L 1 KR 41/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 839/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 41/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte der Klägerin für die Zeit vom 1. November 2002 bis zum 8. März 2003 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 2.826,56 Euro zu zahlen hat. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein restlicher Vergütungsanspruch des klagenden Krankenhausträgers gegen die beklagte Krankenkasse.

Die 1958 geborene Versicherte der Beklagten (Versicherte) erlitt Ende Juni/Anfang Juli 2002 einen unfallbedingten Riss der Beugesehne des linken Zeigefingers. Nach erfolglosen ambulanten Behandlungsversuchen verordnete ihr behandelnder Vertragsarzt am 19. August 2002 Krankenhausbehandlung. Die Beklagte erteilte eine Kostenzusage für drei Tage. Am 28. August 2002 wurde die Versicherte zur operativen Versorgung im Krankenhaus der Klägerin vollstationär aufgenommen. Mit Aufnahmeanzeige vom 29. August 2002 teilte die Klägerin der Beklagten eine voraussichtliche Behandlungsdauer von sieben Tagen mit und bat um schnellstmögliche Übersendung der Kostenzusage. Am 30. August 2002 beantragte sie bei der Beklagten eine Verlängerung der Kostenübernahme ab 31. August 2002 und begründete eine bis etwa 7. September 2002 erforderliche stationäre Behandlung. Die Beklagte schaltete unter dem 6. September 2002 den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Bitte um Begutachtung ein und teilte der Klägerin im Hinblick hierauf mit, dass die sofortige Begleichung der Rechnung nicht möglich sei.

Nach Beugesehnenresektion am 29. August 2002 entließ die Klägerin die Versicherte am 10. September 2002, zeigte dies der Beklagten an und erteilte die Kostenrechnung über 3.244,66 Euro, die bei der Beklagten am 11. September 2002 einging.

Der MDK-Gutachter Dr. D wertete zunächst die von der Beklagten übersandten Unterlagen aus (Aufnahmeanzeige, Kurzbericht/Kostenübernahmeantrag), forderte von der Klägerin den Operationsbericht sowie den Entlassungsbericht an, sah bei dieser schließlich am 23. Januar 2003 in die Krankenunterlagen ein und führte mit dem ärztlichen Ansprechpartner der Klägerin, dem Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Q, ein Fallgespräch. In seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 26. Februar 2003 kam Dr. D zum Ergebnis, dass eine stationäre Krankenhausbehandlung weder am 28. August 2002 (präoperativer Tag) noch in der Zeit vom 1. September bis 10. September 2002 erforderlich gewesen sei. Das zur Operationsvorbereitung Erforderliche hätte angesichts der erst am Nachmittag des 29. August 2002 durchgeführten Operation am Vormittag desselben Tages oder vorstationär erledigt werden können. Bei insgesamt unkompliziertem postoperativem Verlauf, wie im Entlassungsbericht festgestellt, hätte die Versicherte am 31. August 2002 in die ambulante oder nachstationäre Behandlung entlassen werden können. Nach einer Handoperation begründeten Verbandswechsel und/oder eine ergotherapeutische Behandlung – auch unter Wundsicht durch den Arzt – keinen vollstationären Krankenhausaufenthalt. Demnach sei die stationäre Behandlung lediglich vom 29. August bis zum 31. August 2002 medizinisch gerechtfertigt.

Die Beklagte eröffnete der Klägerin das MDK-Gutachten unter dem 5. März 2003 und teilte ihr mit, dass sie aufgrund desselben die Kosten des stationären Aufenthaltes nur für die Zeit vom 29. August bis 31. August 2002 übernehmen könne. Am 11. März 2003 wies sie ihr den entsprechenden Betrag von 418,10 Euro zur Zahlung an.

