Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
14 AR 868/94
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 AL 8/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12. März 1996 wird aufgehoben. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den am 15. November 1994 vor dem Sozialgericht Hamburg geschlossenen Vergleich erledigt ist. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Rechtsstreit, welcher die Aufhebung einer Beschäftigungshilfe und deren Höhe zum Gegenstand hat, durch einen am 15. November 1994 vor dem Sozialgericht (SG) Hamburg abgeschlossenen Vergleich erledigt ist.
Der Kläger ist ein im Jahre 1993 gegründeter Verein zur Förderung politisch-wirtschaftlicher Reformen in Russland und zur gegenseitigen Verständigung zwischen Deutschen und Russen. Zum 1. Dezember 1993 schlossen der Kläger und der 1936 geborene Herr S., der seit längerer Zeit arbeitslos war, einen schriftlichen "Anstellungsvertrag für kaufmännische Angestellte". Zu diesem Zeitpunkt war Herr S. als Sekretär Mitglied des Vorstands des Klägers. Er tritt auch als Prozessbevollmächtigter für den Verein auf. Nach dem Anstellungsvertrag sollte Herr S. die laufende Arbeit des Klägers in Deutschland "managen". Hierfür wurde ein monatliches Bruttogehalt von 5.683,- DM vereinbart.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten die Gewährung einer Beschäftigungshilfe nach den Richtlinien der Bundesregierung zur Durchführung der ´Aktion Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose` (vom 16.6.1989, BAnz S. 3013 i.d.F. der 2. Änderung vom 20.12.1993, BAnz 1994, S. 3). Durch Bescheid vom 22. März 1994 bewilligte die Beklagte dem Kläger Beschäftigungshilfe für Herrn S. für den Zeitraum vom 1. Dezember 1993 bis 30. November 1994. Für die ersten sechs Monate bewilligte sie 3.308,30 DM und für den Zeitraum 1. Juni bis 30. November 1994 2.481,22 DM monatlich. Dabei ging sie von einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt für Herrn S. von 4.135,38 DM aus. Der Kläger legte gegen den Bewilligungsbescheid vom 22. März 1994 wegen der seiner Ansicht nach zu niedrigen Höhe der Beschäftigungshilfe Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 4. Juli 1994 hob die Beklagte sodann die Bewilligung von Beschäftigungshilfe insgesamt auf und forderte die Erstattung der für den Zeitraum vom 1. Dezember 1993 bis 31. Mai 1994 bereits ausgezahlten 19.849,80 DM nebst Zinsen. Zur Begründung gab sie an, der Kläger habe das Gehalt nicht ausbezahlt und auch keine Sozialversicherungsbeiträge für Herrn S. abgeführt. Den Widerspruch hiergegen wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 1994 zurück.
Der Kläger hat Klage zum SG Hamburg erhoben (Az. 14 AR 868/94 und 14 AR 1304/94). In dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. November 1994 haben die Beteiligten - wobei der Kläger durch Herrn S. vertreten war - auf Anregung des SG zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen. Dieser lautet: "1. Die Beklagte hebt den Bescheid vom 04.07.1994 und den Widerspruchsbescheid vom 10.10.1994 auf. 2. Die Beklagte wird dem Kläger für die Zeit vom 01.06.1994 bis 30.11.1994 14.887,32 DM spätestens bis zum 10. Dezember 1994 zahlen. 3. Dem Kläger wird vorbehalten, innerhalb einer Woche d.h. bis zum 22.11.1994 von diesem Vergleich zurückzutreten."
Der Vergleich ist ausweislich des Terminsprotokolls den Beteiligten vorgelesen und von ihnen genehmigt worden.
Der Kläger richtete danach ein Schreiben an das SG, welches das Datum des 21. November 1994 trägt. Dieses Schreiben wurde von dem SG mit dem Eingangsstempel "23. Nov. zwischen Dienstschluss und 24.00 Uhr" versehen. In dem Schreiben führt der Kläger aus, er trete von dem am 15. November 1994 geschlossenen Vergleich zurück. Weiterhin heißt es: "Der Rücktritt wurde bereits mündlich erklärt und diese Erklärung wird hierdurch bestätigt".
Nach Durchführung weiterer Ermittlungen hat das SG durch Urteil vom 12. März 1996 den Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 1994 aufgehoben und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe auf die Bewilligung der Beschäftigungshilfe vertrauen dürfen; eine Aufhebung der Bewilligungsentscheidung sei weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft möglich. Der Kläger habe allerdings keinen Anspruch auf höhere Beschäftigungshilfe. Die Beklagte habe das Herrn S. zustehende ortsübliche Gehalt zutreffend ermittelt. Dieser sei seit längerer Zeit arbeitslos gewesen und habe keinerlei konkrete Angaben über seine Ausbildung und bisherigen Beschäftigungen machen können. Bei dem Kläger habe es sich zudem um einen neu gegründeten, kleinen, gemeinnützigen Verein gehandelt.
Gegen das am 27. April 1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am Tag nach Pfingstmontag, dem 28. Mai 1996 mit der Begründung, die Höhe der Beschäftigungshilfe treffe nicht zu, Berufung eingelegt. Die Beklagte hat ihrerseits am 14. April 1998 Anschlussberufung eingelegt und diese damit begründet, Herr S. sei aufgrund seiner dominierenden Rolle als Vorstandsmitglied nicht Arbeitnehmer des Klägers gewesen, so dass eine Beschäftigungshilfe nicht hätte bewilligt werden dürfen.
Nach Durchführung zweier Erörterungstermine hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 11. November 1999 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Vergleich vom 15. November 1994 nicht fristgemäß widerrufen worden sei. Hierzu hat Herr S. vorgetragen, er habe bereits vor dem 22. November 1994 – nach einem Gespräch mit dem Vorstandsmitglied F. – dem Gericht telefonisch mitgeteilt, dass vom Vergleich zurückgetreten werde. Er habe mit einer Frau gesprochen; ob es die Vorsitzende selbst oder eine Sachbearbeiterin gewesen sei, könne er nicht sagen. Die Beklagte hat daraufhin im Wege der Anschlussberufung beantragt, das Urteil des SG vom 12. März 1996 aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsstreit durch den am 15. November 1994 geschlossenen Vergleich erledigt sei.
