Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 32 RJ 2097/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 223/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. No-vember 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung (EM).
Die am 1947 geborene Klägerin hatte keine Berufsausbildung absolviert. Von 1964 bis zum 24. Dezember 1984 war sie mit – teilweise längeren - Unterbrechungen als Verwaltungsange-stellte bei dem Land Berlin versicherungspflichtig beschäftigt. Zudem war sie seit 1978 im Betrieb ihres Ehemannes als Taxifahrerin und kaufmännische Mitarbeiterin beschäftigt, zuletzt im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses für die Zeit ab 01. Ap-ril 1999 bis zum Eintritt dauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit am 2. Mai 2003.
Die Klägerin ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 ab Februar 2002 aufgrund folgender Leiden: operiertes und bestrahltes Brustdrü-senleiden beidseits 3/1996 und 9/1993 mit Achselrevision bei erreichter Heilungsbewährungs-zeit, Lymphödem und Bewegungseinschränkung beider Arme, reaktive Depression, Verwach-sungsbeschwerden nach operativer Entfernung der Gebärmutter ohne Anhangsorgane bei En-dometriose, Scheidensenkung mit Drang- und Stressinkontinenz, Halswirbelsäulen- und Len-denwirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen, tachycarde Herzrhythmusstörun-gen bei Schilddrüsenfunktionsstörungen (Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Sozia-les – Versorgungsamt – Berlin vom 07. Mai 2003).
Im Mai 2003 beantragte die Klägerin Rente wegen EM. Die Beklagte ließ sie durch den Inter-nisten und Psychotherapeuten Dr. T und den Arzt für Neurologie und Psychiatrie K untersu-chen und begutachten. Diese Ärzte bescheinigten der Klägerin in ihren Gutachten vom 02. Juli 2003 und 01. September 2003 noch ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte (Arzt K) bzw. leichte bis mittelschwere (Dr. T) körperliche Arbeiten unter Beachtung der auf-gezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen (Operation und Radiation eines Mammakar-zinoms links 1993 und rechts 1996, Rezidivfreiheit, Endometriose, degeneratives Zervikal- und Lumbalsyndrom, Osteoporose, rezidivierende depressive Episode mittelgradiger Ausprägung). Mit Bescheid vom 09.September 2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Auf den Wi-derspruch der Klägerin, mit dem diese Bescheinigungen bzw. Atteste ihrer behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W vom 16. Oktober 2003, von dem Internisten Dr. S vom 17. Oktober 2003, von der Frauenärztin Dr. M vom 17. Oktober 2003 und von dem Arzt für Orthopädie, Rheumatologie und Chirotherapie D vom 22. Oktober 2003 vorlegte, ver-anlasste die Beklagte noch eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. R. Dieser Arzt bestä-tigte die Leistungsbeurteilung der Vorgutachter (Gutsachten vom 21. November 2003). Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Dezember 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Weder volle bzw. teilweise EM noch teilweise EM bei Berufsunfähigkeit (BU) lägen vor.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin einen Befundbericht von Dr. M vom 15. März 2004 erstatten lassen und zudem die Befundberichte aus dem Verfahren beim SG Berlin – S 46 SB 945/02 – beigezogen. Das SG hat die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P als Sachverständige eingesetzt. Diese Ärztin hat in ihrem Gutachten vom 27. August 2004 (Untersuchung am 24. Juli 2004) folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin mitgeteilt: Angst und depressive Störung gemischt, Somatisierungsstörung bei Zustand nach Mammakarzinom mit Ablatio beidseits 1993 und 1996 ohne Rezidiv, Zervikobrachialsyndrom mit Bewegungseinschränkung der rechten Schulter und Myalgien, Lumbalsyndrom bei Protru-sio L5. Die Klägerin könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbei-ten im Wechsel der Haltungsarten – unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Leis-tungseinschränkungen – sowie einfache bis mittelschwere geistige Tätigkeiten ausführen. Der seelische Zustand habe sich deutlich verbessert. Die subjektiv geklagten Beschwerden stünden im Gegensatz zu den objektiven Befunden. Die Klägerin hat hierauf noch ein Attest von Dr. W vom 09. November 2004 eingereicht.
