Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 RA 6035/96 W03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 162/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. November 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Mit Bescheid vom 31. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Novem-ber 1996 stellte die Beklagte nach § 8 Absätze 2 und 3 Anspruchs- und Anwartschaftsüberfüh-rungsgesetz (AAÜG) die Zugehörigkeit des Klägers zur Altersversorgung der technischen In-telligenz (AVTI – Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) für die Zeit vom 01. April 1967 bis zum 23. Juli 1968, vom 07. September 1968 bis zum 29. März 1970 und vom 10. Mai 1970 bis zum 28. Februar 1971 sowie die Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzli-chen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates (FZASt – Zusatzver-sorgungssystem Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG) für die Zeit vom 01. März 1971 bis zum 23. November 1975, vom 01. Januar 1976 bis zum 13. November 1977, vom 01. Januar 1978 bis zum 17. März 1990 und vom 18. März 1990 bis zum 30. Juni 1990 fest. Des Weiteren stellte die Beklagte die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte fest und teilte die unter Anwendung der Anlage 5 zum AAÜG zu berücksichtigenden Entgelte (mit Ausnahme der Zeit vom 18. März 1990 bis zum 30. Juni 1990) mit.
Hiergegen hatte der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhoben, mit der er sich gegen die seiner Meinung nach rechtswidrige Kürzung der anzurechnenden Verdienste ge-wandt und die Berechnung seiner Rente in voller Höhe seiner Verdienste begehrt hatte.
Im Laufe des Klageverfahrens hatte die Beklagte weitere Bescheide (Bescheid vom 10. Januar 1997 und Bescheid vom 06. Juni 2002 auf) erlassen, wonach für Leistungszeiträume ab 01. Juli 1993 nach der Anlage 5 begrenzte Entgelte nur noch für die festgestellten Zeiten in dem Zeit-raum vom 01. Januar 1968 bis zum 28. Februar 1971, vom 01. März 1971 bis zum 31. Dezem-ber 1971 und vom 01. Januar 1975 bis zum 17. März 1990 mitgeteilt worden sind.
In der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2003 hatte der Kläger verschiedene Erklärun-gen abgegeben; auf die Sitzungsniederschrift des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 31. März 2003 wird insoweit Bezug genommen. Weiter wird auch nicht die Höhe der festgestellten Ent-gelte bestritten.
Die Beklagte hatte dann das folgende Anerkenntnis abgegeben: "Für die Zeit vom 01. April 1967 bis 28. Februar 1971 werden die Entgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüber-führungsgesetz (AAÜG) gemäß § 6 Abs. 1 AAÜG festgestellt." Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2003 hatte der Kläger erklärt, dass "die Veränderung für die Zeit vom 1.4. 1967 bis zum 28.2. 1971 akzeptiert werde; insofern sei die Klage für diesen Zeitraum erledigt, offen sei aber immer noch die Begrenzung seiner Verdienste für den Zeitraum vom 1.1. 1975 bis 1990. Be-züglich dieser Frage werde die Klage aufrechterhalten".