Durch Urteil vom selben Tag hat der Senat sodann das Urteil des SG aufgehoben, die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Anschlussberufung der Beklagten festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 15. November 1994 erledigt sei.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt, zu deren Begründung er im Schriftsatz vom 21. Januar 2000 unter anderem angab, dass " der schriftliche Widerruf vom Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers schon am 22.11.1994 vor 0.00 Uhr in den Nachtbriefkasten des Sozialgerichts Hamburg eingeworfen worden" sei. Mit Schreiben vom 26. Januar 2000 hat er die Beschwerdebegründung dahingehend berichtigt bzw. ergänzt, dass er im Termin am 11. November 1999 erklärt habe, bereits im Termin am 15. November 1994 den auf Anregung des Gerichts abgeschlossenen Vergleich widerrufen zu haben und die Namen der Zeugen der fristgemäßen Rücknahme des Vergleichs sowie der Gesprächspartner im Telefonat mit dem Gericht suchen und nennen zu wollen.
Zudem hat er zwei eidesstattliche Versicherungen eines Dr. J. B. und einer Dr. I. W. eingereicht. Beide Schreiben tragen das Datum 10. Dezember 1999 und die Anschrift "z.Z. B.-Deich, H.".
Herr Dr. B. hat erklärt, am 22. November 1994 von Herrn S. in dessen Wohnung G.-Strasse in H. ein Schreiben des Vereins D. an das SG Hamburg über die Rücknahme eines Vergleichs erhalten zu haben, das er dessen dringendem Wunsch entsprechend noch an demselben Tag etwa gegen 21.00 Uhr in den Briefkasten des SG Hamburg in der Kaiser-Wilhelm-Straße 100 eingeworfen habe. Die Behauptung, das Schreiben sei erst am 23. November 1994 beim SG eingegangen, könne nicht zutreffen, da er die Bundesrepublik Deutschland noch am 22. November 1994 etwa eine halbe bis eine Stunde vor Mitternacht wegen einer terminierten Forschungsreise verlassen habe. Wenn er das Schreiben nicht am 22. November 1994 eingeworfen hätte, so hätte er dies am 23. November 1994 überhaupt nicht tun können.
Frau Dr. W. hat erklärt, sie sei am 22. November 1994 einige Stunden vor ihrer Abreise aus Deutschland zusammen mit ihrem Arbeitskollegen J. B. zu Besuch bei Herrn S., den sie als Mitglied des Vereins D. gekannt habe, in dessen Wohnung G.-Strasse gewesen. Sie habe gesehen, dass Herr S. Herrn B. ein dringendes Schreiben des Vereins ausgehändigt habe, mit der Bitte, dieses noch an demselben Tag in den Briefkasten des SG Hamburg einzuwerfen. Sie habe sich mit Herrn B. gleich nach dem Besuch bei Herrn S. in die Kaiser-Wilhelm-Straße, wo sich das SG befinde, begeben und den Schriftsatz des Vereins D. in den Briefkasten des SG eingeworfen bzw. habe Herr B. ihn eingeworfen. Dies sei am 22. November 1994 um etwa 21.00 Uhr geschehen.
Auf Aufforderung des BSG haben die damaligen Senatsmitglieder dienstliche Äußerungen dazu abgegeben, ob der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung beantragt habe, ihm Gelegenheit zu geben, seine Unterlagen nachzuprüfen und Beweismittel dafür vorzulegen, dass das Schreiben über den Widerruf des Vergleichs schon am 22. November 1994 in den Briefkasten des Gerichts eingeworfen worden sei. Auf den Inhalt der dienstlichen Äußerungen wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 30. November 2000 (B 7 AL 232/99 B) hat das BSG die Revision zugelassen und mit Urteil vom 5. Dezember 2001 (B 7 AL 2/01 R) das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Mit Schreiben vom 23. April 2002 ist die damalige Vorsitzende der Kammer 14, Richterin am SG Schwarz, um eine dienstliche Stellungnahme dazu gebeten worden, ob im Termin am 15. November 1994 besondere Modalitäten des Vergleichswiderrufs vereinbart worden sind und ob der Bevollmächtigte des Klägers den Vergleich noch im Termin am 15. November 1994 widerrufen oder ob er dies ihr gegenüber noch vor dem 23. November 1994 telefonisch getan hat, gegebenenfalls wann.
In ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 29. April 2002 hat Richterin am SG Schwarz erklärt, dass im Termin am 15. November 1994 keine besonderen Modalitäten des Vergleichswiderrufs vereinbart worden seien und der Bevollmächtigte des Klägers den Vergleich mit Sicherheit nicht noch im Termin am 15. November 1994 widerrufen habe. Ob er dies ihr gegenüber telefonisch vor dem 23. November 1994 getan habe, erinnere sie nicht mehr. Sie wisse, dass sie der Bevollmächtigte während des laufenden Rechtsstreits mehrfach angerufen habe, aber nicht mehr, wann das gewesen sei. Sie könne nicht ausschließen, dass eine Ankündigung eines Widerrufs telefonisch erfolgt sei und sie hierüber keinen Aktenvermerk angefertigt habe, weil sie davon ausgegangen sei, dass auf jeden Fall eine schriftliche Erklärung erforderlich sein würde. Der Kläger hat hierzu mit Schriftsatz vom 17. Mai 2002 Stellung genommen.
Die Ladung der Zeugen Dr. B. und Dr. W. zu einem für den 30. Mai 2002 vorgesehenen Erörterungstermin ist gescheitert, da diese unter der angegebenen Adresse "B.-Deich, H." unbekannt waren.
Auf Anfrage des Gerichts, ob und für welchen Zeitraum die Zeugen für die angegebene Anschrift gemeldet gewesen seien und ob eine neue Anschrift bekannt sei, hat das Einwohneramt des Bezirksamts H.-Mitte mitgeteilt, dass die Zeugen mit den zur Person gemachten Angaben nicht zu ermitteln seien.