Die Klägerin trat dem MDK-Gutachten durch ihren Arzt Q mit begründetem "Widerspruch" vom 16. März 2003, auf dessen Inhalt verwiesen wird, entgegen. In einer Zweitbegutachtung vom 19. Mai 2003 hielt Dr. D an seinem Begutachtungsergebnis vom 26. Februar 2003 fest. Die im Widerspruch genannten Aspekte seien bereits umfassend und angemessen berücksichtigt worden. Die Feststellung, dass vorstationäre Behandlung nicht bezahlt werden würde, sei ein leistungsrechtliches Problem und ändere nichts an der medizinischen Beurteilung.

Mit der Klage zum Sozialgericht (SG) Berlin verfolgte die Klägerin ihren restlichen Vergütungsanspruch in Höhe von 2.826,56 Euro – nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. November 2002 – weiter und berief sich zum Beweise, dass der stationäre Krankenhausaufenthalt von Anfang bis Ende erforderlich gewesen sei, auf das Zeugnis der behandelnden Ärzte sowie auf ein vom Gericht einzuholendes Sachverständigengutachten.

Das SG wies die Klage durch Urteil vom 2. April 2004 ab. Es folgte dem MDK-Gutachten als überzeugend.

Mit der Berufung hält die Klägerin an ihrem erstinstanzlichen Vorbringen fest und verweist insbesondere auf die Stellungnahme des behandelnden Krankenhausarztes Q vom 16. März 2003, die das MDK-Gutachten widerlege.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 2. April 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr weitere 2.826,56 Euro nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. November 2002 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akte des SG – S 72 KR 839/03 –) und Verwaltungsakten der Beklagten sowie die die Versicherte betreffende Patientenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist im Wesentlichen unbegründet.

Die Klägerin hat keinen weitergehenden Vergütungsanspruch gemäß § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch (SGB) V in Verbindung mit den ab 1. Januar 1994 in Kraft getretenen Verträgen über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (Krankenhausbehandlungsvertrag – KBV –) und zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung (Krankenhausüberprüfungsvertrag – KÜV –) nach § 112 Abs. 2 SGB V zwischen der Berliner Krankenhausgesellschaft und den Landesverbänden der Krankenkassen (vgl. zur Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruches Urteil des Bundessozialgerichts [BSG] vom 13. Dezember 2001 – B 3 KR 11/01 R – = SozR 3-2500 § 112 Nr. 2 Seite 12). Die vorgenannten Verträge sind im vorliegenden Fall auch für die Beklagte, die ihren Sitz außerhalb Berlins hat, verbindlich. Gehören der Sitz der Kasse und der Ort des Krankenhauses zu verschiedenen Ländern, ist der von dem für den Krankenhausort zuständigen Landesverband der entsprechenden Kassenart abgeschlossene Vertrag maßgebend (vgl. BSG SozR 3-2500 § 39 Nr. 4 Seite 17/18, BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 1 Seite 3).

Die daraus für den Vergütungsanspruch folgende Voraussetzung der Erforderlichkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung ist für den 28. August sowie für den 1. bis 10. September 2002 nicht erfüllt. § 1 Abs. 2 Satz 6 KÜV setzt – den gesetzlichen Vergütungsanspruch klarstellend – voraus, dass aus medizinischen Gründen eine Behandlung mit den Mitteln eines Krankenhauses erforderlich ist, also einer Anstalt, die über eine apparative Mindestausstattung verfügt und auf intensive Betreuung durch jederzeit rufbereite Ärzte sowie geschultes Pflegepersonal eingerichtet ist (vgl. § 107 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 SGB V, Höfler in Kass.Kom. § 39 Rz. 7, 16, 17). Dieser Mittel bedurfte es für die streitigen Tage nicht.