Durch Gerichtsbescheid vom 25. November 2004 hat das SG die folgende Entscheidung ge-troffen: Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch angenommenes Teilanerkenntnis und Klagerücknahme im Übrigen erledigt ist. Zur Begründung ist ausgeführt: Die prozessbeenden-de Wirkung der von dem Kläger erklärten Klagerücknahme ergebe sich aus § 102 S. 2 Sozial-gerichtsgesetz (SGG), die des angenommenen Teilanerkenntnisses aus § 101 Abs. 2 SGG. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass der Kläger das Teilanerkenntnis der Beklagten, wonach für den Zeitraum bis Februar 1971 die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs. 2 AAÜG nicht mehr festgestellt würden, angenommen habe, wodurch insoweit Erledigung des Verfahrens nach § 101 Abs. 2 SGG eingetreten sei. Im Ergebnis der mündlichen Verhandlung sei dieser Punkt der einzige, der im vorliegenden Gerichtsverfahren (noch) streitig gewesen sei. Daher sei mit der Annahme des Teilanerkenntnisses der Rechtsstreit nunmehr insgesamt erle-digt. Bezüglich aller anderen Streitgegenstände habe der Kläger seine Klage im Termin zu-rückgenommen. Die Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung beinhalte eine Klagerücknahme für diesen Zeitraum: Der Kläger habe erklärt, es bleibe im vorliegenden Ver-fahren einzig streitig, ob die Beklagte ab Januar 1968 bis Februar 1971 zu Recht davon ausge-gangen sei, dass der Tatbestand von § 6 Abs. 3 Nr. 8 AAÜG vorliege. Auch einem juristischen Laien dürfe ersichtlich sein, dass wenn nur noch ein Punkt streitig bleibe, alle anderen Punkte nicht mehr streitig seien. Er habe damit zugleich die Klage bezüglich aller anderen Punkte zu-rückgenommen. Die Ansicht des Bevollmächtigten, es müsse das Wort "Klagerücknahme" verwendet werden, sei falsch. Wie jede Willenserklärung sei auch eine Klagerücknahme bei Auslegung der abgegebenen Erklärung zu ermitteln. Wovon der Kläger bei Abgabe dieser Wil-lenserklärung ausgegangen sei, sei irrelevant. Selbst wenn sich der Kläger in einem unbeachtli-chen Motivirrtum befunden hätte, ändere dies an der Wirksamkeit der Klagerücknahme nichts. Eine Klagerücknahme könne grundsätzlich weder widerrufen noch angefochten werden. Ein Widerruf sei nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen der Wiederaufnahme gemäß §§ 179, 180 SGG i. V. m. §§ 579, 580 Zivilprozessordnung (ZPO) möglich.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er trägt vor: Er habe sich mit seiner im Dezember 1996 eingereichten Klage von Beginn des Rechtsstreits an gegen die Verfassungs-widrigkeit des § 6 Abs. 2 und 3 AAÜG gewandt. Seine Formulierungen in der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2003 seien in sich widersprüchlich und würden für einen juristi-schen Laien wie ihn nicht den Schluss zulassen, dass die Klage insoweit durch ihn als zurück-genommen gelte. Insoweit hätte es bei einem anwaltlich nicht vertretenen Kläger einer aus-drücklichen Klarstellung im Protokoll bedurft. Denn die Klagerücknahme müsse eindeutig sein. Mehrdeutige Erklärungen genügten insoweit nicht. Selbst wenn in der Erklärung eine Rücknahme der Klage zu sehen wäre, sei entgegen der Auffassung des SG ein Widerruf der Klagerücknahme nach dem Grundsatz von Treu und Glauben möglich, nämlich dann, wenn bei der Erklärung ein offensichtliches Versehen unterlaufen sei; auf die Schriftsätze vom 06. Juni 2005 und vom 18. August 2005 wird im Übrigen Bezug genommen.
Der Kläger beantragt zuletzt (Schriftsatz vom 17. November 2005),
1. Der Gerichtsbescheid vom 25. November 2004 wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund/Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme, - S 7 RA 6035/96 W03 - nicht durch Klagerücknahme erledigt ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, mit der er sinngemäß sein Begehren für die Zeit von 1975 bis 1990 aus dem Schriftsatz vom 23. Juli 2003 weiter verfolgt, ist nicht begründet. Die Entscheidung des SG, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat, ist im Er-gebnis zutreffend. Entgegen der vom SG vertretenen Rechtsauffassung hat sich der Rechtsstreit allerdings nicht durch angenommenes Teilanerkenntnis und Klagerücknahme im Übrigen erle-digt; vielmehr hat der Kläger zuerst in der mündlichen Verhandlung beim SG die von ihm er-hobene Klage teilweise zurückgenommen und dann hat er das das Anerkenntnis der Beklag-ten, betreffend die allein noch streitige Zeit von Januar 1968 bis 28.Februar 1971, angenom-men. Der Rechtsstreit hat sich also zunächst teilweise durch Klagerücknahme (§ 102 Satz 2 SGG) und dann endgültig durch das Anerkenntnis des noch anhängigen Klageanspruchs sowie durch die Annahme dieses Anerkenntnisses (§ 101 Abs. 2 SGG) erledigt.