Auf die an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtete Anfrage des Gerichts, ob die jetzige Anschrift der Zeugen bekannt sei und wie sie laute, hat dieser mit Schriftsatz vom 18. Mai 2002 erklärt, dass die Anschrift B.-Deich, H. unzutreffend sei; richtig sei die Anschrift B.-Deich, (andere Hausnummer). Seit wann die Zeugen dort nicht mehr wohnhaft seien, sei dem Kläger nicht bekannt. Die Briefe des Klägers an die Zeugen vom 13. Mai 2002 seien bis heute nicht als unzustellbar zurückgekommen. Mit Schriftsatz vom 1. August 2005 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf Anfrage des Gerichts erklärt, dass ihm die aktuellen ladungsfähigen Anschriften von Dr. B. und Dr. W. nicht bekannt seien; seine Bemühungen, die Anschriften zu erfahren, seien erfolglos geblieben.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12. März 1996 zu ändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 1994 aufzuheben, den Bescheid vom 22. März 1994 in der Fassung des Bescheides vom 31. März 1994 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Beschäftigungshilfe für den Arbeitnehmer T. S. für die Zeit vom 1. Dezember 1993 bis 30. November 1994 auf der Grundlage eines monatlichen Arbeitsentgelts von 5.683,- DM zu gewähren. Zudem wird beantragt, die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts H. vom 12. März 1996 aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsstreit durch den am 15. November 1994 vor dem Sozialgericht geschlossenen Vergleich erledigt ist, hilfsweise, die Klagen vollumfänglich abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG) des Klägers ist unbegründet, die zulässige Anschlussberufung (§ 202 SGG i.V.m. § 524 Zivilprozessordnung – ZPO) der Beklagten in der Fassung des protokollierten Antrags hingegen begründet.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht mit Urteil vom 12. März 1996 in der Sache entschieden, da die Verfahren durch den am 15. November 1994 geschlossen Vergleich ihre Erledigung gefunden haben.
Nach § 101 Abs. 1 SGG können die Beteiligten im Rahmen ihrer Verfügungsbefugnis vor Gericht einen Vergleich schließen, um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen. Von dieser prozessualen Möglichkeit haben die Beteiligten durch den am 15. November 1994 vor dem SG ´zur Erledigung des Rechtsstreits`, also zur gänzlichen Erledigung des Klageanspruchs, geschlossenen Vergleich Gebrauch gemacht. Der Vergleich wurde nach der Protokollierung den Beteiligten vorgelesen und von diesen genehmigt. Damit waren die prozessrechtlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Vergleichs (§ 122 SGG i.V.m. §§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 ZPO) erfüllt. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sind Unwirksamkeitsgründe – insbesondere Willensmängel beim Vergleichsschluss – nicht ersichtlich.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist dieser Vergleich auch nicht wirksam widerrufen worden. Nach der Nr. 3 des Vergleichs war es dem Kläger vorbehalten, ´innerhalb einer Woche, d.h. bis zum 22.11.1994`, von diesem Vergleich zurückzutreten. Es steht jedoch nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass das Widerrufsschreiben vom 21. November 1994 tatsächlich schon am 22. November 1994 beim SG eingegangen ist. Die Richtigkeit des Eingangsstempels des Gerichts ist durch die vom Kläger vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht widerlegt worden, so dass dieser seine Beweiswirkung behält.
Der Eingangsstempel eines Gerichts ist nach allgemeiner Meinung eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO, die vollen Beweis für die Richtigkeit des in ihm angegebenen Eingangsdatums begründet (vgl. BSG, Urteil v. 23.6.1981, 7 RAr 32/80 – Juris; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 13.8.2002, L 2 AL 15/00 – Juris; BVerwG, Beschluss v. 1.3.1988, 7 B 144/87 – Juris; Thüringer OVG, Beschlüsse v. 12.5.1999, 3 ZKO 196/99, und 2.11.1994, 2 EO 42/94 – Juris; BFH, Beschluss v. 29.3.2005, IX B 236/02 – Juris und Urteil v. 19.7.1995, I R 87 u.a. – NJW 1996, S. 679 m.w.N.; OLG Frankfurt, Urteil v. 29.7.1993, 15 U 231/91 – SozVers 1993, S. 305 ff., 307; LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 13.1.1995, 6 Sa 202/94 – Juris).
Zwar kann die Richtigkeit der Urkunde widerlegt werden, doch genügt hierfür nicht die bloße Glaubhaftmachung i.S.d § 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung, sondern es ist der volle Gegenbeweis erforderlich; die Unrichtigkeit muss zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden (LSG Sachsen-Anhalt a.a.O. unter Hinweis auf BGH, Urteil v. 30.3.2000, IX ZR 251/99 – NJW 2000, S. 1872 f.; BVerwG, Beschluss v. 7.10.1993, 4 B 166/93 - NJW 1994, S. 535 f., 536; Thüringer OVG, Beschluss v. 2.11.1994 a.a.O.; BFH, Urteil v. 19.7.1995 a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O.) bzw. es muss jede Möglichkeit der Richtigkeit der Urkunde ausgeschlossen sein (BSG a.a.O.; Thüringer OVG, Beschluss v. 12.5.1999 a.a.O. m.w.N.; LAG Schleswig-Holstein a.a.O.).
Soweit der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 3.März 1983 (IX ZB 4/83 – VersR 1983, S. 491) entschieden hat, dass der durch den Eingangsstempel begründete Beweis durch Glaubhaftmachung der Unrichtigkeit widerlegt werden könne, betraf dies ein Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung. Diese Möglichkeit besteht aber bei Versäumung einer Widerrufsfrist nicht (vgl. BSG, Urteil vom 5.12.2001, B 7 AL 2/01 R m.w.N.).
Ob eine eidesstattliche Versicherung als Gegenbeweis genügt, ist strittig. Der Bundesfinanzhof hat dies in dem angeführten Urteil vom 19. Juli 1995 unter Hinweis darauf, dass diese lediglich ein Mittel der Glaubhaftmachung ist, verneint. In dem ebenfalls bereits angeführten Urteil vom 29. März 2005 hat er hingegen – ebenso wie der BGH (Urteil v. 18.6.2002, VI ZR 448/01 – NJW 2002, S. 3027 ff., 3028) – eine eidesstattliche Versicherung als Beweismittel akzeptiert. Dies kann jedoch dahinstehen, da auch in den letztgenannten Entscheidungen beider Gerichte darauf verwiesen wurde, dass der volle Beweis des Gegenteils zu erbringen sei.
Unstrittig ist, dass die bloße Erschütterung der Vermutung in dem Sinne, dass auch ein anderer Geschehensablauf als möglich oder sogar als ernstlich möglich dargetan werden kann, nicht ausreicht (BVerwG, Beschluss v. 7.10.1993 a.a.O.; Thüringer OVG a.a.O., jeweils m.w.N.).
Dem Kläger ist der erforderliche Gegenbeweis nicht gelungen.
Zum einen hat er lediglich einen anderen Zugang behauptet, jedoch nicht dargelegt, aus welchen Gründen die – dann unzutreffende – Datumsangabe des Eingangsstempels auf sein Schreiben gelangt sein könnte. Es liegen dafür auch keinerlei Gründe auf der Hand.
