Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 3149/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 650/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. November 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente auf Dauer streitig.
Der 1954 geborene Kläger verunfallte am 21. Januar 1998 während seiner beruflichen Tätigkeit als Maschinenschlosser. Bei der Demontage von Rauchrohren löste sich eines der Rohre aus der Verankerung, sodass die Rauchrohre zu Boden stürzten. Eines der Rohre fiel auf den rechten Oberschenkel des Klägers. Dabei erlitt er eine supracondyläre Trümmerfraktur des rechten Oberschenkels und eine nicht dislozierte latero-dorsale Tibiakopffraktur rechts. Es erfolgte eine stationäre Behandlung ab 21. Januar 1998 in der Abteilung für Unfallchirurgie des Klinikums der Universität U. (Durchgangsarztbericht vom 22. Januar 1998) und vom 30. Januar bis zum 6. Februar 1998 in der Abteilung für Chirurgie des Kreiskrankenhauses O. (Zwischenbericht vom 26. Februar 1998). In diesen Kliniken wurde der Kläger auch ambulant weiterbehandelt (Befundberichte des Klinikums der Universität U. vom 4. März, 7. April, 6. Mai, 29. Juni und 4. September 1998 sowie des Kreiskrankenhauses O. vom 18. März, 1. April, 1. und 13. Juli, 20. und 31. August, 9. September, 21. Oktober und 11. November 1998). Die Arbeitsfähigkeit des Klägers trat am 16. November 1998 ein (Mitteilung des Kreiskrankenhauses O. vom 11. November 1998).
Prof. Dr. K., Leiter der Chirurgischen Abteilung des Klinikums der Universität U., beschrieb in seinem Ersten Rentengutachten vom 19. April 1999 einen Zustand nach retrograder Femurnagelung bei suprakondylärer Femurtrümmerfraktur und Tibiafraktur rechts, belastungsabhängige Schmerzen, eine Bewegungseinschränkung sowie eine Narbenneuralgie als Unfallfolgen und schlug eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v. H.) ab 16. November 1998 vor. Gemessen wurde ein Bewegungsmaß im rechten Kniegelenk von 0/0/120 Grad und Umfangmaße in cm links/rechts 20 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 51/50, 10 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 40/41, in der Kniescheibenmitte von 36/37. Die Beinlänge rechts war um 0,5 cm verkürzt.
Mit Bescheid vom 27. Mai 1999 bewilligte die Beklagte eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung in Form einer Gesamtvergütung vom 16. November 1998 bis zum 31. Dezember 1999 nach einer MdE von 20 v. H. und teilte mit, danach werde eine rentenberechtigende MdE voraussichtlich nicht mehr bestehen. Als Folgen des Arbeitsunfalls anerkannte die Beklagte einen Oberschenkelbruch rechts, einen Schienbeinkopf- und Wadenbeinbruch rechts, eine Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes, Narben am Bein sowie ein leichtes Schonhinken und teilte hierzu mit, der Oberschenkelbruch sei bei liegendem Fremdmaterial unter Verkürzung knöchern verheilt, die Brüche des Schienbeinkopfes und des Wadenbeines seien knöchern durchbaut.
Die weitere Behandlung des Klägers, insbesondere die Durchführung von Arthroskopien und die Metallentfernung erfolgte in der Abteilung für Unfallchirurgie des Universitätsklinikums U. (Befundberichte vom 4. November 1999, 3. April und 2. und 30. Mai 2000) und in der Abteilung für Chirurgie des Kreiskrankenhauses O. (Befundberichte vom 7. und 31. Juli 2000).
Am 9. März 2001 beantragte der Kläger rückwirkend ab 1. Januar 2000 weitere Rentenbezüge und trug vor, nach wie vor erheblich in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt zu sein.
Dr. H., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses O., beschrieb im Rentengutachten vom 3. Mai 2001 als Unfallfolgen eine knöchern konsolidierte, in 10 Grad Antekurvation verheilte supracondyläre Femurtrümmerfraktur rechts sowie eine laterale Tibiakopffraktur rechts, noch deutliche belastungsabhängige Schmerzen im rechten Kniegelenk mit Schwellneigung und Wetterfühligkeit, eine geringgradige Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk sowie eine Hyposensibilität im Bereich der Narben am rechten Kniegelenk und schlug eine MdE von 20 v. H. bis auf Weiteres vor. Er gab ein Bewegungsmaß im rechten Kniegelenk von 0/0/130 Grad und Umfangmaße in cm links/rechts 20 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 51/49,5, 10 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 40,5/40,5 und in der Kniescheibenmitte von 36/36,5 an. Die Beinlänge rechts war um 1,5 cm verkürzt. Der Arzt für Chirurgie Dr. G. hielt in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 30. Juni 2001 eine MdE von 10 v. H. unter Dauerrentengesichtspunkten für gerechtfertigt. In seiner ausführlicheren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 30. Juni 2001 führte Dr. G. aus, der Verletzungsbefund am rechten Kniegelenk sei keineswegs mehr gravierend. Die Rekurvation von 10 Grad sei unbedeutend, zumal ein zusätzlicher seitlicher Achsenknick nicht bestehe. Auch die Verkürzung von 1 bis 1,5 cm lasse sich durch Schuhabsatzerhöhung ohne Weiteres ausgleichen und stelle keine gravierende Unfallfolge dar. Die Fraktur selbst sei knöchern vollständig ausgeheilt, das Osteosynthesematerial bis auf einen kleinen Schraubenrest entfernt. Sekundärarthrotische Veränderungen seien nicht festgestellt worden, weder röntgenologisch noch bei der Arthroskopie. Der Kniebinnenraum sei zwischenzeitlich wieder reizfrei. Die bei der Arthroskopie festgestellte Verdickung des Hoffa’schen Fettkörperchens werde man als mittelbare Unfallfolge werten müssen. Nachdem diese Verdickung nun entfernt sei, herrschten wieder reizfreie Verhältnisse im Knie. Die leichte Lockerung der Kollateral- und der Kreuzbänder werde ausdrücklich als seitengleich beschrieben und damit als unfallunabhängig. Auch die diversen Narben seien reizfrei und bedingten keine Funktionsminderung. Eine Muskelminderung nennenswerten Grades lasse sich aufgrund des Messbogens nicht erkennen. Auch Schwellungszustände seien nicht nachgewiesen. Es liege eine Bewegungseinschränkung von 20 Grad vor bei freier Streckung. Diese Funktionseinschränkung bedinge eine MdE von 10 v. H. Da keine sonstigen nennenswerten Unfallfolgen bestünden, müsse es bei diesem MdE-Satz bleiben. Auch für die rückwirkende Zeit ab 1. Januar 2000 sei eine ungünstigere Situation am rechten Bein nicht erwiesen. Der vorübergehende Reizzustand im rechten Knie ohne Erguss rechtfertige keine höhere MdE. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juli 2001 einen Anspruch auf Rente nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums ab und anerkannte als Unfallfolgen eine geringe Achsabweichung im kniegelenksnahen Oberschenkelbereich rechts, eine Beinverkürzung rechts um ca. 1,5 cm und eine geringe Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk bei der Beugung.
