Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 48 SB 3480/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 37/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Februar 2004 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Berechtigung des Beklagten, den Grad der Behinderung (GdB) auf weniger als 50 herabzusetzen und den Nachteilsausgleich "G" zu entziehen.
Dem 1960 geborenen Kläger hatte der Beklagte im Verlauf des Klageverfahrens S 47 VS 729/92, in dem der Orthopäde Dr. G auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Arzt gehört worden war, mit Bescheid vom 21. Juli 1993 die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" einen GdB von 50 wegen folgender Behinderungen zuerkannt:
a. Hüftgelenksverschleiß beidseits, Zustand nach Hüftoperation links, Verschleißerscheinung beider Kniegelenke, Fußfehlstellung b. Funktionseinschränkung und Fehlhaltung der Lendenwirbelsäule.
Dabei war das Leiden zu a. verwaltungsintern mit einem GdB von 40, das zu b. mit einem GdB von 20 bewertet worden.
Auf einen im Juli 1997 gestellten Neufeststellungsantrag holte der Beklagte einen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. W ein und ließ den Kläger durch den Arzt für Chirurgie Dr. K untersuchen. Nachdem bei dem Kläger im August 1997 eine Totalendoprothese links vorgenommen worden war, ergänzte der Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 1998 die Behinderungen wie folgt: a. Hüftgelenksverschleiß rechts, Totalendoprothese links 8/97, Verschleißerscheinungen beider Kniegelenke, Fußfehlstellung b. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, konservativ behandelter Bandscheibenvorfall. Der GdB erhöhe sich nicht. Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte der Beklagte ein chirurgisches Gutachten von Dr. M ein, der eine deutliche Einschränkung der körperlichen Mobilität mitteilte. Eine Erhöhung des GdB sei keineswegs gerechtfertigt. Durch Widerspruchsbescheid vom 24. August 1998 wies der Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.
Bei einer Nachuntersuchung von Amts wegen im August 2000 stellte Dr. M hinsichtlich der linken Hüfte eine Konsolidierung fest. Rezidivierende Beschwerden im Bereich des rechten Hüftgelenkes seien ebenso wie eine subjektive Verschlimmerung glaubhaft, bedingten jedoch keine Anhebung des GdB. Das Leiden zu a. sei nunmehr mit einem GdB von 30 zu bewerten. Eine erhebliche Gehbehinderung bestehe nicht mehr. Ein GdB von 20 für die degenerativen Wirbelsäulen-Veränderungen erscheine "wohlwollend", der Gesamt-GdB sei mit 40 zu bewerten. Der Beklagte hörte den Kläger hierzu an. Auf dessen Einwände holte er einen Befundbericht des Arztes für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S sowie eine gutachtlichen Stellungnahme des Arztes für innere Medizin und Radiologie Dr. Sch ein und hörte den Kläger zu einer nunmehr beabsichtigten Herabsetzung des GdB auf 30 an. Da der Kläger die weitere Herabsetzung ohne Untersuchung rügte, ließ der Beklagte ihn durch den Arzt M untersuchen und stellte mit Bescheid vom 19. Juli 2001 einen GdB von 30 wegen folgender Behinderungen fest, deren Einzel-GdB sich aus den Klammerzusätzen ergibt: a. Hüftendoprothese (TEP) links, Hüftgelenksverschleiß (Dysplasie-Coxarthrose) rechts, Beinlängenunterschied (30) b. Kniegelenkverschleiß, Fußfehlstatik beidseits (10) c. Fehlstatik und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, konservativ behandelter Bandscheibenvorfall (10). d. Allergische Rhinokonjunktivitis und Asthma bronchiale (10) Die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" seien nicht mehr erfüllt. Nach § 48 Sozialgesetzbuch (SGB) X sei ein Bescheid nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Die durchgeführte Prüfung habe ergeben, dass sich die unter a) und c) aufgeführten Behinderungen gebessert hätten.
Den dagegen eingelegten Widerspruch, den der Kläger mit einem Attest von Dr. G begründete, wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 21. November 2001 zurück.
