Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
81
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 81 KR 4208/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung der Vergütung für von ihm abgegebene Arzneimittel.
Der Kläger betreibt in Berlin eine Apotheke und ist Mitglied des Berliner Apotheker-Vereins. Zu nicht näher bekannten Zeitpunkten lieferte er einer ihm bekannten, in Hamburg praktizierenden Ärztin gegen ärztliche Verordnungen, die diese für einzelne Versicherte der Beklagten – mithin nicht für den Sprechstundenbedarf – ausgestellt und ihm persönlich übermittelt hatte, in erheblichen Mengen das Medikament Botulinumtoxin ("Botox") in die Praxis. Mit Schreiben vom 19. August 2002 und 18. Februar 2003 beanstandete die Beklagte die für diese Lieferungen vorgelegten Abrechnungen. Es liege, so die Beklagte, eine Verstoß gegen das Versandhandelsverbot vor.
Mit Schreiben vom 7. September 2002 legte der Kläger gegen die Beanstandungen vom 19. August 2002 Einspruch ein, der von der Beklagten mit Schreiben vom 9. Oktober 2002 und 12. November 2002 zurückgewiesen wurden. Gegen die Beanstandung vom 18. Februar 2003 erhob der Kläger keinen Einspruch. Die den beanstandeten Abrechnungen entsprechenden Zahlungsbeträge behielt die Beklagte von Überweisungen, die sie nach dem 23. Oktober 2002 respektive nach dem 23. April 2003 an das vom Kläger beauftragte Abrechnungszentrum tätigte, ein. Für wen diese Überweisungen bestimmt waren, ist unklar.
Der Kläger hat am 30. Dezember 2004 Klage erhoben. Er meint, dass ihm ein Verstoß gegen das Versandhandelsverbot nicht zur Last falle, weil er – wie er behauptet – die Arzneimittel jeweils persönlich der ihm bekannten, in Hamburg ansässigen Ärztin in deren Praxis geliefert habe, ein unzulässiger Arzneimittelversand jedoch nur anzunehmen sei, wenn dieser nicht durch den Apotheker selbst, sondern durch zwischengeschaltete Dritte erfolge. Da das Arzneimittel ununterbrochen habe gekühlt werden müssen, habe die ihm bekannte Ärztin mit ihren Patienten vereinbart, sich die für diese erforderlichen Arzneimittel von dem ihr bekannten Kläger in deren Praxis liefern zu lassen.
Er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 21.393,98 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass dem Kläger nicht nur ein Verstoß gegen § 43 Abs. 1 S. 1 AMG a. F., sondern auch ein Verstoß gegen § 11 ApoG und § 17 Apothekenbetriebsordnung zur Last falle und er deshalb mit seinen Forderungen ausgeschlossen sei. Hinzu komme, dass die Taxbeanstandung vom 18. Februar 2003 nach dem damals gültigen Arzneiliefervertrag als anerkannt gelte, weil der Kläger gegen sie nicht rechtzeitig Einspruch erhoben habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 433 Abs. 2 BGB iVm 69 S. 3 SGB V iVm § 129 SGB V sowie den Vorschriften des Berliner Arzneiliefervertrages. Der Vertragsarzt, der einem Versicherten ein Arzneimittel verordnet, handelt bei Ausstellung dieser Verordnung kraft der ihm durch das Kassenarztrecht verliehenen Kompetenzen als Vertreter der Krankenkasse. Der Apotheker, dem das Kaufvertragsangebot der Krankenkasse mit der Vorlage der vertragsärztlichen Verordnung angetragen wird, nimmt dieses an, indem er dem Versicherten das Arzneimittel aushändigt (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.2005, B 3 KR 2/05 R.).
