Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 P 237/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 1654/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin ab 11. Juli 2003 Pflegegeld nach Pflegestufe II im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) beanspruchen kann.
Die 1951 geborene Klägerin war zuletzt über ihren Ehemann bei der Beklagten familienpflegeversichert; seit 01. April 2005 ist sie als Rentnerin pflegeversichert. Bei ihr besteht ein Zustand nach Hirn- und Nierenembolie 1982, nach Schlaganfall mit Hemiparese links 1989, eine Gehbehinderung, ein Mitralklappenersatz und eine chronische Marcumareinnahme. Nach dem früheren Schwerbehindertengesetz (SchwbG) ist bei ihr ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit den Merkzeichen G, aG und B festgestellt. Die Klägerin wird durch ihren Ehemann gepflegt. Am 03. August 1995 beantragte sie erstmals bei der Beklagten Pflegegeld und gab Hilfebedarf bei der Körperpflege und bei der Bewegung an. Aufgrund des Gutachtens des Dr. W. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in M. vom 30. August 1995, in dem die Voraussetzungen der Pflegestufe I bejaht wurden, gewährte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 31. August 1995 ab 01. August 1995 Pflegegeld nach Pflegestufe I. Am 04. Januar 2000 beantragte die Klägerin die Höherstufung; sie machte nun Hilfebedarf bei der Ernährung, bei der Körperpflege und der Bewegung geltend und verwies darauf, dass sie auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen sei. In dem aufgrund einer Untersuchung der Klägerin in ihrer häuslichen Umgebung erstatteten Gutachten des Dr. F. und der Pflegefachkraft B. vom MDK in M. vom 28. März 2000 wurde bei der Grundpflege ein Hilfebedarf von 84 Minuten pro Tag festgestellt, nämlich 45 Minuten bei der Körperpflege, elf Minuten bei der Ernährung und 28 Minuten bei der Mobilität. Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 03. April 2000 lehnte die Beklagte die Höherstufung ab.
Eine erneute Höherstufung beantragte die Klägerin am 11. Juli 2003. Die Beklagte veranlasste die am 01. August 2003 in ihrer häuslichen Umgebung durchgeführte Untersuchung durch Dr. F. vom MDK in M., der im Gutachten vom 04. August 2003 bei der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von 64 Minuten feststellte, nämlich 27 Minuten bei der Körperpflege, sechs Minuten bei der Ernährung und 31 Minuten bei der Mobilität. Mit Bescheid vom 04. August 2003 lehnte die Beklagte den Neufeststellungsantrag ab, weil die Voraussetzungen für die Pflegestufe II nicht erfüllt seien. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei bei der täglichen Körperpflege, der Bewegung und bei der Ernährung auf die Hilfe einer anderen Person angewiesen; für die Bewältigung der notwendigen Hilfe seien täglich mindestens 120 Minuten erforderlich. Es sei zweimal täglich eine Körperreinigung notwendig, zunächst die normale Reinigung des Körpers und dann nach dem Essen des Oberkörpers, da sie nur unter Schwierigkeiten mit einer Hand essen könne; dadurch träten bei ihr und an ihrer Kleidung oft Verunreinigungen auf. Auch das Reinigen der totalen Ober- und Unterkieferprothese könne sie nicht alleine vornehmen. Wenn sie zur Toilette müsse, komme es sehr oft vor, dass sie wegen Schmerzen im rechten Bein nicht allein laufen könne. Dann müsse sie gestützt und zur Toilette gebracht werden; auch dort müsse ihr beim Aufstehen geholfen und sie wieder in den Wohnbereich zurück begleitet werden. Treppensteigen sei nicht möglich, weshalb der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. O. als behandelnder Hausarzt ungefähr einmal im Monat zur Untersuchung in die Wohnung komme. Wegen der Schmerzen im rechten Kniegelenk und wegen ihres Gewichts von 82 kg sei sie überhaupt nicht mehr in der Lage, vom Stuhl oder Sessel alleine aufzustehen. Auch dabei müsse ihr geholfen und sie hochgezogen werden. Ihr Ehemann müsse sich intensiv um ihre Pflege kümmern und könne sie überhaupt nicht alleine lassen, weshalb er seine Erwerbstätigkeit aufgegeben habe. Die Beklagte erhob die am 13. September 2003 eingegangene Auskunft des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. O ... Dr. W. vom MDK in M. bestätigte in seiner "Kurzinformation" vom 16. Oktober 2003, dass ein Hilfebedarf von 120 Minuten für das Vorliegen der Pflegestufe II nicht erreicht sei. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 21. Januar 2004).