Mit der dagegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger auf die nach wie vor bestehenden Einschränkungen hinsichtlich der TEP links verwiesen und zusätzliche Beschwerden seitens der Wirbelsäule und der Kniegelenke geltend gemacht. Nach Einholung von Befundberichten von Dr. G und Dr. W verwies Dr. B in einer chirurgischen Stellungnahme darauf, dass die Bewertung der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit einem GdB von 20 zutreffend sei. Dem folgend setzte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 2002 einen GdB von 40 ab Juli 2001 fest.
Das Sozialgericht hat ein orthopädisches Sachverständigengutachten von Dr. Kvom 12. September 2003 eingeholt, der das Gangbild des Klägers als flüssig und angedeutet rechtshinkend beschrieben hat, die Schrittlänge sei raumgreifend. Es finde sich bei mäßigen degenerativen Veränderungen eine mäßige Bewegungseinschränkung des rechten Hüftgelenkes, die vom Kläger angegebenen Beschwerden im linken Hüftgelenk würden in ihrer Gesamtheit durch die erhobenen Befunde nicht sicher erklärt. Retrospektiv erscheine ein 1998 zugebilligter GdB von 40 für das Hüftgelenksleiden "wohlwollend". Die Anerkennung des Merkzeichens "G" erscheine lediglich dadurch gerechtfertigt, dass seit dem Einsetzen der Hüftgelenksendoprothese links 9 Monate vergangen gewesen seien und ein entsprechender postoperativer Heilungsverlauf Berücksichtigung gefunden habe. Der gutachterlichen Einschätzung von Dr. M vom August 2000 werde gefolgt. Zwischenzeitlich sei eine Konsolidierung des postoperativen Zustandes nach Einsetzen der Hüftgelenkstotalendoprothese eingetreten. Es finde sich kein Hinweis darauf, warum es dem Kläger nicht möglich sein solle, übliche Ortstrecken von etwa 2000 m innerhalb von 30 bis 40 Minuten zurückzulegen.
Durch Urteil vom 17. Februar 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Unter Berücksichtigung der Bewertungsvorgaben der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (Anhaltspunkte) 1996 sei der Hüftgelenksverschleiß im Juli 2001 mit einem GdB von 30 zutreffend bewertet worden. Die von Dr. M im August 2000 ermittelten Bewegungsausmaße, die von Dr. K bestätigt würden, stellten unter Berücksichtigung der von Dr. K 1997 ermittelten Ausmaße eine Verbesserung dar. Die übrigen Behinderungen seien ebenfalls den Anhaltspunkten entsprechend bewertet worden. Das Merkzeichen "G" habe schon deshalb entzogen werden müssen, weil der Kläger nicht mehr schwerbehindert sei.
Gegen das am 23. März 2003 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 20. April 2004. Er macht geltend, dass bei Endoprothesen der Gelenke ein Mindest-GdB von 20 zu berücksichtigen sei, der in Verbindung mit den Bewegungseinschränkungen beider Hüftgelenke auf 40 zu steigern sei. Im Übrigen habe Dr. K darauf verwiesen, dass die klinischen Befunde im Anschluss an die Untersuchung im Juni 1998 keine wesentliche Änderung aufwiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Februar 2004 und den Bescheid des Beklagten vom 19. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2001 und den Bescheid vom 19. Dezember 2002 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein chirurgisches Gutachten von Dr. J vom 22. Juni 2005 eingeholt, die zu dem Ergebnis gelangt ist, gegenüber den medizinischen Feststellungen im Gutachten von Dr. M vom Februar 1998 sei im November 2001 keine wesentliche Änderung eingetreten, insbesondere finde sich keine wesentliche Änderung der Beweglichkeit der untersuchten Gelenke. Durch die Erkrankung beider Hüftgelenke bestehe ein GdB von 30. Verstärkt werde die Behinderung durch die belastungsabhängigen Schmerzen in beiden Füßen sowie im rechten Kniegelenk. Das bestehende Wirbelsäulenleiden führe zu einer weiteren Erhöhung der Behinderung, da es sich zusätzlich auf die Gehfähigkeit auswirke. Der Gesamt-GdB betrage 50, die medizinischen Vorrausetzungen des Merkzeichens "G" seien erfüllt, da der Kläger allenfalls in der Lage sei, mehrere hundert Meter langsam zu laufen. Dr. M habe in seinem Gutachten vom 24. August 2000 nicht beachtet, dass zwar die dokumentierten Messwerte des