L 7 SO 19/06 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 60 SO 18/06 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 SO 19/06 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
I. Ausländern, die mit einem Touristenvisum einreisen, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG beantragen und sich mit einer Fiktionsbescheinigung gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG im Inland rechtmäßig aufhalten, ist Sozialhilfe nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 SGB XII zu leisten.
II. Ist ein Anordnungsanspruch im Hinblick auf die Bewilligung von SGB XII-Leistungen glaubhaft gemacht, steht der Eilbedürftigkeit die fortwährende Bewilligung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht entgegen.
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Februar 2006 dahingehend abgeändert, dass die Antragsgegnerin verpflichtet wird, der Antragstellerin Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Sozialgesetzbuch XII als Darlehen vom 23. Januar 2006 bis zum 12. April 2006 zu gewähren.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.

II. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin K. B., A-Stadt, beigeordnet.

III. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist eine 1933 geborene iranische Staatsangehörige. Sie begehrt Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Sozialgesetzbuch 12. Buch Sozialhilfe (SGB XII).

Am 20. April 2005 reiste sie mit einem vom 10. März bis 7. Juni 2005 gültigen Touristenvisum zum Besuch ihres als asylberechtigt anerkannten Sohnes M. R. K.-T. in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 6. Juni 2005 die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung nach § 25 Abs. 4 Satz 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), worüber ihr die Ausländerbehörde am 27. Juni 2005 eine Bescheinigung erteilte. Am 8. August 2005 beantragte sie außerdem bei der Antragsgegnerin Leistungen. Sie gab an, wie in jedem Jahr ihren Sohn in Deutschland besucht zu haben. Gesundheitlich gehe es ihr so schlecht, dass sie nicht in den Iran zurück reisen könne. Ohne Hilfe ihres Sohnes, der ihr einziger Angehöriger sei, könne sie nicht mehr leben. Zudem benötige sie dringend ärztliche Hilfe und beantrage Krankenhilfe. Zum Beleg ihres angegriffenen Gesundheitszustandes legte sie Atteste des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. K. vom 9. Mai 2005 und des Orthopäden Dr. FK. vom 17. Mai 2005 vor (Bl. 15 und 53 der Verwaltungsakte (VA)). Aus ihnen geht ein multiples Krankheitsbild von Diabetes mellitus Typ II bis hin zu einem schweren chronisch degenerativen LWS-Syndrom hervor.

Vom 3. November 2005 datiert eine bis 2. Mai 2006 gültige Bescheinigung der Ausländerbehörde, wonach der Aufenthaltstitel der Antragstellerin bis zur Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG als fortbestehend gilt.

Am 10. November 2005 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in Höhe von monatlich 199,40 Euro ab 1. November 2005.

Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin mit Schreiben vom gleichen Tag Widerspruch. Die Ausländerbehörde habe über vier Monate versäumt, die Fiktionsbescheinigung, welche die fortdauernde Gültigkeit ihres Visums bescheinige, weiterzureichen.

Mit Bescheid vom 15. November 2005 lehnte die Antragsgegnerin die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB XII ab. Im Hinblick auf die am 3. November 2005 ausgestellte Fiktionsbescheinigung bis zum 2. Mai 2006 würden der Antragstellerin seit 1. November 2005 Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 AsylbLG gewährt.

Vom 15. Dezember 2005 datiert ein Bescheid der Antragsgegnerin, wonach auf den Widerspruch vom 10. November 2005 dem Antrag auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung ab 8. August 2005 nicht entsprochen werden könne. Die Fiktionsbescheinigung begründe keinen Rechtsanspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XII. Sie bedeute nur eine Verlängerung des Touristenvisums und stelle keine Aufenthaltserlaubnis dar. Es würden deshalb die Leistungen eingestellt und der Widerspruch vom 10. November 2005 als unbegründet zurückgewiesen. In der Erklärung gegenüber der Deutschen Botschaft zur Erteilung eines Touristenvisums habe die Antragstellerin angegeben, dass ihr Sohn ihren Lebensunterhalt sicherstelle.