Zwar ist es zunächst Sache des Krankenhausarztes, die Erforderlichkeit der verordneten stationären Krankenhausbehandlung festzustellen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 112 Nr. 1 Seite 4, Nr. 2 Seite 15). Jedoch kann die Krankenkasse diese Feststellung durch den MDK überprüfen lassen (§ 276 Abs. 4 SGB V, § 2 Abs. 2 ff. KÜV). Dabei hat die Einleitung eines solchen Verfahrens – wie den Vorschriften des KÜV zu entnehmen ist – zwecks Vermeidung einer Verschlechterung der Beweislage des Krankenhauses spätestens dann zu erfolgen, wenn die Krankenkasse nach Vorlage der Rechnung und dem Fälligwerden der geforderten Vergütung Zweifel an der Behandlungsnotwendigkeit hat (BSG SozR a.a.O. Nr. 2 Seite 16/17). Hier hat die Beklagte das Überprüfungsverfahren bereits mit Schreiben vom 6. September 2002 an den MDK eingeleitet, also noch während des stationären Krankenhausaufenthaltes der Versicherten und vor Rechnungserteilung. Dass es dann erst mit Gutachten vom 26. Februar 2003 zur Urteilsbildung des MDK und auf dieser Grundlage zur Spezifizierung der Einwände der Beklagten gegen die Dauer des stationären Krankenhausaufenthaltes gekommen ist, dürfte zum Teil auch von der Klägerin zu verantwortende Gründe haben. In den Akten der Beklagten findet sich der Vermerk, dass der unter dem 24. September 2002 vom MDK bei der Klägerin angeforderte Operationsbericht erst am 24. Oktober 2002 beim MDK eingegangen sei. Jedenfalls aber muss die (gesamte) Überprüfung deshalb als noch rechtzeitig erfolgt angesehen werden, weil die Klägerin über deren Einleitung bereits mit Schreiben vom 4. September 2002 unterrichtet worden ist und sich deshalb hierauf einstellen konnte und musste (vgl. zu diesem Kriterium BSG a. a. O. Nr. 2 Seite 16).

Nach dem MDK-Gutachten vom 26. Februar 2003 hat sich die Entscheidung des Krankenhausarztes über die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung für die streitigen Tage nach seinen seinerzeitigen Erkenntnismöglichkeiten als nicht vertretbar herausgestellt. Hierauf kommt es nach der Rechtsprechung entscheidend an (vgl. BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 1 Rz. 9, § 112 Nr. 3).

Nicht vertretbar war es zunächst, für den präoperativen Tag, den 28. August 2002, vollstationäre Krankenhausbehandlung als notwendig anzusehen. Dabei kann dahinstehen, ob die notwendige präoperative Diagnostik einschließlich Laboruntersuchungen, Operationsaufklärung, Einwilligung und Anästhesiekonsil noch am Vormittag des Operationstages hätten erfolgen können. Fest steht jedenfalls, dass diese präoperativ notwendigen Maßnahmen nicht der Mittel eines Krankenhauses bedurft hätten, sondern hätten vorstationär durchgeführt werden können. Das bestreitet der Krankenhausarzt Q in seinem Widerspruch vom 16. März 2003 auch gar nicht. Er meint lediglich, eine solche vorstationäre Behandlung wäre von der Krankenkasse nicht bezahlt worden.

Zu Recht hat der MDK-Arzt Dr. Ddem in seiner Zweitbegutachtung entgegen halten, dass es sich insoweit um ein leistungsrechtliches Problem handele, dass an der medizinischen Beurteilung des Falles nichts ändere. Deshalb braucht auch nicht näher nachgeprüft werden, inwieweit der Einwand des Krankenhausarztes den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen entspricht. Immerhin sehen sowohl das Gesetz als auch die genannten Verträge neben der vollstationären u. a. auch vor- und nachstationäre Krankenhausbehandlung vor (§§ 39, 115 a SGB V, § 3 KBV, § 1 KÜV). Dabei dient die vorstationäre Behandlung ausdrücklich auch dem Zweck, die vollstationäre Behandlung vorzubereiten (§ 115 a Abs. 1 Nr. 1 SGB V), und soll die Vergütung durch Vereinbarungen der einschlägigen Vertragspartner geregelt werden (§ 115 a Abs. 3 SGB V).

