L 16 R 1923/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 21 R 1808/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 1923/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. Oktober 2005 wird zurückgewiesen. Die Klage auf Beitragserstattung wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch in dem Verfahren bei dem Landessozialgericht nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM), hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei Berufsunfähigkeit (BU).

Der am 1944 in Österreich geborene Kläger hatte zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland rentenrechtliche Zeiten bis zum 31. März 1993 zurückgelegt. Danach war er noch in Österreich in der Zeit vom 01. Juli 2003 bis zum 29. Februar 2004 unter Abführung von Pflichtbeiträgen an den dortigen Sozialversicherungsträger selbständig erwerbstätig. In der Zeit vom 01. April 1993 bis zum 30. Juni 2003 sind keine rentenrechtlichen Zeiten des Klägers vorgemerkt; auf den zwischenstaatlichen Versicherungsverlauf vom 12. April 2006 wird Bezug genommen. Bei einer Plasmaspende hatte sich der Kläger eine Hepatitis C-Infektion mit erheblichen Folgeerscheinungen zugezogen, die am 17. November 2000 diagnostiziert und vom österreichischen Unfallversicherungsträger als Berufskrankheit unter Zahlung einer Versehrtenrente für die Zeit ab dem 18. November 2000 anerkannt wurde (Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt – Landesstelle L – vom 22. Mai 2002). Nach Aufgabe seiner selbständigen Erwerbstätigkeit im Bereich Handel und Beratung für Südost- und Osteuropa zum 01. März 2004 (Nichtbetriebsmeldung der Wirtschaftskammer W und Löschung der Gewerbeberechtigung zum 13. Oktober 2004 durch den Magistrat der Stadt W) bezieht der Kläger seit dem 01. März 2004 eine Erwerbsunfähigkeitspension von der österreichischen Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (Bescheid vom 24. Februar 2005).

Den Antrag des Klägers vom November 2003 auf Gewährung von Rente wegen EM lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. März 2005 ab mit der Begründung, dass im Hinblick auf den eingetretenen Leistungsfall der vollen EM am 13. Oktober 2004 (Löschung des selbständigen Gewerbes) die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von EM-Rente nicht erfüllt seien. Die EM sei auch nicht aufgrund eines Tatbestandes eingetreten, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt sei.

Im Klageverfahren hat der Kläger noch Unterlagen über die von ihm zurückgelegten Berufs-, Schul- und Hochschulausbildungen vorgelegt; hierauf wird Bezug genommen. Er hat ferner vorgetragen, von 1999 bis zum 20. Juni 2002 ein Studium des " Theozentrischen Geschäfts und der Ethik" am A in M(USA) absolviert und den akademischen Grad "D" erworben zu haben, wobei die zeitliche Belastung dieser Weiterbildung nicht mehr als 20 Wochenstunden betragen habe und neben einer beruflichen Tätigkeit erfolgt sei. Am 20. Juni 2002 hatte der Kläger die Ordination zum Priester an der genannten Einrichtung erhalten.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Gewährung von EM-Rente gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 05. Oktober 2005 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser EM oder auch nur wegen teilweiser EM bei BU gemäß den §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) in den seit 01. Januar 2001 geltenden Fassungen (im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Der Kläger sei zwar seit Aufgabe seiner beruflichen Tätigkeit am 13.Oktober 2004 wegen der schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Folgen seiner Hepatitis C-Infektion voll erwerbsgemindert, was auch die Beklagte nicht verkenne. Abgestellt auf diesen Leistungsfall seien aber die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von EM-Rente nicht erfüllt. Denn in dem dann maßgebenden Rahmenzeitraum vom 13. Oktober 1999 bis zum 12. Oktober 2004 seien nur acht Monate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Selbst wenn davon auszugehen sei, dass die volle EM schon mit Beginn einer Therapie im Mai 2004 eingetreten sei, würde sich keine andere Beurteilung ergeben. Die EM sei auch nicht durch einen Tatbestand eingetreten, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt sei. Insbesondere sei die volle EM nicht vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eingetreten (vgl. § 53 Abs. 2 SGB VI). Das Studium des Klägers am A scheide als Ausbildung im Sinne von § 52 Abs. 2 SGB VI aus, weil dieses Studium nach den eigenen Angaben des Klägers dessen Zeit und Arbeitskraft nicht überwiegend in Anspruch genommen habe. Der Kläger habe auch in der Zeit ab 01. Januar 1984 nicht durchgehend Anwartschaftserhaltungszeiten zurückgelegt.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und macht hilfsweise die Erstattung der zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Beiträge geltend.

Aus dem Vorbringen des Klägers ergibt sich der Antrag,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05.Oktober 2005 und den Bescheid der Beklagten vom 23. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. März 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit ab 01. November 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren, ferner hilfsweise, ihm die zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung geleisteten Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage auf Beitragserstattung abzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Die Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände) und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erteilt (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, mit der dieser seine statthafte kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 4 SGG auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU für die Zeit ab 01. November 2003 (Antragsmonat) weiter verfolgt, ist nicht begründet. Die im Berufungsverfahren erhobene Klage auf Beitragserstattung war abzuweisen; sie ist bereits unzulässig.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU für die Zeit ab 01. November 2003 (vgl. § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür sind in der Person des Klägers nicht erfüllt.