Eine Kaufpreisforderung steht dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu. Es kann dahinstehen, von welchen an das vom Kläger beauftragte Abrechnungszentrum gerichteten Überweisungen die Beklagte die den Taxbeanstandungen zugrunde liegenden Forderungen einbehalten hat, mithin gegen welche Forderung die Beklagte die Aufrechnung erklärt hat. Sofern es sich um eine Forderung handelte, die nicht dem Kläger, sondern einem anderen Apotheker zustand, wäre die Forderung des Klägers, so sie denn entstanden war, infolge der vorausgegangenen Zahlung nach § 362 Abs. 1, 2 BGB iVm § 185 BGB iVm §§ 14 Abs. 2, 18 Abs. 4 S. 1 des Berliner Arzneiliefervertrages erloschen. Ob und inwieweit dem Kläger gegen das Abrechnungszentrum wegen einer möglichen Nichtverbuchung seiner Forderung Ansprüche zustünden, richtete sich nach dem zwischen dem Kläger und dem Abrechnungszentrum bestehenden Vereinbarung (Einzugsermächtigung, Inkassozession etc.). Sofern die Beklagte gegen eine andere, dem Kläger unstreitig zustehende Kaufpreisforderung die Aufrechnung erklärt haben sollte, wäre diese nach § 389 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V iVm § 18 Abs. 4 S. 4 des Berliner Arzneiliefervertrages erloschen. Die Aufrechnung war zulässig (vgl. BSG, SozR 4-2500 § 137c Nr. 2.). Die Beklagte hat die Aufrechnung auch wirksam nach § 388 S. 1 BGB erklärt. Denn die Erklärung braucht nicht ausdrücklich abgegeben zu werden. Es genügt, dass – wie hier – der Aufrechnungswille klar zum Ausdruck kommt (vgl. Palandt, BGB, 65. Aufl. 2006, § 388 Rn. 1.).
Auch die Tatsache, dass die Beklagte die Hauptforderung nicht benannt hat, steht der Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung nicht entgegen. Zwar wird in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass Haupt- und Gegenforderung hinreichend bestimmt sein müssten (vgl. OLG Köln, NJW 2005, S. 1127 [1128].). Indes hat das Bundessozialgericht in einem vergleichbaren Fall, in dem ebenfalls die Hauptforderung nicht benannt wurde, die Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung nicht an deren fehlender Bestimmtheit scheitern lassen (vgl. BSG, SozR 4-2500 § 137c Nr. 2.).
Eine Aufrechnungslage, wie sie § 387 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V erfordert, war gegeben. Dem Kläger stand eine Hauptforderung, der Beklagten eine dem Gegenstand nach gleichartige Gegenforderung zu. Der Kläger war zur Rückzahlung der den Taxbeanstandungen zugrunde liegenden Beträge nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V verpflichtet. Die Beklagte hat diese Beträge ohne Rechtsgrund gezahlt. Dem Kläger stand ein Anspruch auf Zahlung dieser Beträge nicht zu.
Die den Taxbeanstandung vom 18. Februar 2003 zugrunde liegenden Beträge hatte der Kläger schon deshalb nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V zurückzuzahlen, weil die Beanstandung in Ermangelung eines vom Kläger eingelegten Einspruchs nach § 19 Abs. 2 S. 2 des Berliner Arzneiliefervertrages als anerkannt galt. Im Übrigen ist zwischen ihm und der Beklagten ein Kaufvertrag hinsichtlich der den Taxbeanstandungen zugrunde liegenden Verordnungen respektive Arzneimittelieferungen nicht zustande gekommen. Denn die jeweiligen Kaufvertragsangebote der Beklagten, die dem Kläger mit Aushändigung der durch die in Hamburg praktizierende Ärztin ausgestellten Verordnungen vermittelt wurden, standen unter der Bedingung der Einhaltung der im – hier anzuwendenden (vgl. § 2 Abs. 2 des Berliner Arzneiliefervertrages iVm § 2 Abs. 4 S. 2 der Rahmenvereinbarung über die Arzneimittelversorgung nach § 129 SGB V) – Berliner Arzneiliefervertrag niedergelegten Bestimmungen (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.2005, B 3 KR 2/05 R.). § 1 des Berliner Arzneiliefervertrages unterscheidet zwischen der Lieferung von Arzneimitteln an Versicherte und der Lieferung von Sprechstundenbedarf. Bereits hieraus ergibt sich, dass Arzneimittel, die keinen Sprechstundenbedarf decken sollen, nur an Versicherte und nicht an die diese behandelnden Ärzte abgegeben werden dürfen. § 3 Abs. 1 des Berliner Arzneiliefervertrages vom 15. Juni 1999 bestimmt überdies, dass die Versicherten oder Vertragsärzte im Hinblick auf eine Lieferung von Mitteln nach § 1 weder von den Apotheken zu Lasten der Krankenkassen, noch von den Krankenkassen zugunsten bestimmter Apotheken/Lieferanten beeinflusst werden dürfen. Dieser Regelung liegt der gleiche Rechtsgedanke wie der Bestimmung des § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG zugrunde. Danach dürfen Erlaubnisinhaber mit Ärzten keine Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben.