Ebenfalls am 15. Dezember 2005 verfügte die Antragsgegnerin die Einstellung der Leistungen nach § 3 AsylbLG zum 31. Dezember 2005 (Bl. 56 d. VA).

Mit Schreiben vom 30. Dezember 2005 beantragte der Sohn der Antragstellerin für sie ab 1. Januar 2006 erneut Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XII. Die Antragsgegnerin teilte ihm daraufhin mit Schreiben vom 4. Januar 2006 mit, nach wie vor könnten keine Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch XII erbracht werden. Der Bescheid vom 15. Dezember 2005 habe weiterhin Bestand.

Am 17. Januar 2006 erhob die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigte Widerspruch gegen die Bescheide vom 15. Dezember 2005 und 4. Januar 2006 und setzte der Antragsgegnerin eine Frist bis zum 20. Januar 2006. Die ihr erteilte Fiktionsbescheinigung stehe einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII nicht entgegen, der nach § 23 Abs. 1 SGB XII gegeben sei. Zumindest seien ihr vorläufig Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu gewähren.

Am 23. Januar 2006 beantragte die Antragstellerin durch ihre Bevollmächtigte bei dem Sozialgericht Frankfurt (SG) eine einstweilige Anordnung mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zur darlehensweisen Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten. Zur Begründung trug sie vor, dass Ausländer, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, gemäß § 23 Abs. 1 SGB XII Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt hätten. Solche Ausländer seien insbesondere diejenigen, die mit einem Visum nach § 6 AufenthG eingereist seien, also Touristen wie sie selbst. Sie gehöre nicht zu den in § 1 AsylbLG genannten Ausländern. Dies gelte auch dann, wenn ihr ein Aufenthaltstitel gemäß § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG erteilt werde. Ihr Sohn könne sie nicht unterstützen. Insbesondere benötige sie aufgrund ihrer Erkrankung dringend eine Krankenversicherung. Die Antragstellerin legte ein weiteres Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 3. Februar 2006 vor, wonach bei ihr multiple Vorerkrankungen wie ein instabiler Diabetes mellitus bestünden. Weiterhin attestierte Dr. H. eine Depression, eine Schilddrüsenvergrößerung, ein degeneratives Wirbelsäulensyndrom und Gefühlsstörungen im rechten Fuß sowie Bluthochdruck und eine chronische Gastritis. Eine sofortige medizinische Versorgung sei dringend notwendig.

Mit Beschluss vom 9. Februar 2006 verpflichtete das SG die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung, der Antragstellerin ab 23. Januar 2006 bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Widerspruch der Antragstellerin gegen die Bescheide vom 15. Dezember 2005 und 4. Januar 2006, längstens jedoch bis zum 30. April 2006, darlehensweise Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII zu gewähren. Zur Begründung gab das SG an, der Gesetzgeber habe ersichtlich nicht beabsichtigt, Personen mit dem ausländerrechtlichen Status der Antragstellerin durch die "Maschen des Netzes" aller Sozialleistungssysteme fallen zu lassen. Die Verhinderung der Einreise von Ausländern, die nicht über genügend Mittel verfügten, könne der Gesetzgeber im Hinblick auf Art. 1 und 2 des Grundgesetzes (GG) nur über aufenthaltsbeendende Maßnahmen nach dem Ausländerrecht erreichen, nicht jedoch durch generellen Ausschluss von Sozialleistungen. Wie die am Verfahren Beteiligten, gehe das Gericht davon aus, dass das Asylbewerberleistungsgesetz im vorliegenden Falle keine Anwendung finde, so dass § 23 Abs. 2 SGB XII die Anwendung des SGB XII nicht ausschließe. Welchen genauen ausländerrechtlichen Status die Antragstellerin habe und damit zu welchem Personenkreis im Sinne des § 23 SGB XII sie gehöre, müsse im summarischen Verfahren unentschieden bleiben. Da sie über 65 Jahre alt sei, lägen Leistungen nach § 41 SGB XII nahe. Die aktuelle Notlage der Antragstellerin ließe im einstweiligen Rechtsschutzverfahren das Risiko zu, dass sie die darlehensweise zu gewährenden Leistungen eventuell nicht werde erstatten können, sollte sich später bestandskräftig herausstellen, dass sie überhaupt keine Sozialleistungsansprüche hat.

