Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 20 RJ 332/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 R 60/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I. Streitig sind Ansprüche auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Klägerin ist 1953 geboren worden. Sie hat keinen Beruf erlernt. Seit 1972 war sie in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt, ab 1974 bei der S AG (später I T AG) als Prüferin. Es handelte sich dabei um eine Tätigkeit, die nach einer Einarbeitungszeit von weniger als drei Monaten ausgeübt werden konnte. Der Klägerin ist seit 2000 ein Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz/Sozialgesetzbuch Neuntes Buch von 50, seit 2003 von 60 zuerkannt (Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin vom 15. Mai 2003; Funktionsbeeinträchtigungen; seelische Erkrankung; degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, Halswirbelsäulensyndrom, operierter Bandscheibenvorfall im Halswirbelsäulenbereich; degenerative Gelenkveränderungen, Funktionseinschränkungen des linken Kniegelenks, Senk- und Spreizfüße; Asthma bronchiale; Reizmagen; Ohrgeräusche; Carpaltunnel-Syndrom rechts). Nachdem sie seit 27. Juni 2001 durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben war, absolvierte sie vom 16. April bis 14. Mai 2002 in Kostenträgerschaft der Landesversicherungsanstalt Berlin eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation (Reha-Maßnahme) in der Reha-Klinik L Bad S. Aus der Maßnahme wurde sie als arbeitsunfähig, im übrigen noch als sechs Stunden und mehr leistungsfähig für leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung in Tagesschicht unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, über Schulterhöhe sowie in Zwangshaltungen, in Kälte, Nässe oder Zugluft entlassen (Entlassungsbericht vom 28. Mai 2002; Behandlungsdiagnosen: Vertebragenes, zevikales, pseudoradikuläres Schmerzsyndrom bei Zustand nach Bandscheibenvorfall C6/C7 [Nukleotomie C6/C7 im Juni 2001); Asthma bronchiale; Erschöpfungssyndrom mit hysterischer Persönlichkeit). Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragte die Klägerin im Juli 2002 und bezog sich zur Begründung auf Atteste ihrer behandelnden Ärzte. Im Auftrag der Beklagten wurde sie durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S begutachtet. Die Gutachterin kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin in der letzten ausgeübten Tätigkeit nur noch unter drei Stunden, im übrigen sechs Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten oder überwiegend im Sitzen in Tagesschicht, ohne Akkord- oder Überkopfarbeiten leistungsfähig sei (Gutachten vom 28. August 2002; Diagnosen: anhaltend somatoforme Schmerzstörung; neurasthenisches Syndrom mit depressiver Verstimmtheit bei neurotischer Persönlichkeit, ausgelöst durch Arbeitsplatzkonflikt; vertebragenes Schmerzsyndrom bei Zustand nach Bandscheibenoperation C6/C7). Gestützt auf die medizinischen Ermittlungen lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 5. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2003 ab. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert noch berufsunfähig. Sie könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens sechs Stunden leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Überkopfarbeiten und ohne Akkord verrichten. Mit ihrer Klage hat die Klägerin, wie bereits im Widerspruchsverfahren, geltend gemacht, dass ihr Gesundheitszustand nicht richtig gewürdigt worden sei. Ihre Krankheiten am Bewegungsapparat und im neurologisch-psychiatrischen Bereich erlaubten es ihr nicht, irgendeiner Arbeit regelmäßig nachzugehen. Sie hat ein arbeitsamtsärztliches Gutachten der Dr. C-S vom 3. Juli 2003 vorgelegt. Das Sozialgericht hat Befundberichte des Facharztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Prof. Dr. M vom 19. Juni 2003, des Facharztes für Orthopädie M vom 25. Juni 2003 (mit Drittbefunden) des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. R vom 28. Juli 2003 (mit Drittbefunden) und des Allgemeinmediziners Dr. C. E V vom 4. September 2003 eingeholt. Im Auftrag des Sozialgerichts ist die Klägerin durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S und den Facharzt für Orthopädie Dr. R begutachtet worden. Dr. S ist in ihrem Gutachten vom 15. April 2004 aus der Sicht ihres Fachgebiets zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin noch täglich regelmäßig vollschichtig leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen oder im Wechsel der Haltungsarten verrichten könne. Nicht