Absprachen iSd § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG meinen ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken, das auch stillschweigend vereinbart werden kann oder aus einer eingespielten Übung respektive einer schlüssigen Handlung hervorgeht. Auf die Zuweisung von Verschreibungen ist die Absprache gerichtet, sofern sie dem Zweck dient, ärztliche Verschreibungen unter Ausschluss anderer Apotheken unmittelbar einer einzelnen Apotheke oder mehreren Apotheken anteilmäßig oder im Wechsel zukommen zu lassen. Entscheidendes Kriterium ist insoweit, dass der Arzt dem Patienten die Verschreibung nicht aushändigt, sondern unmittelbar der begünstigten Apotheke zugehen lässt, mithin dem Versicherten die Freiheit genommen wird, die Apotheke, in der er ein vom Arzt ausgestelltes Rezept einlösen will, frei zu wählen (vgl. OVG Münster, NVwZ-RR 2000, S. 216 [217].).
Dass zwischen dem Kläger und der ihm bekannten, in Hamburg praktizierenden Ärztin eine Absprache iSd § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG bestand, ergibt sowohl aus seinem eigene Vortrag (vgl. Bl. 2 f. GA), als auch aus der Menge der gelieferten Arzneimittel und der daraus abzuleitenden tatsächlichen Übung. Da somit ein Vertrag zwischen ihm und der Beklagten infolge Verstoßes gegen §§ 1 und 3 Abs. 1 S. 1 des Berliner Arzneiliefervertrages nicht zustande gekommen ist, kann dahinstehen, ob der Vertrag, so er denn zustande gekommen wäre, wirksam gewesen wäre. Angemerkt sei jedoch, dass die Kammer Zweifel hat, ob der Vertrag nach § 134 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V iVm § 43 Abs. 1 S. 1 AMG a. F. nichtig gewesen wäre. Selbst wenn nämlich § 43 Abs. 1 S. 1 S. 1 AMG a. F. nicht insgesamt, sondern nur hinsichtlich der Versendung von Impfstoffen infolge eines Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG nichtig gewesen sein sollte (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1027 ff.), hätte die in § 134 BGB angeordnete Rechtsfolge wohl allein die zwischen dem Kläger und der ihm bekannten Ärztin getroffene Absprache getroffen, nicht jedoch den zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag. Schließlich hat auch das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 17. März 2005 (B 3 KR 2/05 R.) nicht auf § 134 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V iVm iVm §§ 21 ff., 30 AMG abgestellt, sondern das Zustandekommen des Kaufvertrages wegen Nichteintritts einer Bedingung verneint.
Da der Berliner Arzneiliefervertrag eine § 4 Abs. 1 S. 2 des Arzneiliefervertrages Rheinland-Pfalz ("Die Abgabebestimmungen ergeben sich aus den gesetzlichen Regelungen und den weiteren Bestimmungen dieses Vertrages.") entsprechende Regelung nicht enthält, ließe sich auch nicht annehmen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten ein Kaufvertrages wegen Verstoßes gegen § 43 Abs.1 S. 1 AMG a. F. nicht zustande gekommen ist. Aus den gleichen Erwägungen wäre ein zwischen der Beklagten und dem Kläger zustande gekommener Kaufvertrag auch nicht nach § 12 ApoG nichtig. Denn auch § 12 ApoG erfasst nur die Rechtsgeschäfte, die zwischen denjenigen zustande kommen, die Adressaten der §§ 8 S. 2, 9 Abs. 1, 10 und 11 ApoG sind.
Da die Beklagte die Zahlungen vorbehaltlich etwaiger Beanstandungen leistete (vgl. § 18 Abs. 2 S. 2 des Berliner Arzneiliefervertrages), konnte sie das Geleistete ungeachtet der in § 814 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V normierten Rechtsfolge zurückverlangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG iVm § 154 Abs. 1 VwGO.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung der Vergütung für von ihm abgegebene Arzneimittel.