Es war darüber hinaus auch nicht vertretbar, für die postoperative Zeit vom 1. September bis 10. September 2002 vollstationäre Krankenhausbehandlung als notwendig anzusehen. Der MDK-Arzt Dr. Dhat dies überzeugend begründet. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass eine operative Beugesehnenresektion zu den Eingriffen gehört, die grundsätzlich schon als solche ambulant vorgenommen werden können und vereinzelt – wie Dr. D mitteilte – auch ambulant vorgenommen werden. Die MDK-Gutachterin G hielt in ihrer sozialmedizinischen Fallberatung vom 24. September 2002 sogar eine "klassische Indikation für ambulante OP und Weiterbehandlung" für gegeben. Von daher spricht alles dafür, dass jedenfalls die Weiterbehandlung nach drei Tagen, wie Dr. D dargelegt hat, keiner vollstationären Krankenhausbehandlung mehr bedurfte.

Der Krankenhausarzt Q ist dieser Beurteilung nicht überzeugend entgegen getreten. Seiner Stellungnahme lässt sich insbesondere nicht entnehmen, warum die Versicherte nicht am zweiten Tag nach der Operation in die ambulante oder jedenfalls in die nachstationäre Behandlung hätte entlassen werden können. Nach § 115 a Abs. 1 Nr. 2 SGB V kann das Krankenhaus bei Verordnung von Krankenhausbehandlung Versicherte in medizinisch geeigneten Fällen ohne Unterkunft und Verpflegung behandeln, um im Anschluss an eine vollstationäre Krankenhausbehandlung den Behandlungserfolg zu sichern oder zu festigen (nachstationäre Behandlung). Der Krankenhausarzt musste im vorliegenden Fall von einem medizinisch geeigneten Fall für die nachstationäre Behandlung ausgehen. Denn nach dem Entlassungsbericht vom 9. September 2002 war der postoperative Verlauf komplikationslos und hat die Versicherte direkt postoperativ einer intensiven ergotherapeutischen Übungsbehandlung zugeführt werden können (dokumentierte [1x] tägliche ergotherapeutische Behandlungen vom 2. bis 6. September 2002 sowie am 9. und 10. September 2002 – nicht an Wochenenden –). Am 30. August 2002 – dem Tag nach der Operation – werden in der Patientenakte ein schlanker Finger und eine reizlose Wunde beschrieben. Für den zweiten nachoperativen Tag – den 31. August 2002 (Samstag) – fehlt jede Dokumentation. Demnach dürfte an diesem Tag von gleichbleibenden Verhältnissen auszugehen sein. Es sind ausweislich der Patientenakte weder ein Verbandswechsel noch eine Wundsicht im Beisein des Arztes durchgeführt worden. Danach hätte die Versicherte in die nachstationäre Behandlung entlassen werden können.