Mit der am 27. Januar 2004 beim Sozialgericht (SG) M. erhobenen Klage benannte die Klägerin die sie behandelnden Ärzte und wiederholte ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren. Die Feststellungen der Ärzte zum täglichen Hilfebedarf seien unzutreffend. Ihr Ehemann kümmere sich praktisch täglich rund um die Uhr um sie. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen. Das SG erhob schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 26. Februar 2004 und des Facharztes für Orthopädie R. vom 04. März 2004 sowie ferner das am 26. März 2004 erstattete Sachverständigengutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. M., der die Klägerin am 22. März 2004 in ihrer häuslichen Umgebung untersucht hatte; der Sachverständige stellte einen täglichen Hilfebedarf für die Grundpflege von 102 Minuten fest, nämlich 39 Minuten für die Körperpflege, 14 Minuten für die Ernährung und 49 Minuten für die Mobilität. Mit Gerichtsbescheid vom 07. April 2004, der der Klägerin am 10. April 2004 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 27. April 2004 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie trägt vor, bei ihr bestehe ein GdB von 100. Sie sei linksseitig gelähmt und sitze im Rollstuhl. Bei allen täglichen Verrichtungen, dem Essen, dem Trinken, dem Waschen und dem Aufsuchen der Toilette, müsse ihr Mann ihr helfen. Dies gelte auch für das Zubereiten des Essens, das Einkaufen, das Wechseln und Waschen der Kleidung sowie die Hausarbeit. Die Ärzte des MDK und auch der gerichtliche Sachverständige hätten nicht berücksichtigt, dass sie praktisch nicht alleine gelassen werden könne. Wenn ihr Ehemann zum Einkaufen gehe, müsse er eine Nachbarin bitten, um auf sie aufzupassen, damit sie nicht aus ihrem Rollstuhl falle, zu Boden stürze und sich verletze. Wenn sie stürze, könne sie nicht mehr alleine aufstehen. Insoweit sei es sieben- bis achtmal zu Stürzen gekommen, als ihr Ehemann einmal nicht zu Hause gewesen sei. Früher, als sie noch jünger und kräftiger gewesen sei, sei es möglich gewesen, sie eine zeitlang alleine zu lassen. Jetzt sei sie aufgrund ihrer Erkrankung kraftlos und dick geworden; bei dem Gewicht von über 82 kg sei sie in ihren Bewegungen eingeschränkt. Sie sei auch geistig träge geworden und vergesslich, weshalb sie sich an nichts mehr erinnern könne. Die Situation sei in der letzten Zeit schwierig geworden. Dies könne durch eine Augenscheinseinnahme überprüft werden. Ihr stünden Leistungen der Pflegestufe II zu. Die Klägerin hat verschiedene Unterlagen eingereicht, darunter eine Kopie ihres Schwerbehindertenausweises sowie ein ärztliches Attest des Dr. O. vom 04. Juli 2006.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts M. vom 07. April 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Januar 2004 zu verurteilen, ihr ab 11. Juli 2003 Pflegegeld nach Pflegestufe II zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 04. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Januar 2004, mit dem die Beklagte im Rahmen des am 11. Juli 2003 gestellten und nach § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) zu beurteilenden Verschlimmerungsantrag abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht weder ab 11. Juli 2003 (Antragsdatum) noch ab einem späteren Zeitpunkt Pflegegeld nach Pflegestufe II im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI zu.