Die von dem Kläger erhobenen Ansprüche bestimmen sich nach den §§ 43 Abs. 1 und Abs. 2, 240 Abs. 1 SGB VI, weil der Kläger seinen Rentenantrag im November 2003 gestellt hat und Rente wegen EM ausschließlich für Zeiträume nach dem 31. Dezember 2000 geltend macht (vgl. § 300 Abs. 2 SGB VI). Die genannten Vorschriften setzen zunächst die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1, 51 Abs. 1 SGB VI) sowie das Vorhandensein von drei Jahren mit Pflichtbeiträgen für eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EM bzw. BU voraus (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3, Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3, § 240 Abs. 1 SGB VI). Darüber hinaus muss volle bzw. teilweise EM oder BU vorliegen (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 240 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI).

Die besondere versicherungsrechtliche Voraussetzung der so genannten Drei-Fünftel-Belegung nach den genannten Vorschriften wurde mit dem Haushaltsbegleitgesetz 1984 eingeführt und betrifft alle Fälle, in denen eine EM oder BU nach dem 31. Dezember 1983 eingetreten ist. Lag eine EM bzw. BU – wofür vorliegend keine Anhaltspunkte ersichtlich sind – bis zu diesem Zeitpunkt bereits vor, bestand und besteht ein Anspruch auf Rente wegen EM bereits ohne die Drei-Fünftel-Belegung allein durch die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl. § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kläger ist frühestens seit seiner am 17. November 2000 diagnostizierten Hepatitis C-Infektion erwerbsgemindert bzw. berufsunfähig; Anhaltspunkte für eine vor diesem Zeitpunkt eingetretene EM bzw. BU sind weder von ihm selbst vorgetragen worden noch im Übrigen ersichtlich. Das Erfordernis der so genannten Drei-Fünftel-Belegung im maßgebenden Rahmenzeitraum vom 17. November 1995 bis zum 16. November 2000 ist mithin nicht erfüllt. Denn der Kläger hat in diesem Rahmenzeitraum ausweislich des vorliegenden und vom Kläger nicht beanstandeten zwischenstaatlichen Versicherungsverlaufs vom 12. April 2006 keine rentenrechtlichen Zeiten zurückgelegt. Auch für jeden nach dem 17. November 2000 eingetretenen Leistungsfall einer EM bzw. BU liegt die erforderliche Drei-Fünftel-Belegung nicht vor.

Voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden bzw. mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2, Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 SGB VI). Hiervon ausgehend kann eine EM bzw. BU des Klägers frühestens seit dem 17. November 2000 vorliegen, wobei mangels durchgeführter medizinischer bzw. berufskundlicher Ermittlungen dahinstehen kann, ob der Kläger seit diesem Tag bzw. seit einem beliebigen Datum nach diesem Tag tatsächlich nicht mehr über ein Leistungsvermögen verfügt, mit dem er in der Lage wäre, unter den üblichen Bedingen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein oder seine Erwerbsfähigkeit im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Denn selbst wenn dies zu Gunsten des Klägers zu unterstellen ist, sind die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Rente wegen voller EM, hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei BU insoweit – wie hinsichtlich der Drei-Fünftel-Belegung bereits dargelegt – nicht erfüllt, und zwar auch für jeden nach dem 17. November 2000 eingetretenen Leistungsfall.

Der Kläger hat für die Zeit ab 01. Januar 1984 auch nicht durchgehend Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne des § 241 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zurückgelegt. Nach der genannten Vorschrift sind Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der EM bzw. BU für Versicherte nicht erforderlich, die vor dem 01. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit erfüllt haben, wenn jeder Kalendermonat vom 01. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der EM bzw. BU mit Beitragszeiten, beitragsfreien Zeiten, Zeiten, die nur deshalb nicht beitragsfreie Zeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag, eine beitragsfreie Zeit oder eine der nachfolgenden Zeiten liegt, Berücksichtigungszeiten, Zeiten des Bezuges einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit oder Zeiten des gewöhnlichen Aufenthaltes im Beitrittsgebiet vor dem 01. Januar 1992 belegt ist. Der Kläger hat zwar die allgemeine Wartezeit vor dem 01. Januar 1984 erfüllt, er hat jedoch bis zum frühesten – denkbaren – Eintritt der EM bzw. BU am 17. November 2000 nicht durchgehend Anwartschaftserhaltungszeiten zurückgelegt. Es bestehen Lücken im Versicherungsverlauf im März 1992 und vom 01. April 1993 bis zum 30. Juni 2003, die der Kläger auch nicht mehr durch die nachträgliche Entrichtung freiwilliger Beiträge schließen kann.