Die Antragsgegnerin hat gegen den ihr am 20. Februar 2006 zugestellten Beschluss am 22. Februar 2006 Beschwerde erhoben. Jede im Eilverfahren ausgesprochene Verpflichtungsentscheidung, auch wenn sie auf Darlehensbasis erfolge, sei de facto eine Vorwegnahme der Hauptsache. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte, dass die Antragstellerin Leistungen zurückzahlen könne. Eine Vorwegnahme in dem durch den Beschluss des SG ausgesprochenen Umfang – Grundleistungen nach dem SGB XII – sei unverhältnismäßig und nicht erforderlich, um die aktuelle geltend gemachte Bedarfslage zu überbrücken. Es sei der Antragstellerin zumutbar, sich mit Leistungen im Umfang des Asylbewerberleistungsgesetzes zu begnügen. Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass sie Ansprüche nach dem SGB XII besitze, könne dies im Widerspruchs- bzw. einem etwaigen Klageverfahren geklärt werden. Eine gleichsam maximale Vorwegnahme der Hauptsache durch gerichtliche Eilentscheidung sei in dieser Situation nicht angezeigt. Leistungsrechtlich sei die Antragstellerin dem Personenkreis des § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylblG zuzuordnen, da sie einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG gestellt habe.

Die Antragsgegnerin beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Februar 2006 die Antragsgegnerin nur zu Leistungen an die Antragstellerin nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu verpflichten.

Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie sei nicht dem Personenkreis des § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylblG zuzuordnen, da sie eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 und nicht nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG beantragt habe. Ihr derzeitiger Status nach § 81 Abs. 4 AufenthG beruhe auf der Fortwirkung des Visums nach § 6 AufenthG. Diese Vorschrift sei in § 1 AsylblG ebenfalls nicht genannt. Es bestehe auch ein Anordnungsgrund im Hinblick auf die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII, da Leistungen im Streit seien, die unter dem ansonsten als notwendig angesehenen Existenzminimum des SGB XII lägen. Die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 AufenthG sei mit der Bescheidung der Ausländerbehörde vom 6. April 2006 erloschen. Seit Zustellung der Entscheidung habe sie nur noch Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dies gelte jedoch nicht für die Zeit davor.

Aus den auf Anforderung des Gerichts seitens der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 16. Juni ergänzend vorgelegten Verwaltungsakten geht hervor, dass die Ausländerbehörde die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Antragstellerin mit Bescheid vom 6. April 2006, zugestellt am 12.April 2006, ablehnte und eine Ausreisefrist von einem Monat setzte. In einem von der Antragstellerin hiergegen mit Schriftsatz vom 7. Juni 2006 angestrengten Eilverfahren hat das Verwaltungsgericht Frankfurt gebeten, von Vollstreckungsmaßnahmen bis zu einer Entscheidung abzusehen. Auf den ausländerrechtlichen Bescheid vom 6. April 2006 gewährte die Antragsgegnerin der Antragstellerin zunächst ab Mai 2006 keine Leistungen mehr. Nachdem die Antragstellerin daraufhin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 7. Juni 2006 bei dem SG beantragte, ihr Leistungen nach den §§ 3ff. AsylbLG zu gewähren, bewilligte die Antragsgegnerin ihr mit Bescheid vom 16. Juni 2006 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Höhe von 199,40 Euro monatlich ab 1. Mai 2006.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf 1 Band Gerichtsakten und 1 Band Verwaltungsakten Bezug genommen, die dem Gericht vorlagen und zum Gegenstand der Entscheidungsfindung gemacht worden sind.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin richtet sich gegen ihre mit dem Beschluss des SG vom 9. Februar 2006 im Wege der einstweiligen Anordnung ausgesprochene Verpflichtung, ab 23. Januar 2006 bis längstens 30. April 2006 an die Antragstellerin Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII als Darlehen zu gewähren mit dem Ziel, nur eine Verpflichtung auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erreichen.