Dies hat das SG zutreffend im angegriffenen Gerichtsbescheid unter Darlegung der Voraussetzungen der Pflegestufe II, für die im Bereich der Katalogverrichtungen der Grundpflege gemäß § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI ein Hilfebedarf von mindestens 120 Minuten pro Tag erforderlich ist, entschieden. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Gerichtsbescheids.
Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin noch Folgendes auszuführen: Auch der Senat vermag nicht festzustellen, dass bei der Klägerin seit der Bewilligung von Pflegegeld nach Pflegestufe I mit Bescheid vom 31. August 1995 eine solche Zunahme des zu berücksichtigenden Hilfebedarfs im Bereich der Grundpflege eingetreten ist, dass nunmehr die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfüllt sind. Der Senat folgt, wie auch das SG, der schlüssigen und überzeugenden Beurteilung des Dr. M. im Sachverständigengutachten vom 26. März 2004, der einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von täglich 102 Minuten ermittelt hat. Aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ergeben sich keine Verrichtungen, für die ein weiterer oder höherer Hilfebedarf in Ansatz zu bringen ist. Den Hilfebedarf beim Essen, nämlich das mundgerechte Zubereiten, beim Trinken, nämlich die mundgerechte Bereitstellung, beim Waschen und beim Aufsuchen der Toilette hat der Sachverständige ebenso berücksichtigt wie beispielsweise den Hilfebedarf beim Reinigen der Zahnprothesen und auch beim Wechseln der Oberbekleidung infolge Verschmutzung bei den Mahlzeiten. Soweit die Klägerin geltend macht, sie müsse ständig beaufsichtigt werden, um nicht aus dem Rollstuhl zu Boden zu stürzen und sich zu verletzen, ohne die Möglichkeit zu haben, dann wieder selbst aufzustehen, gehört eine solche Betreuung und allgemeine Beaufsichtigung auch bei der Gefahr einer plötzlich eintretenden Gesundheitsstörung nicht zu den maßgeblichen Hilfeverrichtungen der Grundpflege. Das Gesetz bietet keine Grundlage für die Berücksichtigung eines Hilfebedarfs in Form einer ständigen Anwesenheit und Aufsicht einer Pflegeperson zur Vermeidung einer möglichen Selbst- oder Fremdgefährdung (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-3300 § 14 Nr. 2). Daher sagt auch der Umstand, dass der die Klägerin pflegende Ehemann seine Erwerbstätigkeit wegen des Umfangs auch dieser allgemeinen Aufsicht aufgegeben haben mag, nichts darüber aus, in welchem zeitlichen Umfang ein Hilfebedarf bei der Klägerin nach den gesetzlichen Vorschriften besteht. Soweit die Klägerin weitere durch ihren Ehemann zu leistende Hilfe beim Zubereiten des Essens, beim Einkaufen und beim Waschen der Kleidung geltend macht, rechnen diese Verrichtungen nicht zur Grundpflege, sondern zur hauswirtschaftlichen Versorgung im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI. Auch aus dem Umstand, dass bei der Klägerin ein GdB von 100 mit den Merkzeichen G, aG und B anerkannt ist, folgt nicht, dass deswegen die Voraussetzungen der Pflegestufe II bejaht werden müssten. Schließlich vermag der Senat auch aus dem Attest des Dr. O. vom 04. Juli 2006 keine weitere, nach der Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. M. eingetretene Zunahme des Hilfebedarfs entnehmen. Deswegen war die Erhebung eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht geboten. Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin ab 11. Juli 2003 Pflegegeld nach Pflegestufe II im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) beanspruchen kann.