Der Kläger betreibt in Berlin eine Apotheke und ist Mitglied des Berliner Apotheker-Vereins. Zu nicht näher bekannten Zeitpunkten lieferte er einer ihm bekannten, in Hamburg praktizierenden Ärztin gegen ärztliche Verordnungen, die diese für einzelne Versicherte der Beklagten – mithin nicht für den Sprechstundenbedarf – ausgestellt und ihm persönlich übermittelt hatte, in erheblichen Mengen das Medikament Botulinumtoxin ("Botox") in die Praxis. Mit Schreiben vom 19. August 2002 und 18. Februar 2003 beanstandete die Beklagte die für diese Lieferungen vorgelegten Abrechnungen. Es liege, so die Beklagte, eine Verstoß gegen das Versandhandelsverbot vor.
Mit Schreiben vom 7. September 2002 legte der Kläger gegen die Beanstandungen vom 19. August 2002 Einspruch ein, der von der Beklagten mit Schreiben vom 9. Oktober 2002 und 12. November 2002 zurückgewiesen wurden. Gegen die Beanstandung vom 18. Februar 2003 erhob der Kläger keinen Einspruch. Die den beanstandeten Abrechnungen entsprechenden Zahlungsbeträge behielt die Beklagte von Überweisungen, die sie nach dem 23. Oktober 2002 respektive nach dem 23. April 2003 an das vom Kläger beauftragte Abrechnungszentrum tätigte, ein. Für wen diese Überweisungen bestimmt waren, ist unklar.
Der Kläger hat am 30. Dezember 2004 Klage erhoben. Er meint, dass ihm ein Verstoß gegen das Versandhandelsverbot nicht zur Last falle, weil er – wie er behauptet – die Arzneimittel jeweils persönlich der ihm bekannten, in Hamburg ansässigen Ärztin in deren Praxis geliefert habe, ein unzulässiger Arzneimittelversand jedoch nur anzunehmen sei, wenn dieser nicht durch den Apotheker selbst, sondern durch zwischengeschaltete Dritte erfolge. Da das Arzneimittel ununterbrochen habe gekühlt werden müssen, habe die ihm bekannte Ärztin mit ihren Patienten vereinbart, sich die für diese erforderlichen Arzneimittel von dem ihr bekannten Kläger in deren Praxis liefern zu lassen.
Er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 21.393,98 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. April 2003 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass dem Kläger nicht nur ein Verstoß gegen § 43 Abs. 1 S. 1 AMG a. F., sondern auch ein Verstoß gegen § 11 ApoG und § 17 Apothekenbetriebsordnung zur Last falle und er deshalb mit seinen Forderungen ausgeschlossen sei. Hinzu komme, dass die Taxbeanstandung vom 18. Februar 2003 nach dem damals gültigen Arzneiliefervertrag als anerkannt gelte, weil der Kläger gegen sie nicht rechtzeitig Einspruch erhoben habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs ist § 433 Abs. 2 BGB iVm 69 S. 3 SGB V iVm § 129 SGB V sowie den Vorschriften des Berliner Arzneiliefervertrages. Der Vertragsarzt, der einem Versicherten ein Arzneimittel verordnet, handelt bei Ausstellung dieser Verordnung kraft der ihm durch das Kassenarztrecht verliehenen Kompetenzen als Vertreter der Krankenkasse. Der Apotheker, dem das Kaufvertragsangebot der Krankenkasse mit der Vorlage der vertragsärztlichen Verordnung angetragen wird, nimmt dieses an, indem er dem Versicherten das Arzneimittel aushändigt (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.2005, B 3 KR 2/05 R.).