Der Kläger hatte zunächst mit seiner Klage vom 11. Dezember 1996 nur die in dem Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Novem-ber 1996 mitgeteilten Entgeltbegrenzungen gemäß § 6 Abs. 2 und 3 AAÜG angegriffen. So-weit er sich dann nach Erlass der Bescheide vom10. Januar 1997 und 6. Juni 2002 auch gegen die Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Absätze 2 und 3 AAÜG ge-wandt hat, hat er in der mündlichen Verhandlung am 31. März 2003 diese Klagen – mit Aus-nahme der Zeit vom 01. Januar 1968 bis zum 28. Februar 1971 - zurückgenommen. Denn er hat ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 31. März 2003 erklärt, dass nicht mehr geltend gemacht werde, dass für März 1971 bis 16. März 1990 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 AAÜG festgestellt worden seien. Seine – im Beistand von Dr. Matthias abgege-bene - Erklärung, dass damit im vorliegenden Verfahren einzig streitig bleibe, ob die Beklagte zu Recht für Januar 1968 bis 28. Februar 1971 davon ausgegangen sei, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Nr. 8 AAÜG (Berufungsfunktion) lägen vor, ist in diesem Zusammenhang völlig eindeutig, da der Kläger seine Einwendungen gegen die Entgeltbegren-zungen in den übrigen von der Beklagten festgestellten Zeiten (bis auf den 17. März 1990) ausdrücklich nicht mehr geltend gemacht hat.
Entgegen der von dem Kläger vertretenen Rechtsauffassung muss eine Klagerücknahme auch nicht als solche ausgesprochen werden. Das gilt vor allem dann, wenn der Kläger – wie hier - seinen Antrag ausdrücklich beschränkt (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage § 102 Rn ... 7 b).
Das SG hat insoweit auch zutreffend ausgeführt, dass der Kläger an die von ihm erklärte –teilweise - Klagerücknahme gebunden ist. Die Klagerücknahme ist eine Prozesserklärung; sie kann deshalb grundsätzlich nicht widerrufen oder angefochten werden. Das Klageverfahren hätte daher nur fortgesetzt werden können, wenn die Voraussetzungen einer Restitutionsklage vorgelegen hätten (vgl. BSG SozR 1500 § 102 Nr. 2). Dies ist nur unter den in § 580 ZPO ge-regelten (engen) Voraussetzungen der Fall, beispielsweise wenn die Entscheidung auf einer gefälschten Urkunde oder einer strafbaren Falschaussage beruht (vgl. 580 Nrn. 2 und 3 ZPO). Eine solche Fallgestaltung liegt aber ebenso wenig vor wie einer der anderen der in § 580 ZPO genannten Tatbestände. Die von dem Kläger angesprochene Widerrufsmöglichkeit nach den Grundsätzen von Treu und Glauben wegen falscher Belehrung durch das Gericht (vgl. Meyer-Ladewig, a. a. O., Rnd-Nr. 7 c) scheidet hier bereits deshalb aus, weil die rechtlichen Hinweise des SG zutreffend gewesen sind. Denn abgesehen von dem zuletzt nur noch streitigen Zeitraum vom 01. Januar 1968 bis zum 28. Februar 1971, in dem sich der Kläger auch in zulässiger Weise gegen die Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen der Entgeltbegrenzung des § 6 Abs. 3 Nr. 8 AAÜG (Aus-übung einer hauptamtlichen Berufungsfunktion) gewendet haben dürfte, werden die Entgeltbe-grenzungen von der Beklagten in den übrigen Zeiträumen unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 2 AAÜG mitgeteilt. Insoweit werden die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung des § 6 Abs. 2 AAÜG aber von dem Kläger gar nicht bestritten. Vielmehr wendet sich der Kläger unter Bezugnahme auf die behauptete Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 6 Abs. 2 AAÜG gegen die Begrenzung der Entgelte selbst. Da die Beklagte insoweit aber überhaupt keinen Verwaltungsakt erlassen hat, dürfte der Kläger der Kläger schon gar nicht klagebefugt gewesen sein. Der nach der teilweisen Klagerücknahme noch übrig gebliebene Streitgegenstand, der die Anfechtung der Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Nr. 8 AAÜG in der Zeit vom 01. Januar 1968 bis zum 28. Februar 1971 beinhaltete, hat sich dann unstreitig durch Annahme des Anerkenntnisses der Beklagten seitens des Klägers (Schriftsatz vom23. Juli 2003) gemäß § 101 Abs. 2 SGG erledigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Mit Bescheid vom 31. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Novem-ber 1996 stellte die Beklagte nach § 8 Absätze 2 und 3 Anspruchs- und Anwartschaftsüberfüh-rungsgesetz (AAÜG) die Zugehörigkeit des Klägers zur Altersversorgung der technischen In-telligenz (AVTI – Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) für die Zeit vom 01. April 1967 bis zum 23. Juli 1968, vom 07. September 1968 bis zum 29. März 1970 und vom 10. Mai 1970 bis zum 28. Februar 1971 sowie die Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzli-chen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates (FZASt – Zusatzver-sorgungssystem Nr. 19 der Anlage 1 zum AAÜG) für die Zeit vom 01. März 1971 bis zum 23. November 1975, vom 01. Januar 1976 bis zum 13. November 1977, vom 01. Januar 1978 bis zum 17. März 1990 und vom 18. März 1990 bis zum 30. Juni 1990 fest. Des Weiteren stellte die Beklagte die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte fest und teilte die unter Anwendung der Anlage 5 zum AAÜG zu berücksichtigenden Entgelte (mit Ausnahme der Zeit vom 18. März 1990 bis zum 30. Juni 1990) mit.
