L 4 RA 120/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RA 2189/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 RA 120/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. August 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungs-system der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, Tatbestände von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die im fraglichen Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Dem 1941 geborenen Kläger wurde nach Abschluss des Studiums der Elek-trotechnik mit Urkunde der technischen Universität D vom 7. April 1967 der akademische Grad Diplomingenieur verliehen. Vom 1. März 1967 bis 31. Oktober 1967 arbeitete er beim Robotron Anlagenbau L, vom 7. Mai 1969 bis 30. Juni 1981 beim VEB KOMBINAT ROBOTRON, VEB Robotron-Vertrieb B, vom 1. Juli 1981 bis 31. Dezember 1985 beim VEB Kabelwerk A im VEB Kabelwerk O, vom 1. Januar 1986 bis 30. Juni 1986 erneut im VEB KOMBINAT ROBOTRON, VEB Robotron-Vertrieb B sowie vom 15. Juli 1986 bis 31. Januar 1991 im VEB Reisebüro der DDR, Generaldirektion. In der Folgezeit war der Kläger bis Ende September 1994 bei der Treuhandanstalt beschäftigt, anschließend bei der D GmbH.

Am 16. August 1999 beantragte der Kläger bei der Beklagten für die Zeit seit dem 1. März 1967 bis zum 30. Juli 1990, in der er, unterbrochen durch den Wehrdienst vom 1. November 1967 bis zum 29. April 1969, als Diplomingenieur in volkseigenen Produktionsbetrieben der DDR beschäftigt gewesen sei, die Feststellung seiner Zugehörigkeit zu einem System der zusätzlichen Altersversorgung gemäß Anlage 1 zum AAÜG. Mit Bescheid vom 11. Januar 2002 stellte die Beklagte den Zeitraum vom 1. April 1967 bis 31. Oktober 1967, vom 7. Mai 1969 bis 31. Dezember 1973, sowie vom 1. Juli 1981 bis 31. Dezember 1985 als nachgewiesene Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz fest; dagegen lägen in der Zeit vom 1. Januar 1974 bis 30. Juni 1981 und vom 1. Januar 1986 bis zum 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Anerkennung derartiger Zeiten nicht vor, da die Beschäftigung nicht im Geltungsbereich des Zusatzversorgungssystems – volkseigener Produktionsbetrieb – ausgeübt worden sei. Den Widerspruch des Klägers hiergegen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2003 zurück mit der Begründung, der Kläger habe im Juni 1990 als Ingenieur eine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung im VEB Reisebüro der DDR ausgeübt, bei dem es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) und auch keinen im Sinne von § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1991 (2. DB) einem volkseigenen Produktionsbetrieb gleichgestellten Betrieb gehandelt habe. Auch eine Versorgungszusage habe der Kläger nicht gehabt. Mit dem Feststellungsbescheid gemäß § 8 AAÜG, der fehlerhaft begünstigend sei und nur im Rahmen des Vertrauensschutzes Bestandskraft habe, sei keine Grundlagenentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG getroffen worden. Es seien lediglich bestimmte Zugehörigkeitszeiten im Sinne von § 5 AAÜG festgestellt. Damit sei ohne Bindung an diesen Bescheid – jeweils gesondert für weitere Zeiträume – darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen des § 1 AAÜG erfüllt seien. Dies sei, wie bereits dargelegt, nicht der Fall.

Mit seiner hiergegen am 24. April 2003 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er meint, das AAÜG sei auf ihn anwendbar, denn er verfüge über die erforderliche Qualifikation als Diplomingenieur und habe in umfassten Betrieben gearbeitet. Insbesondere der VEB Robotron-Vertrieb sei ein Produktionsbetrieb gewesen. Im Übrigen komme es nicht darauf an, ob er am 30. Juni 1990 noch in einem volkseigenen Betrieb gearbeitet habe, denn in der DDR sei in allen volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben produziert worden. Auch sei es nicht hinnehmbar, dass nach jahrelanger Beschäftigung in einem VEB Produktionsbetrieb die Tätigkeit in einem anderen Bereich am 30. Juni 1990 zum Verlust aller Anwartschaften führen solle.

Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 10. August 2004 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2003 sei insoweit rechtmäßig, als die Beklagte die Feststellung der Zeit vom 1. Januar 1974 bis 30. Juni 1981 und vom 1. Januar 1986 bis 30. Juni 1990 als solche der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem abgelehnt habe. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Feststellung dieser Zeiten, weil das AAÜG für ihn nicht anwendbar sei. Der Kläger habe am 1. August 1991 keine Versorgungsanwartschaft gehabt. Eine Versorgungszusage des Versorgungsträgers sei ihm nicht erteilt worden. Er habe auch am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage für die AVItech gehabt, denn ein solcher ergebe sich nur dann, wenn er am 30. Juli 1990 noch eine Tätigkeit im Sinne einer Versorgungsordnung ausgeübt hätte, wie das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 9. April 2002, Az.: B 4 RA 31/01 R, im Einzelnen ausgeführt habe. Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. auch Urteil vom 9. April 2002 Az.: B 4 RA 36/01 R) sei nur Personen eine Zusatzversorgung zuzubilligen, die in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt eine Versorgungszusage tatsächlich erhalten hatten, und denjenigen, die am letzten Tag der Existenz der Versorgungssysteme noch alle Voraussetzungen erfüllten, also spätestens jetzt eine Zusage hätten bekommen müssen. Der Kläger habe am 30. Juni 1990 bei dem VEB Reisebüro der DDR gearbeitet, so dass ihm eine Versorgungszusage nicht hätte erteilt werden müssen. Hierbei handele es sich nämlich nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass die Beklagte mit dem Bescheid vom 11. Januar 2002 für den Kläger bestimmte Zusatzversorgungszeiten festgestellt habe. Zu diesem Zeitpunkt habe das BSG seine Rechtsprechung zur nachträglichen Feststellung noch nicht konkretisiert. Auch wenn der Kläger hinsichtlich der rechtswidrig festgestellten Zusatzversorgungszeiten Bestandsschutz genieße, bedeute dies nicht, dass rechtswidrig weitere Zeiten festgestellt werden könnten oder müssten. Bezüglich der grundsätzlichen Anwendbarkeit des AAÜG habe der angefochtene Bescheid keine Aussage getroffen, zumal erst mit den späteren Urteilen des BSG klar geworden sei, dass diese Feststellung gesondert erfolgen müsse (vgl. Urteil des BSG vom 29. Oktober 2002, Az.: B 4 RA 27/02 R). Dieses Ergebnis bedeute nicht den "Verlust aller zuvor gesammelten Anwartschaften", denn es seien überhaupt keine Anwartschaften entstanden.

Gegen dieses ihm am 28. Oktober 2004 zugestellte Urteil richtet sich die am Montag, dem 29. November 2004, eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag wiederholt. Darüber hinaus führt er aus, es werde bestritten, dass eine Beschäftigung in einem Produktionsbetrieb notwendig sei, denn § 1 Abs. 1 der 2. DB 1951 spreche von "volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben". Auch sei nicht nachvollziehbar, dass die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz nur in Betrieben der Industrie und des Bauwesens gegolten haben solle. Dagegen spreche bereits, dass es nach § 1 Abs. 2 der 2. DB 1951 auch "gleichgestellte" Betriebe gegeben habe. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, weshalb die DDR den Ingenieur im Betrieb des VEB Robotron gegenüber einem Lehrer an einer Fachhochschule diskriminiert haben solle, und weshalb auf den Stichtag 30. Juni 1990 abzustellen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. August 2004 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. März 2003 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, auch die Zeit vom 1. Januar 1974 bis 30. Juni 1981 und vom 1. Januar 1986 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG sowie die während dieser Zeit tatsächlich erzielten Entgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Zu Recht habe das Sozialgericht Berlin darauf abgestellt, dass der Kläger am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb (Industrie oder Bauwesen) gearbeitet hat.

Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten und zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte in einseitiger mündlicher Verhandlung entscheiden, denn der Kläger ist mit der ordnungsgemäßen Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 SGG).

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin bewertet die Sach- und Rechtslage zutreffend.

