SGB III auf, mir bis zum Termin in ca. 4 Wochen entsprechende Nachweise beispielsweise anhand von - schriftlichen Absagen - schriftlichen Bestätigungen über persönlichen Vorstellungsgespräche - 15 schriftlichen Bewerbungen. Zum vereinbarten Termin werden sie 15 Kopien ihrer Bewerbungen vorlegen. Absagen fügen sie bei. Wenn sie persönlich beim Arbeitgeber vorsprechen, dann erwarte ich Stempel und Unterschrift. vorzulegen bzw. überprüfbare Angaben zu machen "
Die Klägerin wurde vom AA mit Schreiben vom 27.08.2002 zum 30.09.2002 zur Vorsprache beim AA zur Besprechung ihres Bewerberangebots bzw. ihrer beruflichen Situation mit der Bitte, 15 schriftliche Bewerbungen bzw. Absagen vorzulegen, eingeladen. Dieser Einladung kann die Klägerin nach. Hierzu vermerkte das AA insbesondere, die Klägerin habe 5 Absagen dabei gehabt: D.-C., G. W. Stiftung, Kassenärztliche Vereinigung, R. AG, RHA. 10 fehlten. Daher würden Leistungen bis zur Nachholung eingestellt. RF seien der Klägerin persönlich ausgehändigt und besprochen worden. Heute 2 Vermittlungsvorschläge mitgegeben. Hat sich als Küchenhilfe, Raumpflegerin und Metallhelferin beworben. Antrag BK ausgehändigt. (Beratungsvermerk Herr B. und Vermerke auf dem Schreiben des AA vom 18.07.2002). In einem Aktenvermerk wurde vom AA weiter festgehalten, dass die Klägerin am 30.09.2002 auf die Möglichkeit der Nachholung hingewiesen worden sei, deshalb die Wiedervorlage auf 20.10.2002 verlängert worden sei. Gegebenenfalls seien die Leistungen ab Zugang des Schreibens aufzuheben.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 07.10.2002 (Blatt 350) wandte sich die Klägerin an das AA. Sie trug vor, sie habe das Schreiben vom 27.08.2002 mit der Aufforderung erhalten, bis 30.09.2002 15 schriftlichen Bewerbungen bzw. Absagen vorzulegen. Sie habe in den örtlichen Tageszeitungen die Stellenanzeigen daraufhin intensiv studiert. Sie habe ca. 5 geeignete Stellen gefunden, auf die sie sich ohne Erfolg beworben habe. Als sie am 30.09.2002 dem AA die 5 Bewerbungen vorgelegt habe, sei ihr mitgeteilt worden, die Zahl der Bewerbungen reiche nicht aus und die Auszahlung von Alhi werde eingestellt. Ihr könne nicht angelastet werden, dass in den örtlichen Tageszeitungen eine nicht ausreichende Zahl von Stellenanzeigen erschienen seien, die für sie in Betracht gekommen wären. Sie könne für die schlechte Arbeitsmarktsituation in der Bundesrepublik Deutschland nicht verantwortlich gemacht werden. Während ihrer ziemlich langen Arbeitslosigkeit habe sie weniger als 15 Vermittlungsvorschläge vom AA bekommen.
Mit Schreiben vom 14.11.2002 hörte das AA die Klägerin wegen der beabsichtigten Rückforderung von Alg bzw. Alhi in Höhe von 1641,10 EUR an. Hierzu nahm die Klägerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 25.11.2002 Stellung. Sie habe sich um die Stellen, die für sie in Betracht gekommen seien, beworben und für diese Bewerbungen die Nachweise vorgelegt.
Mit Bescheid vom 21.11.2002 bewilligte das AA der Klägerin Alhi ab 01.10.2002 weiter. Hiergegen erhob die Klägerin am 29.11.2002 Widerspruch. Ihr sei ununterbrochen Alhi zu gewähren. Die bewilligte Leistung von Alhi sei eingestellt worden, ohne dass ein Aufhebungsbescheid erlassen worden sei. Der Bewilligungsbescheid sei außerdem deshalb fehlerhaft, da Kirchensteuer abgezogen worden sei. Sie sei muslimischen Glaubens und müsse deshalb keine Kirchensteuern entrichten.
Mit Bescheid vom 05.12.2002 hob das AA die Bewilligung von Alg gemäß § 48 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 3 SGB III für die Zeit vom 18.07.2002 bis 30.09.2002 auf, da die Klägerin der mit Hinweis auf die Rechtsfolgen erfolgten Aufforderung vom 18.07.2002, bis zum 30.09.2002 15 schriftlichen Bewerbungen zu tätigen, nicht nachgekommen sei. Sie sei damit in diesem Zeitraum nicht arbeitslos gewesen und habe keinen Leistungsanspruch gehabt. Insoweit sei eine Überzahlung in Höhe von 1641,10 EUR zuzüglich gezahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 396,62 EUR eingetreten, die zu erstatten bzw. ersetzen seien (Erstattungsforderung 2037,72 EUR).