Streitbefangen ist allerdings nur noch der Zeitraum vom 23. Januar 2006 bis zum 12. April 2006. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Antragstellerin nach der am 12. April 2006 erfolgten Zustellung des ablehnenden ausländerrechtlichen Bescheids vom 6. April 2006 nur noch Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 AsylbLG zustehen. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 AsylbLG sind Leistungsberechtigte nach diesem Gesetz Ausländer, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und vollziehbar ausreisepflichtig sind, auch wenn eine Abschiebungsandrohung noch nicht oder nicht mehr vollziehbar ist. Mit der Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung verlor die Fiktionsbescheinigung der Antragstellerin gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG ihre Wirkung und ist die Antragstellerin vollziehbar ausreisepflichtig (§ 58 Abs. 2 Nr.2 AufenthG), und zwar unabhängig von dem seitens der Antragstellerin bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt angestrengten Eilverfahren. Damit sind die Voraussetzungen der Anwendung des Asylbewerberleistungsgesetzes für den Zeitraum ab 13. April 2006 gegeben und bedarf es insoweit keiner streitigen Entscheidung im Beschwerdeverfahren. Die einstweilige Anordnung des SG vom 20. Februar 2006 war deshalb auf den Zeitraum vom 23. Januar bis 12. April 2006 zu begrenzen.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin war zurückzuweisen, da der Antragstellerin in dem noch streitbefangenen Zeitraum Leistungen nach dem SGB XII zustehen.

Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes setzt in diesem Zusammenhang einen Anordnungsanspruch, also einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Leistung, zu der der Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie einen Anordnungsgrund, nämlich einen Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet, voraus.

Dabei stehen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund nicht isoliert nebeneinander, es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, als die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden nämlich aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (Beschluss des erkennenden Senats vom 29. Juni 2005 – L 7 AS 1/05 ER; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 86b, Rdnrn. 27 und 29 m. w. N.). Ist die Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf einstweilige Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Ist die Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund. In der Regel ist dann dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) müssen sich die Gerichte schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. zuletzt BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – info also 2005, 166).

Sowohl Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gemäß § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) i. V. m. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG glaubhaft zu machen. Dabei ist, soweit im Zusammenhang mit dem Anordnungsanspruch auf die Erfolgsaussichten abgestellt wird, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – a.a.O.). Die Glaubhaftmachung bezieht sich im Übrigen lediglich auf die reduzierte Prüfungsdichte und die nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit erfordernde Überzeugungsgewissheit für die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs und des Anordnungsgrundes (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 29. Juni 2005 – L 7 AS 1/05 ER; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., Rdnrn. 16 b, 16 c, 40; Berlit, info also 2005, 3, 8).

Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. etwa Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, a. a. O., Rdnr. 42, s. auch Schoch in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 123 Rdnr. 165 ff.). Deshalb sind auch Erkenntnisse, die erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens zutage getreten sind, vom Senat zu berücksichtigen.

Für den Zeitraum ab Eingang des Eilantrages bei dem SG am 23. Januar 2006 bis zur Zustellung der ausländerrechtlichen Bescheidung vom 6. April 2006 am 12. April 2006 hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch auf Grundsicherungsleistungen (§ 41 Abs. 1 SGB XII) einschließlich der Übernahme der Beiträge zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung (§ 42 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung mit § 32 SGB XII) glaubhaft gemacht. Der Senat hält insoweit den Beschluss des SG vom 9. Februar 2006 im Ergebnis für zutreffend.

