S 2 R 4026/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Würzburg (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 4026/03
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 03.06.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.01.2003 wird abgewiesen.
II. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Der im Oktober 1961 geborene Kläger erlernte von 1983 bis 1985 den Beruf eines Bankkaufmanns und arbeitet derzeit als Kreditsachbearbeiter im Innendienst bei der H. Bausparkasse AG in Vollzeit.

Im Januar 2002 stellte der Kläger bei der Beklagten den Antrag auf Versichertenrente aus der Angestelltenversicherung wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte zog einen Befundbericht und die Unterlagen des Allgemeinarztes Klüpfel bei und ließ den Kläger durch Prof. Dr. G., Chefarzt der Nervenklinik B., am 07.03.2002 und durch den Internisten und Rheumatologen Dr. F. am 22.04.2002 untersuchen und begutachten. Prof. Dr. G. stellte eine reaktive Depression und eine damit verbundene chronische Schmerzsymptomatik sowie eine verminderte körperliche Belastbarkeit fest. Eine wesentliche Minderung der Leistungsfähigkeit aufgrund der depressiven Verstimmung sei derzeit nicht anzunehmen. Dr. F. befundete eine Psoriasis-Arthritis mit Befall der Hände, Vorfüße, der Sprunggelenke und des Manubrium sterni, zur Zeit ohne wesentliche Prozeßaktivität, gering- bis mittelschwere funktionelle Behinderungen, degenerativ-bedingte Schmerzsyndrome der HWS und LWS und ein depressives Syndrom. Ebenso wie Prof. Dr. G. hielt er den Kläger als Kreditsachbearbeiter bei der H. bzw. als Bankfachwirt für 6 Stunden und mehr einsetzbar.

Mit Bescheid vom 03.06.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung der beantragten Rente ab, weil der Kläger in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Im Widerspruchsverfahren zog die Beklagte einen Befundbericht und die Unterlagen der Internistin und Ärztin für Rheumatologie Dr. H. bei. Am 14.01.2003 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid zurück, weil nach den im Rentenverfahren getroffenen medizinischen Feststellungen der Kläger noch in der Lage sei, leichte körperliche Arbeiten in geschlossenen temperierten Räumen mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Auch die zusätzlich im Widerspruchsverfahren vorgetragenen Leiden, die vom Kläger eingereichten Arztberichte sowie der von der behandelnden Rheumatologin eingeholte Befundbericht hätten keine weitere Einschränkung des festgestellten Leistungsvermögens ergeben. Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI liege daher nicht vor.

Hiergegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben und ausgeführt, dass eine teilweise Erwerbsminderung vorliege, da er in seinem Leistungsvermögen erheblich eingeschränkt sei. Er sei nicht mehr in der Lage, Arbeiten mit mindestens 6 Stunden täglich auszuüben.

Der Kläger stellt den Antrag: 1. Der Bescheid vom 03.06.2002 in der Gestalt des Wider- spruchsbescheides vom 14.01.2003 wird aufgehoben. 2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger vom 07.01.2002 an Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu zahlen.

Der Vertreter der Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.

Die erkennende Kammer hat zum Verfahren beigezogen: Eine Rentenakte der Beklagten, einen Band Unterlagen des Klägers, die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes Würzburg, Befundberichte und Unterlagen des Orthopäden P., des HNO-Arztes Dr. W., des Internisten Dr. L., den ärztlichen Entlassungsbericht der S.Klinik B. (stationäre Rehabilitation vom 29.09. bis 20.10.2004), eine Arbeitgeberauskunft der H., Befundberichte des Allgemeinarztes K. und der Neurologin und Psychiaterin Dr. B. sowie der Stationsärztin der S.Klinik B. Weiterhin einen Entlassungsbericht der R.Klinik B. vom 10.04.2006 (stationärer Aufenthalt vom 05.03. bis 05.04.2006).