Gegen den Bescheid vom 05.12.2002 erhob die Klägerin am 16.12.2002 Widerspruch.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2002 wies die Widerspruchsstelle des AA den Widerspruch der Klägerin vom 29.11.2002 gegen den Bescheid des AA vom 21.11.2002 zurück. Eine Unterbrechung im Leistungsbezug habe es nicht gegeben. Auf den Inhalt des Bescheides vom 05.12.2002, der nicht Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens sei, werde hingewiesen. Hinsichtlich des Abzuges für Kirchensteuer werde auf § 136 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III verwiesen. Diese Regelung gelte für alle Leistungsbezieher ohne Ansehung der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft.
Mit einem am 26.02.2003 bei der Beklagten eingegangen Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten begründete die Klägerin ihren Widerspruch gegen den Rückforderungsbescheid. Es sei zwar zutreffend, dass sie nicht 15 Bewerbungen und Absagen vorgelegt habe. Gleichwohl sei die Aufhebung der gewährten Leistungen rechtswidrig. Während ihrer gesamten Arbeitslosigkeit habe sie ständig versucht, aufgrund von Eigenbemühungen eine andere Arbeitsstelle zu finden. Als sie das Schreiben vom 18.07.2002 mit der Aufforderung erhalten habe, sie solle 15 Bewerbungen und Absagen vorlegen, habe sie ihre Bemühungen fortgesetzt. Allerdings hätten die Schulferien begonnen. Viele Firmen seien für mehrere Wochen wegen Betriebsferien geschlossen gewesen. Schon deshalb seien die Möglichkeiten der Eigenbemühungen eingeschränkt gewesen. Dennoch habe sie versucht, eine Arbeitsstelle zu bekommen. Ihre 5 Bewerbungen und Absagen habe sie auch vorgelegt. Zu bemängeln sei außerdem, dass sie auf die Rechtsfolgen nicht deutlich genug hingewiesen worden sei. Ihr sei lediglich mitgeteilt worden, dass die Weitergewährung der Leistungen davon abhänge, ob sie die Eigenbemühungen nachweise. Er sei aber nicht gesagt worden, dass sie eventuell Leistungen zurückzuzahlen habe. Die Rückforderung der Leistungen setze voraus, dass dieser Hinweis eindeutig erteilt werde. Für die Vorlage der Nachweise über die Eigenbemühungen sei ihr eine Frist bis 30.09.2002 gesetzt worden. Daher hätten die Leistungen allenfalls für die Zukunft versagt werden dürfen. Die hohe Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland könne nicht ihr angelastet werden. Selbst wenn sie 15 Eigenbemühungen nachgewiesen hätte, hätte sie keine Arbeit gefunden.
Inzwischen hatte die Widerspruchsstelle des AA mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2003 den Widerspruch der Klägerin vom 16.12.2002 gegen den Rückforderungsbescheid vom 05.12.2002 zurückgewiesen. Voraussetzung für einen Anspruch auf Alhi sei u. a., dass der Arbeitslose selbst umfassende Eigenbemühungen unternehme. Dem sei die Klägerin nicht in ausreichender Weise nachgekommen. Deshalb habe die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 18.07.2002 bis 30.09.2002 aufgehoben werden müssen. Die Klägerin habe insgesamt 2037,72 EUR zurückzuzahlen.
Gegen den Bescheid des AA vom 21.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2002 erhob die Klägerin am 30.12.2002 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage (S 5 AL 3396/02). Außerdem erhob die Klägerin am 03.03.2003 gegen den Bescheid des AA vom 05.12. 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2003 Klage beim SG (S 5 AL 559/03). Diese Klagen wurden durch Beschluss des SG vom 28.03.2003 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen S 5 AL 3396/02 verbunden.
Die Klägerin machte zur Begründung ihrer Klagen geltend, die Beklagte sei verpflichtet, ihr auf Grund des früheren Bewilligungsbescheides Alhi zu gewähren. Ab 09.12.2002 habe sie eine Arbeitsstelle gefunden. Die Rückforderung erbrachter Leistungen wegen unzureichender Eigenbemühungen sei nicht gerechtfertigt. Hierzu wiederholte und vertiefte sie ihr bisheriges Vorbringen.