Zum anderen weisen die Erklärungen der Zeugen Dr. B. und Dr. W. einige Merkwürdigkeiten auf, die an der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben Zweifel erwecken. So erscheint es als ausgesprochen selbstlos, dass diese es auf sich genommen hatten, den Brief an Stelle des Bevollmächtigten des Klägers einzuwerfen, da dieser Vorgang nicht quasi ´im Vorübergehen` erfolgen konnte. Dr. B. hat angegeben, Deutschland noch am selben Tag "½ bis 1 Stunde vor Mitternacht" verlassen zu haben. Aufgrund des bestehenden Nachtflugverbots ist davon auszugehen, dass er Deutschland per Bahn verlassen hat, die Abreise also vom Hamburger Hauptbahnhof aus erfolgt ist. Es gehört nicht zu den naheliegenden Geschehensabläufen, dass jemand kurz vor Antritt einer Fernreise von dem direkten Weg vom Stadtteil B1 – dem Wohnort des Herrn S. – zum Hauptbahnhof abweicht und einen nicht unbeträchtlichen Umweg macht, um einen Brief bei dem seinerzeit mehrere Kilometer vom Hauptbahnhof entfernt in der Hamburger Neustadt ansässigen SG einzuwerfen, zumal der Bevollmächtigte des Klägers keineswegs daran gehindert war, den Brief selbst beim SG einzuwerfen. Es ist angesichts der unterstellten Abreise per Bahn auch eher unwahrscheinlich, dass den Zeugen für diesen Zweck ein PKW zur Verfügung stand.
Die Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben werden durch die Umstände, unter denen sie in das Verfahren eingeführt wurden, verstärkt. Im Senatstermin am 11. November 1999 hat der Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift auf den richterlichen Hinweis, dass der Vergleich nicht fristgerecht widerrufen sei, allein mit der Behauptung reagiert, er habe dem Gericht bereits vor dem 22. November 1994 telefonisch mitgeteilt, dass vom Vergleich zurückgetreten werde. Es war weder davon die Rede, dass der Einwurf fristgerecht erfolgt sein musste, noch davon, dass er durch Dritte erfolgte und diese ggf. als Zeugen zur Verfügung stünden. Ungeachtet des Zeitablaufs kann erwartet werden, dass sich jemand daran erinnert, wenn er es unter Mithilfe von Bekannten gerade noch geschafft hat, ein wichtiges Schreiben fristgerecht beim SG einzuwerfen. Dies gilt umso mehr, als dem Bevollmächtigten des Klägers ein seinerzeit angeblich von ihm getätigter telefonischer Widerruf in derselben Sache noch erinnerlich war und ein etwaiger Einwurf durch Dritte die Beweislage deutlich verbessern würde.
Schließlich erscheint es dem Senat auch bedenkenswert, dass beide Zeugen eine unzutreffende Anschrift angegeben haben. Angesichts der dargelegten Zweifel hielt der Senat eine persönliche Vernehmung der Zeugen für unumgänglich. Da deren Aufenthaltsort nicht zu ermitteln war, konnten die Zweifel nicht ausgeräumt werden.
Ebenso wenig steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es bereits zuvor zu einem mündlichen Widerruf des Vergleiches durch den Kläger gekommen ist.
Der Widerruf eines Vergleiches bedarf - soweit nichts anderes vereinbart ist – keiner besonderen Form (BSG, Urteil v. 5.12.2001 a.a.O.). Ausweislich der Stellungnahme der damaligen Vorsitzenden der Kammer 14, Richterin am SG Schwarz, waren keine besonderen Modalitäten vereinbart worden, so dass ein mündlicher Widerruf ausreichend wäre.
Dass der Vergleich tatsächlich, wie vom Kläger behauptet, mündlich widerrufen worden ist, ist jedoch nicht bewiesen. Die damalige Kammervorsitzende hat dies zwar für die Sitzung am 15. November 1994 mit Sicherheit ausgeschlossen, nicht aber für die nachfolgende Zeit vor dem 23. November 1994, wobei sie allerdings einen Widerruf auch nicht bestätigen konnte.
Der Vortrag des Klägers selbst ist in sich nicht einmal schlüssig, da er unterschiedliche Versionen zu den Modalitäten seines Widerrufs abgegeben hat. Die eine Version geht dahin, dass der Widerruf bereits in der Sitzung am 15. November 1994 erfolgt sei (Schriftsatz vom 21. Januar 2000 an das LSG). Hierzu sei noch angemerkt, dass es dann eines nachfolgenden telefonischen oder schriftlichen Widerrufs nicht mehr bedurft hätte und der Rechtsstreit zur Durchführung weiterer Ermittlungen zur Höhe der Beschäftigungshilfe gleich vertagt worden wäre. Die nächste Version lautet, dass der Widerruf in einem Ferngespräch mit dem Richter angekündigt worden sei (Schriftsatz vom 29. September 2000 an das BSG). In der dritten Version heißt es, der Vergleich sei nach Rücksprache mit dem Vereinsvorsitzenden telefonisch gegenüber dem Gericht widerrufen worden (Sitzung am 11. November 1999, Schriftsatz vom 17. Mai 2002 an das LSG).
Mangels weiterer Ermittlungsmöglichkeiten gehen die Unklarheiten nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.
Da der Vergleich vom 15. November 1994 somit wirksam geblieben ist, hatte sich hierdurch die Klage vor dem SG erledigt, so dass dieses nicht mehr in der Sache hätte entscheiden dürfen. Folglich war das Urteil des SG aufzuheben, der weitergehende Berufungsantrag des Klägers zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung der Beklagten festzustellen, dass der Rechtsstreit durch den am 15. November 1994 vor dem SG geschlossenen Vergleich erledigt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache. Ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger im Revisionsverfahren – im Sinne einer Aufhebung und Zurückverweisung – obsiegt hat, kam es nicht in Betracht, der Beklagten teilweise Kosten aufzuerlegen. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung erfasst die Kostenentscheidung alle durch den Rechtsstreit und das Vorverfahren entstehenden erstattungsfähigen Kosten (vgl. Meyer.Ladewig/Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar 8. Aufl., § 193 RdNr. 2 m.w.N.). Der Kläger ist jedoch vollen Umfangs unterlegen.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) oder Nr. 2 SGG (Abweichung von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Rechtsstreit, welcher die Aufhebung einer Beschäftigungshilfe und deren Höhe zum Gegenstand hat, durch einen am 15. November 1994 vor dem Sozialgericht (SG) Hamburg abgeschlossenen Vergleich erledigt ist.