Bewegungsausmaßes des linken Hüftgelenkes zum Untersuchungszeitpunkt eine deutliche Besserung aufwiesen, die Behinderung aber durch die bestehenden Wirbelsäulenschäden und den dokumentierten Kniegelenkverschleiß und die Fußfehlstatik verstärkt werde. Dr. K habe die additive Komponente der verschiedenen orthopädischen Behinderungen unberücksichtigt gelassen. Die Annahme von Dr. K, der Kläger könne die ortsübliche Wegstrecke zu Fuß zurücklegen, widerspreche den Angaben des Klägers. Die Einschätzung von Dr. K, es liege keine erhebliche Koxarthroese rechts vor, stehe in gravierender Diskrepanz zum radiologischen Befund einer völligen Deformität des Femurkopfes und zu den geschilderten Beschwerden des Klägers.
Dem konnte der Beklagten auf der Grundlage einer Stellungnahme von Dr. Bvom 2. August 2005 nicht folgen, während Dr. J in einer Stellungnahme vom 26. Januar 2006 bei ihrer Auffassung verblieben ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des Sozialgerichts) und der Versorgungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid vom 19. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2001 und des Bescheid vom 19. Dezember 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat den zuvor zuletzt in dem Bescheid vom 24. Februar 1998 festgestellten GdB von 50 zu Recht auf 40 herabgesetzt und das Merkzeichen "G" entzogen.
Rechtsgrundlage für die Herabsetzung ist § 48 Abs.1 S.1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Die Herabsetzung des GdB setzt danach voraus, dass in dem Gesundheitszustand des Klägers, wie er im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 24.Februar 1998 bestand, eine Besserung eingetreten ist, die den Ansatz eines um 10 geringeren Behinderungsgrades rechtfertigt. Die Besserung des Gesundheitszustandes hat das Sozialgericht unter Darlegung der von den verschiedenen Gutachtern erhobenen Befunde umfassend dargelegt. Der Senat verweist insoweit auf die von ihm für zutreffend erachteten Urteilsgründe und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Eine andere Bewertung konnte auch nicht unter Berücksichtigung des Gutachtens von Dr. J erfolgen. Insbesondere erläutert Dr. J nicht, worin ein gleich bleibender Gesundheitszustand hinsichtlich des Hüftgelenkleidens des Klägers zwischen 1998 und 2001 zu sehen sein soll. Zwar gibt sie auf S. 13 f des Gutachtens an, Dr. M habe 1998 und 2000 gleich bleibende Bewegungsausmaße im Bereich des linken Hüftgelenkes festgestellt, dem steht jedoch die Angabe auf S. 16 entgegen, wonach die dokumentierten Messwerte des Bewegungsausmaßes des linken Hüftgelenkes eine deutliche Besserung aufwiesen. Die letztgenannte Einschätzung entspricht auch den Aussagen, die der Senat den beiden Gutachten von Dr. M entnimmt, der 1998 eine um ein Drittel reduzierte Beugung des linken Hüftgelenkes angibt, während 2000 die Beugung bis 110° (bei normalen Bewegungsausmaßen von 10-0-130, vgl. die in den Anhaltspunkten 1996, S. 15 aufgeführten Werte) angeführt wird. Der Bewertung durch Dr. J war auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu folgen, dass eine Zunahme der Funktionseinschränkungen in der rechten Hüfte eine weitere Bewertung der Hüftgelenksleiden mit einem GdB von 40 rechtfertigen könnte. Denn Dr. J hält zugleich einen GdB für beide Hüftgelenksleiden von 30 für gegeben, was einer beidseitigen Bewegungseinschränkung geringen Grades entspricht. Die von ihr angenommene additive Komponente der verschiedenen orthopädischen Behinderungen entspricht nicht den Vorgaben der Anhaltspunkte, denen zufolge ein Einzel-GdB von 10, wie ihn auch Dr. J für die Kniegelenksleiden annimmt, nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB führt. Soweit sie sich schließlich zur Begründung dafür, dass der Kläger nach wie vor die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" erfüllt, auf seine Angaben bezieht, kann dem nicht gefolgt werden, weil Dr. Kern gerade die Angaben des Klägers auf der Grundlage der von ihm erhobenen Befunde für nicht nachvollziehbar erachtet und darauf verweist, dass die Therapiefrequenz hinsichtlich der Hüftgelenksleiden eher als gering einzuschätzen sei.