Hiergegen erhob der Kläger am 20. August 2001 unter Vorlage des für die WWK Allgemeine Versicherung AG erstellten Gutachtens von Dr. K., Arzt für Chirurgie an der Unfallchirurgischen Klink des Universitätsklinikums U., vom 21. Juli 2000 Widerspruch. Dr. K. beschrieb als wesentliche Unfallfolgen eine in Varusabweichung knöchern konsolidierte distale Femurfraktur rechts, eine in achsengerechter Stellung knöchern vollständig konsolidierte laterale Tibiakopffraktur rechts, eine posttraumatische Verkürzung des rechten Oberschenkels um 15 mm, eine posttraumatische relative Außentorsion des rechten Beines um 22 Grad, posttraumatische Verwachsungen im rechten Kniegelenk, eine posttraumatische Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk und glaubhafte belastungsabhängige Schmerzen und eine erhöhte Wetterfühligkeit im rechten Kniegelenk und schätzte die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des rechten Beines auf 1/5 auf Dauer ein. Gemessen wurde ein Bewegungsmaß im rechten Kniegelenk von 10/0/125 Grad und Umfangmaße in cm links/rechts 20 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 50/51, 10 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 40/41, in der Kniescheibenmitte von 36/38. Die Beinlänge rechts war um 1,5 cm verkürzt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2001 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, ausgehend von den im April 2001 erhobenen Befunden bleibe anzumerken, dass im Gutachten von Dr. K. im Wesentlichen das gleiche Ausmaß der Verletzungsfolgen beschrieben worden sei.
Hiergegen erhob der am 10. Dezember 2001 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Das SG holte auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. S. vom 16. August 2002 ein. Er beschrieb als wesentliche Unfallfolgen erhebliche, belastungsabhängige Schmerzen im rechten Kniegelenk, einen rezidivierenden Kniegelenkserguss, eine Wetterfühligkeit im rechten Bein, eine Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk (Bewegungsmaß 0/0/105 Grad) sowie Sensibilitätsstörungen im Bereich der Narben am rechten Kniegelenk und beurteilte die MdE mit 20 v. H. Dies begründete er neben der Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk mit einer deutlichen Muskelminderung des rechten Beines, den rezidivierenden Reizergüssen des Knies und den vom Kläger geschilderten belastungsabhängigen Schmerzen und der chronischen Wetterfühligkeit. An dieser Einschätzung hielt Dr. S. in seiner Stellungnahme vom 29. November 2002 fest.
Mit Urteil vom 28. November 2003 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2001, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. ab 1. Januar 2000 zu gewähren. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Bewegungseinschränkung in der Beugung des Kniegelenks um 20 bis 25 Grad, eine Verkürzung des rechten Beines um 1,5 cm, eine Gefühlstörung im Bereich der Narbe des rechten Knies und ein Kniegelenkserguss vorliege und unter Berücksichtigung der vom Kläger bei sämtlichen Untersuchungen vorgebrachten deutlichen belastungsabhängigen Schmerzen mit Schwellneigung und Wetterfühligkeit eine MdE um 20 v. H. gerechtfertigt sei. Die Beklagte habe bei ihrer Einschätzung der MdE lediglich die Bewegungseinschränkung beachtet.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 4. Februar 2004 zugestellte Urteil des SG am 16. Februar 2004 Berufung erhoben. Sie hat vorgetragen, dass eine MdE um 20 v. H. bei einer Gegenüberstellung der Funktionseinbußen des Klägers mit den in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Erfahrungswerten nicht zu rechtfertigen sei. In diesen Erfahrungswerten seien die üblicherweise mit entsprechenden Verletzungen einhergehenden Beschwerden wie beispielsweise Schmerzen, Wetterfühligkeit, Narbenschmerzen, Schwellneigungen usw. beinhaltet. Nur bei besonderen, über das übliche Ausmaß hinausgehenden objektivierten Beschwerden sei eine Erhöhung dieser Erfahrungswerte gerechtfertigt. Außerdem fehlten Befunde (wie beispielsweise eine Minderbeschwielung, eindeutige Muskelumfangminderung oder ein verminderter Knochenkalksalzgehalt), die ein sicheres Indiz dafür seien, dass diese Beschwerden so gravierend seien und so erheblich über dem Üblichen lägen, dass deshalb eine Erhöhung der MdE-Werte erfolgen müsse.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte legte den Durchgangsarztbericht von Dr. L., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses O., vom 10. August 2004 (endgradige Bewegungseinschränkung der linken Hüfte, reizlose Narben am rechten Knie mit Beweglichkeit 0/0/120 Grad und Patellaverschiebeschmerz) vor.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das Gutachten von Prof. Dr. J., Arzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin und Chefarzt der Rheumaklink B. W., vom 12. September 2004 eingeholt. Er hat im Bereich des rechten Beines eine in leichter Achsfehlstellung knöchern verheilte supraconyläre Femurfraktur, belastungsabhängige Schmerzen im Bereich des Kniegelenkes und des Oberschenkels sowie gelegentliche Ruheschmerzen und Instabilitätsgefühl sowie Sensibilitätsstörungen im Bereich der Operationsnarbe am Kniegelenk sowie eine diskrete Coxarthrose befundet. Des Weiteren hat er auf degenerative Innenmeniskusveränderungen, insbesondere Knorpelschäden im Bereich des rechten Kniegelenkes hingewiesen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit als zumindest mittelbare Folgen des Unfalls einzustufen seien. Die diskrete Coxarthrose könne nicht sicher als Unfallfolge eingestuft werden. Andererseits sei natürlich bei Zustand nach in leichter Fehlstellung verheilter Femurfraktur ein Unfallzusammenhang auch nicht auszuschließen. Aufgrund der diskreten Ausprägung der degenerativen Veränderungen im Bereich des Hüftgelenkes habe dies aber auf die Gesamteinstufung der MdE keinen wesentlichen Einfluss. Die MdE hat Prof. Dr. J. auf 20 v. H. eingeschätzt. Er hat ein Bewegungsmaß im rechten Kniegelenk von 5/0/120 Grad und Umfangmaße in cm links/rechts 20 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 48/48, 10 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 37/39,5, in der Kniescheibenmitte von 35/36,5 angegeben. Die Beinlänge sei rechts um 1 cm verkürzt. In seiner vom Senat eingeholten Stellungnahme vom 22. November 2004 hat Prof. Dr. J. ausgeführt, die Bewegungseinschränkung alleine würde eine MdE von unter 20 v. H. begründen. Unter Berücksichtigung der Bewegungseinschränkung, der Gefühlsstörungen, der Schmerzsymptomatik und des Instabilitätsgefühls sowie einer Beinlängendifferenz von 1 cm sei die MdE aber auf 20 v. H. einzuschätzen.