Mit Gerichtsbescheid vom 26.11.2003 wies das SG die Klagen unter Verweis auf die Gründe in den Widerspruchsbescheiden vom 13.12.2002 und 25.02.2003 ab. Die angefochtenen Bescheide seien nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei ihrer Verpflichtung zu Eigenbemühungen ersichtlich nicht nachgekommen. Sie habe sich keinesfalls darauf beschränken dürfen, auf Stellenangebote in den Zeitungen zu reagieren. Alhi steht der Klägerin erst ab 01.10.2002 zu, nachdem sie unter dem Druck der Sanktion nunmehr ihrer Verpflichtung, sich energisch um die Beseitigung der Arbeitslosigkeit zu bemühen, nachgekommen sei. Der Kirchensteuernhebesatz zähle noch zu den üblichen Abzügen, sodass die Leistungsverordnung auch durch das Gesetz gedeckt sei.
Gegen den am 11.12.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.12.2003 Berufung eingelegt. Sie hat zur Begründung unter Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen im Wesentlichen ergänzend ausgeführt, aus ihrem früheren Vorbringen zu ihren Eigenbemühungen ergebe sich, dass der Vorwurf des SG, sie sei ihrer Verpflichtung zur Eigenbemühungen nicht nachgekommen, nicht zutreffend sei. Die Tatsache, dass sie die vom AA geforderte Anzahl von Bewerbungen nicht habe nachweisen können, ändere daran nichts. Zwar sei grundsätzlich richtig, dass sie die Eigenbemühungen nachzuweisen gehabt habe. Diese grundsätzliche Pflicht führe aber nicht dazu, dass die Folgen der Lage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf die Arbeitsuchenden abgewälzt werden können. Die Aufforderungen der Beklagten an die Arbeitslosen seien überzogen. Die Arbeitslosen hätten nicht völlig sinnlose Bewerbungen zu schreiben. Das SG habe sich mit ihrem Vorbringen nicht auseinandergesetzt. Die subjektiven Rückforderungsvoraussetzungen seien zu keinem Zeitpunkt erfüllt gewesen. Ein grob fahrlässiges Verhalten könne ihr nicht vorgeworfen werden. Bereits aus der Tatsache, dass das AA ihr eine Nachholmöglichkeit eingeräumt habe, ergebe sich die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Aufhebungsbescheides.
Den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihr unter Abänderung des Bescheides der Beklagten vom 21.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2002 (ohne Abzug von Kirchensteuer) Arbeitslosenhilfe zu gewähren hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 25.11.2004 zurückgenommen.
Die Klägerin beantragt (noch),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 26. November 2003 abzuändern und die Bescheide der Beklagten vom 18. Juli 2002 sowie vom 5. Dezember 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Februar 2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid des SG für zutreffend. Die Klägerin sei verpflichtet, auf Verlangen der AA ihre Eigenbemühungen nachzuweisen. Die Behauptung, sie habe sich bemüht, reiche nicht aus. Sie sei der gesetzlich vorgeschriebenen Hinweispflicht auch in Bezug auf eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung nachgekommen. Die Klägerin habe sich nicht allein auf die Auswertung der vorgelegten Zeitungsauszüge zurückziehen dürfen. Die Leistungsbewilligung sei auch zutreffend rückwirkend aufgehoben worden.
Die Sach- und Rechtslage ist mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung am 10.09.2004 durch den Berichterstatter erörtert worden. Die Klägerin hat im Termin vorgetragen, dem AA nicht nur 5 sondern 11 Bewerbungen vorgelegt zu haben.
Die Klägerin hat im Anschluss an den Erörterungstermin am 10.09.2004 durch Schriftsatz vom 14.09.2004 zum Umfang ihrer Eigenbemühungen weiter vorgetragen und hierzu Stellenanzeigen in Zeitungen im Monat September 2002 vorgelegt. Die Dokumentation der Beklagten über die Zahl der Bewerbungen sei fehlerhaft. Ihr seien für 11 Bewerbungen Kosten erstattet worden. Damit habe sie nachgewiesen, dass sie sich insgesamt auf 11 Stellen beworben habe. Im August 2002 habe sie drei Wochen genehmigten Urlaub gehabt.
Die Beklagte ist diesem Vorbringen der Klägerin entgegengetreten. Hinsichtlich der Kostenerstattung für Bewerbungen entfielen nur sechs Bewerbungen auf den Nachweiszeitraum vom 18.07.2002 bis 30.09.2002.
Der Senat hat die dienstliche Erklärung des Bediensteten der Beklagten Herr B. vom 17.01.2005 eingeholt, in der erklärt wird, dass die Äußerung der Klägerin, sie habe 11 Bewerbungen vorgelegt, die einbehalten worden seien, nicht korrekt sei.