Hiergegen hatte der Kläger Klage vor dem Sozialgericht (SG) Berlin erhoben, mit der er sich gegen die seiner Meinung nach rechtswidrige Kürzung der anzurechnenden Verdienste ge-wandt und die Berechnung seiner Rente in voller Höhe seiner Verdienste begehrt hatte.
Im Laufe des Klageverfahrens hatte die Beklagte weitere Bescheide (Bescheid vom 10. Januar 1997 und Bescheid vom 06. Juni 2002 auf) erlassen, wonach für Leistungszeiträume ab 01. Juli 1993 nach der Anlage 5 begrenzte Entgelte nur noch für die festgestellten Zeiten in dem Zeit-raum vom 01. Januar 1968 bis zum 28. Februar 1971, vom 01. März 1971 bis zum 31. Dezem-ber 1971 und vom 01. Januar 1975 bis zum 17. März 1990 mitgeteilt worden sind.
In der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2003 hatte der Kläger verschiedene Erklärun-gen abgegeben; auf die Sitzungsniederschrift des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 31. März 2003 wird insoweit Bezug genommen. Weiter wird auch nicht die Höhe der festgestellten Ent-gelte bestritten.
Die Beklagte hatte dann das folgende Anerkenntnis abgegeben: "Für die Zeit vom 01. April 1967 bis 28. Februar 1971 werden die Entgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüber-führungsgesetz (AAÜG) gemäß § 6 Abs. 1 AAÜG festgestellt." Mit Schriftsatz vom 23. Juli 2003 hatte der Kläger erklärt, dass "die Veränderung für die Zeit vom 1.4. 1967 bis zum 28.2. 1971 akzeptiert werde; insofern sei die Klage für diesen Zeitraum erledigt, offen sei aber immer noch die Begrenzung seiner Verdienste für den Zeitraum vom 1.1. 1975 bis 1990. Be-züglich dieser Frage werde die Klage aufrechterhalten".
Durch Gerichtsbescheid vom 25. November 2004 hat das SG die folgende Entscheidung ge-troffen: Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch angenommenes Teilanerkenntnis und Klagerücknahme im Übrigen erledigt ist. Zur Begründung ist ausgeführt: Die prozessbeenden-de Wirkung der von dem Kläger erklärten Klagerücknahme ergebe sich aus § 102 S. 2 Sozial-gerichtsgesetz (SGG), die des angenommenen Teilanerkenntnisses aus § 101 Abs. 2 SGG. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass der Kläger das Teilanerkenntnis der Beklagten, wonach für den Zeitraum bis Februar 1971 die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs. 2 AAÜG nicht mehr festgestellt würden, angenommen habe, wodurch insoweit Erledigung des Verfahrens nach § 101 Abs. 2 SGG eingetreten sei. Im Ergebnis der mündlichen Verhandlung sei dieser Punkt der einzige, der im vorliegenden Gerichtsverfahren (noch) streitig gewesen sei. Daher sei mit der Annahme des Teilanerkenntnisses der Rechtsstreit nunmehr insgesamt erle-digt. Bezüglich aller anderen Streitgegenstände habe der Kläger seine Klage im Termin zu-rückgenommen. Die Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung beinhalte eine Klagerücknahme für diesen Zeitraum: Der Kläger habe erklärt, es bleibe im vorliegenden Ver-fahren einzig streitig, ob die Beklagte ab Januar 1968 bis Februar 1971 zu Recht davon ausge-gangen sei, dass der Tatbestand von § 6 Abs. 3 Nr. 8 AAÜG vorliege. Auch einem juristischen Laien dürfe ersichtlich sein, dass wenn nur noch ein Punkt