Die Beklagte hat in ihrer Stellungnahme vom 5. Januar 2005 weiterhin die Ansicht vertreten, dass die Gefühlstörungen an der Narbe und die Beinlängendifferenz von 1 cm auf die Fähigkeit, sich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Erwerb zu verschaffen, keinen Einfluss habe und somit ohne Relevanz sei. Außerdem habe keine der durchgeführten Begutachtungen objektive Befunde als Beweis für über das Übliche hinausgehende Beschwerden erbracht. Eine Muskelminderung von 1 bis 1,5 cm am Oberschenkel und eine seitengleiche Wadenmuskulatur beweise, dass eine erheblich über das Übliche hinausgehende schmerzbedingte Gebrauchsminderung des rechten Beines nicht vorliege. Eine Muskelminderung von 1 cm liege innerhalb der üblichen Messfehlerbreite, sodass streng genommen gar keine Muskelminderung nachgewiesen sei. Das von Prof. Dr. J. erwähnte diskrete Instabilitätsgefühl beruhe allein auf den Angaben des Klägers und sei weder durch entsprechende Befunde noch durch sonstige Hinweise, die auf eine funktionelle Relevanz hindeuteten, objektiviert. Die von Prof. Dr. J. mitgeteilten degenerativen Innenmeniskusveränderungen und Knorpelschäden im Bereich des rechten Kniegelenkes seien bislang nicht begründet.
Der Senat hat die Operationsberichte der Chirurgischen Klinik des Kreiskrankenhauses O. vom 31. August und 15. September 2004 über die dort am 27. August 2004 durchgeführte arthroskopische Innen- und Außenmeniskusglättung und Resektion der Plica medio-patellaris (Diagnose: degenerative Innen- und Außenmeniskusveränderungen, retropatellarer zweitgradiger Knorpelschaden, narbig verbreiterte und indurierte Plica medio-patellaris rechtes Kniegelenk) beigezogen. Hierzu hat die Beklagte das unfallchirurgische Gutachten nach Aktenlage ihres Beratungsarztes Dr. Grotz vom 10. Juni 2005 vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, die bei der am 27. August 2004 durchgeführten Arthroskopie erhobenen Befunde sei zum überwiegenden Teil unfallunabhängig gewesen. Als Unfallfolgen bestünden geringe Sensibilitätsstörungen im Narbenbereich des rechten Kniegelenkes ohne Beeinträchtigung des Gebrauchswertes der Extremität (seitengleiche Muskelentwicklung, keine nachweisbaren Instabilitätszeichen), narbige Veränderungen am vorderen Kreuzband des rechten Kniegelenkes ohne Instabilität, eine leichte Knickbildung im Frakturbereich des rechten Oberschenkels von 10 Grad, eine minimale Verkürzung des rechten Oberschenkels um 1 cm und eine geringfügige Beugebehinderung des rechten Kniegelenks um 20 Grad. Die MdE sei mit 10 v. H. einzustufen.
Die Beklagte hat den Durchgangsarztbericht von Dr. L. vom 5. Oktober 2005 (muskuloskelettales Schmerzsyndrom rechte Hüfte) und den Zwischenbericht von Dr. L. vom 12. Oktober 2005 (Verdacht auf eine partielle Femurkopfnekrose mit diskreter Stufenbildung am Femurkopf) vorgelegt. In seiner weiteren Stellungnahme vom 22. November 2005 hat Prof. Dr. J. dargelegt, entscheidend sei für die Beurteilung, dass die Beschwerdesymptomatik am rechten Kniegelenk ihren Anfang nehme, sodass die Kniegelenksbeschwerden und Befunde mit hoher Wahrscheinlichkeit als mittelbare Unfallfolgen zu werten seien.
Sodann ist der Zwischenbericht von Dr. L. vom 27. Oktober 2005 über die am 25. Oktober 2005 durchgeführte MRT der rechten Hüfte (Ausschluss einer partiellen Femurkopfnekrose rechts, die Coxarthrose sei nicht sicher auf das Unfallereignis zurückzuführen) vorgelegt worden. Die Beklagte hat unter dem 19. Januar 2006 ausgeführt, der Arthroskopiebefund vom 27. August 2004 enthalte keinerlei Hinweise auf eine traumatische Entstehung der Kniebinnenschäden. Es seien insbesondere keine Rissbildungen an den Menisken beschrieben und die Knorpelschäden retropatellar könnten schon wegen ihrer Lokalisation nicht mit dem Unfallereignis zusammenhängen. Eine Verletzung des retropatellaren Raumes sei bei dem Unfallereignis nämlich nicht erfolgt. Der Arthroskopiebefund spreche eindeutig für unfallunabhängige, degenerative Veränderungen im rechten Kniegelenk. Die Beklagte könnte sich deshalb den Ausführungen von Prof. Dr. Jacobi nicht anschließen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist zulässig und begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. zu gewähren.
Das Begehren des Klägers richtet sich auf die Gewährung einer Dauerrente über den 31. Dezember 1999 hinaus.
Mit Bescheid vom 27. Mai 1999 hat die Beklagte Rente als vorläufige Entschädigung in Form einer Gesamtvergütung vom 16. November 1998 bis zum 31. Dezember 1999 gewährt.
Ist nach allgemeinen Erfahrungen unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Einzelfalles zu erwarten, dass nur eine Rente in Form der vorläufigen Entschädigung zu zahlen ist, kann der Unfallversicherungsträger die Versicherten nach Abschluss der Heilbehandlung mit einer Gesamtvergütung in Höhe des voraussichtlichen Rentenaufwandes abfinden (§ 75 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Nach Ablauf des Zeitraumes, für den die Gesamtvergütung bestimmt war, wird auf Antrag Rente als vorläufige Entschädigung oder Rente auf unbestimmte Zeit gezahlt, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen (§ 75 Satz 2 SGB VII).
Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der MdE jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden (§ 62 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d. h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSG, Urteil vom 4. August 1955 - 2 RU 62/54 - BSGE 1, 174, 178; BSG, Urteil vom 14. November 1984 - 9b RU 38/84 - SozR 2200 § 581 Nr. 22). Für die Bewertung der unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urteil vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 - SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23; BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R - HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 - HVBG-Info 1989, 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger im strittigen Zeitraum ab 1. Januar 2000 keine unfallbedingte MdE um 20 v. H. mehr vorliegt.
Beim Kläger liegt unfallbedingt eine in leichter Achsfehlstellung knöchern verheilte supraconyläre Femurfraktur rechts sowie ein Zustand nach einer lateralen Tibiakopffraktur rechts vor.
