Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 16 RA 5226/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 1071/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für Beschäftigungszeiten des Klägers vom 22. Oktober 1976 bis zum 30. Juni 1990 Zeiten der Zu-gehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVTI) sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.
Der am 1953 geborene Kläger erwarb nach einem Studium an der Hochschule für Architektur und Bauwesen W in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) den akademi-schen Grad "Diplomingenieur" (Diplomurkunde vom 22. Oktober 1976). Seit dem 13. Sep-tember 1976 war er wie folgt beschäftigt: bis zum 31. Dezember 1979 bei der S-D A (S) W – Projektierungsbetrieb K - (Projektant), vom 01. Januar 1980 bis zum 31. Mai 1983 beim Volkseigenen Betrieb (VEB) B und M E – Betriebsteil Z – (Bauleiter), vom 01. Juni 1983 bis zum 16. März 1986 beim VEB S B (Baubereichsleiter), vom 17. März 1986 bis zum 31. De-zember 1987 beim VEB B K und EH (Oberbauleiter) und vom 01. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 bei der B H B (im Folgenden: BDB) des Ministeriums für Bauwesen (MfB; Baustel-lendirektor). Der Kläger war mit Wirkung vom 01. Oktober 1976 der Freiwilligen Zusatzren-tenversicherung (FZR) beigetreten. Eine Versorgungszusage hatte er nicht erhalten.
Mit Bescheid vom 17. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Septem-ber 2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG vom 01. September 1976 bis zum 30. Juni 1990 ab mit der Begründung, dass die am 30. Juni 1990 in der BDB innegehabte Beschäftigung nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sei.
Mit der Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Änderung der angefochtenen Be-scheide zu verpflichten, die Zeiten vom 22. Oktober 1976 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVTI und die insoweit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen; auf die mit der Klagebegründungsschrift vom 10. November 2003 eingereichten Anlagen wird Bezug ge-nommen. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat einen Handelsregisterauszug der B B Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), der Rechtsnachfolgerin der BDB, beigezogen und die Kla-ge mit Urteil vom 20. Juni 2005 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung der im Klageantrag bezeichneten Daten. Er falle nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG. Er habe zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG keinen Versorgungsanspruch und auch keine Versorgungsanwartschaft innegehabt. Ihm stehe auch kein fiktiver Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage zu. Denn er sei am Stichtag nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Die BDB sei kein volkseigener Betrieb gewesen, sondern lediglich als solcher zu behandeln gewe-sen. Dies reiche für die Anwendbarkeit der AVTI jedoch nicht aus. Die BDB sei auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung über die AVTI in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVTI-VO) vom 24. Mai 1951 (GBl. I S. 487) gewesen. Die BDB sei in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht genannt. Sie sei insbesondere selbst auch kein Ministerium, sondern als rechtsfähige ju-ristische Person dem MfB lediglich unterstellt gewesen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Entgegen der Auffas-sung des SG sei die BDB materiell-rechtlich wie ein VEB zu behandeln. Dies entspreche auch der Praxis des Staatlichen Vertragsgerichts der DDR. Im Übrigen sei die BDB als Teil des MfB anzusehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 17. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 10. September 2003 zu verpflichten, die Zeiten vom 22. Oktober 1976 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die insoweit erzielten tatsächlichen Arbeitsentgelte festzu-stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren zum Verfahren eingereichte Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Zusatzversorgungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Be-schluss zurückweisen können, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Ver-handlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) durchsetzbaren Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 AAÜG auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie ggfs. der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 22. Oktober 1976 bis zum 30. Juni 1990. Das AAÜG ist auf den Kläger schon deshalb nicht anwendbar, weil er am 01. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hatte. Denn der Versorgungsfall (des Alters oder der Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Der Kläger war aber auch am 01. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn er hatte – unstreitig – bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihm war auch nicht im Rahmen einer Ein-zelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Die Beklagte hat auch in den angefochte-nen Bescheiden eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG nicht getroffen.