Ein Vertrauensschutz hinsichtlich einer Bewertung der 1998 bestehenden Leiden könnte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, SozR 3-1300 § 45 Nr. 43 ) nur dann in Betracht kommen, wenn hinsichtlich der 1998 festgestellten und bewerteten Leiden keine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten wäre, weil diese Leiden von Anfang an zu hoch mit einem GdB von 50 bewertet worden wären. Dies setzt jedoch voraus, dass gravierende Fehler vorliegen, um entgegen dem damaligen Interesse des Behinderten feststellen zu können, dass die Verwaltung den Wertungsspielraum überschritten hat. Dies konnte der Senat unter Berücksichtigung der Tatsache, dass alle Gutachter die 1998 vorgenommene Bewertung lediglich als "wohlwollend" angesehen haben, nicht feststellen.
Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Berechtigung des Beklagten, den Grad der Behinderung (GdB) auf weniger als 50 herabzusetzen und den Nachteilsausgleich "G" zu entziehen.
Dem 1960 geborenen Kläger hatte der Beklagte im Verlauf des Klageverfahrens S 47 VS 729/92, in dem der Orthopäde Dr. G auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Arzt gehört worden war, mit Bescheid vom 21. Juli 1993 die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" einen GdB von 50 wegen folgender Behinderungen zuerkannt:
a. Hüftgelenksverschleiß beidseits, Zustand nach Hüftoperation links, Verschleißerscheinung beider Kniegelenke, Fußfehlstellung b. Funktionseinschränkung und Fehlhaltung der Lendenwirbelsäule.
Dabei war das Leiden zu a. verwaltungsintern mit einem GdB von 40, das zu b. mit einem GdB von 20 bewertet worden.
Auf einen im Juli 1997 gestellten Neufeststellungsantrag holte der Beklagte einen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. W ein und ließ den Kläger durch den Arzt für Chirurgie Dr. K untersuchen. Nachdem bei dem Kläger im August 1997 eine Totalendoprothese links vorgenommen worden war, ergänzte der Beklagte mit Bescheid vom 24. Februar 1998 die Behinderungen wie folgt: a. Hüftgelenksverschleiß rechts, Totalendoprothese links 8/97, Verschleißerscheinungen beider Kniegelenke, Fußfehlstellung b. Degenerative Wirbelsäulenveränderungen, konservativ behandelter Bandscheibenvorfall. Der GdB erhöhe sich nicht. Im anschließenden Widerspruchsverfahren holte der Beklagte ein chirurgisches Gutachten von Dr. M ein, der eine deutliche Einschränkung der körperlichen Mobilität mitteilte. Eine Erhöhung des GdB sei keineswegs gerechtfertigt. Durch Widerspruchsbescheid vom 24. August 1998 wies der Beklagte daraufhin den Widerspruch zurück.