Das Bewegungsmaß im rechten Kniegelenk wurde von den Gutachtern mit 10/0/125 Grad (Gutachten von Dr. K. vom 21. Juli 2002), 0/0/130 Grad (Gutachten von Dr. H. vom 3. Mai 2001), 0/0/105 Grad (Gutachten von Dr. S. vom 16. August 2002) und 5/0/120 Grad (Gutachten von Prof. Dr. J. vom 12. September 2004) gemessen. Nach der unfallmedizinischen Fachliteratur beträgt die MdE bei einer Restbeweglichkeit des Kniegelenkes von 0/0/90 Grad 20 v. H. und von 0/0/120 Grad 10 v. H. (Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Auflage, Seite 169) bzw. bei einer endgradigen Behinderung der Beugung/Streckung mit muskulär kompensierbaren Bandverhältnissen 10 v. H. und mit nicht kompensierbarer Seitenbandinstabilität 20 v. H. (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, 8.10.4.5, Seite 685). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die Restbeweglichkeit des rechten Kniegelenkes des Klägers mit einer MdE um 10 v. H. zu bewerten.
Außerdem ist beim Kläger eine oberschenkelbruchbedingte Beinverkürzung von 1,5 cm (Gutachten von Dr. K. vom 21. Juli 2000), 1,5 cm (Gutachten von Dr. H. vom 3. Mai 2001), 2 cm (Gutachten von Dr. S. vom 16. August 2002) und 1 cm (Gutachten von Prof. Dr. J. vom 12. September 2004) gemessen worden. Die Gutachtensliteratur sieht für einen Oberschenkelbruch, verheilt mit einer Verkürzung bis 4 cm eine MdE um 10 v. H. (Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Auflage, Seite 169) vor. Unter Berücksichtigung der in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht formulierten Untergrenze, wonach bei einer Beinverkürzung bis 2,5 cm der Grad der Behinderung (GdB) 0 beträgt (Nr. 26.18, S. 125), ist die Beinverkürzung des Klägers mit einer MdE von 0 v. H. einzuschätzen.
Zusätzlich wird von den Gutachtern auf belastungsabhängige Schmerzen und eine erhöhte Wetterfühligkeit im rechten Kniegelenk, eine im rechten Kniegelenk verortete Schwellneigung, eine Hyposensibilität im Bereich der Narben am rechten Kniegelenk und einen rezidivierenden Kniegelenkserguss (Seite 11 des Gutachtens von Dr. K. vom 21. Juli 2000, Seite 2 des Gutachtens von Dr. H. vom 3. Mai 2001, Seite 3 des Gutachtens von Dr. S. vom 16. August 2002 und Seite 6 des Gutachtens von Prof. Dr. J. vom 12. September 2004) hingewiesen. Diese Beeinträchtigungen vermögen nach Überzeugung des Senats die MdE jedoch nicht von 10 auf 20 v. H. zu erhöhen. Denn die MdE-Bewertung beruht im Wesentlichen auf einer Funktionsbegutachtung. Es kommt also darauf an, inwiefern die Funktionalität des rechten Knigelenkes und des rechten Beines des Klägers eingeschränkt ist. Zwar kann ein Mindergebrauch des rechten Beines auch schmerzbedingt eintreten. Jedoch rechtfertigen die von den Gutachtern gemessenen Umfangmaße nicht die Annahme, dass eine derart relevante Minderbenutzung des rechten Beines vorliegt, die eine Erhöhung der MdE von 10 auf 20 v. H. bedingen könnte. Insoweit hält der Senat die Einschätzung von Dr. G. in dessen beratungsärztlicher Stellungnahme vom 10. Juni 2005 für gut nachvollziehbar. Denn gemessen wurden Umfangmaße in cm links/rechts 20 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 51/50 (Gutachten von Dr. K. vom 19. April 1999), 50/51 (Gutachten von Dr. K. vom 21. Juli 2000), 51,5/50 (Gutachten von Dr. S. vom 16. August 2002), 48/48 (Gutachten von Prof. Dr. J. vom 12. September 2004), 10 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 40/41 (Gutachten von Dr. K. vom 19. April 1999), 40/41 (Gutachten von Dr. K. vom 21. Juli 2000), 39,5/41,5 (Gutachten von Dr. S. vom 16. August 2002), 37/39,5 (Gutachten von Prof. Dr. J. vom 12. September 2004) und in der Kniescheibenmitte von 36/37 (Gutachten von Dr. K. vom 19. April 1999), 36/38 (Gutachten von Dr. K. vom 21. Juli 2000), 36/36 (Gutachten von Dr. S. vom 16. August 2002), 35/36,5 (Gutachten von Prof. Dr. J. vom 12. September 2004). Diesen Umfangmaßen sind keine Hinweise auf deutliche Bewegungseinschränkungen zu entnehmen.
Die Degenerationsschäden am Innen- und Außenmeniskus müssen, wie Dr. G. in seiner gem. § 128 Abs. 1 SGG als qualifizierter Parteivortrag verwerteten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 10. Juni 2005 schlüssig dargelegt hat, zum überwiegenden Teil als unfallunabhängig angesehen werden. Dafür spricht nämlich, dass man an den Menisken keine typischen traumatischen Befunde athroskopisch feststellen konnte. Bei dem im Untersuchungszeitraum 51-jährigen Kläger sind die Degenerationsschäden als endogen zu werten. Die degenerativen Knorpelschäden 1. bis 2. Grades retropatellar müssen ebenfalls als unfallunabhängig beurteilt werden, da bei dem Unfall vom 21. Januar 1995 der Retropatellarraum nicht verletzt worden ist. Dafür spricht außerdem die diffuse Ausdünnung des Knorpelbelags, wie dies für die endogene Genese typisch ist. Diesen Argumenten konnte Prof. Dr. J. in seiner Stellungnahme vom 22. November 2005 nichts entgegensetzen. Hinsichtlich der Hüftbeschwerden infolge einer Coxarthrose hat nicht einmal Prof. Dr. J. einen Unfallzusammenhang bejaht. Dr. Lintner hat ihn, gestützt auf einen MRT-Befund, im Zwischenbericht vom 27. Oktober 2005 klar verneint. Dem schließt sich der Senat an.
Nach alledem beträgt die MdE über den 31. Dezember 1999 hinaus nicht mehr 20 v. H. Das SG hat daher die Beklagte zu Unrecht zu einer Rentengewährung ab 1. Januar 2000 verurteilt, sodass das Urteil des SG vom 28. November 2003 aufzuheben und die gegen den Bescheid vom 27. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2001 gerichtete Klage abzuweisen war.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Verletztenrente auf Dauer streitig.
