L 13 B 7/06 SB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 9 SB 16/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 B 7/06 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 2. November 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu er statten.

Gründe:

I. Nach Erledigung des Klageverfahrens streiten die Beteiligten über die außergerichtlichen Kosten. Gegen den Bescheid des Beklagten vom 3. Juni 2002, mit dem dieser bei dem Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von lediglich 20 feststellte, erhob der Kläger Widerspruch, dem der Beklagte wegen einer am 13. Mai 2003 erfolgten Hüftoperation mit Abhilfebescheid vom 25. September 2003 dahingehend stattgab, dass er ab 25. März 2002 einen GdB von 30 anerkannte. Den weitergehenden Widerspruch wies er durch Widerspruchsbescheid vom 7. Januar 2004 zurück.

Mit seiner hiergegen gerichteten Klage begehrte der Kläger einen GdB von 50. Der Beklagte erkannte für die Zeit ab 13. Mai 2003 einen GdB von 40 an. Dem lag eine Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. B vom 9. Juli 2004 zugrunde, die darauf verwies, dass das künstliche Hüftgelenk und die in einem Reha-Entlassungsbericht angegebene Beinlängendifferenz links um 5 cm mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten seien. Das Sozialgericht holte ein orthopädisches Gutachten von Dr. K vom 13. Januar 2005 ein. Dieser stellte bei seiner Untersuchung ein mäßiges funktionelles Ergebnis nach Hüft-TEP links mit Verdacht auf Schaftlockerung fest und gelangte zu dem Ergebnis, gegenüber einem im März 2004 erstellten orthopädischen Gutachten von Dr. M sei eine weitere Verschlechterung der Hüftgelenkserkrankung eingetreten. Der Gesamt-GdB sei unter Berücksichtigung der beginnenden Prothesenlockerung ab März 2004 mit 50 einzuschätzen. Daraufhin erkannte der Beklagte ab Juli 2004 einen GdB von 50 und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" an. Die Beteiligten erklärten daraufhin den Rechtstreit übereinstimmend für erledigt.

Das Sozialgericht hat es durch Beschluss vom 2. November 2005 abgelehnt, den Beklagten an den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu beteiligen. Es beruhe auf den im laufenden Klageverfahren eingetretenen Änderungen im Gesundheitszustand des Klägers, dass seine Klage Erfolg gehabt habe. Mangelnde medizinische Sachaufklärung sei dem Beklagten nicht vorzuwerfen. Da der Widerspruchsbescheid korrekt gewesen sei, habe er keine außergerichtlichen Kosten zu übernehmen.

Gegen den ihm am 6. Januar 2006 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers vom 24. Januar 2006. Da Streitgegenstand die Höhe des GdB gewesen sei, sei kostenrechtlich der Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen. Selbst wenn sich die Verhältnisse erst während des Rechtsstreits geändert hätten, stehe dies einer Kostenerstattung des Klägers nicht entgegen. Er hätte vielmehr durch einen Neufeststellungsantrag mehrfach Verwaltungs- und Gerichtsverfahren in Lauf setzen können.

II.

Die nach § 172 Sozialgerichtsgesetz(SGG) statthafte Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 193 SGG entscheidet das Gericht über die Kosten nach billigem Ermessen. Dabei ist nicht nur der tatsächliche oder mutmaßliche Verfahrensausgang von Bedeutung, sondern es sind auch die sonstigen Umstände des Einzelfalls heranzuziehen, wie zum Beispiel, ob der Beklagte Anlass zur Klageerhebung gegeben hat und ob er auf im Laufe des Rechtsstreits eingetretene Änderungen angemessen reagiert hat.

Unter Beachtung dieser Grundsätze entspricht es sachgemäßem Ermessen, den Beklagten nicht mit außergerichtlichen Kosten des Klägers zu belasten. Er hat hinsichtlich der Anerkennung der Schwerbehinderten-Eigenschaft des Klägers keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben.

Ist im Laufe des Verfahrens eine Verschlimmerung eingetreten, findet der in § 93 der Zivilprozessordnung (ZPO) enthaltene Rechtsgedanke sinngemäß Anwendung. Erkennt der Beklagte den Anspruch sofort nach Kenntnisnahme von dessen Berechtigung an, hat er, soweit er keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben und auf die eingetretene Änderung angemessen reagiert hat, keine Kosten zu tragen. Das ist hier der Fall. Nach Vorlage des Gutachtens von Dr. K hat er auf die eingetretene Veränderung sachgemäß reagiert.

Dem kann nicht mit dem Argument begegnet werden, da es sich um eine Verpflichtungsklage handele, dürfe kostenrechtlich nicht auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abgestellt werden. Denn nach den allgemeinen Grundgedanken des Kostenrechts wird im Regelfall dann, wenn eine Änderung der Sachlage zur Erledigung des Rechtstreits führt, maßgeblich darauf abgestellt, wie ohne diese Änderung voraussichtlich entschieden worden wäre. Ohne eine Änderung der Funktion des linken Hüftgelenkes hätte die auf Feststellung der Schwerbehinderten-Eigenschaft gerichtete Klage keinen Erfolg gehabt. Dahingestellt bleiben kann, wie zu entscheiden gewesen wäre, wenn der Kläger den Rechtstreit aufgrund des Teil-Anerkenntnis des Beklagten, das dieser wegen der angenommenen Beinlängendifferenz, die er dem im Widerspruchsverfahren vorgelegten Reha-Bericht entnommen hatte, für erledigt erklärt hätte. Denn dieses Teil-Anerkenntnis hat nicht zur Erledigung des Rechtstreits geführt.

Der Hinweis darauf, dass der Kläger auch mehrere Verwaltungs- und Gerichtsverfahren hätte durchführen können, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn aufgrund eines Neufeststellungsantrages wäre lediglich ein neuer Bescheid ergangen, ohne dass ein Widerspruchsverfahren oder ein Klageverfahren hätten durchgeführt werden müssen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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