Mit Urteil vom 22. November 2004 hat das SG die auf Gewährung von Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser EM für die Zeit ab 01. Mai 2003 gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe gegen die Be-klagte keinen Anspruch auf Rente wegen EM gemäß § 43 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Ren-tenversicherung – (SGB VI) in der seit 01. Januar 2001 geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Denn sie sei noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Hal-tungsarten unter Beachtung der gutachterlich festgestellten qualitativen Leistungseinschrän-kungen sechs Stunden täglich und mehr auszuüben. Die Kammer folge dem ausführlichen und schlüssigen Gutachten von Dr. P, die der Klägerin noch ein derartiges Leistungsvermögen be-scheinigt habe. Aus den vorgelegten Bescheinigungen bzw. Attesten der behandelnden Ärzte folge keine andere Beurteilung. Selbst Dr. W habe in ihrem Attest vom 09. November 2004 eine Stabilisierung des seelischen Leidens mitgeteilt. Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI. Als ungelernte Arbeiterin könne sie auf jede andere nicht qualifi-zierte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, für die ihr Leistungsver-mögen noch ausreiche.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin (nur) noch ihr Begehren auf Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser EM weiter. Sie trägt vor: Entgegen der Auffassung des SG könne sie nicht mehr sechs Stunden und mehr täglich erwerbstätig sein. Das SG habe sich unkritisch dem Gutachten von Dr. P angeschlossen, ohne zu berücksichtigen, dass sie lediglich zwei bis drei Stunden wöchentlich im Betrieb ihres Ehemannes tätig sei und die von Dr. P selbst aufge-führten Leistungseinschränkungen zusammen mit der hochdosierten Einnahme von Antide-pressiva selbst leichten Bürotätigkeiten entgegen stünden. Für andere Tätigkeiten des allge-meinen Arbeitsmarktes fehle es an der erforderlichen Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Überdies habe das SG sich überwiegend auf Befundberichte aus dem SB-Verfahren gestützt, die fast durchgängig aus dem Jahr 2002 stammten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2004 und den Bescheid der Be-klagten vom 09. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Dezember 2003 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab 01. Mai 2003 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Klägerin auch nach der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme nach wie vor nicht für erwerbsgemindert.
Der Senat hat im Berufungsverfahren Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Kläge-rin erstatten lassen, und zwar von Dr. M vom 09. Juni 2005, von Dr. S vom 01. Juni 2005, von Dr. W vom 20. Juni 2005 und von dem Arzt D vom 10. August 2005.
Der Senat hat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie für Psychotherapeutische Medizin Dr. G mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 19. Dezember 2005 (Untersuchung der Klägerin am 14. Dezember 2005) folgende Leiden diagnostiziert: Neigung zu Nervenwurzelreizerscheinungen im Glied-maßenbereich bei degenerativen Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen einschließlich Bandscheibenalterationen, Neigung zu Migräne im Sinne einer mittelgradigen Verlaufsform ohne Ausschöpfung der Behandlungsmöglichkeiten, rezidivierende Episoden einer reaktiven, mittelgradig ausgeprägten Depression. Die Klägerin könne aus nervenfachärztlicher Sicht täg-lich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsar-ten unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen verrich-ten. Der Senat hat ferner den Arzt M als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in sei-nem Gutachten vom 18. Februar 2006 (Untersuchung am 09. Februar 2006) folgende Gesund-heitsstörungen der Klägerin mitgeteilt: seelisches Leiden, Zustand nach Mammakarzinom beidseits mit Lymphödem und Funktionseinschränkungen beider Schultergürtel, Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, Fußfehlform, Harninkontinenz nach operativer Entfernung der Gebärmutter, Hörminderung rechts, Schilddrüsenerkrankung. Die Klägerin könne täglich re-gelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten – unter Beachtung der festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen – sowie leichte geis-tige Tätigkeiten ausführen. An die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit dürften nur geringe Anforderungen gestellt werden. Die therapeutischen Möglichkeiten seien bislang nicht kom-plett ausgeschöpft worden.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befundberichte und die Sachverständigengutachten von Dr. P, Dr. G und von dem Arzt M Bezug genommen.