Im Hinblick auf die 73-jährige Antragstellerin kommt eine Leistungsgewährung nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) von vorneherein nicht in Betracht. Gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 SGB II werden Leistungen nach diesem Gesetz an Personen gewährt, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

§ 23 Abs. 1 SGB XII sieht vor, dass Ausländern, die sich im Inland tatsächlich aufhalten, Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Krankheit, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach diesem Buch zu leisten ist. Die Vorschriften des 4. Kapitels bleiben unberührt. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Die Einschränkungen nach Satz 1 gelten nicht für Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis oder eines befristeten Aufenthaltstitels sind und sich voraussichtlich dauerhaft im Bundesgebiet aufhalten. Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu leisten ist oder geleistet werden soll, bleiben unberührt. Gemäß § 23 Abs. 2 SGB XII erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes keine Leistungen der Sozialhilfe.

Eine Leistungsberechtigung nach dem SGB XII besteht somit nur, wenn nicht die gemäß § 23 Abs. 2 SGB XII vorrangigen Regelungen des Asylbewerberleistungsgesetzes eingreifen, was vorliegend für den noch streitbefangenen Zeitraum vom 23. Januar bis 12. April 2006 nicht der Fall ist.

§ 1 Abs. 1 AsylblG enthält eine Aufzählung der Leistungsberechtigten nach diesem Gesetz und definiert insoweit dessen persönlichen Anwendungsbereich. Er knüpft an den ausländerrechtlichen Status an. Sowohl im Hinblick auf den vor der Ablehnung der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis tatsächlich bestehenden als auch den begehrten ausländerrechtlichen Status der Antragstellerin liegen die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vor.

Bis zur Zustellung des ablehnenden ausländerrechtlichen Bescheids am 12. April 2006 galt das der Antragstellerin ursprünglich erteilte Touristenvisum nach § 6 AufenthG gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG aufgrund des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung als fortbestehend. Der aufenthaltsrechtliche Status, der mit der fortbestehenden Fiktionswirkung eines Touristenvisums verbunden ist, eröffnet aber nach der insoweit als abschließend anzusehenden Aufzählung des § 1 Abs. 1 AsylbLG nicht die Anwendung des Asylbewerberleistungsgesetzes. Der Einwand der Antragsgegnerin, die Fiktionsbescheinigung stelle keine Aufenthaltserlaubnis dar, vermag demgegenüber nicht durchzugreifen. Liegen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AsylbLG nicht vor, ist nach § 23 Abs. 1 und 2 SGB XII die Anwendung des SGB XII eröffnet.

Gleiches gilt im Hinblick auf die begehrte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG. Insbesondere sind hierdurch nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG erfüllt. Gemäß dieser Vorschrift sind Ausländer leistungsberechtigt nach diesem Gesetz, die sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 oder § 24 wegen des Krieges in ihrem Heimatland oder nach § 25 Abs. 4 Satz 1 oder Abs. 5 des AufenthG besitzen. Auch wenn man davon ausgeht, dass Ausländern während des ausländerrechtlichen Antragsverfahrens jedenfalls nicht höhere Leistungen als nach der Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis zustehen, mithin ein Antrag nach § 25 Abs. 4 Satz 1 ungeachtet der Fiktionswirkung des Touristenvisums nur Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eröffnet, steht dem die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG nicht gleich. Hiergegen spricht schon der eindeutige Wortlaut des § 1 Abs. 1 AsylbLG, aber auch Sinn und Zweck der Regelungen.

Gemäß § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG kann einem Ausländer für einen vorübergehenden Aufenthalt eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Die Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis kommt von vorneherein nicht in Betracht, wenn der Ausländer einen Daueraufenthalt begehrt (vgl. Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 21. Februar 2006 – 2 M 217/05; Verwaltungsgericht Lüneburg, Urteil vom 25. Januar 2006 – 5 AZ 34/05; Verwaltungsgericht Braunschweig, Beschluss vom 10. Januar 2006 – 6 B 432/05). Dies ist im Hinblick auf die Antragstellerin der Fall, die vorträgt, aufgrund ihres Krankheitsbildes nicht mehr in den Iran zurückkehren zu können.

Die Antragstellerin begehrt demgegenüber eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG. Nach dieser Vorschrift kann eine Aufenthaltserlaubnis abweichend von § 8 Abs. 1 und 2 AufenthG verlängert werden, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls das Verlassen des Bundesgebietes für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde. Die Regelung schafft eine Ausnahmemöglichkeit für Fälle, in denen bereits ein rechtmäßiger Aufenthalt besteht und das Verlassen des Bundesgebietes für den Ausländer eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 28. Oktober 2005 – 24 C 05.2756; Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 27. Juni 2005 – 11 ME 96/05; Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. Mai 2005 – 18 B 1207/04; vgl. auch die Gesetzesbegründung, Bundestags-Drucksache 15/420, S. 79 f.) Die Vorschrift regelt nicht nur die speziellen Verlängerungsvoraussetzungen einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG, sondern hat dieser gegenüber eigenständige Bedeutung. Obgleich § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG im selben Absatz wie § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG geregelt ist, besteht zwischen beiden Vorschriften kein systematischer Zusammenhang (vgl. auch amtl. Begr., Bundestags-Drucksache 15/420, S.80). § 25 Abs. 4 Satz 1 gewährt ein nur vorübergehendes humanitäres Aufenthaltsrecht, ist also auf ihrer Natur nach zeitlich begrenzte Aufenthaltszwecke beschränkt und tritt insoweit an die Stelle der bisherigen Duldung nach § 55 Abs. 3 AuslG (vgl. amtl. Begr., a.a.O., S.79) Dagegen sieht § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG vor, dass Ausländern, die bereits im Besitz einer anderen befristeten Aufenthaltserlaubnis waren, deren Voraussetzungen aber nicht (mehr) erfüllen, aus dringenden humanitären Gründen ein (auch) auf Dauer angelegtes (Folge-)Aufenthaltsrecht erteilt werden kann. Die Regelung entspricht damit inhaltlich weitgehend der bisherigen Möglichkeit zur Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis aus dringenden humanitären Gründen nach § 30 Abs. 2 AuslG (Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 9. Februar 2005 – 11 S 1099/04).

Die Erweiterung des Anwendungsbereichs von § 1 Abs. 1 Nr. 3 AsylbLG über § 25 Abs. 4 Satz 1 hinaus auch auf § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG kommt somit nicht in Betracht. Dass Ausländern mit einem Aufenthaltsstatus nach § 25 Abs. 4 Satz 1 AufenthG die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz eröffnet sind, hingegen Ausländern mit einem Aufenthaltsstatus nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG gemäß § 23 Abs. 1 und 2 SGB XII Leistungen nach dem SGB XII, korrespondiert mit den dargelegten unterschiedlichen Voraussetzungen und Regelungsinhalten dieser Normen.

Zusammenfassend ist Ausländern, die mit einem Touristenvisum einreisen, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 4 Satz 2 AufenthG beantragen und sich mit einer Fiktionsbescheinigung gemäß § 81 Abs. 4 AufenthG im Inland rechtmäßig aufhalten, gemäß § 23 Abs. 1 SGB XII Hilfe zum Lebensunterhalt, Hilfe bei Schwangerschaft und Mutterschaft sowie Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII zu leisten. Im Übrigen kann Sozialhilfe geleistet werden, soweit dies im Einzelfall gerechtfertigt ist. Im Hinblick auf die 73-jährige Antragstellerin ist außerdem zu beachten, dass gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB XII die Vorschriften des Vierten Kapitels unberührt bleiben. Ihr stehen damit die Leistungen der Grundsicherung im Alter gemäß §§ 41 ff. SGB XII bis zur Zustellung der ausländerrechtlichen Bescheidung vom 6. April 2006 am 12. April 2006 zu.

Dem steht auch nicht § 23 Abs. 3 SGB XII entgegen. Danach haben Ausländer, die eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, keinen Anspruch auf Sozialhilfe. Sind sie zum Zweck der Behandlung oder Linderung einer Krankheit eingereist, soll Hilfe bei Krankheit insoweit nur zur Behebung eines akut lebensbedrohenden Zustandes oder für eine unaufschiebbare und unabweisbar gebotene Behandlung einer schweren oder ansteckenden Erkrankung geleistet werden. Die Inanspruchnahme von Sozialhilfe muss prägendes Motiv der Einreise gewesen sein. Notwendig ist ein finaler Zusammenhang. Billigende Inkaufnahme reicht nicht aus. Der Hilfeträger trägt die Beweislast für den Ausschlussgrund (vgl. BVerwGE 90, 212; Lehr- und Praxiskommentar zum SGB XII, 7. Auflage 2005, § 23 Rdnr. 33; Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2005, § 33 Rdnr. 18). Die Erklärung der Antragstellerin im Visumverfahren gegenüber der Deutschen Botschaft, dass ihr Sohn, der SGB II-Leistungen bezieht, ihren Lebensunterhalt sicherstelle, vermag alleine eine solche Missbrauchsabsicht nicht zu begründen. Auch die Angaben der Antragstellerin im Zusammenhang mit der Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis, lassen einen solchen Schluss nicht zu. Sie erklärte, wie in jedem Jahr ihren Sohn in Deutschland besucht zu haben. Gesundheitlich gehe es ihr so schlecht, dass sie nicht mehr in den Iran zurückreisen könne. Ohne Hilfe ihres Sohnes, der ihr einziger Angehöriger sei, könne sie nicht mehr leben. Zudem benötige sie dringend ärztliche Hilfe und beantrage Krankenhilfe. Auch wenn ihr multiples Krankheitsbild mit chronischem Charakter Zweifel daran aufkommen lassen könnte, dass die von ihr geltend gemachten Gründe erst nach ihrer Einreise entstanden sind, sind konkrete Anhaltspunkte für eine Missbrauchsabsicht im dargelegten Sinne hieraus nicht ableitbar und auch von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen. Dies geht zu ihren Lasten.

Der Senat geht auch von dem Bestehen eines Anordnungsgrundes aus. Wenn, wie vorliegend, ein Anordnungsanspruch im Hinblick auf die Bewilligung von SGB XII-Leistungen glaubhaft gemacht wurde, steht der Eilbedürftigkeit die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nicht entgegen. Die Frage, ob ein Anordnungsgrund im Hinblick auf begehrte SGB XII- Leistungen bestehen kann, wenn fortwährend Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bewilligt werden (so: Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 27. März 2006 – L 3 ER 37/06 AY; Oberverwaltungsgericht Bremen, Beschluss vom 6. September 2005 - S 3 B 199/05 ; Sozialgericht Hildesheim, Beschluss vom 25.05.2005 - S 34 AY 8/05 ER; a.A.: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen; Beschluss vom 20. Dezember 2005 – L 20 (9) B 37/05; Sozialgericht Würzburg, Beschluss vom 25. Februar 2005 – S 15 AY 2/0), ist - soweit ein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht wird und der Ausgang des Verfahrens deshalb nicht als offen anzusehen ist - zu bejahen. Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigt dann keine Verweisung auf das Asylbewerberleistungsgesetz, wenn, wie vorliegend, ganz überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen. Aufgrund des bereits dargelegten funktionalen Zusammenhangs zwischen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund vermindern sich in einem solchen Fall die Anforderungen an die Eilbedürftigkeit. In der Regel ist dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung stattzugeben, auch wenn nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann. Jedenfalls diese geminderten Anforderungen rechtfertigen es im Hinblick auf die Differenz zwischen begehrten Leistungen nach dem SGB XII und bewilligten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz die Eilbedürftigkeit zu bejahen.

Der Antragstellerin war für das Beschwerdeverfahren gemäß § 73a SGG in Verbindung mit § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihre Verfahrensbevollmächtigte nach § 121 Abs. 2 ZPO beizuordnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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