Die 1951 geborene Klägerin war zuletzt über ihren Ehemann bei der Beklagten familienpflegeversichert; seit 01. April 2005 ist sie als Rentnerin pflegeversichert. Bei ihr besteht ein Zustand nach Hirn- und Nierenembolie 1982, nach Schlaganfall mit Hemiparese links 1989, eine Gehbehinderung, ein Mitralklappenersatz und eine chronische Marcumareinnahme. Nach dem früheren Schwerbehindertengesetz (SchwbG) ist bei ihr ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 mit den Merkzeichen G, aG und B festgestellt. Die Klägerin wird durch ihren Ehemann gepflegt. Am 03. August 1995 beantragte sie erstmals bei der Beklagten Pflegegeld und gab Hilfebedarf bei der Körperpflege und bei der Bewegung an. Aufgrund des Gutachtens des Dr. W. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) in M. vom 30. August 1995, in dem die Voraussetzungen der Pflegestufe I bejaht wurden, gewährte die Beklagte ihr mit Bescheid vom 31. August 1995 ab 01. August 1995 Pflegegeld nach Pflegestufe I. Am 04. Januar 2000 beantragte die Klägerin die Höherstufung; sie machte nun Hilfebedarf bei der Ernährung, bei der Körperpflege und der Bewegung geltend und verwies darauf, dass sie auf die Benutzung eines Rollstuhls angewiesen sei. In dem aufgrund einer Untersuchung der Klägerin in ihrer häuslichen Umgebung erstatteten Gutachten des Dr. F. und der Pflegefachkraft B. vom MDK in M. vom 28. März 2000 wurde bei der Grundpflege ein Hilfebedarf von 84 Minuten pro Tag festgestellt, nämlich 45 Minuten bei der Körperpflege, elf Minuten bei der Ernährung und 28 Minuten bei der Mobilität. Mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 03. April 2000 lehnte die Beklagte die Höherstufung ab.
Eine erneute Höherstufung beantragte die Klägerin am 11. Juli 2003. Die Beklagte veranlasste die am 01. August 2003 in ihrer häuslichen Umgebung durchgeführte Untersuchung durch Dr. F. vom MDK in M., der im Gutachten vom 04. August 2003 bei der Grundpflege einen täglichen Hilfebedarf von 64 Minuten feststellte, nämlich 27 Minuten bei der Körperpflege, sechs Minuten bei der Ernährung und 31 Minuten bei der Mobilität. Mit Bescheid vom 04. August 2003 lehnte die Beklagte den Neufeststellungsantrag ab, weil die Voraussetzungen für die Pflegestufe II nicht erfüllt seien. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie sei bei der täglichen Körperpflege, der Bewegung und bei der Ernährung auf die Hilfe einer anderen Person angewiesen; für die Bewältigung der notwendigen Hilfe seien täglich mindestens 120 Minuten erforderlich. Es sei zweimal täglich eine Körperreinigung notwendig, zunächst die normale Reinigung des Körpers und dann nach dem Essen des Oberkörpers, da sie nur unter Schwierigkeiten mit einer Hand essen könne; dadurch träten bei ihr und an ihrer Kleidung oft Verunreinigungen auf. Auch das Reinigen der totalen Ober- und Unterkieferprothese könne sie nicht alleine vornehmen. Wenn sie zur Toilette müsse, komme es sehr oft vor, dass sie wegen Schmerzen im rechten Bein nicht allein laufen könne. Dann müsse sie gestützt und zur Toilette gebracht werden; auch dort müsse ihr beim Aufstehen geholfen und sie wieder in den Wohnbereich zurück begleitet werden. Treppensteigen sei nicht möglich, weshalb der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. O. als behandelnder Hausarzt ungefähr einmal im Monat zur Untersuchung in die Wohnung komme. Wegen der Schmerzen im rechten Kniegelenk und wegen ihres Gewichts von 82 kg sei sie überhaupt nicht mehr in der Lage, vom Stuhl oder Sessel alleine aufzustehen. Auch dabei müsse ihr geholfen und sie hochgezogen werden. Ihr Ehemann müsse sich intensiv um ihre Pflege kümmern und könne sie überhaupt nicht alleine lassen, weshalb er seine Erwerbstätigkeit aufgegeben habe. Die Beklagte erhob die am 13. September 2003 eingegangene Auskunft des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. O ... Dr. W. vom MDK in M. bestätigte in seiner "Kurzinformation" vom 16. Oktober 2003, dass ein Hilfebedarf von 120 Minuten für das Vorliegen der Pflegestufe II nicht erreicht sei. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des bei der Beklagten gebildeten Widerspruchsausschusses vom 21. Januar 2004).