Bei einer Nachuntersuchung von Amts wegen im August 2000 stellte Dr. M hinsichtlich der linken Hüfte eine Konsolidierung fest. Rezidivierende Beschwerden im Bereich des rechten Hüftgelenkes seien ebenso wie eine subjektive Verschlimmerung glaubhaft, bedingten jedoch keine Anhebung des GdB. Das Leiden zu a. sei nunmehr mit einem GdB von 30 zu bewerten. Eine erhebliche Gehbehinderung bestehe nicht mehr. Ein GdB von 20 für die degenerativen Wirbelsäulen-Veränderungen erscheine "wohlwollend", der Gesamt-GdB sei mit 40 zu bewerten. Der Beklagte hörte den Kläger hierzu an. Auf dessen Einwände holte er einen Befundbericht des Arztes für Innere Medizin, Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. S sowie eine gutachtlichen Stellungnahme des Arztes für innere Medizin und Radiologie Dr. Sch ein und hörte den Kläger zu einer nunmehr beabsichtigten Herabsetzung des GdB auf 30 an. Da der Kläger die weitere Herabsetzung ohne Untersuchung rügte, ließ der Beklagte ihn durch den Arzt M untersuchen und stellte mit Bescheid vom 19. Juli 2001 einen GdB von 30 wegen folgender Behinderungen fest, deren Einzel-GdB sich aus den Klammerzusätzen ergibt: a. Hüftendoprothese (TEP) links, Hüftgelenksverschleiß (Dysplasie-Coxarthrose) rechts, Beinlängenunterschied (30) b. Kniegelenkverschleiß, Fußfehlstatik beidseits (10) c. Fehlstatik und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, konservativ behandelter Bandscheibenvorfall (10). d. Allergische Rhinokonjunktivitis und Asthma bronchiale (10) Die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" seien nicht mehr erfüllt. Nach § 48 Sozialgesetzbuch (SGB) X sei ein Bescheid nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen hätten, eine wesentliche Änderung eingetreten sei. Die durchgeführte Prüfung habe ergeben, dass sich die unter a) und c) aufgeführten Behinderungen gebessert hätten.
Den dagegen eingelegten Widerspruch, den der Kläger mit einem Attest von Dr. G begründete, wies der Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 21. November 2001 zurück.
Mit der dagegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger auf die nach wie vor bestehenden Einschränkungen hinsichtlich der TEP links verwiesen und zusätzliche Beschwerden seitens der Wirbelsäule und der Kniegelenke geltend gemacht. Nach Einholung von Befundberichten von Dr. G und Dr. W verwies Dr. B in einer chirurgischen Stellungnahme darauf, dass die Bewertung der degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit einem GdB von 20 zutreffend sei. Dem folgend setzte der Beklagte mit Bescheid vom 19. Dezember 2002 einen GdB von 40 ab Juli 2001 fest.
Das Sozialgericht hat ein orthopädisches Sachverständigengutachten von Dr. Kvom 12. September 2003 eingeholt, der das Gangbild des Klägers als flüssig und angedeutet rechtshinkend beschrieben hat, die Schrittlänge sei raumgreifend. Es finde sich bei mäßigen degenerativen Veränderungen eine mäßige Bewegungseinschränkung des rechten Hüftgelenkes, die vom Kläger angegebenen Beschwerden im linken Hüftgelenk würden in ihrer Gesamtheit durch die erhobenen Befunde nicht sicher erklärt. Retrospektiv erscheine ein 1998 zugebilligter GdB von 40 für das Hüftgelenksleiden "wohlwollend". Die Anerkennung des Merkzeichens "G" erscheine lediglich dadurch gerechtfertigt, dass seit dem Einsetzen der Hüftgelenksendoprothese links 9 Monate vergangen gewesen seien und ein entsprechender postoperativer Heilungsverlauf Berücksichtigung gefunden habe. Der gutachterlichen Einschätzung von Dr. M vom August 2000 werde gefolgt. Zwischenzeitlich sei eine Konsolidierung des postoperativen Zustandes nach Einsetzen der Hüftgelenkstotalendoprothese eingetreten. Es finde sich kein Hinweis darauf, warum es dem Kläger nicht möglich sein solle, übliche Ortstrecken von etwa 2000 m innerhalb von 30 bis 40 Minuten zurückzulegen.