Auf das Aufklärungsschreiben des Berichterstatters vom 12.04.2005 (bezüglich der vorgetragenen Ortsabwesenheit im August 2002) hat die Klägerin vorgetragen, ihr sei ein dreiwöchiger Urlaub in der Zeit vom 02.08.2002 bis 23.08.2002 genehmigt worden. Sie sei am 01.08.2002 beim AA gewesen und habe einen Antrag auf Ortsabwesenheit gestellt. Dort sei ihrer ein Schreiben vom 01.08.2002 betreffend "Persönliche Urlaubsrückmeldung" ausgehändigt worden. Da die Sache schon lange zurückliege, wisse sie nicht mehr genau, wie sie die Einladung erhalten habe. Wenn der Urlaub nicht genehmigt worden wäre, bestünde kein Grund, ihr dieses Schreibens auszuhändigen. Außerdem habe sie den Urlaubsschein des AA bei ihrer Krankenkasse abgegeben, damit sie die Auslandskrankenversicherung bekomme. Die Klägerin hat eine Kopie des Schreibens des AA vom 01.08.2002 sowie eine Bescheinigung über "Anspruch auf Sachleistungen bei vorübergehendem Aufenthalt in Kroatien" vom 01.08.2002 vorgelegt.
Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ergebe sich nicht zweifelsfrei, dass der von ihr im August 2002 genommene Urlaub genehmigt worden sei. Die Aufhebung der Alg-Bewilligung dürfte insoweit ebenfalls rechtmäßig sein. In einer nachgereichten dienstliche Erklärung der Bediensteten der Beklagten Frau S. vom 30.09.2005 wird erklärt, die Einladung vom 01.08.2002 zur persönlichen Urlaubsrückmeldung sei im Rahmen eines Antrages auf Ortsabwesenheit ausgestellt worden. Wer diese Einladung veranlasst habe, ob sie persönlich ausgehändigt oder der Post zugestellt worden sei, könne nicht mehr nachvollzogen werden.
Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20.10.2005 (B 7a AL 18/05 R) hingewiesen. Hierzu haben die Beteiligten schriftlich Stellung genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreites ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsakten sowie vier Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144 Abs. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 18.07.2002 und 05.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2003 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2003 und außerdem das Schreiben der Beklagten vom 18.07.2002, mit dem die Klägerin zu Eigenbemühungen und zur Vorlage entsprechender Nachweise aufgefordert wurde und das die Klägerin auch erhalten hat, wie sich aus ihrem Vorbringen im Schreiben vom 26.02.2003 an das AA ergibt, in dem die Klägerin - u.a. - mitteilt, dieses Schreiben erhalten zu haben. Zwar handelt es sich bei dem Inhalt dieses Schreibens der Sache nach nicht um Verfügungen i.S. des § 31 SGB X, sondern lediglich um Maßnahmen, die eine eventuelle spätere unmittelbar die Leistungsbewilligung bzw. die Aufhebung einer Leistungsbewilligung betreffende Regelung erst vorbereiten sollen. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen; denn die Beklagte hat das Schreiben mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen, die dieses formal zu einem Verwaltungsakt macht (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R - m.w.N.).
Obwohl sich die Klägerin nicht ausdrücklich mit ihrem Widerspruch vom 16.12.2002 und der Klage gegen die Verfügung der Beklagten über die Vornahme bestimmter Eigenbemühungen und die Vorlage entsprechender Nachweise wandte, ist bei verständiger Würdigung ihres Begehrens davon auszugehen, dass die Klägerin bereits mit dem Widerspruch eine Überprüfung dieses damals schon bestandskräftigen (§ 77 SGG) Formal-Verwaltungsaktes für den Fall begehrt hat, dass er für die Entscheidung über die Aufhebung der Alhi-Bewilligung von Bedeutung ist, und deshalb, auch wenn die Beklagte hierauf im Widerspruchsbescheid nicht ausdrücklich eingegangen ist, nicht der Erlass eines (weiteren) Widerspruchsbescheids als Klagevoraussetzung gefordert werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R - m.w.N.).
Nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens ist dagegen der Bescheid der Beklagten vom 21.11.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2002 über die Weiterbewilligung von Alhi ab 01.10.2002, nachdem die Klägerin ihre Berufung insoweit zurückgenommen hat.
Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligung von Alg ist § 48 SGB X und für die Bewilligung von Alhi § 45 SGB X. Dabei ist bei der Aufhebung / Rücknahme der Leistungsbewilligung mit Wirkung für die Vergangenheit für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids auf den Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids abzustellen (BSGE 79, 223 ff = SozR 3-1300 § 48 Nr. 57). Der Umstand, dass die Beklagte ihren Bescheid ausschließlich auf § 48 SGB X gestützt hat, bewirkt für sich noch nicht die Begründetheit der Berufung der Klägerin. Denn das so genannte "Nachschieben von Gründen" (Stützen der Entscheidung auf eine andere Rechtsgrundlage) ist zulässig, soweit der Verwaltungsakt dadurch nicht in seinem Regelungsumfang oder seinem Wesensgehalt verändert oder die Rechtsverteidigung des Betroffenen in nicht zulässiger Weise beeinträchtigt bzw. erschwert wird ( BSGE 29, 129 , 132 = SozR Nr 123 zu § 54 SGG ; BSG, Urteil vom 18.09.1997 - 11 RAr 9/97 -; BSGE 87, 8 , 12 = SozR 3-4100 § 152 Nr. 9; BSG, Urteil vom 25.04.2002 - B 11 AL 69/01 R ). Weil die §§ 45, 48 SGB X auf dasselbe Ziel, nämlich die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, gerichtet sind, ist das Auswechseln dieser Rechtsgrundlagen grundsätzlich zulässig (BSG, Urteil vom 25.04.2002, a.a.O.). Auch vorliegend ist das Auswechseln der Rechtsgrundlage unbedenklich, weil dieselbe Rechtsfolge eintritt. Das Interesse der Klägerin daran, dass ein belastender Verwaltungsakt nicht nachträglich auf eine andere ihn tragende Rechtsgrundlage gestützt wird, ist rechtlich nicht per se geschützt (BSG, Urteile vom 19. März 1998 - B 7 AL 44/97 R -, vom 18.09.1997 - 11 RAr 9/97 - und vom 25.04.2002 - B 11 AL 69/01 R). Dies gilt im Hinblick auf § 330 Abs. 2 und 3 SGB III auch bei der Aufhebung / Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit.
Der Bescheid der Beklagten vom 05.12.2002 ist auch nicht wegen Verstoßes gegen allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Regelungen formell-rechtswidrig. Insbesondere ist die Klägerin vor Erlass dieses Bescheides ordnungsgemäß angehört worden.
Da die Klägerin gegen den Bescheid vom 18.07.2002 nicht innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt hat und der Bescheid deshalb bestandskräftig geworden ist (§ 77 SGG), ist weiter ohne Bedeutung, dass die Beklagte dessen sofortige Vollziehung nicht angeordnet hat und ob deswegen der Bescheid vom 05.12.2002 als so genannte Bewirkungshandlung unzulässig gewesen wäre (vgl. dazu allgemein Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, § 336a Rdnr. 5f m.w.N., Stand Januar 2005).
Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 SGB X wie des § 48 SGB X hängt zunächst gleichermaßen davon ob, ob die Klägerin im streitigen Zeitraum deswegen nicht arbeitslos war, weil sie keine hinreichenden Eigenbemühungen unternommen hat, wovon die Beklagte in dem Bescheid vom 05.12.2002 ausgeht. Dies beurteilt sich (im Wesentlichen) nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 5. SGB III (in der bis 31.12.2004 gültigen Fassung). Nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III sucht nur der eine Beschäftigung und ist deshalb auch nur der arbeitslos i.S. des § 118 Abs. 1 SGB III, der alle Möglichkeiten nutzt und nutzen will, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Nach § 119 Abs. 5 Satz 1 SGB III hat das Arbeitsamt (Agentur für Arbeit) den Arbeitslosen bei der Arbeitslosmeldung auf seine Verpflichtung nach Abs. 1 Nr. 1 besonders hinzuweisen. Nach Satz 2 des Abs. 5 hat der Arbeitslose auf Verlangen des Arbeitsamtes seine Eigenbemühungen nachzuweisen, wenn er rechtzeitig auf die Nachweispflicht hingewiesen worden ist. Arbeitslosigkeit setzt danach nicht nur (faktische) Beschäftigungslosigkeit, sondern auch Beschäftigungssuche des Arbeitslosen voraus (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 SGB III ). Eine Beschäftigung sucht nach § 119 Abs. 1 SGB III, wer den Eigenbemühungen nachkommt (Nr. 1) und (Nr. 2) den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Bei den vom Gesetz geforderten Eigenbemühungen handelt es um eine zur Anspruchsvoraussetzung gewordene versicherungsrechtliche Obliegenheit (BSGE 86, 147, 149 = SozR 3-4300 § 156 Nr. 1). Dies ist insbesondere für die Frage der Zurechenbarkeit von Fehlverhalten von Bedeutung.
Welche Eigenbemühungen mit welcher Intensität und Häufigkeit der Arbeitslose unternehmen muss, ist gesetzlich allerdings nicht geregelt. Den Gesetzesmaterialien ist nur zu entnehmen, dass der Arbeitslose nicht nur die Beratungs- und Vermittlungsdienste des Arbeitsamtes in Anspruch nehmen, sondern auch regelmäßig eigene Aktivitäten zur Überprüfung seiner Eingliederungschancen entfalten muss (BT-Drucks 13/4941 S 176 zu § 119 Abs. 5; Valgolio in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 10 Rdnr. 238). Unternimmt der Arbeitslose also keine über die Inanspruchnahme der Dienste der Beklagten hinausgehenden eigenen Bemühungen, ist die Anspruchsvoraussetzung der Eigenbemühungen und damit der Verfügbarkeit und Arbeitslosigkeit in jedem Fall nicht erfüllt. In derartigen Fällen kann die Beklagte die Leistung ohne Konkretisierung ablehnen oder die Bewilligung aufgehoben werden.
Dies trifft bei der Klägerin - unstreitig - nicht zu, denn sie hat für den streitigen Zeitraum jedenfalls 5 Bewerbungen der Beklagten vorgelegt und damit nachgewiesen, dass sie Eigenbemühungen unternommen hat.
Bemüht sich der Arbeitslose - wie vorliegend die Klägerin - in irgendeiner Weise, bleibt die Vorschrift des § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III isoliert betrachtet nicht justiziabel, weil dem Arbeitslosen nicht bekannt ist und auch nicht bekannt sein kann, welche Eigenaktivitäten von ihm verlangt werden. Umfang und Art der erforderlichen Eigenbemühungen liegen nicht auf der Hand. Gleichwohl verstößt die Norm nicht mangels hinreichender Bestimmtheit gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs. 3 Grundgesetz). Sie kann durch sinnvolle Auslegung verfassungskonform gestaltet werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R -, m.w.N.).
Diese verfassungskonforme Gestaltung erfordert materiell-rechtlich insbesondere eine Konkretisierung der Eigenbemühungsverpflichtung durch entsprechende Hinweise der Beklagten. Dabei sind auf Grund des Gesetzeswortlauts ("besonders") und der gravierenden Rechtsfolgen einer Verkennung des Umfangs der Eigenbemühungen an diese (auch formlos mögliche) Hinweispflicht hohe Anforderungen zu stellen. Das Arbeitsamt (Agentur für Arbeit) muss den Arbeitslosen darauf hinweisen, welche Eigenbemühungen von ihm im Einzelnen erwartet werden. Nur auf diese Weise kann eine willkürliche oder für den Arbeitslosen nicht voraussehbare Handhabung durch die Behörde ausgeschlossen und sichergestellt werden, dass der Betroffene in der Lage ist zu erkennen, was von ihm verlangt wird, um sein Verhalten danach einzurichten. Der "Hinweis" hat nach dem Gesetzeswortlaut zwar bei der Arbeitslosmeldung zu erfolgen; dies bedeutet jedoch nicht, dass eine Konkretisierung der Obliegenheiten des Arbeitslosen nur zu diesem Zeitpunkt erfolgen kann, also nicht später nachgeholt werden darf. Eine entsprechende Rechtsfolgenbelehrung ist als Rechtmäßigkeitsvoraussetzung weiter nicht erforderlich. Jede Konkretisierung der Pflicht zu Eigenbemühungen ist - selbst wenn sie nicht wie vorliegend als Form-Verwaltungsakt ergangen sein sollte - wie ein Verwaltungsakt nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen und muss sich am Maßstab der Zumutbarkeit messen lassen. Weiter ist für die Anspruchsvoraussetzung gewordene Obliegenheit des § 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitslosen erforderlich. Dabei ist, wenn kein Vorsatz vorliegt, ein subjektiver Fahrlässigkeitsmaßstab anzulegen. Abzustellen ist mithin auf die individuellen Fähigkeiten des Arbeitslosen. Es genügt jede Art von Fahrlässigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R -, m.w.N.).
Diesen Maßstäben wird die Aufforderung der Beklagten an die Klägerin, Eigenbemühungen durchzuführen, nicht gerecht, weshalb bei der Klägerin im streitigen Zeitraum kein anspruchsausschließender Verstoß gegen ihre Eigenbemühungsverpflichtung vorliegt.
Die durch Verwaltungsakt ergangene Aufforderung des AA vom 18.07.2002 "Die nachfolgend bezeichneten Eigenbemühungen sind daher von ihnen zu unternehmen: Regelmäßige Nutzung des Stelleninformationsservices (SIS), Auswertung der Tagespresse, Initiativbewerbungen (beispielsweise über Informationen aus den Branchenbuch), Stellensuche im Internet (so weit die Möglichkeit besteht)."
enthält lediglich allgemeine Hinweise, die der dargestellten Konkretisierungspflicht der Beklagten nicht annähernd gerecht werden können. Denn daraus kann die Klägerin nach dem objektiven Empfängerhorizont in keiner Weise erkennen, welche Eigenbemühungen von ihr im Einzelnen erwartet werden.
Ob der weitere Inhalt der Aufforderung im Bescheid vom 18.07.2002 "Um prüfen zu können, ob die Voraussetzungen für die Zahlung der Leistungen weiterhin vorliegen, fordere ich Sie gemäß § 119 Abs. 5 Satz 2 SGB III auf, mir bis zum Termin in ca. 4 Wochen entsprechende Nachweise beispielsweise anhand von - schriftlichen Absagen - schriftlichen Bestätigungen über persönlichen Vorstellungsgespräche - 15 schriftlichen Bewerbungen. Zum vereinbarten Termin werden sie 15 Kopien ihrer Bewerbungen vorlegen. Absagen fügen sie bei. Wenn sie persönlich beim Arbeitgeber vorsprechen, dann erwarte ich stimmten und Unterschrift. vorzulegen bzw. überprüfbare Angaben zu machen "
dazu herangezogen werden kann, die materiell-rechtliche Verpflichtung der Klägerin, Eigenbemühungen zu unternehmen, zu konkretisieren ist zweifelhaft. Denn die materiell-rechtliche Pflicht des Arbeitslosen, sich selbst um eine Beschäftigung zu bemühen, ist von der in § 119 Abs. 5 Satz 2 SGB III vorgesehenen "Verpflichtung" des Arbeitslosen zu unterscheiden, auf Verlangen des Arbeitsamtes seine Eigenbemühungen nachzuweisen. Diese Vorschrift regelt nur die verfahrensrechtliche Problematik der materiellen Beweislast. Sie steht zwar in einem unlösbaren Zusammenhang mit § 119 Abs. 5 Satz 1 SGB III, ist jedoch selbst keine Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Alg bzw. Alhi, sondern eine Beweislastregelung (nur) für den Fall, dass die Beklagte die Eigenbemühungsverpflichtung rechtzeitig, also so, dass sich der Arbeitslose darauf einstellen konnte, konkretisiert hat (vgl. vgl. BSG, Urteil vom 20.10.2005 - B 7a AL 18/05 R -, m.w.N.). Nach dem objektiven Empfängerhorizont betrifft dieser Teil nicht die materiell-rechtliche Pflicht zu Eigenbemühungen, sondern die davon zu trennende verfahrensrechtliche Problematik der Beweislast, die selbst keine Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung von Alg bzw. Alhi ist.
Diese Zweifel können vorliegend offen bleiben. Denn selbst dann, wenn (zu Gunsten der Beklagten und zu Lasten der Klägerin) davon ausgegangen wird, dass der oben genannte weitere Inhalt des Bescheides vom 18.07.2002 zur Konkretisierung der materiell-rechtlichen Verpflichtung der Klägerin, Eigenbemühungen zu unternehmen, heranzuziehen ist, liegt bei der Klägerin im streitigen Zeitraum kein anspruchsausschließender materiell-rechtlicher Verstoß gegen ihre Eigenbemühungsverpflichtung vor.
Auch hinsichtlich der - beispielsweise - Aufforderungen zur Vorlage schriftlichen Absagen bzw. schriftlichen Bestätigungen über persönliche Vorstellungsgespräche, dem die Klägerin unstreitig nicht nachgekommen ist, kann die Klägerin nach dem objektiven Empfängerhorizont in keiner Weise erkennen, welche Eigenbemühungen von ihr im Einzelnen erwartet werden. Unabhängig davon ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats das Verlangen schriftliche Absagen bzw. schriftliche Bestätigungen über persönliche Vorstellungsgespräche vorzulegen, zum Nachweis ausreichender Eigenbemühungen ungeeignet (vgl. Urteil vom 07.06.2002 - L 8 AL 3134/01 -).
Zwar gilt dies nicht für die Aufforderung, 15 schriftlichen Bewerbungen vorzulegen, der sie nach ihrem eigenen mehrfachen Vorbringen im Verwaltungsverfahren und vor dem SG nicht nachgekommen ist, was durch die vom Senat eingeholte dienstliche Erklärung des Bediensteten der Beklagten B. bestätigt wird, weshalb sich das davon abweichende erstmalige Vorbringen der Klägerin im Termin am 10.09.2004, sie habe 11 Bewerbungen vorgelegt, als Schutzbehauptung erweist. Dieser Aufforderung fehlt es jedoch in zeitlicher Hinsicht an einer hinreichenden Konkretisierung (" ... mir bis zum Termin in ca. 4 Wochen ..."), weshalb sie nach der oben dargestellten Rechtsprechung des BSG ebenfalls nicht geeignet ist, eine bestimmte materiell-rechtliche Verpflichtung der Klägerin, Eigenbemühungen zu unternehmen, auszulösen, die im Falle der Nichterfüllung einem Anspruch auf Alg oder Alhi entgegensteht. Dass die Klägerin keine 15 Bewerbungen vorgelegt hat, steht damit - entgegen der Ansicht der Beklagten - dem Anspruch der Klägerin auf Alg bzw. Alhi im streitigen Zeitraum nicht entgegen.