Wenn dann in den folgenden Tagen zunächst eine leichte Schwellung auftrat (1. September 2002) und der Krankenhausarzt am 4. September 2002 eine starke Schwellung bei leichter Rötung bzw. am 6. und 7. September 2002 eine Wundrötung, Schwellung und Spannungsblase beobachtete, wären dies keine Gründe für eine erneute Krankenhauseinweisung gewesen. Immerhin sind die vom Krankenhausarzt so bezeichneten "kritischen Wundverhältnisse" anlässlich der Verbandswechsel im 2-Tages-Rhythmus nicht nur nicht am 1. und 3. September 2002 sondern auch am 7. September 2002 (die letzten beiden Verbandswechsel haben an den aufeinander folgenden Tagen 6. und 7. September 2002 stattgefunden) pflegerischerseits nicht aufgefallen. Es ist an diesen Tagen notiert: "VW. o. B.". Dies macht deutlich, dass die Verhältnisse nicht derart kritisch waren, dass es eines jederzeit rufbereiten Arztes bedurft hätte. Das behauptet der Krankenhausarzt Q auch gar nicht. Er meint lediglich, dass im Hinblick auf die kritischen Wundverhältnisse neben den Verbandswechseln die begleitende ergotherapeutische Behandlung "unter Wundsicht unter Beisein des Arztes" vorzunehmen gewesen sei. Danach konnte der Krankenhausarzt gerade nicht – wie es in seinem Widerspruch zum MDK-Gutachten heißt – "davon ausgehen, dass der (voll)stationäre Aufenthalt bis zum 10.09.2002 medizinisch gerechtfertigt" sei, zumal sich den Aufzeichnungen in der Patientenakte nicht einmal tägliche Wundsichten im Beisein des Arztes entnehmen lassen. Hier wäre eine nachstationäre Behandlung ausreichend gewesen.

Begründet ist die Berufung hingegen insofern, als die Klägerin für die Zeit bis zur Spezifizierung der Einwendungen der Beklagten durch Schreiben vom 5. März 2003 (bezifferte Begrenzung der Kostenübernahme unter Eröffnung des MDK-Gutachtens) Anspruch auf Zahlung der vertraglichen Verzugszinsen hat.

Den Krankenkassen ist es nicht erlaubt, die Bezahlung von Krankenhausrechnungen mit der Begründung zu verzögern, dass zunächst die Richtigkeit der Abrechnung oder die wirtschaftliche Leistungserbringung geprüft werden müsse (ständige Rechtsprechung; BSG-Urteil vom 22. Juli 2004 – B 3 KR 20/03 R – = SozR 4-2500 § 112 Nr. 3 m.w.N.). Sie sind nur dann auch nicht einstweilen zur Zahlung verpflichtet, wenn sie schon innerhalb der zweiwöchigen Zahlungsfrist substantiierte und der Höhe nach bezifferte Einwendungen gegen die Abrechnung geltend machen (BSG a.a.O.). Letzteres hat die Klägerin nicht getan. Sie hat zwar von vornherein nur eine auf drei Tage befristete Kostenzusage erteilt, dies jedoch nicht substantiiert begründet. Sie hätte den Verlängerungsantrag der Klägerin aus medizinischen Gründen vertragsrechtlich auch nur auf der Grundlage einer gutachtlichen Stellungnahme des MDK ablehnen dürfen (§ 6 Abs. 10 KBV). Sie hat die Rechnung der Klägerin dann nicht einmal teilweise – für die zugesagten drei Tage – beglichen, sondern deren sofortige Bezahlung insgesamt unter Hinweis auf die eingeleitete Überprüfung durch den MDK abgelehnt. Damit wollte sie sich aber erst einmal schlüssig werden, ob und welche Einwendungen sie gegen die Krankenhausrechnung erhebt. Dies gab ihr kein Recht, die Bezahlung der Rechnung – bis zum zeitlich ungewissen Abschluss ihrer Prüfung – zu verweigern (vgl. BSG a.a.O.). Das ergibt sich auch aus § 12 Abs. 4 Satz 4 KBV. Danach können Beanstandungen rechnerischer oder sachlicher Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht und die Differenzbeträge verrechnet werden. Dies unterstreicht: Die Rechnungen sollen zügig bezahlt werden. Mit der zügigen Bezahlung des geforderten Betrages ist aber nicht zugleich auch die Anerkennung der Richtigkeit der Rechnung verbunden (vgl. BSG SozR 3-2500 § 112 Nr. 3 Seite 21).

