L 18 B 1206/05 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 63 AS 1817/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 B 1206/05 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 19. August 2005 aufgehoben. Der Klägerin wird für das erstinstanzliche Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt R S, Tstraße, B, beigeordnet.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und auf Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – i. V. mit §§ 114, 121 Abs. 2 Zivilprozessordnung. Danach erhält ein Verfahrensbeteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen vor. Insbesondere hat die Klage entgegen der Auffassung des Sozialgerichts (SG) hinreichende Erfolgsaussicht.

Ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, beurteilt das Gericht ohne abschließende tatsächliche oder rechtliche Würdigung des Streitstoffs. Maßgeblich ist vielmehr allein, ob der Kläger eine reale Chance zum Obsiegen hat. Die Anforderungen an die Erfolgsaussichten dürfen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nicht überspannt werden (stellvertretend: BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2003 – 1 BvR 1152/02 = SozR 4-1500 § 73a Nr. 1). Ein Rechtsschutzbegehren hat in aller Regel dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt (BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 – 2 BvR 94/88 u. a. = BVerfGE 81, 347, 358 f.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 5. Februar 2003 – 1 BvR 1526/02 = NJW 2003, 1857 f.).

Danach hat die Rechtsverfolgung der Klägerin hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das Sozialgericht (SG) hat den Ausschluss der Klägerin von den begehrten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) damit begründet, dass sie (auch) im streitgegenständlichen Zeitraum leistungsberechtigt nach § 1 Nr. 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) gewesen sei. Denn sie besitze ab Juli 2005 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und auch ihre frühere Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 Ausländergesetz (AuslG) sei nach der Übergangsvorschrift des § 101 Abs. 2 AufenthG als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthG anzusehen. In der Beschwerdebegründung wird jedoch dargelegt, dass die Frage der Leistungsberechtigung der Klägerin nach dem AsylbLG jedenfalls für Leistungszeiträume bis 30. Juni 2005 in vertretbarer Weise auch anders beantwortet werden kann (zu diesem Maßstab vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 5. Februar 2003 – 1 BvR 1526/02 = NJW 2003, 1857 f.). Nach Wahrendorf (in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 1 AsylbLG, Rn. 6 a. E.) gehören zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem AsylbLG nicht mehr diejenigen Ausländer, die bisher im Besitz einer Duldung nach § 55 Abs. 2 i. V. mit § 53 Abs. 6 AuslG waren. Diese Duldung wird nun durch eine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 25 Abs. 3, 60 Abs. 2 AufenthG ersetzt. Diese Vorschriften sind im AsylbLG nicht aufgeführt (Wahrendorf, a. a. O., m. w. N.). Die Klägerin hat vertretbar begründet, warum die ihr noch nach dem AuslG erteilte Aufenthaltsbefugnis übergangsrechtlich als Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG fortgegolten hat mit der Folge, dass sie zumindest in der Zeit bis 30. Juni 2005 nicht zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem AsylbLG gehörte. Dem entspricht es, dass der Landkreis Havelland mit Bescheid vom 21. Dezember 2004 die der Klägerin gewährten Leistungen nach dem AsylbLG mit Ablauf des Jahres 2004 eingestellt hat, weil die Klägerin ab 1. Januar 2005 die Voraussetzungen gemäß § 1 AsylbLG nicht mehr erfüllt. Der Landkreis hat die Klägerin im Einstellungsbescheid ausdrücklich auf Leistungen nach dem SGB II verwiesen. Gegebenfalls wird zu klären sein, ob dem erhobenen Arbeitslosengeld-II-Anspruch andere Hindernisse entgegenstehen.

Unter Berücksichtigung auch der Fähigkeit der Klägerin, sich mündlich und schriftlich auszudrücken (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Dezember 2001 – 1 BvR 391/01 = NZS 2002, 420) war ihr, weil sie die Kosten der Prozessführung nicht selbst aufbringen kann, für das Verfahren vor dem SG Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S zu bewilligen.

Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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