streitig bleibe, alle anderen Punkte nicht mehr streitig seien. Er habe damit zugleich die Klage bezüglich aller anderen Punkte zu-rückgenommen. Die Ansicht des Bevollmächtigten, es müsse das Wort "Klagerücknahme" verwendet werden, sei falsch. Wie jede Willenserklärung sei auch eine Klagerücknahme bei Auslegung der abgegebenen Erklärung zu ermitteln. Wovon der Kläger bei Abgabe dieser Wil-lenserklärung ausgegangen sei, sei irrelevant. Selbst wenn sich der Kläger in einem unbeachtli-chen Motivirrtum befunden hätte, ändere dies an der Wirksamkeit der Klagerücknahme nichts. Eine Klagerücknahme könne grundsätzlich weder widerrufen noch angefochten werden. Ein Widerruf sei nur ausnahmsweise unter den Voraussetzungen der Wiederaufnahme gemäß §§ 179, 180 SGG i. V. m. §§ 579, 580 Zivilprozessordnung (ZPO) möglich.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung. Er trägt vor: Er habe sich mit seiner im Dezember 1996 eingereichten Klage von Beginn des Rechtsstreits an gegen die Verfassungs-widrigkeit des § 6 Abs. 2 und 3 AAÜG gewandt. Seine Formulierungen in der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2003 seien in sich widersprüchlich und würden für einen juristi-schen Laien wie ihn nicht den Schluss zulassen, dass die Klage insoweit durch ihn als zurück-genommen gelte. Insoweit hätte es bei einem anwaltlich nicht vertretenen Kläger einer aus-drücklichen Klarstellung im Protokoll bedurft. Denn die Klagerücknahme müsse eindeutig sein. Mehrdeutige Erklärungen genügten insoweit nicht. Selbst wenn in der Erklärung eine Rücknahme der Klage zu sehen wäre, sei entgegen der Auffassung des SG ein Widerruf der Klagerücknahme nach dem Grundsatz von Treu und Glauben möglich, nämlich dann, wenn bei der Erklärung ein offensichtliches Versehen unterlaufen sei; auf die Schriftsätze vom 06. Juni 2005 und vom 18. August 2005 wird im Übrigen Bezug genommen.
Der Kläger beantragt zuletzt (Schriftsatz vom 17. November 2005),
1. Der Gerichtsbescheid vom 25. November 2004 wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund/Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme, - S 7 RA 6035/96 W03 - nicht durch Klagerücknahme erledigt ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, mit der er sinngemäß sein Begehren für die Zeit von 1975 bis 1990 aus dem Schriftsatz vom 23. Juli 2003 weiter verfolgt, ist nicht begründet. Die Entscheidung des SG, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat, ist im Er-gebnis zutreffend. Entgegen der vom SG vertretenen Rechtsauffassung hat sich der Rechtsstreit allerdings nicht durch angenommenes Teilanerkenntnis und Klagerücknahme im Übrigen erle-digt; vielmehr hat der Kläger zuerst in der mündlichen Verhandlung beim SG die von ihm er-hobene Klage teilweise zurückgenommen und dann hat er das das Anerkenntnis der Beklag-ten, betreffend die allein noch streitige Zeit von Januar 1968 bis 28.Februar 1971, angenom-men. Der Rechtsstreit hat sich also zunächst teilweise durch Klagerücknahme (§ 102 Satz 2 SGG) und dann endgültig durch das Anerkenntnis des noch anhängigen Klageanspruchs sowie durch die Annahme dieses Anerkenntnisses (§ 101 Abs. 2 SGG) erledigt.