Die Schwerbehindertenakten des Versorgungsamtes Berlin (2 Bände), die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Be-schluss zurückweisen können, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Ver-handlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§153 Abs. 4 Satz 2 SGG). Die Berufung der Klägerin, mit der diese nur noch einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM unter Verzicht der Geltendmachung eines Anspruches auf Rente wegen teilweiser EM bei BU weiter verfolgt, ist nicht begründet.
Die Klägerin hat aufgrund ihres im Mai 2003 gestellten Rentenantrages (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI) weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 43 Abs. 1 SGB VI. Sie ist weder voll noch teil-weise erwerbsgemindert.
Die Vorschrift des § 43 SGB VI setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträ-gen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung und Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM voraus (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss volle oder teilweise EM vorliegen (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichti-gen (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin war und ist in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 01. Mai 2003 nicht voll bzw. teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Denn sie verfügte und verfügt in dem maßgebenden Zeitraum noch über ein vollschichtiges und damit auch ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen zumindest für leichte körperliche und geistige Arbeiten, mit dem sie regelmäßig einer vollschichtigen und damit auch mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachge-hen konnte und kann. Dass die Klägerin über ein derartiges Leistungsvermögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Ver-fahrens, insbesondere aus den vorliegenden Gutachten der im Verwaltungsverfahren als Sach-verständige eingesetzten Ärzte Dr. T, K und Dr. R sowie der im Klage- und Berufungsverfah-ren bestellten Gerichtssachverständigen Dr. P, Dr. G und M. Denn alle diese Ärzte haben der Klägerin übereinstimmend ein derartiges vollschichtiges bzw. mindestens sechsstündiges Rest-leistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit dem 01. Mai 2003.
Das vollschichtige bzw. mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen der Klägerin war und ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkun-gen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegen stünde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Die Klägerin kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden jedenfalls nur noch körperlich leichte Tätigkeiten (mit dem Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg) im Wechsel der Haltungsarten ohne feste zeitliche Vorgabe für den Hal-tungswechsel verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten im Freien, unter erschwerten Exposi-tionsbedingungen (Hitze, Kälte, Staub, Feuchtigkeit und Zugluft), unter Zeitdruck, in Nacht-schicht bzw. (Dr. P) auch in Wechselschicht sowie Arbeiten mit einseitiger körperlicher Belas-tung. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule und der Arme ist mäßig reduziert, so dass auch Über-kopfarbeiten ausscheiden. Zudem dürfen keine besonderen Anforderungen an das Hörvermö-gen sowie an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit gestellt werden.
Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5/4 RA 58/97 R – veröffentlicht in juris). Es lagen und liegen zwar bei der Klägerin Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinausgehen, was inhaltlich vom Begriff der kör-perlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Dies gilt besonders hinsichtlich der Notwendigkeit, bestimmte äußere Einwirkungen wie Hitze und Kälte zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 1991 – B 13 RJ 71/97 R – veröffentlicht in juris). Die bei der Klägerin von den Sachver-ständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind aber nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen wie der Ausschluss von Arbeiten in Zwangshaltungen oder mit ein-seitiger körperlicher Belastung, in Hitze und Kälte, unter Zeitdruck, an laufenden Maschinen sowie in Nacht- bzw. Wechselschicht zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungsein-schränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 GS 1-4/95 – GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Das Glei-che gilt hinsichtlich der eingeschränkten geistigen Fähigkeiten der Klägerin, die zumindest keine besonderen Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen – dem Ausbildungsniveau der Klägerin entsprechenden - Arbeitsplatz erkennen lassen; nur eine besondere Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit könnte aber eine spezifische schwere Leistungsbehinderung darstellen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104, 117). Auch der Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Hörvermö-gen stellen, ist nicht als derartige Leistungsbehinderung anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 01. März 1984 – RJ 43/83 – veröffentlicht in juris). Insgesamt betreffen die bei der Klägerin fest-gestellten qualitativen Leistungseinschränkungen jedenfalls lediglich einen kleinen Teilbereich des allgemeinen Arbeitsmarktes, lassen aber ein weites Feld von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt.
