L 16 RA 50/03

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 6 RA 5312/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 50/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. April 2003 geändert. Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Überprüfungsverfahren ist zuletzt (nur noch) streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüber-führungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für Beschäftigungszeiten des Klägers vom 01. Sep-tember 1956 bis zum 31. Januar 1957 Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der tech-nischen Intelligenz (AVTI) sowie die entsprechenden Arbeitsverdienste festzustellen.

Der am 1933 geborene Kläger war in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR) seit dem 25. Juli 1956 berechtigt, den Titel eines Diplom-Landwirts zu führen (Diplom der Landwirtschaftlich-Gärtnerischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin vom 25. Juli 1956). Nach seinen Angaben war er wie folgt versicherungspflichtig beschäftigt: vom 01. September 1956 bis 31. Januar 1957 als Agronom bei der M- (M) V, vom 01. Februar 1957 bis zum 30. Juni 1964 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Forschungsstelle für Landarbeit G, vom 01. Juli 1964 bis zum 31. Dezember 1976 als Hauptökonom bei der A – t B, vom 01. Januar 1977 bis zum 31. Januar 1982 als Betriebswirtschafter beim Volkseigenen G (V) B und vom 01. Februar 1982 bis zum 30. Juni 1990 als wissenschaftlicher Oberassistent bei der H-Universität zu B. Mit Wirkung vom 01. März 1986 trat der Kläger der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) der DDR bei. Durch Urkunde vom 21. April 1987 Nr. 704 983/02 wurde der Kläger mit Wirkung vom 01. November 1986 in die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftli-chen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR einbezogen (Zusatzversorgungssystem Nr. 4 der Anlage 1 zum AAÜG).

Durch Bescheid vom 26. April 2000 stellte die Beklagte für den Zeitraum vom 01. Februar 1957 bis 31. Dezember 1976 Zeiten der Zugehörigkeit des Klägers zur Altersversorgung der wissenschaftlichen Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften zu Berlin und der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin (Zusatzversorgungssystem Nr. 5 der Anlage 1 zum AAÜG) und für den Zeitraum vom 01. Februar 1982 bis zum 30. Juni 1990 Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstleri-schen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen sowie die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte fest. Im September 2000 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überprüfung des Bescheides vom 26. April 2000, indem er geltend machte, die Zeit vom 01. September 1956 bis zum 31. Januar 1957 und vom 01. Januar 1977 bis zum 31. Januar 1982 müsse als Zeit der Zugehörig-keit zur AVTI festgestellt werden. Zur Begründung führte er aus: An die Stelle der Berufsbe-zeichnung "Diplom-Landwirt", die er 1956 mit Abschluss seines Studiums an der Humboldt-Universität zu Berlin erworben habe, sei 1973 in der DDR obligatorisch für alle Universitäten und Hochschulen die Bezeichnung "Diplom-Agraringenieur" getreten. Die Diplom-Agraringenieure seien eindeutig der technischen Intelligenz zuzuordnen. Durch Bescheid vom 17. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01. August 2001 lehnte die Be-klagte eine (teilweise) Rücknahme des Bescheides vom 26. April 2000 unter Bezugnahme auf § 44 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) ab. Die Überprüfung des Bescheides vom 26. April 2000 habe ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei. Die Qualifikati-on als Diplom-Landwirt entspreche nach dem Wortlaut der Versorgungsordnung nicht dem Titel eines Ingenieurs oder Technikers. Es seien keine allgemeinen Regelungen der Versor-gungsordnung bekannt, nach denen dieser Berufskreis generell dem Ingenieur oder Techniker gleichgestellt worden sei, von einigen berufsspezifischen Regelungen abgesehen, die aber nicht in den Rang einer allgemeinen gleichartigen Verwaltungspraxis der DDR gehoben werden könnten. Die erwähnte Beschäftigung könne auch keinem anderen Zusatzversorgungssystem nach dem AAÜG zugerechnet werden.

