L 5 B 1381/05 AS

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 65 AS 6112/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 5 B 1381/05 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 02. November 2005 aufgehoben. Außergerichtliche Kosten sind weder für das erstinstanzliche Verfahren noch für das Beschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 02. No¬vember 2005 ist gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht entschieden, dass die Beklagte dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.

Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben, wenn das Verfahren – so wie hier – anders als durch Urteil beendet wird. Hierbei hat es unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls nach billigem Ermessen zu entscheiden. Im Rahmen dieser unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu treffenden Billigkeitsentscheidung sind sowohl die Erfolgsaussichten des Rechtsschutzbegehrens als auch die Gründe für die Klageerhebung und die Erledigung zu prüfen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 193 Rn. 13 m.w.N.). Gemessen an diesen Grundsätzen steht dem Kläger kein Anspruch auf Erstattung seiner Kosten zu.

Zum Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses, nämlich der Erteilung des mit der am 18. Juli 2005 erhobenen Untätigkeitsklage angestrebten Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2005, hätte die von dem Kläger erhobene Untätigkeitsklage als unzulässig abgewiesen werden müssen, sodass in einem Urteil eine Kostenfolge zu Lasten der Beklagten nach § 193 SGG nicht hätte ergehen können. Die Untätigkeitsklage auf Erteilung des Widerspruchsbescheides ist nach § 88 Abs. 2 SGG zulässig, wenn nach Erhebung des Widerspruchs eine Frist von drei Monaten verstrichen ist, ohne dass die Verwaltung einen zureichenden Grund für die Nichtbescheidung hatte. Vorliegend hatte die Beklagte jedoch einen zureichenden Grund, den von ihr zutreffend als Widerspruch ausgelegten Antrag des Klägers vom 01. März 2005 nicht innerhalb der Dreimonatsfrist zu bescheiden. Auch hat sie dem Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten nicht durch unzureichende Unterrichtung Anlass zur Klageerhebung gegeben.

Mit Bescheid vom 11. Februar 2005 hatte die Beklagte einen Antrag des Klägers, eine Umschulung zum Medienmanager bzw. Kaufmann für audiovisuelle Medien zu fördern, abgelehnt. Seinen erneuten Antrag vom 01. März 2005 auf Förderung der beruflichen Umschulung/Weiterbildung zum Kaufmann für audiovisuelle Medien hat sie zutreffend als Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid gewertet. Sachgerecht hat sie weiter noch am Tage der Antragstellung den Ärztlichen Dienst eingeschaltet und gebeten, durch Begutachtung festzustellen, ob aus psychologischer Sicht eine Umschulung befürwortet werden könne. Hierzu musste sie sich geradezu veranlasst sehen, nachdem im Jahre 2004 der Psychologische Dienst die Teilnahme des Klägers an einer entsprechenden Umschulungsmaßnahme nicht empfohlen hatte. Auf den zeitlichen Ablauf der Begutachtung hatte sie im Folgenden nur bedingt Einfluss. Im Übrigen hat es im Rahmen einer Massenverwaltung auch nicht unverhältnismäßig lange gedauert, bis dieses Gutachten – wohl am 28. Juni 2005 – vorlag und sodann binnen weiterer vier Wochen der Widerspruch beschieden wurde.

Schließlich stand die Beklagte ab dem 02. Juni 2005 in ständigem Schriftwechsel mit dem Kläger bzw. dessen Prozessbevollmächtigten und hat diese in angemessener Weise über den Verfahrensstand informiert. So hat sie den Kläger, der sich bis dahin nach Aktenlage nicht nach dem Sachstand erkundigt hatte, mit Schreiben vom 02. Juni 2005 in Kenntnis gesetzt, dass sie seinen Antrag vom 01. März 2005 als Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 11. Februar 2005 gewertet, einen Termin beim Psychologischen Dienst vereinbart habe und nach Vorlage des Ergebnisses den Widerspruch bescheiden werde. Nachdem sich im Folgenden mit am 27. Juni 2005 bei der Behörde eingegangenem Schreiben der Prozessbevollmächtigte des Klägers – offenbar in Unkenntnis des Schreibens der Beklagten vom 02. Juni 2005 – gemeldet und um zügige Bescheidung des Antrages vom 01. März 2005 gebeten hatte, hat sie ihn umgehend unter dem 28. Juni 2005 über den Inhalt des Schreibens vom 02. Juni 2005 informiert. Weiter hat sie ihm mitgeteilt, dass sie heute – also wohl am 28. Juni 2005 - das Gutachten über die Eignung des Klägers für die gewünschte Umschulung erhalten habe, nach dessen Inhalt dem Widerspruch aber nicht abhelfen könne und den Vorgang an die Widerspruchsstelle weiterleiten werde. Bei diesem Verfahrensstand hat der Prozessbevollmächtigte dann unter dem 30. Juni 2005 primär um Akteneinsicht und Übersendung der Akten gebeten. Weiter hat er der Beklagten zwar eine Frist bis zum 07. Juli gesetzt. Dies jedoch, um ihm entweder die Akten zu übersenden oder den Widerspruch zu bescheiden. Dass es ihm hier um eine besonders eilige Erledigung in der Sache gegangen wäre, ist jedoch nicht ersichtlich.

Im Übrigen war das aus Sicht des Klägers nachvollziehbare Ziel, noch in den am 13. Juni 2005 gestarteten Lehrgang einsteigen zu können, mit der Untätigkeitsklage nicht zu erreichen, was jedenfalls dem Prozessbevollmächtigten des Klägers hätte klar sein müssen. Dem Rechtsschutzbegehren des Klägers dienlich konnte hier vielmehr allenfalls der letztlich auch beantragte Erlass einer einstweiligen Anordnung sein, nicht aber die Untätigkeitsklage, zumal nach dem eigenen Vorbringen des Klägervertreters im Widerspruchsverfahren zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 18. Juli 2005 die Dreiwochenfrist zum noch möglichen Einstieg in den Lehrgang bereits abgelaufen war. Dass die Untätigkeitsklage gleichwohl eingelegt wurde, ist dem Risikobereich des Klägers zuzurechnen, lässt es aber als unbillig erscheinen, die Beklagte mit den damit verbundenen Kosten zu belasten.

Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten (§ 193 SGG).

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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