Durch Urteil vom 17. Februar 2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Unter Berücksichtigung der Bewertungsvorgaben der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (Anhaltspunkte) 1996 sei der Hüftgelenksverschleiß im Juli 2001 mit einem GdB von 30 zutreffend bewertet worden. Die von Dr. M im August 2000 ermittelten Bewegungsausmaße, die von Dr. K bestätigt würden, stellten unter Berücksichtigung der von Dr. K 1997 ermittelten Ausmaße eine Verbesserung dar. Die übrigen Behinderungen seien ebenfalls den Anhaltspunkten entsprechend bewertet worden. Das Merkzeichen "G" habe schon deshalb entzogen werden müssen, weil der Kläger nicht mehr schwerbehindert sei.
Gegen das am 23. März 2003 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 20. April 2004. Er macht geltend, dass bei Endoprothesen der Gelenke ein Mindest-GdB von 20 zu berücksichtigen sei, der in Verbindung mit den Bewegungseinschränkungen beider Hüftgelenke auf 40 zu steigern sei. Im Übrigen habe Dr. K darauf verwiesen, dass die klinischen Befunde im Anschluss an die Untersuchung im Juni 1998 keine wesentliche Änderung aufwiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Februar 2004 und den Bescheid des Beklagten vom 19. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2001 und den Bescheid vom 19. Dezember 2002 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG ein chirurgisches Gutachten von Dr. J vom 22. Juni 2005 eingeholt, die zu dem Ergebnis gelangt ist, gegenüber den medizinischen Feststellungen im Gutachten von Dr. M vom Februar 1998 sei im November 2001 keine wesentliche Änderung eingetreten, insbesondere finde sich keine wesentliche Änderung der Beweglichkeit der untersuchten Gelenke. Durch die Erkrankung beider Hüftgelenke bestehe ein GdB von 30. Verstärkt werde die Behinderung durch die belastungsabhängigen Schmerzen in beiden Füßen sowie im rechten Kniegelenk. Das bestehende Wirbelsäulenleiden führe zu einer weiteren Erhöhung der Behinderung, da es sich zusätzlich auf die Gehfähigkeit auswirke. Der Gesamt-GdB betrage 50, die medizinischen Vorrausetzungen des Merkzeichens "G" seien erfüllt, da der Kläger allenfalls in der Lage sei, mehrere hundert Meter langsam zu laufen. Dr. M habe in seinem Gutachten vom 24. August 2000 nicht beachtet, dass zwar die dokumentierten Messwerte des Bewegungsausmaßes des linken Hüftgelenkes zum Untersuchungszeitpunkt eine deutliche Besserung aufwiesen, die Behinderung aber durch die bestehenden Wirbelsäulenschäden und den dokumentierten Kniegelenkverschleiß und die Fußfehlstatik verstärkt werde. Dr. K habe die additive Komponente der verschiedenen orthopädischen Behinderungen unberücksichtigt gelassen. Die Annahme von Dr. K, der Kläger könne die ortsübliche Wegstrecke zu Fuß zurücklegen, widerspreche den Angaben des Klägers. Die Einschätzung von Dr. K, es liege keine erhebliche Koxarthroese rechts vor, stehe in gravierender Diskrepanz zum radiologischen Befund einer völligen Deformität des Femurkopfes und zu den geschilderten Beschwerden des Klägers.
Dem konnte der Beklagten auf der Grundlage einer Stellungnahme von Dr. Bvom 2. August 2005 nicht folgen, während Dr. J in einer Stellungnahme vom 26. Januar 2006 bei ihrer Auffassung verblieben ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des Sozialgerichts) und der Versorgungsakten des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid vom 19. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2001 und des Bescheid vom 19. Dezember 2002 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat den zuvor zuletzt in dem Bescheid vom 24. Februar 1998 festgestellten GdB von 50 zu Recht auf 40 herabgesetzt und das Merkzeichen "G" entzogen.