Zu Recht verfolgt der Kläger sein Begehren mit einer kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Dabei ist die Klage auch insoweit zulässig, als der Kläger von der Beklagten begehrt, die im genannten Zeitraum tatsächlich erzielten Verdienste festzustellen. Dies war zwar nicht ausdrücklich Gegenstand seines Antrags im Verwaltungsverfahren, und die Beklagte hat hierüber im angefochtenen Bescheid nicht ausdrücklich – negativ – entschieden. Sie hat aber über die für dieses Begehren entscheidende Vorfrage des Vorliegens von "Zugehörigkeitszeiten" für den maßgeblichen Zeitpunkt 30. Juni 1990 abschlägig entschieden.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 25. März 2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat nämlich keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech und damit als Tatbestände von gleichgestellten Pflichtbetragszeiten (§ 5 AAÜG) im Sinne des 6. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) sowie der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Verdienste, weil das AAÜG gemäß § 1 Abs. 1 AAÜG für ihn nicht anwendbar ist. Dass die Beklagte mit dem Bescheid vom 11. Januar 2002 dennoch bestimmte Zugehörigkeitszeiten im Sinne von § 5 AAÜG festgestellt hat, ändert hieran nichts, denn eine Grundlagenentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG ist mit diesem Bescheid nicht getroffen worden (vgl. BSG Urteil vom 24. April 2002, Az.: B 4 RA 31/01 R). Zur Begründung im Einzelnen nimmt der Senat nach eigener Prüfung zur Vermeidung von Wiederholungen auf die überzeugenden, die Sach- und Rechtslage zutreffend und gründlich würdigenden Gründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts Berlin Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung. Da der Kläger zu keinem Zeitpunkt aufgrund eines staatlichen Akts oder einer einzelvertraglichen Zusage in ein Versorgungssystem einbezogen worden war, konnte er dem Anwendungsbereich des AAÜG nur unterfallen, wenn er eine fiktive Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom Bundessozialgericht in ständiger Rechtssprechung vorgenommenen erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gehabt hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Das Bundessozialgericht hat in seinem Urteil vom 10. Februar 2005, Az. B 4 RA 48/04 R, die vom Sozialgericht Berlin insoweit zu Grunde gelegten Anforderungen nochmals bestätigt und wie folgt ausgeführt: "Für die Anwendbarkeit des AAÜG kommt es nach ständiger Rechtsprechung des Senats auf die am 30. Juni 1990 gegebene Sachlage mit Blick auf die bundesrechtliche Rechtslage am 1. August 1991, dem Inkrafttreten des AAÜG, an. Dies folgt aus den primär- und sekundärrechtlichen Neueinbeziehungsverboten des EinigVtr. So untersagt der EinigVtr primärrechtlich in der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchst a Neueinbeziehungen ab 3. Oktober 1990. Darüber hinaus ordnet der EinigVtr in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 8 - wenn auch mit Modifikationen - die sekundärrechtliche Weitergeltung des Rentenangleichungsgesetzes der DDR (RAnglG-DDR) an, das Neueinbeziehungen ab 1. Juli 1990 untersagt hat (§ 22 Abs. 1 Satz 1 RAnglG-DDR). Da letztlich auf Grund dieser Regelungen Neueinbeziehungen in ein Zusatzversorgungssystem ab 1. Juli 1990 nicht mehr zulässig waren, ist darauf abzustellen, ob der Betroffene nach den tatsächlichen Gegebenheiten bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme (30. Juni 1990) einen "Anspruch" auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Bei dieser Bewertung ist auf die Regelungen der Versorgungssysteme abzustellen, wie sie sich aus den Texten der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl S. 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (nachfolgend: 2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl S. 487) ergeben. Nach § 1 VO-AVItech iVm § 1 Abs. 1 und 2 2. DB hing ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell war dieses System eingerichtet für - Personen, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und - die entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben, und zwar - in einem volkseigenen oder diesem gleichgestellten Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens ... Aus welchen Gründen vor dem 30. Juni 1990 eine der drei Voraussetzungen entfallen ist, ist unerheblich (vgl. hierzu auch: Urteile des Senats vom 29. Juli 2004, B 4 RA 4/04 R, zur Veröffentlichung vorgesehen, und B 4 RA 12/04 R; ferner Urteil vom 8. Juni 2004, B 4 RA 56/03 R). Denn lag am 30. Juni 1990 eine der Voraussetzungen nicht vor, bestand bei Schließung der Zusatzversorgungssysteme kein "Anspruch" auf Erteilung einer Versorgungszusage, der am 1. August 1991 als fiktive Versorgungsanwartschaft den Anwendungsbereich des AAÜG hätte eröffnen können." Auch das Bundesverfassungsgericht hat mit Nichtannahmebeschluss vom 26. Oktober 2005 (1 BvR 1921/04) die Stichtagsregelung für verfassungsgemäß erklärt. Vorliegend scheitert ein "Anspruch" auf Erteilung einer Versorgungszusage mithin jedenfalls daran, dass der Kläger am 30. Juni 1990 – wie das Sozialgericht Berlin zutreffend ausgeführt hat – nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb bzw. einem gleichgestellten Betrieb gearbeitet hat. Aus § 5 VO-AVItech ergeben sich zwei Folgerungen für die Bedeutung des Wortes "volkseigener Produktionsbetrieb" in § 1 Abs. 2 der 2. DB: Es muss sich bei dem betroffenen Betrieb erstens um einen VEB handeln, der organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet war; zweitens muss der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein. Der vom VEB Reisebüro der DDR verfolgte Hauptzweck lag aber ersichtlich nicht in der industriellen Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern, sondern – wie der Name bereits deutlich macht – in einer Dienstleistung. Besteht aber das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer Dienstleistung, führen auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, jedenfalls aber untergeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliegt (BSG Urteil vom 18. Dezember 2004 Az.: B 4 RA 14/03 R, vom 6. Mai 2004 Az.: B 4 RA 44/03 R und vom 27. Juli 2004 Az.: B 4 RA 11/04 R). Der VEB Reisebüro der DDR gehörte demnach weder zu den Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens noch zu den gleichgestellten Betrieben im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB. In welcher konkreten Position der Kläger in diesem Betrieb beschäftigt war und ob er möglicherweise dort einer Tätigkeit nachgegangen ist, die der Produktion zuzurechnen wäre, ist damit irrelevant. Der Kläger konnte deshalb aufgrund seiner Tätigkeit in dem VEB Reisebüro der DDR am 30. Juni 1990 nicht darauf vertrauen, dass ihm eine Leistung aus dem Zusatzversorgungssystem der AVItech gewährt worden wäre.