Im Klageverfahren hat der Kläger beantragt, die Beklagte unter Änderung der ergangenen Be-scheide zu verpflichten, die Beschäftigungszeit vom 01. September 1956 bis 31. Januar 1957 und vom 01. Januar 1977 bis zum 31. Januar 1982 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatz-versorgungssystem der Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie die in dieser Zeit erzielten Ar-beitsentgelte festzustellen. Das Sozialgericht (SG) Berlin hat dieser Klage nach Einführung von Unterlagen über die Voraussetzungen zum Führen der Berufsbezeichnung "Diplom-Agraringenieur" aus dem Verfahren des SG Berlin S 9 RA 299/00 mit Urteil vom 04. April 2003 hinsichtlich der Zeit vom 01. September 1956 bis 31. Januar 1957 stattgegeben, im Übri-gen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei teilweise begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte – nur – einen Anspruch auf Feststellung, dass in dem Zeitraum vom 01. September 1956 bis 31. Januar 1957 eine Zugehörigkeit zur AVTI bestanden habe. Er habe in dem streiti-gen Zeitraum die in der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVTI-VO) vom 17. Au-gust 1950 (GBl. I S. 844) und der hierzu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. I S. 487) genannten Voraussetzungen erfüllt und damit eine gleichgestellte Pflichtbeitragszeit im Sinne von § 5 Abs. 1 AAÜG erlangt. In diesem Zeitraum habe der Kläger eine berufliche Qualifikation besessen, aufgrund derer er nach den genannten Vorschriften zu den Angehörigen der technischen Intelligenz und damit zu dem Kreis der Ver-sorgungsberechtigten zähle. Er habe sein Studium an der Humboldt-Universität Berlin zwar noch mit dem Titel "Diplom-Landwirt" abgeschlossen. Den Titel "Diplom-Agraringenieur" habe er nie "offiziell" erworben. Nach § 4 Abs. 1 der Anordnung über die Erteilung und Füh-rung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 25. Oktober 1979 (AO 1979; GBl. Sonderdruck Nr. 1024 vom 18. Dezember 1979) habe er jedoch die Berechti-gung zur Führung des Titels "Diplom-Agraringenieur" besessen. Der Kläger habe somit als Ingenieur gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB zur technischen Intelligenz gehört. Die MTS Vo-gelsdorf habe auch zu denjenigen Betrieben gezählt, für die die AVTI eingerichtet gewesen sei. Schließlich habe er auch in der Zeit vom 01. September 1956 bis zum 31. Januar 1957 eine in der jeweiligen Versorgungsordnung genannte Beschäftigung, nämlich die Tätigkeit eines Ag-raringenieurs, ausgeübt. Er habe hingegen keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststel-lung des Zeitraums vom 01. Januar 1977 bis zum 31. Januar 1982 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVTI.

Mit der Berufung wendet sich die Beklagte gegen dieses Urteil. Sie trägt zur Begründung vor: Der Kläger sei im Zeitraum vom 01. September 1956 bis zum 31. Januar 1957 weder berech-tigt gewesen, den Titel Ingenieur zu führen, noch sei er in einem volkseigenen Produktionsbe-trieb oder einem diesem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Die Berechtigung, den Titel Ingenieur zu führen, richte sich nach der Verordnung zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur (VOIng). Danach sei der Kläger nicht berechtigt gewesen, den Titel zu führen, weil es an dem entsprechenden hoheitlichen Akt der Zuerkennung des Titels fehle. Die Tatsache, dass er möglicherweise in der DDR berechtigt gewesen sei, eine solche Berechtigung zu erlan-gen, sei unerheblich, weil er hiervon keinen Gebrauch gemacht habe. Zudem sei der Kläger in einer Maschinen-Traktoren-Station beschäftigt gewesen, also weder in einem VEB noch in einem diesem gleichgestellten Betrieb. Die Aufgaben der Maschinen-Ausleih-Station als den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellte Betriebe im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB würden sich wesentlich von denen der Maschinen-Traktoren-Station unterscheiden, und zwar nicht nur hinsichtlich der Rechtsform, sondern auch hinsichtlich der Aufgaben im politischen und ökonomischen System der DDR. Damit sei der Kläger nicht in einer in der 2. DB bezeich-neten Maschinen-Ausleih-Station beschäftigt gewesen. Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 04. April 2003 zu ändern und die Klage in vol-lem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger erklärt: Die Ablehnung der Voraussetzungen für seine Einbeziehung in die AVTI wegen der fehlenden betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen gehe fehl. Im Übrigen bezieht sich der Kläger auf den Inhalt des Urteils des SG.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Rentenakte der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte/Rentenversicherungsträger, die Akte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündli-chen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 17. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. August 2001 ist rechtmäßig, denn der Kläger hat gegen die Beklagte keinen mit der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) durchsetz-baren Anspruch auf Änderung des Bescheides vom 26. April 2000 (§ 44 SGB X) und auf Fest-stellung einer im Berufungsverfahren allein noch streitigen Zugehörigkeitszeit zur AVTI vom 01. September 1956 bis zum 31. Januar 1957 sowie der insoweit tatsächlich erzielten Arbeits-entgelte (§ 8 Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 1 AAÜG). Bei Erteilung des Bescheides vom 26. April 2000 hat die Beklagte in dem zur Prüfung stehenden Umfange weder das Recht unrichtig an-gewandt, noch ist sie von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen.