Der Kläger hatte zunächst mit seiner Klage vom 11. Dezember 1996 nur die in dem Bescheid der Beklagten vom 31. Juli 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Novem-ber 1996 mitgeteilten Entgeltbegrenzungen gemäß § 6 Abs. 2 und 3 AAÜG angegriffen. So-weit er sich dann nach Erlass der Bescheide vom10. Januar 1997 und 6. Juni 2002 auch gegen die Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Absätze 2 und 3 AAÜG ge-wandt hat, hat er in der mündlichen Verhandlung am 31. März 2003 diese Klagen – mit Aus-nahme der Zeit vom 01. Januar 1968 bis zum 28. Februar 1971 - zurückgenommen. Denn er hat ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 31. März 2003 erklärt, dass nicht mehr geltend gemacht werde, dass für März 1971 bis 16. März 1990 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 AAÜG festgestellt worden seien. Seine – im Beistand von Dr. Matthias abgege-bene - Erklärung, dass damit im vorliegenden Verfahren einzig streitig bleibe, ob die Beklagte zu Recht für Januar 1968 bis 28. Februar 1971 davon ausgegangen sei, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Nr. 8 AAÜG (Berufungsfunktion) lägen vor, ist in diesem Zusammenhang völlig eindeutig, da der Kläger seine Einwendungen gegen die Entgeltbegren-zungen in den übrigen von der Beklagten festgestellten Zeiten (bis auf den 17. März 1990) ausdrücklich nicht mehr geltend gemacht hat.
Entgegen der von dem Kläger vertretenen Rechtsauffassung muss eine Klagerücknahme auch nicht als solche ausgesprochen werden. Das gilt vor allem dann, wenn der Kläger – wie hier - seinen Antrag ausdrücklich beschränkt (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage § 102 Rn ... 7 b).
Das SG hat insoweit auch zutreffend ausgeführt, dass der Kläger an die von ihm erklärte –teilweise - Klagerücknahme gebunden ist. Die Klagerücknahme ist eine Prozesserklärung; sie kann deshalb grundsätzlich nicht widerrufen oder angefochten werden. Das Klageverfahren hätte daher nur fortgesetzt werden können, wenn die Voraussetzungen einer Restitutionsklage vorgelegen hätten (vgl. BSG SozR 1500 § 102 Nr. 2). Dies ist nur unter den in § 580 ZPO ge-regelten (engen) Voraussetzungen der Fall, beispielsweise wenn die Entscheidung auf einer gefälschten Urkunde oder einer strafbaren Falschaussage beruht (vgl. 580 Nrn. 2 und 3 ZPO). Eine solche Fallgestaltung liegt aber ebenso wenig vor wie einer der anderen der in § 580 ZPO genannten Tatbestände. Die von dem Kläger angesprochene Widerrufsmöglichkeit nach den Grundsätzen von Treu und Glauben wegen falscher Belehrung durch das Gericht (vgl. Meyer-Ladewig, a. a. O., Rnd-Nr. 7 c) scheidet hier bereits deshalb aus, weil die rechtlichen Hinweise des SG zutreffend gewesen sind. Denn abgesehen von dem zuletzt nur noch streitigen Zeitraum vom 01. Januar 1968 bis zum 28. Februar 1971, in dem sich der Kläger auch in zulässiger Weise gegen die Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen der Entgeltbegrenzung des § 6 Abs. 3 Nr. 8 AAÜG (Aus-übung einer hauptamtlichen Berufungsfunktion) gewendet haben dürfte, werden die Entgeltbe-grenzungen von der Beklagten in den übrigen Zeiträumen unter Bezugnahme auf § 6 Abs. 2 AAÜG mitgeteilt. Insoweit werden die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anwendung des § 6 Abs. 2 AAÜG aber von dem Kläger gar nicht bestritten. Vielmehr wendet sich der Kläger unter Bezugnahme auf die behauptete Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 6 Abs. 2 AAÜG gegen die Begrenzung der Entgelte selbst. Da die Beklagte insoweit aber überhaupt keinen Verwaltungsakt erlassen hat, dürfte der Kläger der Kläger schon gar nicht klagebefugt gewesen sein. Der nach der teilweisen Klagerücknahme noch übrig gebliebene Streitgegenstand, der die Anfechtung der Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 Nr. 8 AAÜG in der Zeit vom 01. Januar 1968 bis zum 28. Februar 1971 beinhaltete, hat sich dann unstreitig durch Annahme des Anerkenntnisses der Beklagten seitens des Klägers (Schriftsatz vom23. Juli 2003) gemäß § 101 Abs. 2 SGG erledigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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