§ 1 Abs. 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtli-cher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG: vgl. z. B. Urteile vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und – B 4 RA 3/02 R = SGb 2002, 379 sowie – B 4 RA 18/01 R – veröffentlicht in juris). Ein derartiger fiktiver An-spruch ist aber nur dann zu bejahen, wenn am Stichtag (30. Juni 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Versorgungssystem vorgesehen war (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R – veröffentlicht in juris; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R – veröffentlicht in juris). Allein maßgebend sind in-soweit die Texte der AVTI-VO vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844) und der 2. DB dazu. Die genannten Vorschriften der DDR sind unabhängig von deren Verwaltungs- und Auslegungs-praxis allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – veröffentlicht in juris), so dass es von vornherein unerheblich ist, ob – wie der Kläger vorträgt – in der DDR Beschäftigte der BDB tatsächlich, beispielsweise auf Grund eines Einzelvertrages, in die AVTI einbezogen waren. Von den genannten Grundsätzen ausgehend liegt ein fingierter Anspruch auf eine Versor-gungszusage nur vor, wenn der Betreffende zum Stichtag am 30. Juni 1990 drei Voraussetzun-gen erfüllt: Er muss 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit oder Beschäftigung verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben (betriebliche Voraussetzung; vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).
Der Kläger war zwar am 30. Juni 1990 berechtigt, die ihm durch staatlichen Zuerkennungsakt verliehene Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Er erfüllte jedoch nicht die betriebliche Voraussetzung für eine Zeit der Zugehörigkeit zur AVTI. Denn die BDB war kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Für die bundesrechtliche Bedeutung des Ausdrucks "VEB" im Sinne des Versorgungsrechts kommt es auf den staatlichen Sprach-gebrauch der DDR am 30. Juni 1990 an, an den der Bundesgesetzgeber angeknüpft hat (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7). Ein VEB wurde durch Entscheidung des zuständigen staatlichen oder wirtschaftsleitenden Organs gegründet (§ 35 Abs. 1 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinate und volkseigenen Betriebe vom 08. November 1979 - KombinatsVO 1979 - GBl. I S. 355). Er führte einen Na-men, der die Bezeichnung "VEB" enthalten musste und trat unter diesem Namen im Rechts-verkehr auf (§ 31 Abs. 3 KombinatsVO 1979). Zudem war er gemäß § 31 Abs. 2 Kombinats-VO 1979 in das Register der volkseigenen Wirtschaft einzutragen. Die BDB führte weder ei-nen Namen, der die Bezeichnung "VEB" enthielt, noch trat sie unter diesem Namen im Rechtsverkehr auf. Sie war auch nicht in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen. Nach Abschnitt I Nr. 4 der Anweisung über die Umbildung der Aufbauleitung Sondervorhaben B in BDB des MfB vom 01. August 1983 des Ministers für Bauwesen der DDR (Verfügungen und Mitteilungen des MfB 1983 Nr. 5 S. 32) war die BDB rechtsfähig und unterstand dem MfB; sie nahm vom Charakter und von den Aufgaben her die Stellung eines VEB ein. Hieraus folgt aber gerade nicht, dass es sich bei der BDB um einen VEB im Sinne der KombinatsVO 1979 handelte. Denn diese weitgehende Gleichstellung der BDB im wirtschaftsrechtlichen Sinne hat keine versorgungsrechtliche Gleichstellung im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB zur Folge gehabt, an die allein das Bundesrecht angeknüpft hat (vgl. BSG, aaO). Da die BDB mit-hin kein VEB war, kann auch dahinstehen, ob ihr die Massenproduktion von Bauwerken das Gepräge gegeben hatte.
Die BDB war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Sie wird in der genannten Vorschrift namentlich nicht genannt. Sie war auch kein Ministerium, sondern dem MfB lediglich unterstellt, und zwar als rechtsfähige juristische Person. Die BDB war auch keine Hauptverwaltung im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Hierzu zählen (nur) die wirtschafts-leitenden staatlichen Organe der DDR, die auch diesen Namen führten, beispielsweise die Hauptverwaltung Holz und Kulturwaren, die Hauptverwaltung Funkwesen, die Hauptverwal-tung Eisen-, Blech- und Metallwaren usw. (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2). Eine Erweiterung der gleichgestellten Betriebe und Einrich-tungen über die in der 2. DB genannten hinaus kommt nicht in Betracht (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R –).