So konnte und kann die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Bürotätigkeiten verrichten. Das Gleiche gilt für leichte Sortier- und Verpackungstätig-keiten. Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverstän-digen jedenfalls für derart geistig leichte Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bezüg-lich der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bestehen, konnte und kann die Klägerin auch noch derart einfache Tätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.
Soweit die die Klägerin behandelnden Ärzte D, Dr. W, Dr. M, Dr. S sowie die Dipl.-Psychologin D in ihren Attesten vom 16. Oktober 2003, 17. Oktober 2003, 22. Oktober 2003 und 09. November 2004 die Gewährung einer Rente befürworten und eine Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verneinen, sind diese Einschätzungen auf-grund der von allen Sachverständigen im Wesentlichen übereinstimmend erhobenen und objek-tivierbaren Befunde nicht nachzuvollziehen. Konkrete und anhand der aufgeführten Diagnosen nachvollziehbare Funktionseinschränkungen haben die behandelnden Ärzte der Klägerin nicht benannt. Hinsichtlich des depressiven Leidens haben die hierzu gehörten Sachverständigen auf nervenärztlichem Fachgebiet noch nicht ausgeschöpfte und erfolgversprechende Besserungs-möglichkeiten beschrieben, die nach Einschätzung des Sachverständigen M aktuell auch be-reits zu einer deutlichen Besserung der psychischen Symptomatik geführt haben. Aus dem re-zidivfreien Zustand nach beidseitigem Mammakarzinom resultiert letztlich keine relevante Bewegungseinschränkung der Schultern. Auch die Gesundheitsstörungen am Bewegungsappa-rat führten und führen nicht zu wesentlichen funktionalen Beeinträchtigungen, zumal Nerven-wurzelreizerscheinungen bzw. eine Nervenwurzelkompressionssymptomatik klinisch nicht zu sichern sind. Die Schilddrüsenerkrankung hatte und hat keine Auswirkungen auf das Leis-tungsvermögen der Klägerin.
Da nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens somit eine Summierung ungewöhnlicher Leis-tungseinschränkungen oder eine spezifische schwere Leistungsbehinderung nicht vorlagen und auch nicht vorliegen, war die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit nicht erforder-lich. Für die Klägerin in Betracht kommende Tätigkeitsfelder sind bereits aufgezeigt worden.
Darauf, ob die Klägerin einen ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeits-platz tatsächlich erhalten hätte oder erhalten kann, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Ar-beitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer – wie die Klägerin – derzeit kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von EM – wie der Gesetzgeber klargestellt hat – unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung (EM).
Die am 1947 geborene Klägerin hatte keine Berufsausbildung absolviert. Von 1964 bis zum 24. Dezember 1984 war sie mit – teilweise längeren - Unterbrechungen als Verwaltungsange-stellte bei dem Land Berlin versicherungspflichtig beschäftigt. Zudem war sie seit 1978 im Betrieb ihres Ehemannes als Taxifahrerin und kaufmännische Mitarbeiterin beschäftigt, zuletzt im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses für die Zeit ab 01. Ap-ril 1999 bis zum Eintritt dauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit am 2. Mai 2003.
Die Klägerin ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 ab Februar 2002 aufgrund folgender Leiden: operiertes und bestrahltes Brustdrü-senleiden beidseits 3/1996 und 9/1993 mit Achselrevision bei erreichter Heilungsbewährungs-zeit, Lymphödem und Bewegungseinschränkung beider Arme, reaktive Depression, Verwach-sungsbeschwerden nach operativer Entfernung der Gebärmutter ohne Anhangsorgane bei En-dometriose, Scheidensenkung mit Drang- und Stressinkontinenz, Halswirbelsäulen- und Len-denwirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen, tachycarde Herzrhythmusstörun-gen bei Schilddrüsenfunktionsstörungen (Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Sozia-les – Versorgungsamt – Berlin vom 07. Mai 2003).