Der Kläger ist ein im Jahre 1993 gegründeter Verein zur Förderung politisch-wirtschaftlicher Reformen in Russland und zur gegenseitigen Verständigung zwischen Deutschen und Russen. Zum 1. Dezember 1993 schlossen der Kläger und der 1936 geborene Herr S., der seit längerer Zeit arbeitslos war, einen schriftlichen "Anstellungsvertrag für kaufmännische Angestellte". Zu diesem Zeitpunkt war Herr S. als Sekretär Mitglied des Vorstands des Klägers. Er tritt auch als Prozessbevollmächtigter für den Verein auf. Nach dem Anstellungsvertrag sollte Herr S. die laufende Arbeit des Klägers in Deutschland "managen". Hierfür wurde ein monatliches Bruttogehalt von 5.683,- DM vereinbart.
Der Kläger beantragte bei der Beklagten die Gewährung einer Beschäftigungshilfe nach den Richtlinien der Bundesregierung zur Durchführung der ´Aktion Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslose` (vom 16.6.1989, BAnz S. 3013 i.d.F. der 2. Änderung vom 20.12.1993, BAnz 1994, S. 3). Durch Bescheid vom 22. März 1994 bewilligte die Beklagte dem Kläger Beschäftigungshilfe für Herrn S. für den Zeitraum vom 1. Dezember 1993 bis 30. November 1994. Für die ersten sechs Monate bewilligte sie 3.308,30 DM und für den Zeitraum 1. Juni bis 30. November 1994 2.481,22 DM monatlich. Dabei ging sie von einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt für Herrn S. von 4.135,38 DM aus. Der Kläger legte gegen den Bewilligungsbescheid vom 22. März 1994 wegen der seiner Ansicht nach zu niedrigen Höhe der Beschäftigungshilfe Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 4. Juli 1994 hob die Beklagte sodann die Bewilligung von Beschäftigungshilfe insgesamt auf und forderte die Erstattung der für den Zeitraum vom 1. Dezember 1993 bis 31. Mai 1994 bereits ausgezahlten 19.849,80 DM nebst Zinsen. Zur Begründung gab sie an, der Kläger habe das Gehalt nicht ausbezahlt und auch keine Sozialversicherungsbeiträge für Herrn S. abgeführt. Den Widerspruch hiergegen wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 1994 zurück.
Der Kläger hat Klage zum SG Hamburg erhoben (Az. 14 AR 868/94 und 14 AR 1304/94). In dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 15. November 1994 haben die Beteiligten - wobei der Kläger durch Herrn S. vertreten war - auf Anregung des SG zur Erledigung des Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen. Dieser lautet: "1. Die Beklagte hebt den Bescheid vom 04.07.1994 und den Widerspruchsbescheid vom 10.10.1994 auf. 2. Die Beklagte wird dem Kläger für die Zeit vom 01.06.1994 bis 30.11.1994 14.887,32 DM spätestens bis zum 10. Dezember 1994 zahlen. 3. Dem Kläger wird vorbehalten, innerhalb einer Woche d.h. bis zum 22.11.1994 von diesem Vergleich zurückzutreten."
Der Vergleich ist ausweislich des Terminsprotokolls den Beteiligten vorgelesen und von ihnen genehmigt worden.
Der Kläger richtete danach ein Schreiben an das SG, welches das Datum des 21. November 1994 trägt. Dieses Schreiben wurde von dem SG mit dem Eingangsstempel "23. Nov. zwischen Dienstschluss und 24.00 Uhr" versehen. In dem Schreiben führt der Kläger aus, er trete von dem am 15. November 1994 geschlossenen Vergleich zurück. Weiterhin heißt es: "Der Rücktritt wurde bereits mündlich erklärt und diese Erklärung wird hierdurch bestätigt".
Nach Durchführung weiterer Ermittlungen hat das SG durch Urteil vom 12. März 1996 den Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 1994 aufgehoben und die weitergehende Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe auf die Bewilligung der Beschäftigungshilfe vertrauen dürfen; eine Aufhebung der Bewilligungsentscheidung sei weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft möglich. Der Kläger habe allerdings keinen Anspruch auf höhere Beschäftigungshilfe. Die Beklagte habe das Herrn S. zustehende ortsübliche Gehalt zutreffend ermittelt. Dieser sei seit längerer Zeit arbeitslos gewesen und habe keinerlei konkrete Angaben über seine Ausbildung und bisherigen Beschäftigungen machen können. Bei dem Kläger habe es sich zudem um einen neu gegründeten, kleinen, gemeinnützigen Verein gehandelt.
Gegen das am 27. April 1996 zugestellte Urteil hat der Kläger am Tag nach Pfingstmontag, dem 28. Mai 1996 mit der Begründung, die Höhe der Beschäftigungshilfe treffe nicht zu, Berufung eingelegt. Die Beklagte hat ihrerseits am 14. April 1998 Anschlussberufung eingelegt und diese damit begründet, Herr S. sei aufgrund seiner dominierenden Rolle als Vorstandsmitglied nicht Arbeitnehmer des Klägers gewesen, so dass eine Beschäftigungshilfe nicht hätte bewilligt werden dürfen.
Nach Durchführung zweier Erörterungstermine hat der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 11. November 1999 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Vergleich vom 15. November 1994 nicht fristgemäß widerrufen worden sei. Hierzu hat Herr S. vorgetragen, er habe bereits vor dem 22. November 1994 – nach einem Gespräch mit dem Vorstandsmitglied F. – dem Gericht telefonisch mitgeteilt, dass vom Vergleich zurückgetreten werde. Er habe mit einer Frau gesprochen; ob es die Vorsitzende selbst oder eine Sachbearbeiterin gewesen sei, könne er nicht sagen. Die Beklagte hat daraufhin im Wege der Anschlussberufung beantragt, das Urteil des SG vom 12. März 1996 aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsstreit durch den am 15. November 1994 geschlossenen Vergleich erledigt sei.
Durch Urteil vom selben Tag hat der Senat sodann das Urteil des SG aufgehoben, die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen und auf die Anschlussberufung der Beklagten festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 15. November 1994 erledigt sei.
Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim Bundessozialgericht (BSG) eingelegt, zu deren Begründung er im Schriftsatz vom 21. Januar 2000 unter anderem angab, dass " der schriftliche Widerruf vom Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers schon am 22.11.1994 vor 0.00 Uhr in den Nachtbriefkasten des Sozialgerichts Hamburg eingeworfen worden" sei. Mit Schreiben vom 26. Januar 2000 hat er die Beschwerdebegründung dahingehend berichtigt bzw. ergänzt, dass er im Termin am 11. November 1999 erklärt habe, bereits im Termin am 15. November 1994 den auf Anregung des Gerichts abgeschlossenen Vergleich widerrufen zu haben und die Namen der Zeugen der fristgemäßen Rücknahme des Vergleichs sowie der Gesprächspartner im Telefonat mit dem Gericht suchen und nennen zu wollen.