Mit der am 27. Januar 2004 beim Sozialgericht (SG) M. erhobenen Klage benannte die Klägerin die sie behandelnden Ärzte und wiederholte ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren. Die Feststellungen der Ärzte zum täglichen Hilfebedarf seien unzutreffend. Ihr Ehemann kümmere sich praktisch täglich rund um die Uhr um sie. Die Beklagte trat der Klage unter Vorlage ihrer Verwaltungsakten entgegen. Das SG erhob schriftliche Auskünfte als sachverständige Zeugen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. vom 26. Februar 2004 und des Facharztes für Orthopädie R. vom 04. März 2004 sowie ferner das am 26. März 2004 erstattete Sachverständigengutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. M., der die Klägerin am 22. März 2004 in ihrer häuslichen Umgebung untersucht hatte; der Sachverständige stellte einen täglichen Hilfebedarf für die Grundpflege von 102 Minuten fest, nämlich 39 Minuten für die Körperpflege, 14 Minuten für die Ernährung und 49 Minuten für die Mobilität. Mit Gerichtsbescheid vom 07. April 2004, der der Klägerin am 10. April 2004 zugestellt wurde, wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 27. April 2004 schriftlich Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Sie trägt vor, bei ihr bestehe ein GdB von 100. Sie sei linksseitig gelähmt und sitze im Rollstuhl. Bei allen täglichen Verrichtungen, dem Essen, dem Trinken, dem Waschen und dem Aufsuchen der Toilette, müsse ihr Mann ihr helfen. Dies gelte auch für das Zubereiten des Essens, das Einkaufen, das Wechseln und Waschen der Kleidung sowie die Hausarbeit. Die Ärzte des MDK und auch der gerichtliche Sachverständige hätten nicht berücksichtigt, dass sie praktisch nicht alleine gelassen werden könne. Wenn ihr Ehemann zum Einkaufen gehe, müsse er eine Nachbarin bitten, um auf sie aufzupassen, damit sie nicht aus ihrem Rollstuhl falle, zu Boden stürze und sich verletze. Wenn sie stürze, könne sie nicht mehr alleine aufstehen. Insoweit sei es sieben- bis achtmal zu Stürzen gekommen, als ihr Ehemann einmal nicht zu Hause gewesen sei. Früher, als sie noch jünger und kräftiger gewesen sei, sei es möglich gewesen, sie eine zeitlang alleine zu lassen. Jetzt sei sie aufgrund ihrer Erkrankung kraftlos und dick geworden; bei dem Gewicht von über 82 kg sei sie in ihren Bewegungen eingeschränkt. Sie sei auch geistig träge geworden und vergesslich, weshalb sie sich an nichts mehr erinnern könne. Die Situation sei in der letzten Zeit schwierig geworden. Dies könne durch eine Augenscheinseinnahme überprüft werden. Ihr stünden Leistungen der Pflegestufe II zu. Die Klägerin hat verschiedene Unterlagen eingereicht, darunter eine Kopie ihres Schwerbehindertenausweises sowie ein ärztliches Attest des Dr. O. vom 04. Juli 2006.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts M. vom 07. April 2004 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Januar 2004 zu verurteilen, ihr ab 11. Juli 2003 Pflegegeld nach Pflegestufe II zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 04. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Januar 2004, mit dem die Beklagte im Rahmen des am 11. Juli 2003 gestellten und nach § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) zu beurteilenden Verschlimmerungsantrag abgelehnt hat, ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten. Der Klägerin steht weder ab 11. Juli 2003 (Antragsdatum) noch ab einem späteren Zeitpunkt Pflegegeld nach Pflegestufe II im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB XI zu.