Der 1954 geborene Kläger verunfallte am 21. Januar 1998 während seiner beruflichen Tätigkeit als Maschinenschlosser. Bei der Demontage von Rauchrohren löste sich eines der Rohre aus der Verankerung, sodass die Rauchrohre zu Boden stürzten. Eines der Rohre fiel auf den rechten Oberschenkel des Klägers. Dabei erlitt er eine supracondyläre Trümmerfraktur des rechten Oberschenkels und eine nicht dislozierte latero-dorsale Tibiakopffraktur rechts. Es erfolgte eine stationäre Behandlung ab 21. Januar 1998 in der Abteilung für Unfallchirurgie des Klinikums der Universität U. (Durchgangsarztbericht vom 22. Januar 1998) und vom 30. Januar bis zum 6. Februar 1998 in der Abteilung für Chirurgie des Kreiskrankenhauses O. (Zwischenbericht vom 26. Februar 1998). In diesen Kliniken wurde der Kläger auch ambulant weiterbehandelt (Befundberichte des Klinikums der Universität U. vom 4. März, 7. April, 6. Mai, 29. Juni und 4. September 1998 sowie des Kreiskrankenhauses O. vom 18. März, 1. April, 1. und 13. Juli, 20. und 31. August, 9. September, 21. Oktober und 11. November 1998). Die Arbeitsfähigkeit des Klägers trat am 16. November 1998 ein (Mitteilung des Kreiskrankenhauses O. vom 11. November 1998).
Prof. Dr. K., Leiter der Chirurgischen Abteilung des Klinikums der Universität U., beschrieb in seinem Ersten Rentengutachten vom 19. April 1999 einen Zustand nach retrograder Femurnagelung bei suprakondylärer Femurtrümmerfraktur und Tibiafraktur rechts, belastungsabhängige Schmerzen, eine Bewegungseinschränkung sowie eine Narbenneuralgie als Unfallfolgen und schlug eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 vom Hundert (v. H.) ab 16. November 1998 vor. Gemessen wurde ein Bewegungsmaß im rechten Kniegelenk von 0/0/120 Grad und Umfangmaße in cm links/rechts 20 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 51/50, 10 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 40/41, in der Kniescheibenmitte von 36/37. Die Beinlänge rechts war um 0,5 cm verkürzt.
Mit Bescheid vom 27. Mai 1999 bewilligte die Beklagte eine Verletztenrente als vorläufige Entschädigung in Form einer Gesamtvergütung vom 16. November 1998 bis zum 31. Dezember 1999 nach einer MdE von 20 v. H. und teilte mit, danach werde eine rentenberechtigende MdE voraussichtlich nicht mehr bestehen. Als Folgen des Arbeitsunfalls anerkannte die Beklagte einen Oberschenkelbruch rechts, einen Schienbeinkopf- und Wadenbeinbruch rechts, eine Bewegungseinschränkung des Kniegelenkes, Narben am Bein sowie ein leichtes Schonhinken und teilte hierzu mit, der Oberschenkelbruch sei bei liegendem Fremdmaterial unter Verkürzung knöchern verheilt, die Brüche des Schienbeinkopfes und des Wadenbeines seien knöchern durchbaut.
Die weitere Behandlung des Klägers, insbesondere die Durchführung von Arthroskopien und die Metallentfernung erfolgte in der Abteilung für Unfallchirurgie des Universitätsklinikums U. (Befundberichte vom 4. November 1999, 3. April und 2. und 30. Mai 2000) und in der Abteilung für Chirurgie des Kreiskrankenhauses O. (Befundberichte vom 7. und 31. Juli 2000).
Am 9. März 2001 beantragte der Kläger rückwirkend ab 1. Januar 2000 weitere Rentenbezüge und trug vor, nach wie vor erheblich in seiner Bewegungsfähigkeit eingeschränkt zu sein.
Dr. H., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses O., beschrieb im Rentengutachten vom 3. Mai 2001 als Unfallfolgen eine knöchern konsolidierte, in 10 Grad Antekurvation verheilte supracondyläre Femurtrümmerfraktur rechts sowie eine laterale Tibiakopffraktur rechts, noch deutliche belastungsabhängige Schmerzen im rechten Kniegelenk mit Schwellneigung und Wetterfühligkeit, eine geringgradige Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk sowie eine Hyposensibilität im Bereich der Narben am rechten Kniegelenk und schlug eine MdE von 20 v. H. bis auf Weiteres vor. Er gab ein Bewegungsmaß im rechten Kniegelenk von 0/0/130 Grad und Umfangmaße in cm links/rechts 20 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 51/49,5, 10 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 40,5/40,5 und in der Kniescheibenmitte von 36/36,5 an. Die Beinlänge rechts war um 1,5 cm verkürzt. Der Arzt für Chirurgie Dr. G. hielt in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 30. Juni 2001 eine MdE von 10 v. H. unter Dauerrentengesichtspunkten für gerechtfertigt. In seiner ausführlicheren beratungsärztlichen Stellungnahme vom 30. Juni 2001 führte Dr. G. aus, der Verletzungsbefund am rechten Kniegelenk sei keineswegs mehr gravierend. Die Rekurvation von 10 Grad sei unbedeutend, zumal ein zusätzlicher seitlicher Achsenknick nicht bestehe. Auch die Verkürzung von 1 bis 1,5 cm lasse sich durch Schuhabsatzerhöhung ohne Weiteres ausgleichen und stelle keine gravierende Unfallfolge dar. Die Fraktur selbst sei knöchern vollständig ausgeheilt, das Osteosynthesematerial bis auf einen kleinen Schraubenrest entfernt. Sekundärarthrotische Veränderungen seien nicht festgestellt worden, weder röntgenologisch noch bei der Arthroskopie. Der Kniebinnenraum sei zwischenzeitlich wieder reizfrei. Die bei der Arthroskopie festgestellte Verdickung des Hoffa’schen Fettkörperchens werde man als mittelbare Unfallfolge werten müssen. Nachdem diese Verdickung nun entfernt sei, herrschten wieder reizfreie Verhältnisse im Knie. Die leichte Lockerung der Kollateral- und der Kreuzbänder werde ausdrücklich als seitengleich beschrieben und damit als unfallunabhängig. Auch die diversen Narben seien reizfrei und bedingten keine Funktionsminderung. Eine Muskelminderung nennenswerten Grades lasse sich aufgrund des Messbogens nicht erkennen. Auch Schwellungszustände seien nicht nachgewiesen. Es liege eine Bewegungseinschränkung von 20 Grad vor bei freier Streckung. Diese Funktionseinschränkung bedinge eine MdE von 10 v. H. Da keine sonstigen nennenswerten Unfallfolgen bestünden, müsse es bei diesem MdE-Satz bleiben. Auch für die rückwirkende Zeit ab 1. Januar 2000 sei eine ungünstigere Situation am rechten Bein nicht erwiesen. Der vorübergehende Reizzustand im rechten Knie ohne Erguss rechtfertige keine höhere MdE. Hierauf gestützt lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juli 2001 einen Anspruch auf Rente nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums ab und anerkannte als Unfallfolgen eine geringe Achsabweichung im kniegelenksnahen Oberschenkelbereich rechts, eine Beinverkürzung rechts um ca. 1,5 cm und eine geringe Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk bei der Beugung.