möglich bzw. zu vermeiden seien Arbeiten unter Einfluss von Kälte oder Feuchtigkeit, mit verstärkter Lärmexposition, mit einseitiger körperlicher Belastung, mit Heben oder Tragen von Lasten über 5 kg, über Kopf, auf Leitern oder Gerüsten, in Nachtschicht, unter Zeitdruck oder solche, die eine Belastbarkeit der Wirbelsäule voraussetzten (Diagnosen: anhaltende somatforme Schmerzstörung; rezidivierende Anpassungsstörung bei sozialer und beruflicher Konfliktsituation, auf dem Boden einer histrionischen Persönlichkeitstruktur; rezidivierendes Zervikalsyndrom mit brachialgieformer Beschwerdesymptomatik, bei Zustand nach zervikaler Bandscheibenoperation in Höhe C6/C7 rechts Juni 2001; rezidivierende Lumbalgien mit rezidivierender Wurzelreizsymptomatik ohne Zeichen einer Wurzelkompression; Karpaltunnelsyndrom; Tinnitus aurium). Dr. R, dem ein von Dr. M veranlasster Computertomografie-Befund der Praxis Dr. K/Dr. T vom 28. Juli 2004 vorlag, ist in seinem Gutachten vom 7. September 2004 zu der Einschätzung gelangt, die Klägerin könne noch täglich regelmäßig vollschichtig leichte körperliche Arbeiten in allen Haltungsarten ohne Notwendigkeit einer bestimmten Haltungsart oder eines bestimmen Wechsels der Haltungsarten, im Freien unter Witterungsschutz oder in geschlossenen Räumen ohne Einfluss von Kälte, Feuchtigkeit oder Zugluft verrichten. Zu vermeiden bzw. nicht zumutbar seien das Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, im Hocken und mit knieenden Belastungen und Arbeiten, welche eine besondere Belastbarkeit der Hals- und Lendenwirbelsäule oder der Arme für Überkopfarbeiten oder Armvorhaltebelastungen und kraftvolles Zugreifen und Belasten der Hände verlangten (Diagnosen: Halswirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen mit Funktionseinschränkungen; Lendenwirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen mit leichten Funktionseinschränkungen; leichter Kniegelenksverschleiss links; Carpaltunnelsyndrom rechts). Durch Urteil vom 22. November 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch sechs und mehr Stunden arbeiten. Die Kammer folge den Einschätzungen des Leistungsvermögens, welche die gerichtlichen Sachverständigen abgegeben hätten. Der Einwand der Klägerin, dass das Zusammenwirken der orthopädischen und der neurologisch-psychiatrisch bedingten Leiden nicht hinreichend gewürdigt worden sei, gehe ins Leere, da Dr. S eine somatoforme Schmerzstörung als im Vordergrund stehend angesehen und eine Gesamteinschätzung anhand der zuvor bekannten orthopädischen Leiden bereits vorgenommen habe. Da sich diese Leiden aufgrund der Untersuchung durch Dr. R nur bestätigt hätten, habe auch keine neue Gesamteinschätzung vorgenommen werden müssen. Soweit die Sachverständigen von den Einschätzungen der behandelnden Ärzte der Klägerin abgewichen seien, hätten sie dies überzeugend begründet. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung stehe der Klägerin nicht zu, da sie allenfalls als angelernte Arbeiterin mit einer Ausbildungszeit von bis zu einem Jahr angesehen werden könne und sich deshalb ebenfalls auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen müsse. Mit der Berufung macht die Klägerin weiterhin geltend, voll erwerbsgemindert zu sein. Es sei nicht zu erkennen, warum das Sozialgericht den gerichtlichen Sachverständigen und nicht der Arbeitsamts-Gutachterin Dr. C-S sowie dem behandelnden Arzt Dr. R gefolgt sei, die beide eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Ausmaß gesehen hätten. Dr. S habe nicht berücksichtigt, dass sich ihr Gesundheitszustand seit 1997 stetig verschlechtert habe und ihr ein höherer Grad der Behinderung zuerkannt worden sei. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 5. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. Juli 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagte lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
II. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss über die Berufung entscheiden, da er sie einstimmig für unbegründet und angesichts des nicht weiter aufklärungsbedürftigen Sachverhalts eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Berufung ist unbegründet. Der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der hier anwendbaren, seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung setzt neben den sogenannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 4 bis 6 SGB VI) voraus, dass die Versicherte entweder voll oder teilweise erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI setzt neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen unter anderem voraus, dass die Versicherte berufsunfähig ist. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 SGB VI). Die Klägerin ist nicht aus medizinischen Gründen voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Alle im Auftrag der Beklagten und des Sozialgerichts tätig gewordenen Gutachter und Sachverständigen konnten bei ihr noch ein Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten für sechs und mehr Stunden täglicher Arbeitszeit feststellen. Zwar bestehen einige qualitative Einschränkungen. Jedenfalls wird der Klägerin aber noch ein Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten bescheinigt, die in geschlossenen, normal temperierten Räumen, überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum Wechsel der Haltungsart ausgeführt werden, nicht mit größeren Belastungen des Bewegungsapparates oder Zeitdruck verbunden sind und keine Fähigkeit zu Nachtschichten erfordern. Die qualitativen Einschränkungen der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit stellen weder schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigungen noch in ihrer Gesamtheit eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar (s. dazu etwa BSG – Großer Senat – SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 und BSG SozR 4-2600 § 44 Nr. 1). Damit steht der Klägerin ein breites Feld von Einsatzmöglichkeiten zur Verfügung, ohne dass eine konkrete Tätigkeit benannt werden müsste. Es bestehen keine Bedenken dagegen, den Bewertungen des Leistungsvermögens durch die Gutachter der Beklagten und die vom Sozialgericht beauftragten Sachverständigen zu folgen, die zu nachvollziehbaren und damit überzeugenden Schlussfolgerungen gelangt sind. Deren Bewertungen stehen auch nicht im Gegensatz zur Leistungseinschätzung der Dr. C-S in deren Gutachten vom 3. Juli 2003. Zum einen hatte diese Gutachterin lediglich geäußert, dass die Klägerin "voraussichtlich" für mehr als sechs Monate weniger als drei Stunden täglich leistungsfähig sei und damit keine endgültige Bewertung des Leistungsvermögens abgegeben. Zum anderen hat die gerichtliche Sachverständige Dr. S die Diagnose einer depressiven Störung mit Angstzuständen, die Frau Dr. C-S im Vordergrund der Leidensbilder sah, ebensowenig bestätigen können wie die Gutachterin Dr. S und – nicht zuletzt – der behandelnde Arzt Dr. R. Da Dr. C-S ihre Auffassung nicht begründet hat, ist der Einschätzung der Sachverständigen Dr. S, die sich aus dem Ergebnis ihrer Untersuchung und der Auswertung der vorhandenen medizinischen Unterlagen nachvollziehbar ableiten lässt, der Vorzug zu geben. Die Einschätzungen der Gutachter und Sachverständigen stehen auch nicht im Gegensatz zu den Äußerungen der behandelnden Ärzte der Klägerin. Deren Diagnosen finden sich in den Gutachten im Wesentlichen wieder, ohne dass sich daraus eine Rentenberechtigung ableiten lässt. Ansprüche auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begründen sich nicht lediglich dadurch, dass Versicherte nicht gesund ist. Vielmehr müssen bestehende Krankheiten das Leistungsvermögen derart einschränken, dass die gesetzlichen Anforderungen an den Rentenanspruch erfüllt sind. Gutachten arbeiten die vorhandenen medizinischen Unterlagen und die Ergebnisse der von den Gutachtern und Sachverständigen durchgeführten persönlichen Untersuchungen sozialmedizinisch auf, so dass ein Zusammenhang zwischen bestehenden Krankheitsbildern und dem Leistungsvermögen erkennbar wird. Ebenso wenig hat Bedeutung, ob und in welcher Höhe ein Grad der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) zuerkannt ist. "Schwerbehindert" zu sein – also einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 zu besitzen - bedeutet noch nicht, dass die Arbeitsfähigkeit aufgehoben ist. Das zeigt sich vor allem daran, dass gerade für Schwerbehinderte zahlreiche Vorschriften gelten, die zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen dienen (z. B. §§ 71 ff, 85 ff. SGB IX). Bei dieser schlage bestand keine Veranlassung, dem Antrag der Klägerin zu entsprechen und ein obergerichtliches neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen.