Zudem hat er zwei eidesstattliche Versicherungen eines Dr. J. B. und einer Dr. I. W. eingereicht. Beide Schreiben tragen das Datum 10. Dezember 1999 und die Anschrift "z.Z. B.-Deich, H.".
Herr Dr. B. hat erklärt, am 22. November 1994 von Herrn S. in dessen Wohnung G.-Strasse in H. ein Schreiben des Vereins D. an das SG Hamburg über die Rücknahme eines Vergleichs erhalten zu haben, das er dessen dringendem Wunsch entsprechend noch an demselben Tag etwa gegen 21.00 Uhr in den Briefkasten des SG Hamburg in der Kaiser-Wilhelm-Straße 100 eingeworfen habe. Die Behauptung, das Schreiben sei erst am 23. November 1994 beim SG eingegangen, könne nicht zutreffen, da er die Bundesrepublik Deutschland noch am 22. November 1994 etwa eine halbe bis eine Stunde vor Mitternacht wegen einer terminierten Forschungsreise verlassen habe. Wenn er das Schreiben nicht am 22. November 1994 eingeworfen hätte, so hätte er dies am 23. November 1994 überhaupt nicht tun können.
Frau Dr. W. hat erklärt, sie sei am 22. November 1994 einige Stunden vor ihrer Abreise aus Deutschland zusammen mit ihrem Arbeitskollegen J. B. zu Besuch bei Herrn S., den sie als Mitglied des Vereins D. gekannt habe, in dessen Wohnung G.-Strasse gewesen. Sie habe gesehen, dass Herr S. Herrn B. ein dringendes Schreiben des Vereins ausgehändigt habe, mit der Bitte, dieses noch an demselben Tag in den Briefkasten des SG Hamburg einzuwerfen. Sie habe sich mit Herrn B. gleich nach dem Besuch bei Herrn S. in die Kaiser-Wilhelm-Straße, wo sich das SG befinde, begeben und den Schriftsatz des Vereins D. in den Briefkasten des SG eingeworfen bzw. habe Herr B. ihn eingeworfen. Dies sei am 22. November 1994 um etwa 21.00 Uhr geschehen.
Auf Aufforderung des BSG haben die damaligen Senatsmitglieder dienstliche Äußerungen dazu abgegeben, ob der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung beantragt habe, ihm Gelegenheit zu geben, seine Unterlagen nachzuprüfen und Beweismittel dafür vorzulegen, dass das Schreiben über den Widerruf des Vergleichs schon am 22. November 1994 in den Briefkasten des Gerichts eingeworfen worden sei. Auf den Inhalt der dienstlichen Äußerungen wird Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 30. November 2000 (B 7 AL 232/99 B) hat das BSG die Revision zugelassen und mit Urteil vom 5. Dezember 2001 (B 7 AL 2/01 R) das Urteil des Senats aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Mit Schreiben vom 23. April 2002 ist die damalige Vorsitzende der Kammer 14, Richterin am SG Schwarz, um eine dienstliche Stellungnahme dazu gebeten worden, ob im Termin am 15. November 1994 besondere Modalitäten des Vergleichswiderrufs vereinbart worden sind und ob der Bevollmächtigte des Klägers den Vergleich noch im Termin am 15. November 1994 widerrufen oder ob er dies ihr gegenüber noch vor dem 23. November 1994 telefonisch getan hat, gegebenenfalls wann.
In ihrer dienstlichen Stellungnahme vom 29. April 2002 hat Richterin am SG Schwarz erklärt, dass im Termin am 15. November 1994 keine besonderen Modalitäten des Vergleichswiderrufs vereinbart worden seien und der Bevollmächtigte des Klägers den Vergleich mit Sicherheit nicht noch im Termin am 15. November 1994 widerrufen habe. Ob er dies ihr gegenüber telefonisch vor dem 23. November 1994 getan habe, erinnere sie nicht mehr. Sie wisse, dass sie der Bevollmächtigte während des laufenden Rechtsstreits mehrfach angerufen habe, aber nicht mehr, wann das gewesen sei. Sie könne nicht ausschließen, dass eine Ankündigung eines Widerrufs telefonisch erfolgt sei und sie hierüber keinen Aktenvermerk angefertigt habe, weil sie davon ausgegangen sei, dass auf jeden Fall eine schriftliche Erklärung erforderlich sein würde. Der Kläger hat hierzu mit Schriftsatz vom 17. Mai 2002 Stellung genommen.
Die Ladung der Zeugen Dr. B. und Dr. W. zu einem für den 30. Mai 2002 vorgesehenen Erörterungstermin ist gescheitert, da diese unter der angegebenen Adresse "B.-Deich, H." unbekannt waren.
Auf Anfrage des Gerichts, ob und für welchen Zeitraum die Zeugen für die angegebene Anschrift gemeldet gewesen seien und ob eine neue Anschrift bekannt sei, hat das Einwohneramt des Bezirksamts H.-Mitte mitgeteilt, dass die Zeugen mit den zur Person gemachten Angaben nicht zu ermitteln seien.
Auf die an den Prozessbevollmächtigten des Klägers gerichtete Anfrage des Gerichts, ob die jetzige Anschrift der Zeugen bekannt sei und wie sie laute, hat dieser mit Schriftsatz vom 18. Mai 2002 erklärt, dass die Anschrift B.-Deich, H. unzutreffend sei; richtig sei die Anschrift B.-Deich, (andere Hausnummer). Seit wann die Zeugen dort nicht mehr wohnhaft seien, sei dem Kläger nicht bekannt. Die Briefe des Klägers an die Zeugen vom 13. Mai 2002 seien bis heute nicht als unzustellbar zurückgekommen. Mit Schriftsatz vom 1. August 2005 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf Anfrage des Gerichts erklärt, dass ihm die aktuellen ladungsfähigen Anschriften von Dr. B. und Dr. W. nicht bekannt seien; seine Bemühungen, die Anschriften zu erfahren, seien erfolglos geblieben.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12. März 1996 zu ändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Juli 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 1994 aufzuheben, den Bescheid vom 22. März 1994 in der Fassung des Bescheides vom 31. März 1994 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Beschäftigungshilfe für den Arbeitnehmer T. S. für die Zeit vom 1. Dezember 1993 bis 30. November 1994 auf der Grundlage eines monatlichen Arbeitsentgelts von 5.683,- DM zu gewähren. Zudem wird beantragt, die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts H. vom 12. März 1996 aufzuheben und festzustellen, dass der Rechtsstreit durch den am 15. November 1994 vor dem Sozialgericht geschlossenen Vergleich erledigt ist, hilfsweise, die Klagen vollumfänglich abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakten sowie der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG) des Klägers ist unbegründet, die zulässige Anschlussberufung (§ 202 SGG i.V.m. § 524 Zivilprozessordnung – ZPO) der Beklagten in der Fassung des protokollierten Antrags hingegen begründet.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht mit Urteil vom 12. März 1996 in der Sache entschieden, da die Verfahren durch den am 15. November 1994 geschlossen Vergleich ihre Erledigung gefunden haben.