Hiergegen erhob der Kläger am 20. August 2001 unter Vorlage des für die WWK Allgemeine Versicherung AG erstellten Gutachtens von Dr. K., Arzt für Chirurgie an der Unfallchirurgischen Klink des Universitätsklinikums U., vom 21. Juli 2000 Widerspruch. Dr. K. beschrieb als wesentliche Unfallfolgen eine in Varusabweichung knöchern konsolidierte distale Femurfraktur rechts, eine in achsengerechter Stellung knöchern vollständig konsolidierte laterale Tibiakopffraktur rechts, eine posttraumatische Verkürzung des rechten Oberschenkels um 15 mm, eine posttraumatische relative Außentorsion des rechten Beines um 22 Grad, posttraumatische Verwachsungen im rechten Kniegelenk, eine posttraumatische Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk und glaubhafte belastungsabhängige Schmerzen und eine erhöhte Wetterfühligkeit im rechten Kniegelenk und schätzte die Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des rechten Beines auf 1/5 auf Dauer ein. Gemessen wurde ein Bewegungsmaß im rechten Kniegelenk von 10/0/125 Grad und Umfangmaße in cm links/rechts 20 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 50/51, 10 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 40/41, in der Kniescheibenmitte von 36/38. Die Beinlänge rechts war um 1,5 cm verkürzt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2001 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, ausgehend von den im April 2001 erhobenen Befunden bleibe anzumerken, dass im Gutachten von Dr. K. im Wesentlichen das gleiche Ausmaß der Verletzungsfolgen beschrieben worden sei.
Hiergegen erhob der am 10. Dezember 2001 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG). Das SG holte auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Facharztes für Chirurgie Dr. S. vom 16. August 2002 ein. Er beschrieb als wesentliche Unfallfolgen erhebliche, belastungsabhängige Schmerzen im rechten Kniegelenk, einen rezidivierenden Kniegelenkserguss, eine Wetterfühligkeit im rechten Bein, eine Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk (Bewegungsmaß 0/0/105 Grad) sowie Sensibilitätsstörungen im Bereich der Narben am rechten Kniegelenk und beurteilte die MdE mit 20 v. H. Dies begründete er neben der Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk mit einer deutlichen Muskelminderung des rechten Beines, den rezidivierenden Reizergüssen des Knies und den vom Kläger geschilderten belastungsabhängigen Schmerzen und der chronischen Wetterfühligkeit. An dieser Einschätzung hielt Dr. S. in seiner Stellungnahme vom 29. November 2002 fest.
Mit Urteil vom 28. November 2003 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2001, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE von 20 v. H. ab 1. Januar 2000 zu gewähren. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass eine Bewegungseinschränkung in der Beugung des Kniegelenks um 20 bis 25 Grad, eine Verkürzung des rechten Beines um 1,5 cm, eine Gefühlstörung im Bereich der Narbe des rechten Knies und ein Kniegelenkserguss vorliege und unter Berücksichtigung der vom Kläger bei sämtlichen Untersuchungen vorgebrachten deutlichen belastungsabhängigen Schmerzen mit Schwellneigung und Wetterfühligkeit eine MdE um 20 v. H. gerechtfertigt sei. Die Beklagte habe bei ihrer Einschätzung der MdE lediglich die Bewegungseinschränkung beachtet.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 4. Februar 2004 zugestellte Urteil des SG am 16. Februar 2004 Berufung erhoben. Sie hat vorgetragen, dass eine MdE um 20 v. H. bei einer Gegenüberstellung der Funktionseinbußen des Klägers mit den in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Erfahrungswerten nicht zu rechtfertigen sei. In diesen Erfahrungswerten seien die üblicherweise mit entsprechenden Verletzungen einhergehenden Beschwerden wie beispielsweise Schmerzen, Wetterfühligkeit, Narbenschmerzen, Schwellneigungen usw. beinhaltet. Nur bei besonderen, über das übliche Ausmaß hinausgehenden objektivierten Beschwerden sei eine Erhöhung dieser Erfahrungswerte gerechtfertigt. Außerdem fehlten Befunde (wie beispielsweise eine Minderbeschwielung, eindeutige Muskelumfangminderung oder ein verminderter Knochenkalksalzgehalt), die ein sicheres Indiz dafür seien, dass diese Beschwerden so gravierend seien und so erheblich über dem Üblichen lägen, dass deshalb eine Erhöhung der MdE-Werte erfolgen müsse.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 28. November 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte legte den Durchgangsarztbericht von Dr. L., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Kreiskrankenhauses O., vom 10. August 2004 (endgradige Bewegungseinschränkung der linken Hüfte, reizlose Narben am rechten Knie mit Beweglichkeit 0/0/120 Grad und Patellaverschiebeschmerz) vor.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG das Gutachten von Prof. Dr. J., Arzt für Innere Medizin, Rheumatologie, Physikalische und Rehabilitative Medizin und Chefarzt der Rheumaklink B. W., vom 12. September 2004 eingeholt. Er hat im Bereich des rechten Beines eine in leichter Achsfehlstellung knöchern verheilte supraconyläre Femurfraktur, belastungsabhängige Schmerzen im Bereich des Kniegelenkes und des Oberschenkels sowie gelegentliche Ruheschmerzen und Instabilitätsgefühl sowie Sensibilitätsstörungen im Bereich der Operationsnarbe am Kniegelenk sowie eine diskrete Coxarthrose befundet. Des Weiteren hat er auf degenerative Innenmeniskusveränderungen, insbesondere Knorpelschäden im Bereich des rechten Kniegelenkes hingewiesen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit als zumindest mittelbare Folgen des Unfalls einzustufen seien. Die diskrete Coxarthrose könne nicht sicher als Unfallfolge eingestuft werden. Andererseits sei natürlich bei Zustand nach in leichter Fehlstellung verheilter Femurfraktur ein Unfallzusammenhang auch nicht auszuschließen. Aufgrund der diskreten Ausprägung der degenerativen Veränderungen im Bereich des Hüftgelenkes habe dies aber auf die Gesamteinstufung der MdE keinen wesentlichen Einfluss. Die MdE hat Prof. Dr. J. auf 20 v. H. eingeschätzt. Er hat ein Bewegungsmaß im rechten Kniegelenk von 5/0/120 Grad und Umfangmaße in cm links/rechts 20 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 48/48, 10 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 37/39,5, in der Kniescheibenmitte von 35/36,5 angegeben. Die Beinlänge sei rechts um 1 cm verkürzt. In seiner vom Senat eingeholten Stellungnahme vom 22. November 2004 hat Prof. Dr. J. ausgeführt, die Bewegungseinschränkung alleine würde eine MdE von unter 20 v. H. begründen. Unter Berücksichtigung der Bewegungseinschränkung, der Gefühlsstörungen, der Schmerzsymptomatik und des Instabilitätsgefühls sowie einer Beinlängendifferenz von 1 cm sei die MdE aber auf 20 v. H. einzuschätzen.
