S 20 SO 15/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 SO 15/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Übernahme weiterer über die bewilligten hinausgehenden Unterkunfts- und Heizkosten.

Der am 00.00.1940 geborene Kläger erhält seit 01.07.2005 von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland Regelaltersrente in Höhe von monatlich 94,29 EUR. Ergänzend hierzu bezieht er vom Beklagten Leistungen der Grundsicherung (GSi) bei Alter und Erwerbsminderung. Er bewohnt eine Wohnung nebst Mansarde, die er und sein Lebensgefährte ab 01.08.2005 gemietet haben. Die Wohnfläche der Wohnung beträgt 55,28 qm, die der Mansarde 11,38 qm. Die Warmmiete beträgt 390,79 EUR. Der Lebensgefährte des Klägers ist seit ca. 4 Jahren inhaftiert.

Durch Bescheid vom 20.10.2005 bewilligte der Beklagte dem Kläger GSi-Leistungen ab November 2005. Als Bedarf erkannte der Beklagte u.a. Unterkunftskosten von 342,79 EUR und Heizkosten von 48,00 EUR, insgesamt 390,79 EUR an, von dem er auf den Lebensgefährten entfallende hälftige Unterkunfts- und Heizkostenanteile von 171,40 EUR bzw. 24,00 EUR abzog.

Gegen die Kürzung der Miete um die Mietanteile des Lebensgefährten legte der Kläger am 10.11.2005 Widerspruch ein.

Durch Änderungsbescheid vom 21.11.2005 bewilligte der Beklagte GSi-Leistungen ab Dezember 2005, wobei als Heizkostenbedarf des Klägers nur noch 43,20 EUR abzüglich eines hälftigen Anteils des Lebensgefährten von 21,60 EUR anerkannte.

Durch Widerspruchsbescheid vom 02.01.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen hat der Kläger am 03.02.2006 Klage erhoben. Er trägt vor, er bewohne die Wohnung alleine, eine Bedarfsgemeinschaft mit seinem Lebensgefährten bestehe nicht. Dessen Aufnahme in den Mietvertrag sei allein aus sozialen Motiven erfolgt; er habe dokumentieren wollen, dass er an der Lebensgemeinschaft mit ihm trotz dessen schwieriger Situation der Haftunterbringung festhalte. Selbst wenn er – der Kläger – die Wohnung alleine gemietet hätte, sei diese nach sozialrechtlichen Kriterien für ihn angemessen. Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,

den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 20.10. und 21.11.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.01.2006 zu verpflichten, ihm die vollen Kosten für Unter- kunft und Heizung zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, da der Mietvertrag eindeutig und unmissverständlich gemeinsam vom Kläger und seinem Lebensgefährten abgeschlossen worden sei, seien beide gemeinsam und gleichberechtigt Mieter der Wohnung; daraus folge, dass die Unterkunfts- und Heizungskosten jeweils zur Hälfte dem Kläger und seinem Lebensgefährten zuzuordnen seien.

Durch Schreiben vom 07.06.2006 sind die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört worden.

II.

Gemäß § 105 Abs. 1 SGG kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher angehört worden.

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Entscheidung des Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, bei der Berechnung des Anspruchs des Klägers auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung als Bedarf für Unterkunft und Heizung nur 50 v.H. der Kosten der berücksichtigen, ist nicht zu beanstanden. Denn die Wohnung ist ausweislich des Mietvertrags nicht allein vom Kläger, sondern zugleich von dessen Lebensgefährten angemietet worden. Die Leistungen bei Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung. Haben mehrere Personen gemeinsam eine Wohnung angemietet oder wird eine Wohnung von mehreren Personen gemeinsam genutzt, so erfolgt die Zuordnung der Unterkunfts- und Heizungskosten regelmäßig nach Kopfteilen (BVerwG, Urteil vom 21.01.1988 – 5 C 68/85). Da jede einzelne Person ein subjektives, höchstpersönliches und nicht übertragbares Recht auf Sozialhilfe hat, entfällt bei einer Mehrzahl von Mietern/Nutzern einer Wohnung der eventuelle Anspruch auf Sozialhilfeleistungen für die Unterkunfts- und Heizungskosten anteilig auf jeden einzelnen Mieter/Nutzer. Der Beklagte hat deshalb zutreffend die Unterkunfts- und Heizungskosten der vom Kläger und seinem Lebensgefährten gemeinsam gemieteten Wohnung jeweils zur Hälfte dem Kläger und dem Lebensgefährten zugeordnet.

Der Umstand, dass der Lebensgefährte die gemeinsam angemietete Wohnung wegen seiner Inhaftierung noch nicht bewohnen kann, führt nicht dazu, dass die auf ihn entfallenden Kostenanteile für Unterkunft und Heizung bis zum Zeitpunkt seiner Haftentlassung und seines Einzugs in die Wohnung einen Bedarf des Klägers darstellen. Vielmehr entspricht die Situation derjenigen eines Inhaftierten, der zum Zeitpunkt seiner Inhaftierung eine Wohnung bewohnt, für diese (anteilig) Miete zahlen muss und – sofern Selbsthilfemöglichkeiten nicht vorhanden oder ausgeschöpft sind und das Mietverhältnis gefährdet ist – zur Sicherung der Unterkunft Hilfe benötigt. Sofern der Lebensgefährte nicht in der Lage sein sollte, die auf ihn entfallenden Kostenanteile aus seinem Einkommen und Vermögen aufzubringen, obliegt es ihm, eigene Leistungsansprüche geltend zu machen.

Da laut Mietvertrag die Kosten für Unterkunft und Heizung auf den Kläger nur zur Hälfte entfallen, hat er keinen Anspruch auf Übernahme der vollen Kosten einschließlich des auf den Lebensgefährten entfallenden Kostenanteils.

Auch bei Anwendung der Produkttheorie (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 28.04.2005 – 5 C 15/04; LSG NRW, Beschl. vom 01.08.2005 – L 19 B 21/05 AS ER) können die vom Kläger geltend gemachten Unterkunftskosten nicht als angemessen angesehen werden. Für einen Alleinstehenden ist eine Wohnfläche von 45 m ² noch als angemessen anzusehen; die gemietete Wohnung hat eine Wohnfläche von 55,28 m ²(zzgl. einer Mansarde von 11,38 m ²). Bei einem als noch angemessenen anzusehenden Kaltmietzins von 4,50 EUR je m ², der sich aus dem B Mietspiegel ergibt und der auch der Wohnungsmiete zugrunde liegt, errechnet sich ein angemessener Kaltmietpreis von 202,50 EUR. Diesem Mietpreis übersteigt der vom Kläger zu zahlende Mietpreis bei Weitem.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 105 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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