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Orthopäden - Rheumatologen - Chirurgen Dr. B. und auf Antrag des Klägers durch den Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums W. Prof. Dr. E. Während Dr. B. in seinem Gutachten vom 18.01.2005 und seiner Stellungnahme vom 10.11.2005 wegen der Psoriasis, Polyarthritis und der deutlichen Bewegungseinschränkung und Schmerzsymptomatik der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule bei geringgradigen degenerativen Veränderungen der betroffenen Abschnitte der Wirbelsäule und Zustand nach Bandscheibenvorfall im Bereich der HWS und unteren LWS, sowie der Schmerzsymptomatik beider Füße und Sprunggelenke, der Bewegungseinschränkung des linken Ellenbogengelenkes einer reaktiven Depression und der Schuppenflechte der Haut leichte Tätigkeiten im Sitzen oder in wechselnder Stellung in geschlossenen Räumen für vollschichtig bzw. mindestens 6 Stunden täglich für zumutbar hält, vertritt Prof.Dr. E. in seinem Gutachten vom 22.07.2005 und in seiner Stellungnahme vom 27.09.2005 die Auffassung, dass sich gegenüber den Feststellungen des Dr. B. eine richtungsweisende Leidensverschlimmerung der entzündlichen Gelenkerkrankung ergeben habe. Zur endgültigen Beurteilung sei eine erneute Verlaufskontrolle erforderlich. Aufgrund des Ansprechens der Grunderkrankung auf eine anti-entzündliche Therapie stehe zu erwarten, dass nach erneuter Einleitung einer derartigen Behandlung eine Verbesserung der klinischen Symptomatik herbeigeführt werden dürfte. Zum Zeitpunkt der Untersuchung sei in Anbetracht der Aktivität der Grunderkrankung eine weniger als sechsstündige Tätigkeit zumutbar, da die ausgeprägten Veränderungen im Bereich der Hände, des linken Ellenbogengelenkes sowie des Kniegelenkes eine dauerhafte Tätigkeit stark beeinträchtigten.

Ergänzend zum Sachverhalt wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat die Beklagte den Rentenantrag des Klägers abgelehnt, da ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht gegeben ist. Bezüglich der Entscheidungsgründe kann im Wesentlichen auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 14.01.2003 Bezug genommen werden. § 136 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gibt dem Gericht die Möglichkeit, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abzusehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

Die vom Gericht beigezogenen Unterlagen und insbesondere das Sachverständigengutachten des Dr. B. bestätigen die Auffassung der Beklagten, dass der Kläger seine derzeit vollschichtig ausgeübte Tätigkeit als Kreditsachbearbeiter im Innendienst und damit leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens 6 Stunden täglich verrichten kann.

Nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) neuer Fassung und ebenso nach § 44 SGB VI in der 2002 geltenden Fassung sind Versicherte erwerbsgemindert bzw. erwerbsunfähig, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein bzw. eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben auf nicht absehbare Zeit außerstande sind.

Da der Kläger seinen Rentenantrag im Januar 2002 gestellt hat und nach dem 01.01.1961 geboren ist, war eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht zu prüfen (vgl. § 240 SGB VI). Denn lediglich bei dem bis zum 31.12.2000 geltenden Recht war die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht altersmäßig beschränkt.