Schließlich hat das Bundessozialgericht in dem Urteil vom 10. Februar 2005 (a.a.O.) noch Folgendes klargestellt: "Eine Gleichstellung weiterer Personen, die ... nach den zu sekundärem Bundesrecht gewordenen Regelungen der Zusatzversorgungssysteme (hier: AVItech) am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine fiktive Versorgungsanwartschaft Nichteinbezogener nicht erfüllten, ist von Verfassungs wegen nicht geboten. Der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme in der DDR sowie an die gegebene versorgungsrechtliche Lage der Betroffenen ohne Willkürverstoß anknüpfen und damit u.a. zu Grunde legen, dass nur derjenige in das Zusatzversorgungssystem der AVItech einbezogen werden durfte, der am 30. Juni 1990 in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war. Art. 3 Abs. 1 und 3 Grundgesetz gebietet nicht, von jenen zu sekundärem Bundesrecht gewordenen Regelungen der Versorgungssysteme sowie den historischen Fakten, aus denen sich etwa Ungleichheiten ergeben, abzusehen und sie "rückwirkend" zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen (st. Rspr. des BSG, vgl. stellvertretend: Urteil vom 29. Juli 2004, B 4 RA 4/04 R, m.w.N, zur Veröffentlichung vorgesehen, vgl. hierzu auch entsprechend: BVerfG, Beschluss vom 4. August 2004, 1 BvR 1557/01, NVwZ 2005, 81)."

Der Senat schließt sich dieser gefestigten Rechtssprechung des Bundessozialgerichts aus eigener Überzeugung an und hat dem nichts hinzuzufügen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil ein Grund hierfür nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Saved