Nach § 101 Abs. 1 SGG können die Beteiligten im Rahmen ihrer Verfügungsbefugnis vor Gericht einen Vergleich schließen, um den geltend gemachten Anspruch vollständig oder zum Teil zu erledigen. Von dieser prozessualen Möglichkeit haben die Beteiligten durch den am 15. November 1994 vor dem SG ´zur Erledigung des Rechtsstreits`, also zur gänzlichen Erledigung des Klageanspruchs, geschlossenen Vergleich Gebrauch gemacht. Der Vergleich wurde nach der Protokollierung den Beteiligten vorgelesen und von diesen genehmigt. Damit waren die prozessrechtlichen Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Vergleichs (§ 122 SGG i.V.m. §§ 160 Abs. 3 Nr. 1, 162 ZPO) erfüllt. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht sind Unwirksamkeitsgründe – insbesondere Willensmängel beim Vergleichsschluss – nicht ersichtlich.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist dieser Vergleich auch nicht wirksam widerrufen worden. Nach der Nr. 3 des Vergleichs war es dem Kläger vorbehalten, ´innerhalb einer Woche, d.h. bis zum 22.11.1994`, von diesem Vergleich zurückzutreten. Es steht jedoch nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass das Widerrufsschreiben vom 21. November 1994 tatsächlich schon am 22. November 1994 beim SG eingegangen ist. Die Richtigkeit des Eingangsstempels des Gerichts ist durch die vom Kläger vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht widerlegt worden, so dass dieser seine Beweiswirkung behält.
Der Eingangsstempel eines Gerichts ist nach allgemeiner Meinung eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO, die vollen Beweis für die Richtigkeit des in ihm angegebenen Eingangsdatums begründet (vgl. BSG, Urteil v. 23.6.1981, 7 RAr 32/80 – Juris; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 13.8.2002, L 2 AL 15/00 – Juris; BVerwG, Beschluss v. 1.3.1988, 7 B 144/87 – Juris; Thüringer OVG, Beschlüsse v. 12.5.1999, 3 ZKO 196/99, und 2.11.1994, 2 EO 42/94 – Juris; BFH, Beschluss v. 29.3.2005, IX B 236/02 – Juris und Urteil v. 19.7.1995, I R 87 u.a. – NJW 1996, S. 679 m.w.N.; OLG Frankfurt, Urteil v. 29.7.1993, 15 U 231/91 – SozVers 1993, S. 305 ff., 307; LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 13.1.1995, 6 Sa 202/94 – Juris).
Zwar kann die Richtigkeit der Urkunde widerlegt werden, doch genügt hierfür nicht die bloße Glaubhaftmachung i.S.d § 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung, sondern es ist der volle Gegenbeweis erforderlich; die Unrichtigkeit muss zur vollen Überzeugung des Gerichts bewiesen werden (LSG Sachsen-Anhalt a.a.O. unter Hinweis auf BGH, Urteil v. 30.3.2000, IX ZR 251/99 – NJW 2000, S. 1872 f.; BVerwG, Beschluss v. 7.10.1993, 4 B 166/93 - NJW 1994, S. 535 f., 536; Thüringer OVG, Beschluss v. 2.11.1994 a.a.O.; BFH, Urteil v. 19.7.1995 a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O.) bzw. es muss jede Möglichkeit der Richtigkeit der Urkunde ausgeschlossen sein (BSG a.a.O.; Thüringer OVG, Beschluss v. 12.5.1999 a.a.O. m.w.N.; LAG Schleswig-Holstein a.a.O.).
Soweit der Bundesgerichtshof (BGH) mit Beschluss vom 3.März 1983 (IX ZB 4/83 – VersR 1983, S. 491) entschieden hat, dass der durch den Eingangsstempel begründete Beweis durch Glaubhaftmachung der Unrichtigkeit widerlegt werden könne, betraf dies ein Verfahren über den Antrag auf Wiedereinsetzung. Diese Möglichkeit besteht aber bei Versäumung einer Widerrufsfrist nicht (vgl. BSG, Urteil vom 5.12.2001, B 7 AL 2/01 R m.w.N.).
Ob eine eidesstattliche Versicherung als Gegenbeweis genügt, ist strittig. Der Bundesfinanzhof hat dies in dem angeführten Urteil vom 19. Juli 1995 unter Hinweis darauf, dass diese lediglich ein Mittel der Glaubhaftmachung ist, verneint. In dem ebenfalls bereits angeführten Urteil vom 29. März 2005 hat er hingegen – ebenso wie der BGH (Urteil v. 18.6.2002, VI ZR 448/01 – NJW 2002, S. 3027 ff., 3028) – eine eidesstattliche Versicherung als Beweismittel akzeptiert. Dies kann jedoch dahinstehen, da auch in den letztgenannten Entscheidungen beider Gerichte darauf verwiesen wurde, dass der volle Beweis des Gegenteils zu erbringen sei.
Unstrittig ist, dass die bloße Erschütterung der Vermutung in dem Sinne, dass auch ein anderer Geschehensablauf als möglich oder sogar als ernstlich möglich dargetan werden kann, nicht ausreicht (BVerwG, Beschluss v. 7.10.1993 a.a.O.; Thüringer OVG a.a.O., jeweils m.w.N.).
Dem Kläger ist der erforderliche Gegenbeweis nicht gelungen.
Zum einen hat er lediglich einen anderen Zugang behauptet, jedoch nicht dargelegt, aus welchen Gründen die – dann unzutreffende – Datumsangabe des Eingangsstempels auf sein Schreiben gelangt sein könnte. Es liegen dafür auch keinerlei Gründe auf der Hand.