Andere Rechtsgrundlagen, auf die der Kläger sein Begehren stützen könnte, sind nicht ersicht-lich. Insbesondere verstößt es nicht gegen Verfassungsrecht, dass der Bundesgesetzgeber an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR und deren Differenzierungen angeknüpft hat. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Grundgesetz gebietet es nicht, von den historischen Gegebenheiten in der DDR, aus denen sich Ungleichheiten ergeben könnten, abzusehen und sie rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Die Begünstigung der damals Einbezoge-nen hat der Bundesgesetzgeber als ein Teilergebnis der Verhandlungen im Einigungsvertrag angesichts der historischen Bedingungen hinnehmen dürfen (vgl. BVerfGE 100, 138, 190 = SozR 3-8570 § 7 Nr. 1). Zu einer "Totalrevision" des aus der DDR stammenden Versorgungs-rechts war er über die mit der ständigen Rechtsprechung des BSG vorgenommene Modifikati-on von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hinaus nicht verpflichtet (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2; Urteil vom 18. Juni 2003 – B 4 RA 1/03 R –). Zwischenzeitlich hat auch das Bundesverfas-sungsgericht entschieden, dass die Auslegung der Texte der Zusatzversorgungsordnungen durch die Fachgerichte, insbesondere durch das BSG, nicht willkürlich ist (vgl. BVerfGE, Be-schluss vom 04. August 2004 – 1 BvR 1557/01 – nicht veröffentlicht; Beschluss vom 08. Sep-tember 2004 – 1 BVR 1503/04 – nicht veröffentlicht; Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. – nicht veröffentlicht).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob der Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für Beschäftigungszeiten des Klägers vom 22. Oktober 1976 bis zum 30. Juni 1990 Zeiten der Zu-gehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVTI) sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.
Der am 1953 geborene Kläger erwarb nach einem Studium an der Hochschule für Architektur und Bauwesen W in der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) den akademi-schen Grad "Diplomingenieur" (Diplomurkunde vom 22. Oktober 1976). Seit dem 13. Sep-tember 1976 war er wie folgt beschäftigt: bis zum 31. Dezember 1979 bei der S-D A (S) W – Projektierungsbetrieb K - (Projektant), vom 01. Januar 1980 bis zum 31. Mai 1983 beim Volkseigenen Betrieb (VEB) B und M E – Betriebsteil Z – (Bauleiter), vom 01. Juni 1983 bis zum 16. März 1986 beim VEB S B (Baubereichsleiter), vom 17. März 1986 bis zum 31. De-zember 1987 beim VEB B K und EH (Oberbauleiter) und vom 01. Januar 1988 bis zum 30. Juni 1990 bei der B H B (im Folgenden: BDB) des Ministeriums für Bauwesen (MfB; Baustel-lendirektor). Der Kläger war mit Wirkung vom 01. Oktober 1976 der Freiwilligen Zusatzren-tenversicherung (FZR) beigetreten. Eine Versorgungszusage hatte er nicht erhalten.
Mit Bescheid vom 17. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Septem-ber 2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG vom 01. September 1976 bis zum 30. Juni 1990 ab mit der Begründung, dass die am 30. Juni 1990 in der BDB innegehabte Beschäftigung nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sei.