Eine Kaufpreisforderung steht dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu. Es kann dahinstehen, von welchen an das vom Kläger beauftragte Abrechnungszentrum gerichteten Überweisungen die Beklagte die den Taxbeanstandungen zugrunde liegenden Forderungen einbehalten hat, mithin gegen welche Forderung die Beklagte die Aufrechnung erklärt hat. Sofern es sich um eine Forderung handelte, die nicht dem Kläger, sondern einem anderen Apotheker zustand, wäre die Forderung des Klägers, so sie denn entstanden war, infolge der vorausgegangenen Zahlung nach § 362 Abs. 1, 2 BGB iVm § 185 BGB iVm §§ 14 Abs. 2, 18 Abs. 4 S. 1 des Berliner Arzneiliefervertrages erloschen. Ob und inwieweit dem Kläger gegen das Abrechnungszentrum wegen einer möglichen Nichtverbuchung seiner Forderung Ansprüche zustünden, richtete sich nach dem zwischen dem Kläger und dem Abrechnungszentrum bestehenden Vereinbarung (Einzugsermächtigung, Inkassozession etc.). Sofern die Beklagte gegen eine andere, dem Kläger unstreitig zustehende Kaufpreisforderung die Aufrechnung erklärt haben sollte, wäre diese nach § 389 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V iVm § 18 Abs. 4 S. 4 des Berliner Arzneiliefervertrages erloschen. Die Aufrechnung war zulässig (vgl. BSG, SozR 4-2500 § 137c Nr. 2.). Die Beklagte hat die Aufrechnung auch wirksam nach § 388 S. 1 BGB erklärt. Denn die Erklärung braucht nicht ausdrücklich abgegeben zu werden. Es genügt, dass – wie hier – der Aufrechnungswille klar zum Ausdruck kommt (vgl. Palandt, BGB, 65. Aufl. 2006, § 388 Rn. 1.).
Auch die Tatsache, dass die Beklagte die Hauptforderung nicht benannt hat, steht der Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung nicht entgegen. Zwar wird in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass Haupt- und Gegenforderung hinreichend bestimmt sein müssten (vgl. OLG Köln, NJW 2005, S. 1127 [1128].). Indes hat das Bundessozialgericht in einem vergleichbaren Fall, in dem ebenfalls die Hauptforderung nicht benannt wurde, die Wirksamkeit der Aufrechnungserklärung nicht an deren fehlender Bestimmtheit scheitern lassen (vgl. BSG, SozR 4-2500 § 137c Nr. 2.).
Eine Aufrechnungslage, wie sie § 387 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V erfordert, war gegeben. Dem Kläger stand eine Hauptforderung, der Beklagten eine dem Gegenstand nach gleichartige Gegenforderung zu. Der Kläger war zur Rückzahlung der den Taxbeanstandungen zugrunde liegenden Beträge nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V verpflichtet. Die Beklagte hat diese Beträge ohne Rechtsgrund gezahlt. Dem Kläger stand ein Anspruch auf Zahlung dieser Beträge nicht zu.
Die den Taxbeanstandung vom 18. Februar 2003 zugrunde liegenden Beträge hatte der Kläger schon deshalb nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V zurückzuzahlen, weil die Beanstandung in Ermangelung eines vom Kläger eingelegten Einspruchs nach § 19 Abs. 2 S. 2 des Berliner Arzneiliefervertrages als anerkannt galt. Im Übrigen ist zwischen ihm und der Beklagten ein Kaufvertrag hinsichtlich der den Taxbeanstandungen zugrunde liegenden Verordnungen respektive Arzneimittelieferungen nicht zustande gekommen. Denn die jeweiligen Kaufvertragsangebote der Beklagten, die dem Kläger mit Aushändigung der durch die in Hamburg praktizierende Ärztin ausgestellten Verordnungen vermittelt wurden, standen unter der Bedingung der Einhaltung der im – hier anzuwendenden (vgl. § 2 Abs. 2 des Berliner Arzneiliefervertrages iVm § 2 Abs. 4 S. 2 der Rahmenvereinbarung über die Arzneimittelversorgung nach § 129 SGB V) – Berliner Arzneiliefervertrag niedergelegten Bestimmungen (vgl. BSG, Urteil vom 17.03.2005, B 3 KR 2/05 R.). § 1 des Berliner Arzneiliefervertrages unterscheidet zwischen der Lieferung von Arzneimitteln an Versicherte und der Lieferung von Sprechstundenbedarf. Bereits hieraus ergibt sich, dass Arzneimittel, die keinen Sprechstundenbedarf decken sollen, nur an Versicherte und nicht an die diese behandelnden Ärzte abgegeben werden dürfen. § 3 Abs. 1 des Berliner Arzneiliefervertrages vom 15. Juni 1999 bestimmt überdies, dass die Versicherten oder Vertragsärzte im Hinblick auf eine Lieferung von Mitteln nach § 1 weder von den Apotheken zu Lasten der Krankenkassen, noch von den Krankenkassen zugunsten bestimmter Apotheken/Lieferanten beeinflusst werden dürfen. Dieser Regelung liegt der gleiche Rechtsgedanke wie der Bestimmung des § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG zugrunde. Danach dürfen Erlaubnisinhaber mit Ärzten keine Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben.