Die Kammer folgt der Beurteilung des Dr. B., wonach der Kläger die von ihm auch tatsächlich ausgeübte Tätigkeit als Kreditsachbearbeiter im Innendienst noch vollschichtig bzw. mindestens 6 Stunden täglich zumutbar verrichten kann. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit unmittelbar auf Kosten seiner Gesundheit ausübt. Denn die wesentliche Leistungseinschränkung beruht auf der Schmerzsymptomatik der verschiedenen Gelenke, vor allem des linken Kniegelenkes, der Fingergelenke und im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule. Die Funktionseinschränkungen beziehen sich in erster Linie auf die Wirbelsäule mit wesentlicher Bewegungseinschränkung. Dabei haben sich jedoch keine allzu großen Veränderungen im bildgebenden Verfahren gezeigt. In der Kernspintomographie bzw. in den CT-Aufnahmen zeigten sich allenfalls geringgradige Protrusionen oder Vorfälle in der unteren Lendenwirbelsäule und Halswirbelsäule. Es liegt keine wesentliche Einengung des Spinalkanals vor. Im Bereich der Hände zeigt sich allenfalls eine geringgradige Bewegungseinschränkung der einzelnen Finger. Die radiologische Untersuchung und die letzte laborchemische Untersuchung hat keine wesentliche Aktivität der schuppenflechteassoziierten Arthritis gezeigt, obwohl seit mehreren Monaten keine Basistherapie durchgeführt worden ist. Die meiste Aktivität zeigte sich im Bereich des linken Kniegelenkes mit erheblicher Ergussbildung und mit leichter Bewegungseinschränkung. Bei der noch relativ guten Funktion des Stütz- und Bewegungsapparates bestehen z.Zt. lediglich qualitative Einschränkungen. Vermieden werden sollen Arbeiten unter zeitlichem Druck, wie Akkord- oder Wechselschichtarbeit, Arbeiten unter ungünstigen äußeren Bedingungen, schwere körperliche Arbeiten mit dem Heben und Tragen von schweren Gegenständen von mehr als 10 kg, überwiegende handwerkliche Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an die Geschicklichkeit der Hände, Arbeiten unter Zwangshaltungen.

Die Kammer folgt nicht der Auffassung des Prof. Dr. E., der gegenüber dem Gutachten des Dr. B. eine richtungsweisende Verschlechterung gesehen hat, die insbesondere die Einschätzung der entzündlichen Aktivität der einzelnen Lokalisationen betrifft. Dr. B. hat demgegenüber in seiner Stellungnahme vom November 2005 ausgeführt, dass sich in der klinischen, radiologischen und ultrasonografischen Untersuchung in der Universitätsklinik W. keine wesentlichen abweichenden Befunde gezeigt hätten. Auch in der Untersuchung der Univ.Klinik W. seien vergleichbare Befunde wie in seiner Untersuchung vom Januar 2005 erhoben worden. Zwar habe sich beim Vergleich der objektivierbaren Befunde vom Januar und vom Juli 2005 eine leichte Erhöhung der laborchemischen Entzündungsparameter ergeben. Der klinische Lokalbefund und die radiologischen Untersuchungen seien gleich geblieben.

Trotz offensichtlich länger dauernden klinischen Anzeichen einer Aktivität der psoriatischen Arthritis im Bereich der Fingergelenke, des linken Ellenbogengelenkes und des linken Kniegelenkes, möglicherweise auch der Zehengelenke ist es zu keiner wesentlichen Destruktion der beteiligten knöchernen Strukturen gekommen. Die Aktivität der rheumatischen Erkrankung der Gelenke ist mehr oder weniger konstant geblieben.

Hinzu kommt, dass auch Prof. Dr. E. nicht von einem Dauerzustand ausgeht. Er hat in seinem Gutachten insbesondere ausgeführt, dass aufgrund des Ansprechens der Grunderkrankung auf eine antientzündliche Therapie zu erwarten sei, dass nach erneuter Einleitung einer derartigen Behandlung eine Verbesserung der klinischen Symptomatik herbeigeführt werden dürfte. Diese sollte dann auch wieder zu einer Verbesserung der geminderten Erwerbsfähigkeit führen. Darüberhinaus spricht gegen die Annahme einer Erwerbsminderung auch, dass der Kläger seit Jahren eine vollschichtige Tätigkeit verrichtet, und nicht erkennbar ist, dass diese unmittelbar auf Kosten der Gesundheit ausgeübt wird.

In Abwägung all dieser Gesichtspunkte ist die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger seinen derzeit ausgeübten Beruf und leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig bzw. 6 Stunden täglich verrichten kann und somit weder erwerbsgemindert noch erwerbsunfähig ist. Auch eine teilweise Erwerbsminderung scheidet wegen des vollschichtigen Einsatzvermögens aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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