Die so genannte Drei-Fünftel-Belegung ist auch dann entbehrlich, wenn die EM bzw. BU aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt wäre (vgl. § 43 Abs. 5 SGB VI). Selbst wenn zu Gunsten des Klägers zu unterstellen wäre, dass er aufgrund der in Österreich anerkannten Berufskrankheit vermindert erwerbsfähig geworden ist, kommt eine vorzeitige Wartezeiterfüllung nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nicht in Betracht. Denn die genannte Vorschrift findet nur Anwendung für Versicherte, die bei Eintritt des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit versicherungspflichtig waren oder in den letzten zwei Jahren davor mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hatten (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Beides war bei dem Kläger ersichtlich nicht der Fall. Auch der Tatbestand einer vorzeitigen Erfüllung der allgemeinen Wartezeit infolge einer vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung eingetretenen vollem EM gemäß § 53 Abs. 2 Satz 1 SGB VI liegt nicht vor. Denn abgesehen davon, dass auch hierfür Voraussetzung wäre, dass der Kläger in den letzten zwei Jahren vor Eintritt der vollen EM mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hätte, ist das von dem Kläger in den USA von 1999 bis zum 20. Juli 2002 absolvierte Studium auch nicht als Ausbildung im Sinne von § 53 Abs. 2 Satz 1 SGB VI anzusehen. Der Kläger hat hierzu nämlich selbst vorgetragen, für diese Weiterbildung nicht überwiegend seine Arbeitskraft aufgewandt zu haben, so dass dem Grunde nach ein Ausbildungs- Anrechnungszeittatbestand von vornherein nicht vorliegt.

Der Kläger kann auch zur Anwartschaftserhaltung rückwirkend keine freiwilligen Beiträge mehr zahlen. Denn diese sind grundsätzlich nur wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres, dass dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen, gezahlt werden (vgl. § 197 Abs. 2 SGB VI). Im Hinblick auf den Rentenantrag vom November 2003 käme eine Betragszahlung nur noch für die Zeit ab 01. Januar 2003 in Betracht. Eine besondere Härte nach § 197 Abs. 3 SGB VI liegt schon deshalb nicht vor, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass der Kläger an der rechtzeitigen Zahlung freiwilliger Beiträge für die im Versicherungsverlauf enthaltenen Lücken ohne Verschulden gehindert gewesen wäre. Auch Rechtsunkenntnis oder wirtschaftliche Schwierigkeiten begründen keine Schuldlosigkeit des Versicherten an der nichterfolgten Beitragszahlung. Auch nach österreichischem Recht ist der Kläger nicht mehr berechtigt, die vorhandenen Lücken im Versicherungsverlauf durch die nachträgliche Entrichtung von Beiträgen zu schließen. Eine Selbst- bzw. Weiterversicherung in Österreich erfordert nämlich ungeachtet der sonstigen Voraussetzungen, dass die Beiträge innerhalb von 12 Monaten nach Ablauf des Beitragszeitraumes, für den sie gelten sollen, entrichtet worden sind (vgl. § 225 Abs. 1 Nr. 3 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz).

Auch unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist eine Zulassung des Klägers zur Zahlung freiwilliger Beiträge für die genannten Lücken nicht möglich. Der Herstellungsanspruch ist von der Rechtsprechung entwickelt worden. Er verpflichtet die Behörde dort, wo dem Versicherten durch Verwaltungsfehler ein Nachteil in seinen sozialen Rechten entstanden ist, den sozialrechtlichen Zustand herzustellen, der bestanden hätte, wenn die Behörde von Anfang an richtig gehandelt hätte. Da es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch handelt, setzt der Herstellungsanspruch kein Verschulden voraus (vgl. BSGE 49, 76). In Betracht käme hier nach Lage der Sache nur ein Beratungsfehler, der dazu geführt hat, dass es der Kläger mangels ausreichender Informationen versäumt hat, rechtzeitig freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen und damit seine Anwartschaft auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu sichern. Anhaltspunkte für einen derartigen Beratungsfehler der Beklagten oder eines anderen Sozialleistungsträgers (vgl. bei Beratungsfehlern anderer Behörden: BSGE 51, 89; BSG SozR 1200 § 14 Nr. 19, 29) sind jedoch nicht ersichtlich.

Die Klage auf Beitragserstattung ist bereits mangels funktionaler Zuständigkeit des Landessozialgerichts unzulässig. Dieses entscheidet als Berufungsgericht im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile der SGe (vgl. § 29 SGG), nicht aber über erstmals im Berufungsverfahren erhobene Klagen. Zudem fehlt es hinsichtlich der geltend gemachten Beitragserstattung an einer Verwaltungserstentscheidung der Beklagten. Indes ist auch in der Sache für die begehrte Beitragserstattung eine Rechtsgrundlage ohnehin nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen der insoweit in Betracht zu ziehenden Vorschrift des § 210 Abs. 1 SGB VI sind schon deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger das Recht zur freiwilligen Versicherung in der deutschen Gesetzlichen Rentenversicherung hat und zudem die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Aus letzterem resultiert auch sein Anspruch auf Regelaltersrente bei Vollendung des 65. Lebensjahres.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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