Zum anderen weisen die Erklärungen der Zeugen Dr. B. und Dr. W. einige Merkwürdigkeiten auf, die an der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben Zweifel erwecken. So erscheint es als ausgesprochen selbstlos, dass diese es auf sich genommen hatten, den Brief an Stelle des Bevollmächtigten des Klägers einzuwerfen, da dieser Vorgang nicht quasi ´im Vorübergehen` erfolgen konnte. Dr. B. hat angegeben, Deutschland noch am selben Tag "½ bis 1 Stunde vor Mitternacht" verlassen zu haben. Aufgrund des bestehenden Nachtflugverbots ist davon auszugehen, dass er Deutschland per Bahn verlassen hat, die Abreise also vom Hamburger Hauptbahnhof aus erfolgt ist. Es gehört nicht zu den naheliegenden Geschehensabläufen, dass jemand kurz vor Antritt einer Fernreise von dem direkten Weg vom Stadtteil B1 – dem Wohnort des Herrn S. – zum Hauptbahnhof abweicht und einen nicht unbeträchtlichen Umweg macht, um einen Brief bei dem seinerzeit mehrere Kilometer vom Hauptbahnhof entfernt in der Hamburger Neustadt ansässigen SG einzuwerfen, zumal der Bevollmächtigte des Klägers keineswegs daran gehindert war, den Brief selbst beim SG einzuwerfen. Es ist angesichts der unterstellten Abreise per Bahn auch eher unwahrscheinlich, dass den Zeugen für diesen Zweck ein PKW zur Verfügung stand.
Die Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben werden durch die Umstände, unter denen sie in das Verfahren eingeführt wurden, verstärkt. Im Senatstermin am 11. November 1999 hat der Kläger ausweislich der Sitzungsniederschrift auf den richterlichen Hinweis, dass der Vergleich nicht fristgerecht widerrufen sei, allein mit der Behauptung reagiert, er habe dem Gericht bereits vor dem 22. November 1994 telefonisch mitgeteilt, dass vom Vergleich zurückgetreten werde. Es war weder davon die Rede, dass der Einwurf fristgerecht erfolgt sein musste, noch davon, dass er durch Dritte erfolgte und diese ggf. als Zeugen zur Verfügung stünden. Ungeachtet des Zeitablaufs kann erwartet werden, dass sich jemand daran erinnert, wenn er es unter Mithilfe von Bekannten gerade noch geschafft hat, ein wichtiges Schreiben fristgerecht beim SG einzuwerfen. Dies gilt umso mehr, als dem Bevollmächtigten des Klägers ein seinerzeit angeblich von ihm getätigter telefonischer Widerruf in derselben Sache noch erinnerlich war und ein etwaiger Einwurf durch Dritte die Beweislage deutlich verbessern würde.
Schließlich erscheint es dem Senat auch bedenkenswert, dass beide Zeugen eine unzutreffende Anschrift angegeben haben. Angesichts der dargelegten Zweifel hielt der Senat eine persönliche Vernehmung der Zeugen für unumgänglich. Da deren Aufenthaltsort nicht zu ermitteln war, konnten die Zweifel nicht ausgeräumt werden.
Ebenso wenig steht zur Überzeugung des Senats fest, dass es bereits zuvor zu einem mündlichen Widerruf des Vergleiches durch den Kläger gekommen ist.
Der Widerruf eines Vergleiches bedarf - soweit nichts anderes vereinbart ist – keiner besonderen Form (BSG, Urteil v. 5.12.2001 a.a.O.). Ausweislich der Stellungnahme der damaligen Vorsitzenden der Kammer 14, Richterin am SG Schwarz, waren keine besonderen Modalitäten vereinbart worden, so dass ein mündlicher Widerruf ausreichend wäre.
Dass der Vergleich tatsächlich, wie vom Kläger behauptet, mündlich widerrufen worden ist, ist jedoch nicht bewiesen. Die damalige Kammervorsitzende hat dies zwar für die Sitzung am 15. November 1994 mit Sicherheit ausgeschlossen, nicht aber für die nachfolgende Zeit vor dem 23. November 1994, wobei sie allerdings einen Widerruf auch nicht bestätigen konnte.
Der Vortrag des Klägers selbst ist in sich nicht einmal schlüssig, da er unterschiedliche Versionen zu den Modalitäten seines Widerrufs abgegeben hat. Die eine Version geht dahin, dass der Widerruf bereits in der Sitzung am 15. November 1994 erfolgt sei (Schriftsatz vom 21. Januar 2000 an das LSG). Hierzu sei noch angemerkt, dass es dann eines nachfolgenden telefonischen oder schriftlichen Widerrufs nicht mehr bedurft hätte und der Rechtsstreit zur Durchführung weiterer Ermittlungen zur Höhe der Beschäftigungshilfe gleich vertagt worden wäre. Die nächste Version lautet, dass der Widerruf in einem Ferngespräch mit dem Richter angekündigt worden sei (Schriftsatz vom 29. September 2000 an das BSG). In der dritten Version heißt es, der Vergleich sei nach Rücksprache mit dem Vereinsvorsitzenden telefonisch gegenüber dem Gericht widerrufen worden (Sitzung am 11. November 1999, Schriftsatz vom 17. Mai 2002 an das LSG).
Mangels weiterer Ermittlungsmöglichkeiten gehen die Unklarheiten nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.
Da der Vergleich vom 15. November 1994 somit wirksam geblieben ist, hatte sich hierdurch die Klage vor dem SG erledigt, so dass dieses nicht mehr in der Sache hätte entscheiden dürfen. Folglich war das Urteil des SG aufzuheben, der weitergehende Berufungsantrag des Klägers zurückzuweisen und auf die Anschlussberufung der Beklagten festzustellen, dass der Rechtsstreit durch den am 15. November 1994 vor dem SG geschlossenen Vergleich erledigt ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache. Ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger im Revisionsverfahren – im Sinne einer Aufhebung und Zurückverweisung – obsiegt hat, kam es nicht in Betracht, der Beklagten teilweise Kosten aufzuerlegen. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung erfasst die Kostenentscheidung alle durch den Rechtsstreit und das Vorverfahren entstehenden erstattungsfähigen Kosten (vgl. Meyer.Ladewig/Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar 8. Aufl., § 193 RdNr. 2 m.w.N.). Der Kläger ist jedoch vollen Umfangs unterlegen.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) oder Nr. 2 SGG (Abweichung von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
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