Im Mai 2003 beantragte die Klägerin Rente wegen EM. Die Beklagte ließ sie durch den Inter-nisten und Psychotherapeuten Dr. T und den Arzt für Neurologie und Psychiatrie K untersu-chen und begutachten. Diese Ärzte bescheinigten der Klägerin in ihren Gutachten vom 02. Juli 2003 und 01. September 2003 noch ein mehr als sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte (Arzt K) bzw. leichte bis mittelschwere (Dr. T) körperliche Arbeiten unter Beachtung der auf-gezeigten qualitativen Leistungseinschränkungen (Operation und Radiation eines Mammakar-zinoms links 1993 und rechts 1996, Rezidivfreiheit, Endometriose, degeneratives Zervikal- und Lumbalsyndrom, Osteoporose, rezidivierende depressive Episode mittelgradiger Ausprägung). Mit Bescheid vom 09.September 2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Auf den Wi-derspruch der Klägerin, mit dem diese Bescheinigungen bzw. Atteste ihrer behandelnden Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W vom 16. Oktober 2003, von dem Internisten Dr. S vom 17. Oktober 2003, von der Frauenärztin Dr. M vom 17. Oktober 2003 und von dem Arzt für Orthopädie, Rheumatologie und Chirotherapie D vom 22. Oktober 2003 vorlegte, ver-anlasste die Beklagte noch eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. R. Dieser Arzt bestä-tigte die Leistungsbeurteilung der Vorgutachter (Gutsachten vom 21. November 2003). Mit Widerspruchsbescheid vom 09. Dezember 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Weder volle bzw. teilweise EM noch teilweise EM bei Berufsunfähigkeit (BU) lägen vor.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) Berlin einen Befundbericht von Dr. M vom 15. März 2004 erstatten lassen und zudem die Befundberichte aus dem Verfahren beim SG Berlin – S 46 SB 945/02 – beigezogen. Das SG hat die Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P als Sachverständige eingesetzt. Diese Ärztin hat in ihrem Gutachten vom 27. August 2004 (Untersuchung am 24. Juli 2004) folgende Gesundheitsstörungen der Klägerin mitgeteilt: Angst und depressive Störung gemischt, Somatisierungsstörung bei Zustand nach Mammakarzinom mit Ablatio beidseits 1993 und 1996 ohne Rezidiv, Zervikobrachialsyndrom mit Bewegungseinschränkung der rechten Schulter und Myalgien, Lumbalsyndrom bei Protru-sio L5. Die Klägerin könne täglich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbei-ten im Wechsel der Haltungsarten – unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Leis-tungseinschränkungen – sowie einfache bis mittelschwere geistige Tätigkeiten ausführen. Der seelische Zustand habe sich deutlich verbessert. Die subjektiv geklagten Beschwerden stünden im Gegensatz zu den objektiven Befunden. Die Klägerin hat hierauf noch ein Attest von Dr. W vom 09. November 2004 eingereicht.
Mit Urteil vom 22. November 2004 hat das SG die auf Gewährung von Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser EM für die Zeit ab 01. Mai 2003 gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Die Klägerin habe gegen die Be-klagte keinen Anspruch auf Rente wegen EM gemäß § 43 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Ren-tenversicherung – (SGB VI) in der seit 01. Januar 2001 geltenden Fassung (im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Denn sie sei noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Hal-tungsarten unter Beachtung der gutachterlich festgestellten qualitativen Leistungseinschrän-kungen sechs Stunden täglich und mehr auszuüben. Die Kammer folge dem ausführlichen und schlüssigen Gutachten von Dr. P, die der Klägerin noch ein derartiges Leistungsvermögen be-scheinigt habe. Aus den vorgelegten Bescheinigungen bzw. Attesten der behandelnden Ärzte folge keine andere Beurteilung. Selbst Dr. W habe in ihrem Attest vom 09. November 2004 eine Stabilisierung des seelischen Leidens mitgeteilt. Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig gemäß § 240 Abs. 2 SGB VI. Als ungelernte Arbeiterin könne sie auf jede andere nicht qualifi-zierte Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, für die ihr Leistungsver-mögen noch ausreiche.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin (nur) noch ihr Begehren auf Gewährung von Rente wegen voller bzw. teilweiser EM weiter. Sie trägt vor: Entgegen der Auffassung des SG könne sie nicht mehr sechs Stunden und mehr täglich erwerbstätig sein. Das SG habe sich unkritisch dem Gutachten von Dr. P angeschlossen, ohne zu berücksichtigen, dass sie lediglich zwei bis drei Stunden wöchentlich im Betrieb ihres Ehemannes tätig sei und die von Dr. P selbst aufge-führten Leistungseinschränkungen zusammen mit der hochdosierten Einnahme von Antide-pressiva selbst leichten Bürotätigkeiten entgegen stünden. Für andere Tätigkeiten des allge-meinen Arbeitsmarktes fehle es an der erforderlichen Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit. Überdies habe das SG sich überwiegend auf Befundberichte aus dem SB-Verfahren gestützt, die fast durchgängig aus dem Jahr 2002 stammten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2004 und den Bescheid der Be-klagten vom 09. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Dezember 2003 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit ab 01. Mai 2003 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Klägerin auch nach der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme nach wie vor nicht für erwerbsgemindert.