Die Klägerin ist schließlich auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit. Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist der "bisherige Beruf" der Versicherten. Grundsätzlich ist dies die letzte nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], siehe z.B. BSG in der Entscheidungssammlung Sozialrecht [SozR] - 2200 § 1246 Nrn. 107, 130, 164, 169; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R -, zitiert nach Juris), es sei denn, ein früherer Beruf musste aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben werden und damit infolge eines Risikos, das durch die Rente wegen Berufsunfähigkeit abgesichert ist (siehe dazu BSG, Urteil vom 5. August 2004 – B 13 RJ 7/04 R -, zitiert nach Juris). Danach ist als bisheriger Beruf der Klägerin der einer Prüferin anzusehen. Ihn hat sie langjährig versicherungspflichtig ausgeübt. Selbst wenn die Klägerin ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben könnte, wäre sie aber noch nicht berufsunfähig. Das setzt vielmehr zusätzlich voraus, dass für sie auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit vorhanden ist, die sie mit dem verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen könnte. Die soziale Zumutbarkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs, wozu das BSG das sogenannte Stufenschema entwickelt hat. Da der bisherige Beruf der Klägerin weniger als drei Monate Anlernzeit erforderte, ist er der Stufe der ungelernten Berufe zuzuordnen. Ausgehend hiervon kann die Klägerin auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, ohne dass eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden muss. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist sie, wie bereits ausgeführt, noch täglich regelmäßig vollschichtig für leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen leistungsfähig (ständige Rechtsprechung des BSG, siehe etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 15 und SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Ob die Klägerin mit ihren Leistungseinschränkungen und in ihrem Lebensalter noch einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erhalten kann, hat rechtlich keine Bedeutung. In dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden gegliederten System der Sozialleistungen wird das Risiko, trotz eines 6- und mehrstündigen Leistungsvermögens keinen Arbeitsplatz erhalten zu können, durch die Arbeitslosenversicherung und die Grundsicherung für Arbeitsuchende, nicht aber durch die gesetzliche Rentenversicherung abgesichert. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Gründe:
I. Streitig sind Ansprüche auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Klägerin ist 1953 geboren worden. Sie hat keinen Beruf erlernt. Seit 1972 war sie in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt, ab 1974 bei der S AG (später I T AG) als Prüferin. Es handelte sich dabei um eine Tätigkeit, die nach einer Einarbeitungszeit von weniger als drei Monaten ausgeübt werden konnte. Der Klägerin ist seit 2000 ein Grad der Behinderung nach dem Schwerbehindertengesetz/Sozialgesetzbuch Neuntes Buch von 50, seit 2003 von 60 zuerkannt (Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin vom 15. Mai 2003; Funktionsbeeinträchtigungen; seelische Erkrankung; degenerative Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule, Halswirbelsäulensyndrom, operierter Bandscheibenvorfall im Halswirbelsäulenbereich; degenerative Gelenkveränderungen, Funktionseinschränkungen des linken Kniegelenks, Senk- und Spreizfüße; Asthma bronchiale; Reizmagen; Ohrgeräusche; Carpaltunnel-Syndrom rechts). Nachdem sie seit 27. Juni 2001 durchgehend arbeitsunfähig krankgeschrieben war, absolvierte sie vom 16. April bis 14. Mai 2002 in Kostenträgerschaft der Landesversicherungsanstalt Berlin eine Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation (Reha-Maßnahme) in der Reha-Klinik L Bad S. Aus der Maßnahme wurde sie als arbeitsunfähig, im übrigen noch als sechs Stunden und mehr leistungsfähig für leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung in Tagesschicht unter Vermeidung von Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, über Schulterhöhe sowie in Zwangshaltungen, in Kälte, Nässe oder Zugluft entlassen (Entlassungsbericht vom 28. Mai 2002; Behandlungsdiagnosen: Vertebragenes, zevikales, pseudoradikuläres Schmerzsyndrom bei Zustand nach Bandscheibenvorfall C6/C7 [Nukleotomie C6/C7 im Juni 2001); Asthma bronchiale; Erschöpfungssyndrom mit hysterischer Persönlichkeit). Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beantragte die Klägerin im Juli 2002 und bezog sich zur Begründung auf Atteste ihrer behandelnden Ärzte. Im Auftrag der Beklagten wurde sie durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S begutachtet. Die Gutachterin kam zu dem Ergebnis, dass die Klägerin in der letzten ausgeübten Tätigkeit nur noch unter drei Stunden, im übrigen sechs Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten oder überwiegend im Sitzen in Tagesschicht, ohne Akkord- oder Überkopfarbeiten leistungsfähig sei (Gutachten vom 28. August 2002; Diagnosen: anhaltend somatoforme Schmerzstörung; neurasthenisches Syndrom mit depressiver Verstimmtheit bei neurotischer Persönlichkeit, ausgelöst durch Arbeitsplatzkonflikt; vertebragenes Schmerzsyndrom bei Zustand nach Bandscheibenoperation C6/C7). Gestützt auf die medizinischen Ermittlungen lehnte die Beklagte den Rentenantrag durch Bescheid vom 5. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2003 ab. Die Klägerin sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert noch berufsunfähig. Sie könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch wenigstens sechs Stunden leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne Überkopfarbeiten und ohne Akkord verrichten. Mit ihrer Klage hat die Klägerin, wie bereits im Widerspruchsverfahren, geltend gemacht, dass ihr Gesundheitszustand nicht richtig gewürdigt worden sei. Ihre Krankheiten am Bewegungsapparat und im neurologisch-psychiatrischen Bereich erlaubten es ihr nicht, irgendeiner Arbeit regelmäßig nachzugehen. Sie hat ein arbeitsamtsärztliches Gutachten der Dr. C-S vom 3. Juli 2003 vorgelegt. Das Sozialgericht hat Befundberichte des Facharztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Prof. Dr. M vom 19. Juni 2003, des Facharztes für Orthopädie M vom 25. Juni 2003 (mit Drittbefunden) des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. R vom 28. Juli 2003 (mit Drittbefunden) und des Allgemeinmediziners Dr. C. E V vom 4. September 2003 eingeholt. Im Auftrag des Sozialgerichts ist die Klägerin durch die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. S und den Facharzt für Orthopädie Dr. R begutachtet worden. Dr. S ist in ihrem Gutachten vom 15. April 2004 aus der Sicht ihres Fachgebiets zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klägerin noch täglich regelmäßig vollschichtig leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen oder im Wechsel der Haltungsarten verrichten könne. Nicht möglich bzw. zu vermeiden seien Arbeiten unter Einfluss von Kälte oder Feuchtigkeit, mit verstärkter Lärmexposition, mit einseitiger körperlicher Belastung, mit Heben oder Tragen von Lasten über 5 kg, über Kopf, auf Leitern oder Gerüsten, in Nachtschicht, unter Zeitdruck oder solche, die eine Belastbarkeit der Wirbelsäule voraussetzten (Diagnosen: anhaltende somatforme Schmerzstörung; rezidivierende Anpassungsstörung bei sozialer und beruflicher Konfliktsituation, auf dem Boden einer histrionischen Persönlichkeitstruktur; rezidivierendes Zervikalsyndrom mit brachialgieformer Beschwerdesymptomatik, bei Zustand nach zervikaler Bandscheibenoperation in Höhe C6/C7 rechts Juni 2001; rezidivierende Lumbalgien mit rezidivierender Wurzelreizsymptomatik ohne Zeichen einer Wurzelkompression; Karpaltunnelsyndrom; Tinnitus aurium). Dr. R, dem ein von Dr. M veranlasster Computertomografie-Befund der Praxis Dr. K/Dr. T vom 28. Juli 2004 vorlag, ist in seinem Gutachten vom 7. September 2004 zu der Einschätzung gelangt, die Klägerin könne noch täglich regelmäßig vollschichtig leichte körperliche Arbeiten in allen Haltungsarten ohne Notwendigkeit einer bestimmten Haltungsart oder eines bestimmen Wechsels der Haltungsarten, im Freien unter Witterungsschutz oder in geschlossenen Räumen ohne Einfluss von Kälte, Feuchtigkeit oder Zugluft verrichten. Zu vermeiden bzw. nicht zumutbar seien das Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, im Hocken und mit knieenden Belastungen und Arbeiten, welche eine besondere Belastbarkeit der Hals- und Lendenwirbelsäule oder der Arme für Überkopfarbeiten oder Armvorhaltebelastungen und kraftvolles Zugreifen und Belasten der Hände verlangten (Diagnosen: Halswirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen mit Funktionseinschränkungen; Lendenwirbelsäulensyndrom bei degenerativen Veränderungen mit leichten Funktionseinschränkungen; leichter Kniegelenksverschleiss links; Carpaltunnelsyndrom rechts). Durch Urteil vom 22. November 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch sechs und mehr Stunden arbeiten. Die Kammer folge den Einschätzungen des Leistungsvermögens, welche die gerichtlichen Sachverständigen abgegeben hätten. Der Einwand der Klägerin, dass das Zusammenwirken der orthopädischen und der neurologisch-psychiatrisch bedingten Leiden nicht hinreichend gewürdigt worden sei, gehe ins Leere, da Dr. S eine somatoforme Schmerzstörung als im Vordergrund stehend angesehen und eine Gesamteinschätzung anhand der zuvor bekannten orthopädischen Leiden bereits vorgenommen habe. Da sich diese Leiden aufgrund der Untersuchung durch Dr. R nur bestätigt hätten, habe auch keine neue Gesamteinschätzung vorgenommen werden müssen. Soweit die Sachverständigen von den Einschätzungen der behandelnden Ärzte der Klägerin abgewichen seien, hätten sie dies überzeugend begründet. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung stehe der Klägerin nicht zu, da sie allenfalls als angelernte Arbeiterin mit einer Ausbildungszeit von bis zu einem Jahr angesehen werden könne und sich deshalb ebenfalls auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen müsse. Mit der Berufung macht die Klägerin weiterhin geltend, voll erwerbsgemindert zu sein. Es sei nicht zu erkennen, warum das Sozialgericht den gerichtlichen Sachverständigen und nicht der Arbeitsamts-Gutachterin Dr. C-S sowie dem behandelnden Arzt Dr. R gefolgt sei, die beide eine Minderung der Erwerbsfähigkeit in rentenberechtigendem Ausmaß gesehen hätten. Dr. S habe nicht berücksichtigt, dass sich ihr Gesundheitszustand seit 1997 stetig verschlechtert habe und ihr ein höherer Grad der Behinderung zuerkannt worden sei. Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 20. November 2004 und den Bescheid der Beklagten vom 5. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Februar 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 1. Juli 2002 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagte lagen dem Gericht bei seiner Entscheidung vor. Wegen Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt dieser Aktenstücke Bezug genommen.
II. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss über die Berufung entscheiden, da er sie einstimmig für unbegründet und angesichts des nicht weiter aufklärungsbedürftigen Sachverhalts eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Die Berufung ist unbegründet. Der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der hier anwendbaren, seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung setzt neben den sogenannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 4 bis 6 SGB VI) voraus, dass die Versicherte entweder voll oder teilweise erwerbsgemindert ist (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI setzt neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen unter anderem voraus, dass die Versicherte berufsunfähig ist. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 SGB VI). Die Klägerin ist nicht aus medizinischen Gründen voll oder teilweise erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI. Alle im Auftrag der Beklagten und des Sozialgerichts tätig gewordenen Gutachter und Sachverständigen konnten bei ihr noch ein Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten für sechs und mehr Stunden täglicher Arbeitszeit feststellen. Zwar bestehen einige qualitative Einschränkungen. Jedenfalls wird der Klägerin aber noch ein Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten bescheinigt, die in geschlossenen, normal temperierten Räumen, überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit zum Wechsel der Haltungsart ausgeführt werden, nicht mit größeren Belastungen des Bewegungsapparates oder Zeitdruck verbunden sind und keine Fähigkeit zu Nachtschichten erfordern. Die qualitativen Einschränkungen der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit stellen weder schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigungen noch in ihrer Gesamtheit eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen dar (s. dazu etwa BSG – Großer Senat – SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 und BSG SozR 4-2600 § 44 Nr. 1). Damit steht der Klägerin ein breites Feld von Einsatzmöglichkeiten zur Verfügung, ohne dass eine konkrete Tätigkeit benannt werden müsste. Es bestehen keine Bedenken dagegen, den Bewertungen des Leistungsvermögens durch die Gutachter der Beklagten und die vom Sozialgericht beauftragten Sachverständigen zu folgen, die zu nachvollziehbaren und damit überzeugenden Schlussfolgerungen gelangt sind. Deren Bewertungen stehen auch nicht im Gegensatz zur Leistungseinschätzung der Dr. C-S in deren Gutachten vom 3. Juli 2003. Zum einen hatte diese Gutachterin lediglich geäußert, dass die Klägerin "voraussichtlich" für mehr als sechs Monate weniger als drei Stunden täglich leistungsfähig sei und damit keine endgültige Bewertung des Leistungsvermögens abgegeben. Zum anderen hat die gerichtliche Sachverständige Dr. S die Diagnose einer depressiven Störung mit Angstzuständen, die Frau Dr. C-S im Vordergrund der