Nach § 12 Abs. 4 Satz 1 KBV bezahlt die zuständige Krankenkasse die Rechnungen innerhalb von 14 Kalendertagen nach Rechnungseingang (hier: bis zum 25. September 2002). Nach § 12 Abs. 5 KBV kann das Krankenhaus, wenn die Zahlung nicht fristgemäß erfolgt, ab Fälligkeitstag (hier: 25. September 2002) ohne vorherige Mahnung Zinsen in Höhe von 2 % über dem "Diskontsatz der Deutschen Bundesbank" (jetzt Basiszinssatz: vgl. § 247 Bürgerliches Gesetzbuch) berechnen.

Der Senat entnimmt der Gesamtheit der vorgenannten vertragsrechtlichen Bestimmungen, dass dem Krankenhaus im Falle einer unbefristeten Kostenzusage oder einer unberechtigten Ablehnung eines Verlängerungsantrages bei befristeter Kostenzusage der Rechnungsbetrag vom Fälligkeitstag an bis zur Substantiierung der Einwendungen gegen die Abrechnung durch ein MDK-Gutachten im Sinne eines zeitlich befristeten Behaltendürfens zusteht. Zwar schließt die Kostenübernahmeerklärung solche Einwendungen nicht aus, die bei Abgabe der Erklärung noch nicht erhoben werden konnten (vgl. BSG SozR 3 – 2500 § 112 Nr. 1 Seite 5). Das führt aber nur dazu, dass aus im Nachhinein substantiierten und berechtigten Einwendungen sich ergebende Differenzbeträge verrechnet werden können (§ 12 Abs. 4 Satz 4 KBV). Nicht der Verrechnung unterliegen danach aus den Differenzbeträgen zum Rechnungsbetrag erzielte Zinsgewinne. Daraus folgt aber, dass die Bezahlung des vollen Rechnungsbetrages bis zur Substantiierung der Einwendungen rechtmäßig bleibt. Deshalb stehen die nach § 12 Abs. 5 KBV vereinbarten Zinsen auch dann zu, wenn der Rechnungsbetrag vertragswidrig – nämlich ohne dass Einwendungen bereits substantiiert vorgebracht werden konnten – vorenthalten wurde, und zwar selbst wenn dieser Betrag im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Substantiierung der Einwendungen nun nicht mehr oder nicht mehr in voller Höhe bezahlt zu werden braucht.

Dies entspricht auch der Intention, die dem zwischen den Prozessbeteiligten geltenden Vertragswerk zu entnehmen ist. Einerseits sollen die Krankenhäuser mit den ihren Aufwendungen entsprechenden Rechnungsbeträgen rasch wieder arbeiten können (§ 12 Absätze 4 und 5 KBV, vgl. auch die Regelung des § 12 Abs. 2 KBV über die Erstellung von Zwischenrechnungen). Andererseits sind die Krankenkassen gehalten, ihre Einwendungen in der Regel noch während des stationären Krankenhausaufenthalts des Versicherten durch entsprechende Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung zu substantiieren (§ 1 Abs. 4 KÜV). Verhalten sie sich in diesem Sinne regelrecht, kommt es zur Substantiierung der Einwendungen noch vor Rechnungserteilung oder jedenfalls vor Fälligkeit der Rechnung und entfällt die Verpflichtung der Kassen, den Krankenhäusern Rechnungsbeträge zeitlich befristet überlassen zu müssen, die ihnen endgültig nicht zustehen. Halten sie die Regel aber nicht ein, sollen mit noch zu substantiierenden Einwendungen begründete vertragswidrige Zahlungsverweigerungen im Interesse der Beförderung vertragsgemäßen Verhaltens nicht sanktionslos bleiben.

Da die Klägerin ihren Zinsanspruch auf die Zeit ab 1. November 2002 aus einem Betrag von 2.826,56 Euro begrenzt hat, waren ihr Zinsen von diesem Zeitpunkt an bis zum 8. März 2003 (zu vermutender Eingang des Schreibens der Beklagten vom 5. März 2003 bei der Klägerin) aus einem Betrag von 2.826,56 Euro zuzusprechen.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Danach können einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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