Dies hat das SG zutreffend im angegriffenen Gerichtsbescheid unter Darlegung der Voraussetzungen der Pflegestufe II, für die im Bereich der Katalogverrichtungen der Grundpflege gemäß § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI ein Hilfebedarf von mindestens 120 Minuten pro Tag erforderlich ist, entschieden. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Gründe des angegriffenen Gerichtsbescheids.
Ergänzend ist im Hinblick auf das Berufungsvorbringen der Klägerin noch Folgendes auszuführen: Auch der Senat vermag nicht festzustellen, dass bei der Klägerin seit der Bewilligung von Pflegegeld nach Pflegestufe I mit Bescheid vom 31. August 1995 eine solche Zunahme des zu berücksichtigenden Hilfebedarfs im Bereich der Grundpflege eingetreten ist, dass nunmehr die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfüllt sind. Der Senat folgt, wie auch das SG, der schlüssigen und überzeugenden Beurteilung des Dr. M. im Sachverständigengutachten vom 26. März 2004, der einen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von täglich 102 Minuten ermittelt hat. Aus dem Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren ergeben sich keine Verrichtungen, für die ein weiterer oder höherer Hilfebedarf in Ansatz zu bringen ist. Den Hilfebedarf beim Essen, nämlich das mundgerechte Zubereiten, beim Trinken, nämlich die mundgerechte Bereitstellung, beim Waschen und beim Aufsuchen der Toilette hat der Sachverständige ebenso berücksichtigt wie beispielsweise den Hilfebedarf beim Reinigen der Zahnprothesen und auch beim Wechseln der Oberbekleidung infolge Verschmutzung bei den Mahlzeiten. Soweit die Klägerin geltend macht, sie müsse ständig beaufsichtigt werden, um nicht aus dem Rollstuhl zu Boden zu stürzen und sich zu verletzen, ohne die Möglichkeit zu haben, dann wieder selbst aufzustehen, gehört eine solche Betreuung und allgemeine Beaufsichtigung auch bei der Gefahr einer plötzlich eintretenden Gesundheitsstörung nicht zu den maßgeblichen Hilfeverrichtungen der Grundpflege. Das Gesetz bietet keine Grundlage für die Berücksichtigung eines Hilfebedarfs in Form einer ständigen Anwesenheit und Aufsicht einer Pflegeperson zur Vermeidung einer möglichen Selbst- oder Fremdgefährdung (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 3-3300 § 14 Nr. 2). Daher sagt auch der Umstand, dass der die Klägerin pflegende Ehemann seine Erwerbstätigkeit wegen des Umfangs auch dieser allgemeinen Aufsicht aufgegeben haben mag, nichts darüber aus, in welchem zeitlichen Umfang ein Hilfebedarf bei der Klägerin nach den gesetzlichen Vorschriften besteht. Soweit die Klägerin weitere durch ihren Ehemann zu leistende Hilfe beim Zubereiten des Essens, beim Einkaufen und beim Waschen der Kleidung geltend macht, rechnen diese Verrichtungen nicht zur Grundpflege, sondern zur hauswirtschaftlichen Versorgung im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI. Auch aus dem Umstand, dass bei der Klägerin ein GdB von 100 mit den Merkzeichen G, aG und B anerkannt ist, folgt nicht, dass deswegen die Voraussetzungen der Pflegestufe II bejaht werden müssten. Schließlich vermag der Senat auch aus dem Attest des Dr. O. vom 04. Juli 2006 keine weitere, nach der Begutachtung durch den Sachverständigen Dr. M. eingetretene Zunahme des Hilfebedarfs entnehmen. Deswegen war die Erhebung eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht geboten. Danach war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Revisionszulassung liegen nicht vor.
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