Daran ändert auch nicht das Schreiben des AA vom 27.08.2002, mit dem die Klägerin mit der Bitte, "legen Sie 15 schriftl. Bewerbungen bzw. Absagen vor" zum 30.09.2002 zu einer Vorsprache beim AA gemäß § 309 SGB III eingeladen wurde, dem die Klägerin nachgekommen ist. Denn nach dem Ausgeführten war die Klägerin hierzu nicht verpflichtet. Nach dem objektiven Empfängerhorizont kann diesem Einladungsschreiben auch keine Bedeutung hinsichtlich Eigenbemühungen der Klägerin zukommen, jedenfalls da es keinen hinreichenden Bezug zu konkret erwarteten Eigenbemühungen hat ("ich möchte mit Ihnen über Ihr Bewerberangebot bzw. Ihre berufliche Situation sprechen").
Eine andere Beurteilung ist schließlich auch nicht aufgrund der der Klägerin bei ihrer Vorsprache beim AA am 18.07.2002 gemachten mündlichen Hinweise durch Herrn B. gerechtfertigt. Dem hierzu gefertigten Beratungsvermerk kann zwar entnommen werden, dass von der Klägerin 15 schriftliche Bewerbungen als Raumpflegekraft, Küchenhilfe und sonstige Helfertätigkeiten gefordert wurden. Dass der Klägerin weiter in zeitlicher Hinsicht eine konkrete Vorgabe gemacht wurde, lässt sich dem Beratungsvermerk jedoch nicht entnehmen ("Termin in 4 Woche"). Dagegen spricht auch, dass die Klägerin erst mit Schreiben des AA vom 27.08.2002 zu einer Vorsprache beim AA zum 30.09.2002 eingeladen wurde. Damit kann aus den oben genannten Gründen auch nicht davon ausgegangen werden, dass bei der Klägerin eine hinreichende mündliche Konkretisierung der Pflicht zu Eigenbemühungen durch das AA erfolgt ist.
Damit liegen die Voraussetzungen des § 48 SGB X hinsichtlich der Bewilligung von Alg und des § 45 SGB X hinsichtlich der Bewilligung von Alhi wegen nicht ausreichender Eigenbemühungen bei der Klägerin im streitigen Zeitraum jeweils nicht vor.
Der Bescheid vom 05.12.2002 erweist auch nicht für den Teilzeitraum vom 02.08.2002 bis 23.08.2002 wegen Ortsabwesenheit der Klägerin als teilweise rechtmäßig. Zwar hat die Klägerin auf Nachfrage des Senates mitgeteilt, im genannten Zeitraum "im Urlaub" gewesen zu sein. Nach ihrem Vorbringen und den von ihr vorgelegten Belegen (Schreiben des AA vom 01.08.2002 betreffend persönlicher Urlaubsrückmeldung am 26.08.2002 an der Kundentheke und Bescheinigung über Anspruch auf Sachleistungen bei vorübergehendem Aufenthalt in Kroatien) sowie der hierzu eingeholten dienstlichen Erklärung der Bediensteten der Beklagten Schwille vom 30.09.2005 ist davon auszugehen, dass die Ortsabwesenheit der Klägerin mit Zustimmung der Beklagten erfolgte, so dass diese Abwesenheit gemäß § 3 Abs. 1 Erreichbarkeits-Anordnung - EAO - ihrer Verfügbarkeit für das AA nicht entgegenstand.
Offen bleiben kann damit, ob der Bescheid vom 05.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2003 auch deshalb (teilweise) rechtswidrig ist, weil einerseits im Bescheid vom 05.12.2002 die Bewilligung von Alg für den gesamten streitigen Zeitraum aufgehoben wurde, obwohl der Klägerin ab 08.09.2002 Alhi bewilligt worden war, andererseits im Widerspruchsbescheid davon ausgegangen wurde, dass die Bewilligung von Alhi im gesamten streitigen Zeitraum habe aufgehoben werden müssen, obwohl der Klägerin bis 07.09.2002 Alg bewilligt worden war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Das geringfügige Nachgeben der Klägerin durch die teilweise Berufungsrücknahme rechtfertigt es nicht, ihr ihre außergerichtlichen Kosten teilweise zu belassen.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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