Der Senat hat im Berufungsverfahren Befundberichte von den behandelnden Ärzten der Kläge-rin erstatten lassen, und zwar von Dr. M vom 09. Juni 2005, von Dr. S vom 01. Juni 2005, von Dr. W vom 20. Juni 2005 und von dem Arzt D vom 10. August 2005.
Der Senat hat den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie sowie für Psychotherapeutische Medizin Dr. G mit der Erstattung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Dieser Arzt hat in seinem Gutachten vom 19. Dezember 2005 (Untersuchung der Klägerin am 14. Dezember 2005) folgende Leiden diagnostiziert: Neigung zu Nervenwurzelreizerscheinungen im Glied-maßenbereich bei degenerativen Hals- und Lendenwirbelsäulenveränderungen einschließlich Bandscheibenalterationen, Neigung zu Migräne im Sinne einer mittelgradigen Verlaufsform ohne Ausschöpfung der Behandlungsmöglichkeiten, rezidivierende Episoden einer reaktiven, mittelgradig ausgeprägten Depression. Die Klägerin könne aus nervenfachärztlicher Sicht täg-lich regelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsar-ten unter Berücksichtigung der aufgeführten qualitativen Leistungseinschränkungen verrich-ten. Der Senat hat ferner den Arzt M als Sachverständigen eingesetzt. Dieser Arzt hat in sei-nem Gutachten vom 18. Februar 2006 (Untersuchung am 09. Februar 2006) folgende Gesund-heitsstörungen der Klägerin mitgeteilt: seelisches Leiden, Zustand nach Mammakarzinom beidseits mit Lymphödem und Funktionseinschränkungen beider Schultergürtel, Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom, Fußfehlform, Harninkontinenz nach operativer Entfernung der Gebärmutter, Hörminderung rechts, Schilddrüsenerkrankung. Die Klägerin könne täglich re-gelmäßig und vollschichtig noch körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten – unter Beachtung der festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen – sowie leichte geis-tige Tätigkeiten ausführen. An die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit dürften nur geringe Anforderungen gestellt werden. Die therapeutischen Möglichkeiten seien bislang nicht kom-plett ausgeschöpft worden.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze, wegen der medizinischen Feststellungen auf die zum Verfahren eingeholten Befundberichte und die Sachverständigengutachten von Dr. P, Dr. G und von dem Arzt M Bezug genommen.
Die Schwerbehindertenakten des Versorgungsamtes Berlin (2 Bände), die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Be-schluss zurückweisen können, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Ver-handlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (§153 Abs. 4 Satz 2 SGG). Die Berufung der Klägerin, mit der diese nur noch einen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM unter Verzicht der Geltendmachung eines Anspruches auf Rente wegen teilweiser EM bei BU weiter verfolgt, ist nicht begründet.
Die Klägerin hat aufgrund ihres im Mai 2003 gestellten Rentenantrages (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI) weder einen Anspruch auf Rente wegen voller EM (§ 43 Abs. 2 SGB VI) noch auf Rente wegen teilweiser EM nach § 43 Abs. 1 SGB VI. Sie ist weder voll noch teil-weise erwerbsgemindert.