Rechtsgrundlage für die Herabsetzung ist § 48 Abs.1 S.1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Die Herabsetzung des GdB setzt danach voraus, dass in dem Gesundheitszustand des Klägers, wie er im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 24.Februar 1998 bestand, eine Besserung eingetreten ist, die den Ansatz eines um 10 geringeren Behinderungsgrades rechtfertigt. Die Besserung des Gesundheitszustandes hat das Sozialgericht unter Darlegung der von den verschiedenen Gutachtern erhobenen Befunde umfassend dargelegt. Der Senat verweist insoweit auf die von ihm für zutreffend erachteten Urteilsgründe und sieht gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Eine andere Bewertung konnte auch nicht unter Berücksichtigung des Gutachtens von Dr. J erfolgen. Insbesondere erläutert Dr. J nicht, worin ein gleich bleibender Gesundheitszustand hinsichtlich des Hüftgelenkleidens des Klägers zwischen 1998 und 2001 zu sehen sein soll. Zwar gibt sie auf S. 13 f des Gutachtens an, Dr. M habe 1998 und 2000 gleich bleibende Bewegungsausmaße im Bereich des linken Hüftgelenkes festgestellt, dem steht jedoch die Angabe auf S. 16 entgegen, wonach die dokumentierten Messwerte des Bewegungsausmaßes des linken Hüftgelenkes eine deutliche Besserung aufwiesen. Die letztgenannte Einschätzung entspricht auch den Aussagen, die der Senat den beiden Gutachten von Dr. M entnimmt, der 1998 eine um ein Drittel reduzierte Beugung des linken Hüftgelenkes angibt, während 2000 die Beugung bis 110° (bei normalen Bewegungsausmaßen von 10-0-130, vgl. die in den Anhaltspunkten 1996, S. 15 aufgeführten Werte) angeführt wird. Der Bewertung durch Dr. J war auch nicht unter dem Gesichtspunkt zu folgen, dass eine Zunahme der Funktionseinschränkungen in der rechten Hüfte eine weitere Bewertung der Hüftgelenksleiden mit einem GdB von 40 rechtfertigen könnte. Denn Dr. J hält zugleich einen GdB für beide Hüftgelenksleiden von 30 für gegeben, was einer beidseitigen Bewegungseinschränkung geringen Grades entspricht. Die von ihr angenommene additive Komponente der verschiedenen orthopädischen Behinderungen entspricht nicht den Vorgaben der Anhaltspunkte, denen zufolge ein Einzel-GdB von 10, wie ihn auch Dr. J für die Kniegelenksleiden annimmt, nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB führt. Soweit sie sich schließlich zur Begründung dafür, dass der Kläger nach wie vor die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" erfüllt, auf seine Angaben bezieht, kann dem nicht gefolgt werden, weil Dr. Kern gerade die Angaben des Klägers auf der Grundlage der von ihm erhobenen Befunde für nicht nachvollziehbar erachtet und darauf verweist, dass die Therapiefrequenz hinsichtlich der Hüftgelenksleiden eher als gering einzuschätzen sei.
Ein Vertrauensschutz hinsichtlich einer Bewertung der 1998 bestehenden Leiden könnte nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, SozR 3-1300 § 45 Nr. 43 ) nur dann in Betracht kommen, wenn hinsichtlich der 1998 festgestellten und bewerteten Leiden keine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse eingetreten wäre, weil diese Leiden von Anfang an zu hoch mit einem GdB von 50 bewertet worden wären. Dies setzt jedoch voraus, dass gravierende Fehler vorliegen, um entgegen dem damaligen Interesse des Behinderten feststellen zu können, dass die Verwaltung den Wertungsspielraum überschritten hat. Dies konnte der Senat unter Berücksichtigung der Tatsache, dass alle Gutachter die 1998 vorgenommene Bewertung lediglich als "wohlwollend" angesehen haben, nicht feststellen.
Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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