Zwar ist das AAÜG auf den Kläger gem. § 1 AAÜG anwendbar; diese Anspruchsvorausset-zung ist bereits aufgrund der Einbeziehung des Klägers in die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrichtungen der DDR mit Wirkung vom 01. November 1986 durch die Einbeziehungsurkunde vom 21. April 1987 erfüllt. Der Kläger hat aber gem. § 5 Abs. 1 AAÜG keinen Anspruch auf Feststellung der von ihm weiterhin geltend gemachten Zugehörigkeitszeiten zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG als gleichgestellte Pflichtbeitragszeiten.

Zugehörigkeitszeiten im Sinne des § 5 AAÜG liegen immer dann vor, wenn der zum 01. Au-gust 1991 Versorgungsberechtigte zu irgendeinem Zeitpunkt, nicht notwendig am 30. Juni 1990, eine Beschäftigung ausgeübt hat, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversor-gung in einem System vorgesehen war, das in den Anlagen 1 und 2 zum AAÜG aufgelistet worden ist. Hierzu zählen auch solche Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, als in dem Versorgungssystem zurückgelegt gelten würden, ferner Zeiten, für die das "Versorgungssystem" Beiträge erstattet hat, Anwart-schaftszeiten, sowie die Zeiten, die gem. § 1 Abs. 1 S. 2 AAÜG zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002 – B 4 RA 34/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).

Der Rechtsgehalt des § 5 AAÜG ist ausschließlich nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts unter Beachtung des Gleichheitssatzes zu ermitteln. Es kommt weder auf die Auslegung der Versorgungsordnungen durch die Staatsorgane der DDR noch auf deren Ver-waltungspraxis an. Allein maßgebend sind insoweit die Texte der AVTI-VO und der 2. DB dazu. Von diesen Grundsätzen ausgehend kommt die Feststellung einer gleichgestellten Pflichtbeitragszeit im Sinne von § 5 Abs. 1 AAÜG nur unter den folgenden drei Voraussetzun-gen in Betracht: Der Betreffende muss 1. eine bestimmte Berufsbezeichnung geführt haben, 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Beschäftigung oder Tätigkeit verrichtet haben und 3. die Beschäftigung oder Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens ausgeübt haben (vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).

Ausgehend hiervon erfüllt der Kläger jedenfalls nicht die persönlichen Voraussetzungen (1.). Denn er hatte ausweislich der Diplom-Urkunde vom 25. Juli 1956 ausschließlich die Berechti-gung erworben, den Titel eines "Diplom-Landwirts" zu führen. Diese Berufsbezeichnung ist aber in der AVTI-VO und in der hierzu ergangenen 2. DB, in der die zur technischen Intelli-genz gehörenden Berufsgruppen abschließend bezeichnet sind (vgl. insoweit z. B. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 35 /04 R = BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 8), nicht aufgeführt. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 2. DB gelten als Angehörige der technischen Intelligenz nämlich nur In-genieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete. Nach dem Satz 2 der Vorschrift gehörten dazu ferner Werkdirektoren und Lehrer technischer Fächer an den Fach- und Hochschulen. Das SG hat zwar zutreffend ausgeführt, dass der Abschluss als "Diplom-Landwirt" auch dazu berechtigt hatte, den Titel eines "Diplom-Agraringenieurs" zu führen. Diese Berechtigung ergibt sich aus § 4 Abs. 1 der Anordnung über die Erteilung und Führung von Berufsbezeichnungen der Hoch- und Fachschulausbildung vom 03. März 1976 (AO 1976; GBl. Sonderdruck Nr. 869), der AO 1979 und der Anordnung vom 04. März 1988 (AO 1988; GBl. I S. 71). Damit steht die Berechtigung des Klägers, den Titel eines "Diplom-Agraringenieurs" zu führen, zur Überzeugung des Senats fest; die Senatsverwaltung für Wis-senschaft, Forschung und Kultur Berlin hat ebenfalls in der von ihr erteilten Auskunft vom 08. Oktober 2002, welche von dem SG aus dem Verfahren des SG Berlin S 9 RA 299/00 beigezo-gen und in das Verfahren eingeführt worden ist, diese Berechtigung bestätigt.

Das SG verkennt indes, indem es den Kläger als "Diplom-Agraringenieur" in den Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten einbezieht, dass die 2. DB zur AVTI-VO verlangt, dass dem obligatorisch Einzubeziehenden tatsächlich der "Titel" eines Ingenieurs gemäß der VOIng (G. II S. 278) verliehen worden sein muss (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 18. April 2005 – L 16 RA 81/03 – ). Insoweit verdeutlicht nämlich § 1 Abs. 1 S. 3 der 2. DB, dass dem berechtigten Personenkreis der "Ingenieure" nur Personen unterfielen, die den Titel eines "Ingenieurs" tatsächlich hatten (vgl. insoweit z. B. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 62/01 R – nicht veröffentlicht; BSG Soz 3-8570 § 1 Nr. 8). Vorausgesetzt wird also neben der Berechtigung, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen, ein staatlicher Zuerkennungsakt, durch den der Titel tatsächlich verliehen wird. Denn nach § 1 Buchstaben a) bis d) der VOIng ist ausnahmslos die "Verleihung" bzw. "Zuerkennung" der Berufsbezeichnung "Ingenieur" erforderlich. Bis zum 30. Juni 1990 war dem Kläger indes der Titel des "Agraringenieurs" nicht zuerkannt worden.

Die aus der AO 1976 folgende Berechtigung des Klägers, den Titel eines "Agraringenieurs" zu führen, lässt sich auch der nach der VOIng maßgebenden "Zuerkennung" nicht gleichsetzen. Auch aus § 3 der VOIng folgt, dass über die Berechtigung hinaus immer ein staatlicher Zuer-kennungsakt erforderlich war, um als "Ingenieur" im Sinne der AVTI-VO firmieren zu können. Nach § 3 VOIng waren Personen ohne abgeschlossene ingenieurtechnische Ausbildung über 50 Jahren mit einer mindestens 15jährigen erfolgreichen Ingenieurtätigkeit berechtigt, einen Antrag auf Zuerkennung der Berufsbezeichnung "Ing." zu stellen. Die AO 1976 hat dieses Er-fordernis der Zuerkennung des Titels "Ingenieur" aus bundesrechtlicher Sicht auch nicht ent-behrlich gemacht. Denn die Regelungen der AO 1976, der AO 1979 und der AO 1988 sowie des Gesetzes vom 25. Februar 1965 über das einheitliche sozialistische Bildungssystem sind nach den Vorschriften des Einigungsvertrages (EV) kein fortgeltendes Recht, weil sie im EV anders als die versorgungsrechtlichen Regelungen nicht als weitergeltendes – sekundäres - Bundesrecht aufgeführt sind. Ausgehend von der maßgeblichen am 01. August 1991 bestehen-den bundesrechtlichen Rechtslage erfüllte der Kläger die persönlichen Voraussetzungen für die Anerkennung einer gleichgestellten Pflichtbeitragszeit im Sinne des § 5 Abs. 1 AAÜG daher nur dann, wenn ihm die Berechtigung zur Führung des Titels "Agraringenieur" tatsächlich zu-erkannt bzw. verliehen worden wäre (vgl. dazu auch BSG, Beschluss vom 31. Januar 2005 – B 4 RA 39/04 B –). Daran fehlt es indes im vorliegenden Fall.

Eine Gleichstellung des "Diplom-Landwirts" mit dem "Diplom-Agraringenieur" und damit eine Erweiterung der AVTI um eine weitere Personengruppe ist von Verfassungs wegen nicht geboten. Im Hinblick auf das Verbot von Neueinbeziehungen im EV ist es dem Senat verwehrt, eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den in den einzelnen Ver-sorgungssystemen vorgesehenen begünstigten Personenkreis hinaus vorzunehmen. Das Verbot der Neueinbeziehung ist verfassungsgemäß; der Bundesgesetzgeber durfte an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Ausgestaltung der Versorgungssysteme der DDR an-knüpfen (vgl. z. B.: BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 16, Nr. 8 S. 79). Artikel 3 Abs. 1 und 3 des Grundgesetzes gebieten nicht, vorhandene Ungleichheiten rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen (vgl. hierzu BverfG, Beschluss vom 04. August 2004 – 1 BvR 1575/01 –).

Da der Kläger bereits die persönlichen Voraussetzungen für die Anerkennung einer gleichge-stellten Pflichtbeitragszeit im Sinne des § 5 Abs. 1 AAÜG nicht erfüllt, kann es im Ergebnis dahinstehen, ob in dem streitigen Zeitraum auch die betrieblichen Voraussetzungen gegeben sind. Jedenfalls sind Maschinen-Traktoren-Stationen im Gegensatz zu Maschinen-Ausleih-Stationen in dem insoweit ebenfalls abschließenden § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht als gleichge-stellte Betriebe aufgeführt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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