Mit der Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Änderung der angefochtenen Be-scheide zu verpflichten, die Zeiten vom 22. Oktober 1976 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVTI und die insoweit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen; auf die mit der Klagebegründungsschrift vom 10. November 2003 eingereichten Anlagen wird Bezug ge-nommen. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat einen Handelsregisterauszug der B B Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), der Rechtsnachfolgerin der BDB, beigezogen und die Kla-ge mit Urteil vom 20. Juni 2005 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung der im Klageantrag bezeichneten Daten. Er falle nicht unter den persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG. Er habe zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG keinen Versorgungsanspruch und auch keine Versorgungsanwartschaft innegehabt. Ihm stehe auch kein fiktiver Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage zu. Denn er sei am Stichtag nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Die BDB sei kein volkseigener Betrieb gewesen, sondern lediglich als solcher zu behandeln gewe-sen. Dies reiche für die Anwendbarkeit der AVTI jedoch nicht aus. Die BDB sei auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) zur Verordnung über die AVTI in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVTI-VO) vom 24. Mai 1951 (GBl. I S. 487) gewesen. Die BDB sei in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht genannt. Sie sei insbesondere selbst auch kein Ministerium, sondern als rechtsfähige ju-ristische Person dem MfB lediglich unterstellt gewesen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor: Entgegen der Auffas-sung des SG sei die BDB materiell-rechtlich wie ein VEB zu behandeln. Dies entspreche auch der Praxis des Staatlichen Vertragsgerichts der DDR. Im Übrigen sei die BDB als Teil des MfB anzusehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. Juni 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 17. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 10. September 2003 zu verpflichten, die Zeiten vom 22. Oktober 1976 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die insoweit erzielten tatsächlichen Arbeitsentgelte festzu-stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren zum Verfahren eingereichte Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Zusatzversorgungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Be-schluss zurückweisen können, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Ver-handlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§ 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) durchsetzbaren Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 AAÜG auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie ggfs. der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 22. Oktober 1976 bis zum 30. Juni 1990. Das AAÜG ist auf den Kläger schon deshalb nicht anwendbar, weil er am 01. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hatte. Denn der Versorgungsfall (des Alters oder der Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Der Kläger war aber auch am 01. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn er hatte – unstreitig – bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihm war auch nicht im Rahmen einer Ein-zelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Die Beklagte hat auch in den angefochte-nen Bescheiden eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG nicht getroffen.
§ 1 Abs. 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtli-cher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des BSG: vgl. z. B. Urteile vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und – B 4 RA 3/02 R = SGb 2002, 379 sowie – B 4 RA 18/01 R – veröffentlicht in juris). Ein derartiger fiktiver An-spruch ist aber nur dann zu bejahen, wenn am Stichtag (30. Juni 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Versorgungssystem vorgesehen war (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R – veröffentlicht in juris; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R – veröffentlicht in juris). Allein maßgebend sind in-soweit die Texte der AVTI-VO vom 17. August 1950 (GBl. I S. 844) und der 2. DB dazu. Die genannten Vorschriften der DDR sind unabhängig von deren Verwaltungs- und Auslegungs-praxis allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R – veröffentlicht in juris), so dass es von vornherein unerheblich ist, ob – wie der Kläger vorträgt – in der DDR Beschäftigte der BDB tatsächlich, beispielsweise auf Grund eines Einzelvertrages, in die AVTI einbezogen waren. Von den genannten Grundsätzen ausgehend liegt ein fingierter Anspruch auf eine Versor-gungszusage nur vor, wenn der Betreffende zum Stichtag am 30. Juni 1990 drei Voraussetzun-gen erfüllt: Er muss 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit oder Beschäftigung verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben (betriebliche Voraussetzung; vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).