Leidensbilder sah, ebensowenig bestätigen können wie die Gutachterin Dr. S und – nicht zuletzt – der behandelnde Arzt Dr. R. Da Dr. C-S ihre Auffassung nicht begründet hat, ist der Einschätzung der Sachverständigen Dr. S, die sich aus dem Ergebnis ihrer Untersuchung und der Auswertung der vorhandenen medizinischen Unterlagen nachvollziehbar ableiten lässt, der Vorzug zu geben. Die Einschätzungen der Gutachter und Sachverständigen stehen auch nicht im Gegensatz zu den Äußerungen der behandelnden Ärzte der Klägerin. Deren Diagnosen finden sich in den Gutachten im Wesentlichen wieder, ohne dass sich daraus eine Rentenberechtigung ableiten lässt. Ansprüche auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit begründen sich nicht lediglich dadurch, dass Versicherte nicht gesund ist. Vielmehr müssen bestehende Krankheiten das Leistungsvermögen derart einschränken, dass die gesetzlichen Anforderungen an den Rentenanspruch erfüllt sind. Gutachten arbeiten die vorhandenen medizinischen Unterlagen und die Ergebnisse der von den Gutachtern und Sachverständigen durchgeführten persönlichen Untersuchungen sozialmedizinisch auf, so dass ein Zusammenhang zwischen bestehenden Krankheitsbildern und dem Leistungsvermögen erkennbar wird. Ebenso wenig hat Bedeutung, ob und in welcher Höhe ein Grad der Behinderung nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) zuerkannt ist. "Schwerbehindert" zu sein – also einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 zu besitzen - bedeutet noch nicht, dass die Arbeitsfähigkeit aufgehoben ist. Das zeigt sich vor allem daran, dass gerade für Schwerbehinderte zahlreiche Vorschriften gelten, die zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen dienen (z. B. §§ 71 ff, 85 ff. SGB IX). Bei dieser schlage bestand keine Veranlassung, dem Antrag der Klägerin zu entsprechen und ein obergerichtliches neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen.
Die Klägerin ist schließlich auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit. Ausgangspunkt für die Prüfung von Berufsunfähigkeit ist der "bisherige Beruf" der Versicherten. Grundsätzlich ist dies die letzte nicht nur vorübergehend ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], siehe z.B. BSG in der Entscheidungssammlung Sozialrecht [SozR] - 2200 § 1246 Nrn. 107, 130, 164, 169; BSG, Urteil vom 11. Mai 2000 – B 13 RJ 43/99 R -, zitiert nach Juris), es sei denn, ein früherer Beruf musste aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben werden und damit infolge eines Risikos, das durch die Rente wegen Berufsunfähigkeit abgesichert ist (siehe dazu BSG, Urteil vom 5. August 2004 – B 13 RJ 7/04 R -, zitiert nach Juris). Danach ist als bisheriger Beruf der Klägerin der einer Prüferin anzusehen. Ihn hat sie langjährig versicherungspflichtig ausgeübt. Selbst wenn die Klägerin ihren bisherigen Beruf nicht mehr ausüben könnte, wäre sie aber noch nicht berufsunfähig. Das setzt vielmehr zusätzlich voraus, dass für sie auch keine sozial zumutbare Erwerbstätigkeit vorhanden ist, die sie mit dem verbliebenen Leistungsvermögen noch ausführen könnte. Die soziale Zumutbarkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs, wozu das BSG das sogenannte Stufenschema entwickelt hat. Da der bisherige Beruf der Klägerin weniger als drei Monate Anlernzeit erforderte, ist er der Stufe der ungelernten Berufe zuzuordnen. Ausgehend hiervon kann die Klägerin auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden, ohne dass eine konkrete Verweisungstätigkeit benannt werden muss. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist sie, wie bereits ausgeführt, noch täglich regelmäßig vollschichtig für leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen leistungsfähig (ständige Rechtsprechung des BSG, siehe etwa BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 143; SozR 3-2200 § 1246 Nr. 15 und SozR 3-2600 § 43 Nr. 17). Ob die Klägerin mit ihren Leistungseinschränkungen und in ihrem Lebensalter noch einen Arbeitsplatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erhalten kann, hat rechtlich keine Bedeutung. In dem in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden gegliederten System der Sozialleistungen wird das Risiko, trotz eines 6- und mehrstündigen Leistungsvermögens keinen Arbeitsplatz erhalten zu können, durch die Arbeitslosenversicherung und die Grundsicherung für Arbeitsuchende, nicht aber durch die gesetzliche Rentenversicherung abgesichert. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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