Absprachen iSd § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG meinen ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken, das auch stillschweigend vereinbart werden kann oder aus einer eingespielten Übung respektive einer schlüssigen Handlung hervorgeht. Auf die Zuweisung von Verschreibungen ist die Absprache gerichtet, sofern sie dem Zweck dient, ärztliche Verschreibungen unter Ausschluss anderer Apotheken unmittelbar einer einzelnen Apotheke oder mehreren Apotheken anteilmäßig oder im Wechsel zukommen zu lassen. Entscheidendes Kriterium ist insoweit, dass der Arzt dem Patienten die Verschreibung nicht aushändigt, sondern unmittelbar der begünstigten Apotheke zugehen lässt, mithin dem Versicherten die Freiheit genommen wird, die Apotheke, in der er ein vom Arzt ausgestelltes Rezept einlösen will, frei zu wählen (vgl. OVG Münster, NVwZ-RR 2000, S. 216 [217].).
Dass zwischen dem Kläger und der ihm bekannten, in Hamburg praktizierenden Ärztin eine Absprache iSd § 11 Abs. 1 S. 1 ApoG bestand, ergibt sowohl aus seinem eigene Vortrag (vgl. Bl. 2 f. GA), als auch aus der Menge der gelieferten Arzneimittel und der daraus abzuleitenden tatsächlichen Übung. Da somit ein Vertrag zwischen ihm und der Beklagten infolge Verstoßes gegen §§ 1 und 3 Abs. 1 S. 1 des Berliner Arzneiliefervertrages nicht zustande gekommen ist, kann dahinstehen, ob der Vertrag, so er denn zustande gekommen wäre, wirksam gewesen wäre. Angemerkt sei jedoch, dass die Kammer Zweifel hat, ob der Vertrag nach § 134 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V iVm § 43 Abs. 1 S. 1 AMG a. F. nichtig gewesen wäre. Selbst wenn nämlich § 43 Abs. 1 S. 1 S. 1 AMG a. F. nicht insgesamt, sondern nur hinsichtlich der Versendung von Impfstoffen infolge eines Verstoßes gegen Art. 12 Abs. 1 GG nichtig gewesen sein sollte (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1027 ff.), hätte die in § 134 BGB angeordnete Rechtsfolge wohl allein die zwischen dem Kläger und der ihm bekannten Ärztin getroffene Absprache getroffen, nicht jedoch den zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag. Schließlich hat auch das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 17. März 2005 (B 3 KR 2/05 R.) nicht auf § 134 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V iVm iVm §§ 21 ff., 30 AMG abgestellt, sondern das Zustandekommen des Kaufvertrages wegen Nichteintritts einer Bedingung verneint.
Da der Berliner Arzneiliefervertrag eine § 4 Abs. 1 S. 2 des Arzneiliefervertrages Rheinland-Pfalz ("Die Abgabebestimmungen ergeben sich aus den gesetzlichen Regelungen und den weiteren Bestimmungen dieses Vertrages.") entsprechende Regelung nicht enthält, ließe sich auch nicht annehmen, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten ein Kaufvertrages wegen Verstoßes gegen § 43 Abs.1 S. 1 AMG a. F. nicht zustande gekommen ist. Aus den gleichen Erwägungen wäre ein zwischen der Beklagten und dem Kläger zustande gekommener Kaufvertrag auch nicht nach § 12 ApoG nichtig. Denn auch § 12 ApoG erfasst nur die Rechtsgeschäfte, die zwischen denjenigen zustande kommen, die Adressaten der §§ 8 S. 2, 9 Abs. 1, 10 und 11 ApoG sind.
Da die Beklagte die Zahlungen vorbehaltlich etwaiger Beanstandungen leistete (vgl. § 18 Abs. 2 S. 2 des Berliner Arzneiliefervertrages), konnte sie das Geleistete ungeachtet der in § 814 BGB iVm § 69 S. 3 SGB V normierten Rechtsfolge zurückverlangen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG iVm § 154 Abs. 1 VwGO.
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