Der Kläger war zwar am 30. Juni 1990 berechtigt, die ihm durch staatlichen Zuerkennungsakt verliehene Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Er erfüllte jedoch nicht die betriebliche Voraussetzung für eine Zeit der Zugehörigkeit zur AVTI. Denn die BDB war kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Für die bundesrechtliche Bedeutung des Ausdrucks "VEB" im Sinne des Versorgungsrechts kommt es auf den staatlichen Sprach-gebrauch der DDR am 30. Juni 1990 an, an den der Bundesgesetzgeber angeknüpft hat (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7). Ein VEB wurde durch Entscheidung des zuständigen staatlichen oder wirtschaftsleitenden Organs gegründet (§ 35 Abs. 1 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinate und volkseigenen Betriebe vom 08. November 1979 - KombinatsVO 1979 - GBl. I S. 355). Er führte einen Na-men, der die Bezeichnung "VEB" enthalten musste und trat unter diesem Namen im Rechts-verkehr auf (§ 31 Abs. 3 KombinatsVO 1979). Zudem war er gemäß § 31 Abs. 2 Kombinats-VO 1979 in das Register der volkseigenen Wirtschaft einzutragen. Die BDB führte weder ei-nen Namen, der die Bezeichnung "VEB" enthielt, noch trat sie unter diesem Namen im Rechtsverkehr auf. Sie war auch nicht in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen. Nach Abschnitt I Nr. 4 der Anweisung über die Umbildung der Aufbauleitung Sondervorhaben B in BDB des MfB vom 01. August 1983 des Ministers für Bauwesen der DDR (Verfügungen und Mitteilungen des MfB 1983 Nr. 5 S. 32) war die BDB rechtsfähig und unterstand dem MfB; sie nahm vom Charakter und von den Aufgaben her die Stellung eines VEB ein. Hieraus folgt aber gerade nicht, dass es sich bei der BDB um einen VEB im Sinne der KombinatsVO 1979 handelte. Denn diese weitgehende Gleichstellung der BDB im wirtschaftsrechtlichen Sinne hat keine versorgungsrechtliche Gleichstellung im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB zur Folge gehabt, an die allein das Bundesrecht angeknüpft hat (vgl. BSG, aaO). Da die BDB mit-hin kein VEB war, kann auch dahinstehen, ob ihr die Massenproduktion von Bauwerken das Gepräge gegeben hatte.
Die BDB war auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Sie wird in der genannten Vorschrift namentlich nicht genannt. Sie war auch kein Ministerium, sondern dem MfB lediglich unterstellt, und zwar als rechtsfähige juristische Person. Die BDB war auch keine Hauptverwaltung im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Hierzu zählen (nur) die wirtschafts-leitenden staatlichen Organe der DDR, die auch diesen Namen führten, beispielsweise die Hauptverwaltung Holz und Kulturwaren, die Hauptverwaltung Funkwesen, die Hauptverwal-tung Eisen-, Blech- und Metallwaren usw. (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 – B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2). Eine Erweiterung der gleichgestellten Betriebe und Einrich-tungen über die in der 2. DB genannten hinaus kommt nicht in Betracht (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R –).
Andere Rechtsgrundlagen, auf die der Kläger sein Begehren stützen könnte, sind nicht ersicht-lich. Insbesondere verstößt es nicht gegen Verfassungsrecht, dass der Bundesgesetzgeber an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR und deren Differenzierungen angeknüpft hat. Denn der Gleichbehandlungsgrundsatz des Artikels 3 Grundgesetz gebietet es nicht, von den historischen Gegebenheiten in der DDR, aus denen sich Ungleichheiten ergeben könnten, abzusehen und sie rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen. Die Begünstigung der damals Einbezoge-nen hat der Bundesgesetzgeber als ein Teilergebnis der Verhandlungen im Einigungsvertrag angesichts der historischen Bedingungen hinnehmen dürfen (vgl. BVerfGE 100, 138, 190 = SozR 3-8570 § 7 Nr. 1). Zu einer "Totalrevision" des aus der DDR stammenden Versorgungs-rechts war er über die mit der ständigen Rechtsprechung des BSG vorgenommene Modifikati-on von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hinaus nicht verpflichtet (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2; Urteil vom 18. Juni 2003 – B 4 RA 1/03 R –). Zwischenzeitlich hat auch das Bundesverfas-sungsgericht entschieden, dass die Auslegung der Texte der Zusatzversorgungsordnungen durch die Fachgerichte, insbesondere durch das BSG, nicht willkürlich ist (vgl. BVerfGE, Be-schluss vom 04. August 2004 – 1 BvR 1557/01 – nicht veröffentlicht; Beschluss vom 08. Sep-tember 2004 – 1 BVR 1503/04 – nicht veröffentlicht; Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 u. a. – nicht veröffentlicht).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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