Die Vorschrift des § 43 SGB VI setzt zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträ-gen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung und Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM voraus (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI). Darüber hinaus muss volle oder teilweise EM vorliegen (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI).
Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichti-gen (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Klägerin war und ist in dem vorliegend streitigen Zeitraum ab 01. Mai 2003 nicht voll bzw. teilweise erwerbsgemindert im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VI. Denn sie verfügte und verfügt in dem maßgebenden Zeitraum noch über ein vollschichtiges und damit auch ein mindestens sechsstündiges Restleistungsvermögen zumindest für leichte körperliche und geistige Arbeiten, mit dem sie regelmäßig einer vollschichtigen und damit auch mindestens sechsstündigen Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachge-hen konnte und kann. Dass die Klägerin über ein derartiges Leistungsvermögen verfügte und auch derzeit noch verfügt, folgt zur Überzeugung des Senats aus dem Gesamtergebnis des Ver-fahrens, insbesondere aus den vorliegenden Gutachten der im Verwaltungsverfahren als Sach-verständige eingesetzten Ärzte Dr. T, K und Dr. R sowie der im Klage- und Berufungsverfah-ren bestellten Gerichtssachverständigen Dr. P, Dr. G und M. Denn alle diese Ärzte haben der Klägerin übereinstimmend ein derartiges vollschichtiges bzw. mindestens sechsstündiges Rest-leistungsvermögen bescheinigt, und zwar durchgehend seit dem 01. Mai 2003.
Das vollschichtige bzw. mindestens sechsstündige Restleistungsvermögen der Klägerin war und ist nach den von den Sachverständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkun-gen auch nicht derart reduziert, dass es einem Arbeitseinsatz der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen entgegen stünde (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI). Die Klägerin kann zwar nach den von den Sachverständigen getroffenen Feststellungen wegen ihrer Leiden jedenfalls nur noch körperlich leichte Tätigkeiten (mit dem Heben und Tragen von Lasten bis 10 kg) im Wechsel der Haltungsarten ohne feste zeitliche Vorgabe für den Hal-tungswechsel verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten im Freien, unter erschwerten Exposi-tionsbedingungen (Hitze, Kälte, Staub, Feuchtigkeit und Zugluft), unter Zeitdruck, in Nacht-schicht bzw. (Dr. P) auch in Wechselschicht sowie Arbeiten mit einseitiger körperlicher Belas-tung. Die Belastbarkeit der Wirbelsäule und der Arme ist mäßig reduziert, so dass auch Über-kopfarbeiten ausscheiden. Zudem dürfen keine besonderen Anforderungen an das Hörvermö-gen sowie an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit gestellt werden.
Bei Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen bestand und besteht aber weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch lag oder liegt eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor (vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 1998 – B 5/4 RA 58/97 R – veröffentlicht in juris). Es lagen und liegen zwar bei der Klägerin Leistungseinschränkungen vor, die teilweise über den Rahmen dessen hinausgehen, was inhaltlich vom Begriff der kör-perlich leichten Tätigkeiten umfasst wird. Dies gilt besonders hinsichtlich der Notwendigkeit, bestimmte äußere Einwirkungen wie Hitze und Kälte zu vermeiden (vgl. BSG, Urteil vom 11. Mai 1991 – B 13 RJ 71/97 R – veröffentlicht in juris). Die bei der Klägerin von den Sachver-ständigen festgestellten qualitativen Leistungseinschränkungen sind aber nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Denn die vorliegenden Leistungseinschränkungen wie der Ausschluss von Arbeiten in Zwangshaltungen oder mit ein-seitiger körperlicher Belastung, in Hitze und Kälte, unter Zeitdruck, an laufenden Maschinen sowie in Nacht- bzw. Wechselschicht zählen nicht zu den ungewöhnlichen Leistungsein-schränkungen und schon gar nicht zu den schweren spezifischen Leistungsbehinderungen (vgl. dazu die auf die Vorlagebeschlüsse des 13. Senats ergangenen Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996 GS 1-4/95 – GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Das Glei-che gilt hinsichtlich der eingeschränkten geistigen Fähigkeiten der Klägerin, die zumindest keine besonderen Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen – dem Ausbildungsniveau der Klägerin entsprechenden - Arbeitsplatz erkennen lassen; nur eine besondere Einschränkung der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit könnte aber eine spezifische schwere Leistungsbehinderung darstellen (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104, 117). Auch der Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Hörvermö-gen stellen, ist nicht als derartige Leistungsbehinderung anzusehen (vgl. BSG, Urteil vom 01. März 1984 – RJ 43/83 – veröffentlicht in juris). Insgesamt betreffen die bei der Klägerin fest-gestellten qualitativen Leistungseinschränkungen jedenfalls lediglich einen kleinen Teilbereich des allgemeinen Arbeitsmarktes, lassen aber ein weites Feld von Beschäftigungsmöglichkeiten unberührt.