Die Beklagte hat in ihrer Stellungnahme vom 5. Januar 2005 weiterhin die Ansicht vertreten, dass die Gefühlstörungen an der Narbe und die Beinlängendifferenz von 1 cm auf die Fähigkeit, sich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Erwerb zu verschaffen, keinen Einfluss habe und somit ohne Relevanz sei. Außerdem habe keine der durchgeführten Begutachtungen objektive Befunde als Beweis für über das Übliche hinausgehende Beschwerden erbracht. Eine Muskelminderung von 1 bis 1,5 cm am Oberschenkel und eine seitengleiche Wadenmuskulatur beweise, dass eine erheblich über das Übliche hinausgehende schmerzbedingte Gebrauchsminderung des rechten Beines nicht vorliege. Eine Muskelminderung von 1 cm liege innerhalb der üblichen Messfehlerbreite, sodass streng genommen gar keine Muskelminderung nachgewiesen sei. Das von Prof. Dr. J. erwähnte diskrete Instabilitätsgefühl beruhe allein auf den Angaben des Klägers und sei weder durch entsprechende Befunde noch durch sonstige Hinweise, die auf eine funktionelle Relevanz hindeuteten, objektiviert. Die von Prof. Dr. J. mitgeteilten degenerativen Innenmeniskusveränderungen und Knorpelschäden im Bereich des rechten Kniegelenkes seien bislang nicht begründet.
Der Senat hat die Operationsberichte der Chirurgischen Klinik des Kreiskrankenhauses O. vom 31. August und 15. September 2004 über die dort am 27. August 2004 durchgeführte arthroskopische Innen- und Außenmeniskusglättung und Resektion der Plica medio-patellaris (Diagnose: degenerative Innen- und Außenmeniskusveränderungen, retropatellarer zweitgradiger Knorpelschaden, narbig verbreiterte und indurierte Plica medio-patellaris rechtes Kniegelenk) beigezogen. Hierzu hat die Beklagte das unfallchirurgische Gutachten nach Aktenlage ihres Beratungsarztes Dr. Grotz vom 10. Juni 2005 vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, die bei der am 27. August 2004 durchgeführten Arthroskopie erhobenen Befunde sei zum überwiegenden Teil unfallunabhängig gewesen. Als Unfallfolgen bestünden geringe Sensibilitätsstörungen im Narbenbereich des rechten Kniegelenkes ohne Beeinträchtigung des Gebrauchswertes der Extremität (seitengleiche Muskelentwicklung, keine nachweisbaren Instabilitätszeichen), narbige Veränderungen am vorderen Kreuzband des rechten Kniegelenkes ohne Instabilität, eine leichte Knickbildung im Frakturbereich des rechten Oberschenkels von 10 Grad, eine minimale Verkürzung des rechten Oberschenkels um 1 cm und eine geringfügige Beugebehinderung des rechten Kniegelenks um 20 Grad. Die MdE sei mit 10 v. H. einzustufen.
Die Beklagte hat den Durchgangsarztbericht von Dr. L. vom 5. Oktober 2005 (muskuloskelettales Schmerzsyndrom rechte Hüfte) und den Zwischenbericht von Dr. L. vom 12. Oktober 2005 (Verdacht auf eine partielle Femurkopfnekrose mit diskreter Stufenbildung am Femurkopf) vorgelegt. In seiner weiteren Stellungnahme vom 22. November 2005 hat Prof. Dr. J. dargelegt, entscheidend sei für die Beurteilung, dass die Beschwerdesymptomatik am rechten Kniegelenk ihren Anfang nehme, sodass die Kniegelenksbeschwerden und Befunde mit hoher Wahrscheinlichkeit als mittelbare Unfallfolgen zu werten seien.
Sodann ist der Zwischenbericht von Dr. L. vom 27. Oktober 2005 über die am 25. Oktober 2005 durchgeführte MRT der rechten Hüfte (Ausschluss einer partiellen Femurkopfnekrose rechts, die Coxarthrose sei nicht sicher auf das Unfallereignis zurückzuführen) vorgelegt worden. Die Beklagte hat unter dem 19. Januar 2006 ausgeführt, der Arthroskopiebefund vom 27. August 2004 enthalte keinerlei Hinweise auf eine traumatische Entstehung der Kniebinnenschäden. Es seien insbesondere keine Rissbildungen an den Menisken beschrieben und die Knorpelschäden retropatellar könnten schon wegen ihrer Lokalisation nicht mit dem Unfallereignis zusammenhängen. Eine Verletzung des retropatellaren Raumes sei bei dem Unfallereignis nämlich nicht erfolgt. Der Arthroskopiebefund spreche eindeutig für unfallunabhängige, degenerative Veränderungen im rechten Kniegelenk. Die Beklagte könnte sich deshalb den Ausführungen von Prof. Dr. Jacobi nicht anschließen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung ist zulässig und begründet. Das SG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, dem Kläger Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. zu gewähren.
Das Begehren des Klägers richtet sich auf die Gewährung einer Dauerrente über den 31. Dezember 1999 hinaus.
Mit Bescheid vom 27. Mai 1999 hat die Beklagte Rente als vorläufige Entschädigung in Form einer Gesamtvergütung vom 16. November 1998 bis zum 31. Dezember 1999 gewährt.
Ist nach allgemeinen Erfahrungen unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des Einzelfalles zu erwarten, dass nur eine Rente in Form der vorläufigen Entschädigung zu zahlen ist, kann der Unfallversicherungsträger die Versicherten nach Abschluss der Heilbehandlung mit einer Gesamtvergütung in Höhe des voraussichtlichen Rentenaufwandes abfinden (§ 75 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VII]). Nach Ablauf des Zeitraumes, für den die Gesamtvergütung bestimmt war, wird auf Antrag Rente als vorläufige Entschädigung oder Rente auf unbestimmte Zeit gezahlt, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen (§ 75 Satz 2 SGB VII).
Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Innerhalb dieses Zeitraums kann der Vomhundertsatz der MdE jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Veränderung neu festgestellt werden (§ 62 Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d. h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSG, Urteil vom 4. August 1955 - 2 RU 62/54 - BSGE 1, 174, 178; BSG, Urteil vom 14. November 1984 - 9b RU 38/84 - SozR 2200 § 581 Nr. 22). Für die Bewertung der unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urteil vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 - SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23; BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R - HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 - HVBG-Info 1989, 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich (BSG, Urteil vom 30. April 1985 - 2 RU 43/84 - BSGE 58, 80, 82; BSG, Urteil vom 20. Januar 1987 - 2 RU 27/86 - BSGE 61, 127, 129; BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - HVBG-Info 2000, 2811). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSG, Urteil vom 2. Februar 1978 - 8 RU 66/77 - BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (BSG, Urteil vom 28. Juni 1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277, 278). Insoweit ist eine wertende Gegenüberstellung der ursächlichen Faktoren erforderlich (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52, 53; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121, 123; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110, 112). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1957 - 10 RV 945/55 - BSGE 6, 70, 72; BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 RU 31/90 - SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Unter Beachtung dieser Grundsätze ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass beim Kläger im strittigen Zeitraum ab 1. Januar 2000 keine unfallbedingte MdE um 20 v. H. mehr vorliegt.