So konnte und kann die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen etwa noch leichte Bürotätigkeiten verrichten. Das Gleiche gilt für leichte Sortier- und Verpackungstätig-keiten. Im Hinblick darauf, dass nach der Leistungsbeurteilung der gerichtlichen Sachverstän-digen jedenfalls für derart geistig leichte Tätigkeiten keine relevanten Einschränkungen bezüg-lich der Entschluss- und Verantwortungsfähigkeit, der Auffassungsgabe und der Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit bestehen, konnte und kann die Klägerin auch noch derart einfache Tätigkeiten nach einer Zeit der Einarbeitung bis zu drei Monaten vollwertig verrichten.
Soweit die die Klägerin behandelnden Ärzte D, Dr. W, Dr. M, Dr. S sowie die Dipl.-Psychologin D in ihren Attesten vom 16. Oktober 2003, 17. Oktober 2003, 22. Oktober 2003 und 09. November 2004 die Gewährung einer Rente befürworten und eine Leistungsfähigkeit der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verneinen, sind diese Einschätzungen auf-grund der von allen Sachverständigen im Wesentlichen übereinstimmend erhobenen und objek-tivierbaren Befunde nicht nachzuvollziehen. Konkrete und anhand der aufgeführten Diagnosen nachvollziehbare Funktionseinschränkungen haben die behandelnden Ärzte der Klägerin nicht benannt. Hinsichtlich des depressiven Leidens haben die hierzu gehörten Sachverständigen auf nervenärztlichem Fachgebiet noch nicht ausgeschöpfte und erfolgversprechende Besserungs-möglichkeiten beschrieben, die nach Einschätzung des Sachverständigen M aktuell auch be-reits zu einer deutlichen Besserung der psychischen Symptomatik geführt haben. Aus dem re-zidivfreien Zustand nach beidseitigem Mammakarzinom resultiert letztlich keine relevante Bewegungseinschränkung der Schultern. Auch die Gesundheitsstörungen am Bewegungsappa-rat führten und führen nicht zu wesentlichen funktionalen Beeinträchtigungen, zumal Nerven-wurzelreizerscheinungen bzw. eine Nervenwurzelkompressionssymptomatik klinisch nicht zu sichern sind. Die Schilddrüsenerkrankung hatte und hat keine Auswirkungen auf das Leis-tungsvermögen der Klägerin.
Da nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens somit eine Summierung ungewöhnlicher Leis-tungseinschränkungen oder eine spezifische schwere Leistungsbehinderung nicht vorlagen und auch nicht vorliegen, war die konkrete Bezeichnung einer Verweisungstätigkeit nicht erforder-lich. Für die Klägerin in Betracht kommende Tätigkeitsfelder sind bereits aufgezeigt worden.
Darauf, ob die Klägerin einen ihrem verbliebenen Leistungsvermögen entsprechenden Arbeits-platz tatsächlich erhalten hätte oder erhalten kann, kommt es nicht an. Denn die jeweilige Ar-beitsmarktlage, die für leistungsgeminderte Arbeitnehmer – wie die Klägerin – derzeit kaum entsprechende Arbeitsplatzangebote zur Verfügung stellt, ist für die Feststellung von EM – wie der Gesetzgeber klargestellt hat – unerheblich (vgl. § 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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