Beim Kläger liegt unfallbedingt eine in leichter Achsfehlstellung knöchern verheilte supraconyläre Femurfraktur rechts sowie ein Zustand nach einer lateralen Tibiakopffraktur rechts vor.
Das Bewegungsmaß im rechten Kniegelenk wurde von den Gutachtern mit 10/0/125 Grad (Gutachten von Dr. K. vom 21. Juli 2002), 0/0/130 Grad (Gutachten von Dr. H. vom 3. Mai 2001), 0/0/105 Grad (Gutachten von Dr. S. vom 16. August 2002) und 5/0/120 Grad (Gutachten von Prof. Dr. J. vom 12. September 2004) gemessen. Nach der unfallmedizinischen Fachliteratur beträgt die MdE bei einer Restbeweglichkeit des Kniegelenkes von 0/0/90 Grad 20 v. H. und von 0/0/120 Grad 10 v. H. (Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Auflage, Seite 169) bzw. bei einer endgradigen Behinderung der Beugung/Streckung mit muskulär kompensierbaren Bandverhältnissen 10 v. H. und mit nicht kompensierbarer Seitenbandinstabilität 20 v. H. (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, 8.10.4.5, Seite 685). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist die Restbeweglichkeit des rechten Kniegelenkes des Klägers mit einer MdE um 10 v. H. zu bewerten.
Außerdem ist beim Kläger eine oberschenkelbruchbedingte Beinverkürzung von 1,5 cm (Gutachten von Dr. K. vom 21. Juli 2000), 1,5 cm (Gutachten von Dr. H. vom 3. Mai 2001), 2 cm (Gutachten von Dr. S. vom 16. August 2002) und 1 cm (Gutachten von Prof. Dr. J. vom 12. September 2004) gemessen worden. Die Gutachtensliteratur sieht für einen Oberschenkelbruch, verheilt mit einer Verkürzung bis 4 cm eine MdE um 10 v. H. (Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 11. Auflage, Seite 169) vor. Unter Berücksichtigung der in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht formulierten Untergrenze, wonach bei einer Beinverkürzung bis 2,5 cm der Grad der Behinderung (GdB) 0 beträgt (Nr. 26.18, S. 125), ist die Beinverkürzung des Klägers mit einer MdE von 0 v. H. einzuschätzen.
Zusätzlich wird von den Gutachtern auf belastungsabhängige Schmerzen und eine erhöhte Wetterfühligkeit im rechten Kniegelenk, eine im rechten Kniegelenk verortete Schwellneigung, eine Hyposensibilität im Bereich der Narben am rechten Kniegelenk und einen rezidivierenden Kniegelenkserguss (Seite 11 des Gutachtens von Dr. K. vom 21. Juli 2000, Seite 2 des Gutachtens von Dr. H. vom 3. Mai 2001, Seite 3 des Gutachtens von Dr. S. vom 16. August 2002 und Seite 6 des Gutachtens von Prof. Dr. J. vom 12. September 2004) hingewiesen. Diese Beeinträchtigungen vermögen nach Überzeugung des Senats die MdE jedoch nicht von 10 auf 20 v. H. zu erhöhen. Denn die MdE-Bewertung beruht im Wesentlichen auf einer Funktionsbegutachtung. Es kommt also darauf an, inwiefern die Funktionalität des rechten Knigelenkes und des rechten Beines des Klägers eingeschränkt ist. Zwar kann ein Mindergebrauch des rechten Beines auch schmerzbedingt eintreten. Jedoch rechtfertigen die von den Gutachtern gemessenen Umfangmaße nicht die Annahme, dass eine derart relevante Minderbenutzung des rechten Beines vorliegt, die eine Erhöhung der MdE von 10 auf 20 v. H. bedingen könnte. Insoweit hält der Senat die Einschätzung von Dr. G. in dessen beratungsärztlicher Stellungnahme vom 10. Juni 2005 für gut nachvollziehbar. Denn gemessen wurden Umfangmaße in cm links/rechts 20 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 51/50 (Gutachten von Dr. K. vom 19. April 1999), 50/51 (Gutachten von Dr. K. vom 21. Juli 2000), 51,5/50 (Gutachten von Dr. S. vom 16. August 2002), 48/48 (Gutachten von Prof. Dr. J. vom 12. September 2004), 10 cm oberhalb des inneren Knie-Gelenkspalts von 40/41 (Gutachten von Dr. K. vom 19. April 1999), 40/41 (Gutachten von Dr. K. vom 21. Juli 2000), 39,5/41,5 (Gutachten von Dr. S. vom 16. August 2002), 37/39,5 (Gutachten von Prof. Dr. J. vom 12. September 2004) und in der Kniescheibenmitte von 36/37 (Gutachten von Dr. K. vom 19. April 1999), 36/38 (Gutachten von Dr. K. vom 21. Juli 2000), 36/36 (Gutachten von Dr. S. vom 16. August 2002), 35/36,5 (Gutachten von Prof. Dr. J. vom 12. September 2004). Diesen Umfangmaßen sind keine Hinweise auf deutliche Bewegungseinschränkungen zu entnehmen.
Die Degenerationsschäden am Innen- und Außenmeniskus müssen, wie Dr. G. in seiner gem. § 128 Abs. 1 SGG als qualifizierter Parteivortrag verwerteten beratungsärztlichen Stellungnahme vom 10. Juni 2005 schlüssig dargelegt hat, zum überwiegenden Teil als unfallunabhängig angesehen werden. Dafür spricht nämlich, dass man an den Menisken keine typischen traumatischen Befunde athroskopisch feststellen konnte. Bei dem im Untersuchungszeitraum 51-jährigen Kläger sind die Degenerationsschäden als endogen zu werten. Die degenerativen Knorpelschäden 1. bis 2. Grades retropatellar müssen ebenfalls als unfallunabhängig beurteilt werden, da bei dem Unfall vom 21. Januar 1995 der Retropatellarraum nicht verletzt worden ist. Dafür spricht außerdem die diffuse Ausdünnung des Knorpelbelags, wie dies für die endogene Genese typisch ist. Diesen Argumenten konnte Prof. Dr. J. in seiner Stellungnahme vom 22. November 2005 nichts entgegensetzen. Hinsichtlich der Hüftbeschwerden infolge einer Coxarthrose hat nicht einmal Prof. Dr. J. einen Unfallzusammenhang bejaht. Dr. Lintner hat ihn, gestützt auf einen MRT-Befund, im Zwischenbericht vom 27. Oktober 2005 klar verneint. Dem schließt sich der Senat an.
Nach alledem beträgt die MdE über den 31. Dezember 1999 hinaus nicht mehr 20 v. H. Das SG hat daher die Beklagte zu Unrecht zu einer Rentengewährung ab 1. Januar 2000 verurteilt, sodass das Urteil des SG vom 28. November 2003 aufzuheben und die gegen den Bescheid vom 27. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2001 gerichtete Klage abzuweisen war.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved