Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 34 P 97/04
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 P 2/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Die Klage gegen den Bescheid vom 16.3.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.6.2006 wird abgewiesen. 3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist das Pflegegeld nach Pflegestufe I des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI).
Die 1934 geborene Klägerin ist schwerbehindert (Grad der Behinderung 100). Festgestellt sind die Merkzeichen "G", "aG" und "B". Als Gesundheitsstörungen sind eine koronare Herzkrankheit, ein Bluthochdruck, eine Herzleistungsminderung, ein Brustschlagaderaneurysma und operiertes Bauchschlagaderaneurysma, eine arterielle Verschlusskrankheit beiderseits und psychische Minderbelastbarkeit, Schlaganfallfolgen, Gesichtsfeldausfälle beidseits, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, eine chronische Bronchitis, diät-/tablettenpflichtige Zuckerkrankheit und Allergie berücksichtigt (Bescheid des Versorgungsamtes vom 16. Januar 2002).
Ein erstes Verfahren der Klägerin auf Feststellung einer Pflegestufe blieb erfolglos (Bescheid vom 3. Mai 2001, Widerspruchsbescheid vom 6. September 2001). Im Klageverfahren S 22 P 130/01 wurde die Klägerin am 12. Juni 2002 von der Internistin Dr. B. untersucht. Diese kam im Gutachten vom 13. Juni 2002 zum Ergebnis, dass die Klägerin wegen deutlicher Atemnot beim An- und Auskleiden täglich 7 Minuten, beim Waschen (5x die Woche) täglich 14 Minuten und beim Duschen/Haarewaschen/Haaretrocknen (2x die Woche) täglich 6 Minuten Hilfe benötige und bei der Grundpflege daher einen täglichen Hilfebedarf von insgesamt 27 Minuten habe. Das Sozialgericht Hamburg wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 20. November 2002 ab. Die Klägerin nahm die Berufung (L 1 P 1/03) im Termin des Landessozialgerichts Hamburg am 13. August 2003 zurück.
Am 18. September 2003 beantragte die Klägerin erneut die Festsetzung einer Pflegestufe und legte das Attest ihrer behandelnden praktischen Ärztin Dr. E. vom 23. Oktober 2003 vor. Die Beklagte ließ die Klägerin am 30. Oktober 2003 von der Pflegefachkraft und Krankenschwester G. (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung ( MDK )) untersuchen (Gutachten vom 30. Oktober 2003). Diese gelangte zu dem Ergebnis, dass die Klägerin, die sich selbständig unter erhöhtem Zeitaufwand dusche und wasche, bei der Körperpflege keiner Hilfe bedürfe. Auch beim An- und Auskleiden benötige sie keine Hilfe. Daraufhin lehnte die Beklagte den Leistungsantrag durch Bescheid vom 3. Dezember 2003 ab.
Im anschließenden Vorverfahren führte die Klägerin u. a. aus, dass sie ihre Wohnung nur noch bedingt verlassen könne, weil sie sich im Verkehr und auf der Straße sehr unsicher fühle. Sie könne für sich nicht die kleinste Handhabung in eigener Regie ausführen. Die Beklagte holte daraufhin von der Krankenschwester G1 (MDK) auf Grund der Untersuchung vom 17. März 2004 das datumsgleiche Gutachten ein, in welchem ein Hilfebedarf ebenfalls verneint wird. Die Klägerin führe die Körperpflege selbstständig durch, pausiere vermehrt, könne bei Bedarf telefonisch Hilfe anfordern. Die Beklagte verblieb im Bescheid vom 28. April 2004 bei ihrer Entscheidung. Die Klägerin, die ihren Widerspruch aufrechterhielt, legte darauf hin ein weiteres, ihre Behandlung bis zum 18. März 2004 berücksichtigendes, undatiertes Attest der Ärztin Dr. E. vor. Sie könne ohne Hilfe ihren Bedürfnissen nicht nachkommen, zum Beispiel beim Duschen, Haarewaschen, bei der Mani- und Pediküre, und verlasse die Wohnung nur noch selten, da sie mit einer Schmerzattacke oder damit rechnen müsse, dass ihre Beine ihr den Dienst versagten. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2004 zurück. Hilfebedarf bestehe ausschließlich im hauswirtschaftlichen Bereich, nicht aber bei der Grundpflege.
Hiergegen richtet sich die am 11. August 2004 erhobene Klage.
Das Sozialgericht hat von Dr. E. den Befundbericht vom 7. Oktober 2004 (Behandlungen der Klägerin am 15. und 29. September , 1., 8. und 23. Oktober 2003, im Januar 2004, am 24. März, 8. und 23. April sowie 3. Juni 2004) eingeholt. Diesem Bericht haben der Bericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. vom 4. April 2003, der Bericht des Neurologen Dr. S. vom 18. März 2004, die Entlassungsberichte des Allgemeinen Krankenhauses W. vom 21. Mai 2002 und 12. August 2003, gefäßchirurgische Berichte dieses Krankenhauses vom 3. Juli 2002, 4. und 20. Februar 2003, radiologische Berichte des Dr. L. vom 19. April, 18. Juni und 20. August 2002, 28. Mai und 25. August 2003, 29. Januar und 26. April 2004 sowie weitere Unterlagen Dr. E.’s beigelegen.
Sodann hat das Sozialgericht von dem Facharzt für Allgemeinmedizin W1 nach Untersuchung der Klägerin am 15. November 2004 das Gutachten vom 25. November 2004 eingeholt. Dieser hat lediglich, weil die Klägerin beim gewünschten dreimal wöchentlichen Duschen (notwendiges Ein- und Aussteigen in bzw. aus der Badewanne) der Transferhilfe bedürfe (3x2 Minuten), einen Hilfebedarf von täglich einer Minute für gegeben erachtet. Hiergegen hat die Klägerin vorgebracht, dass sie sich nicht alleine duschen und auch die Fuß- und Handpflege sowie das Haarewaschen nicht mehr ohne Hilfe durchführen könne. Sie könne in der Wohnung nur noch an Krücken gehen und benutze nur noch selten ihren Rollstuhl, weil sie kaum noch aussteigen könne.
Vom 1. bis 8. Februar 2005 ist die Klägerin im Allgemeinen Krankenhaus W. stationär behandelt worden (Entlassungsbericht vom 7. Februar 2005). Ihr Gangbild hat sich dort als kleinschrittig, langsam und unsicher, im Verlauf am Stock auf stationärer Ebene als ausreichend mobil gezeigt.
Das Sozialgericht hat auf den Antrag der Beklagten im Termin vom 29. April 2005 nach Lage der Akten entschieden und die Klage durch Urteil vom 29. April 2005 abgewiesen. Dieses Urteil, das einen Verkündungsvermerk trägt, ist der Klägerin am 1. Juni 2005 zugestellt worden.
Hiergegen richtet sich ihre am 22. Juni 2005 eingelegte Berufung. Zu deren Begründung führt die Klägerin aus, die Sachlage sei nicht ausreichend geprüft, vom Hausarzt keine medizinische Rückinformation eingeholt worden. Sie sei nicht mehr in der Lage, irgendwelche Tätigkeiten im Haus auszuführen. Seit ihrem Aufenthalt im Allgemeinen Krankenhaus W. vom 31. Oktober bis 16. November 2005 (Totalendoprothese links nach Schenkelhalsfraktur) habe sie das Haus nicht mehr verlassen, weil ihre Beine durch Spinalkanalstenosen (Segmente L 3/4 und L 4/5) und beginnenden Muskelschwund nicht mehr gebrauchsfähig seien. Selbst der Elektrorollstuhl sei für sie unerreichbar. Sie benötige absolute Ruhe und Gelassenheit, weil ansonsten ihr poröses thorako-abdominales Aortenaneurysma (Zustand nach prothetischem Ersatz) platzen könnte.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. April 2005 und die Bescheide der Beklagten vom 3. Dezember 2003 und 28. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2004 sowie den Bescheid vom 16. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 18. September 2003 Pflegegeld nach Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat der Klägerin, nachdem diese am 15. November 2005 erneut die Einstufung in eine Pflegestufe beantragt hatte, nach Einholung der Gutachten der Pflegefachkräfte G. und M. (MDK) vom 15. Februar 2006 und 11. Mai 2006 (Untersuchungen an diesen Tagen) den ablehnenden Bescheid vom 16. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2006 erteilt. Auf den Inhalt dieser Bescheide und der beiden Gutachten, nach denen ein Hilfebedarf von jeweils 6 Minuten täglich (Duschen, vollständige Übernahme) bzw. 24 Minuten täglich (6 Minuten Duschen, 10 Minuten Teilübernahme Ganzkörperwäsche, 5 Minuten Vollübernahme Ankleiden, 3 Minuten Vollübernahme Entkleiden) besteht, wird Bezug genommen.
Das Berufungsgericht hat den Befundbericht der Ärztin Dr. E. vom 8. September 2005 eingeholt (Behandlungen u. a. am 1. November und 5. Dezember 2004, 10. Januar 2005, im April 2005, am 28. Juli und 31. August 2005). Diesem Bericht hat Dr. E. die radiologischen Berichte des Dr. L. vom 14. und 15. Juni 2005 und den Bericht der Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie der Medizinischen Hochschule H. vom 4. August 2005 beigefügt.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Prozessakten, der Gerichtsakten S 22 P 130/01/L 1 P 1/03, der beiden Verwaltungsakten der Beklagten und der Akten des Versorgungsamtes Hamburg Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )).
Das Rechtsmittel ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 3. Dezember 2003 und 28. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2004 sind rechtmäßig. Rechtmäßig ist auch der nach § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordene Bescheid vom 16. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2006. Die dagegen sinngemäß erhobene, zweitinstanzlich angefallene Klage ist daher ebenfalls unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegestufe I. Denn sie ist nicht pflegebedürftig.
Anspruch auf Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen nach § 37 SGB XI (bzw. auf häusliche Pflegehilfe als Sachleistung nach § 36 SGB XI) haben nur Pflegebedürftige. Pflegebedürftig im Sinne dieses Gesetzbuchs sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen (§ 14 Abs. 1 SGB XI). Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen sind hiernach im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen (§ 14 Abs. 4 SGB XI).
Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI). Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss in der Pflegestufe I wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Denn sie benötigt bei der Grundpflege nicht mehr als 45 Minuten der Hilfe.
Bei der Klägerin liegt zwar eine Reihe nicht unerheblicher Krankheiten und Behinderungen vor, die ihre allgemeine Leistungsfähigkeit deutlich herabsetzen. Hierzu gehören insbesondere eine generalisierte Arteriosklerose mit koronarer Herzkrankheit, ein ausgeprägtes Aneurysma des thorako-abdominellen Aortenabschnitts bei Zustand nach Implantation einer Rohrprothese als Ersatz der infrarenalen Aorta im November 2001, ein Zustand nach Schlaganfall mit Gesichtsfeldverlust rechts, eine Durchblutungsstörung der Beine, ein Bluthochdruckleiden, ein diätetisch einstellbarer Diabetes mellitus mit diabetischer Polyneuropathie, eine chronische Bronchitis, ein Lendenwirbelsyndrom bei abnutzungsbedingten Veränderungen und Einengung des Spinalkanals und ein Zustand nach Totalendoprothese links im November 2005. Dennoch ist die Klägerin nicht pflegebedürftig iSd § 15 SGB XI.
Nach der Gesamtschau der vorliegenden Gutachten scheiden Hilfen im Bereich der Ernährung aus. Hilfen beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und bei der Aufnahme der Nahrung benötigt die Klägerin nicht. Die übliche Zubereitung der Nahrung, insbesondere das Kochen, gehört zum Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Mit dem nur in Betracht zu ziehenden Hilfebedarf in den Bereichen der Körperpflege und der Mobilität überschreitet die Klägerin einen Zeitaufwand von 45 Minuten nicht. Nach dem jüngsten Gutachten der Pflegefachkraft M. vom 11. Mai 2006 ist die Klägerin zwar beim Waschen/Duschen (Körperpflege) und in der Bewegung (Mobilität, hier: An- und Auskleiden) eingeschränkt. Sie benötigt hiernach an 5 Tagen in der Woche der Teilhilfe bei der Ganzkörperwäsche (für die bei Vollübernahme in der Regel 20-25 Min. anzusetzen sind) von jeweils 10 Minuten, nämlich Hilfe beim Rücken- und Füßewaschen, und an 2 Tagen in der Woche der vollständigen (kompletten) Hilfe beim Duschen (für das bei Vollübernahme in der Regel 15 bis 20 Min. anzusetzen sind) von 6 Minuten. Das Gutachten der Pflegefachkraft M. ist dahin zu verstehen, dass der angegebene Zeitaufwand von 10 bzw. 6 Minuten "wöchentlich im Tagesdurchschnitt" anfällt. Geht man bei der teilweisen Übernahme der Ganzkörperwäsche an 5 Tagen von einem Zeitaufwand von jeweils 15 Minuten (insgesamt 75 Minuten) aus, so errechnen sich wöchentlich im Tagesdurchschnitt daraus (75:7) gut 10 Minuten, bei der Vollübernahme des Duschens an zwei Tagen (2x20 = 40 Minuten) wöchentlich im Tagesdurchschnitt (40: 7) knapp 6 Minuten wöchentlich im Tagesdurchschnitt. Beim An- und Auskleiden, bei dem die Klägerin volle Hilfe nur bezüglich der Unterkörperkleidung benötigt (wofür in der Regel beim Ankleiden 5 bis 6 Minuten, beim Auskleiden 2 bis 3 Minuten angesetzt werden), hat sie einen täglichen Hilfebedarf von insgesamt 8 (5 plus 3) Minuten. In der Addition ergibt sich daher ein täglicher Pflegebedarf bei der Grundpflege von (nur) 24 Minuten.
Weiterer Hilfebedarf ist nicht ersichtlich. Das Fuß- und Fingernägelschneiden gehört nicht zu den täglich anfallenden Maßnahmen der Körperpflege und bleibt außer Betracht (Orientierungswerte zur Pflegezeitbemessung). Dass die Klägerin nach ihren Angaben nur noch gerade Wege zum Bett und zur Toilette an den Unterarmgehstützen bewältigen kann, begründet keinen Hilfebedarf beim selbständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, bei der Darm- und Blasenentleerung, beim Gehen oder beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Klägerin mindestens einmal die Woche einen Arztbesuch vorgenommen hat bzw. vornehmen muss. Die eingeholten Befundberichte geben dafür keinen Anhalt. Im Übrigen hat der Gutachter W1 ausgeführt, dass die Klägerin die Praxis Dr. E. selbstständig mit ihrem Elektromobil aufsuchen kann. Hierbei verwendet sie die Unterarmgehstützen für den Weg von der Wohnung zum Schuppen über die Terrasse sowie erneut vor der Haustür der Arztpraxis bis in die Praxis hinein. Dass die Klägerin nunmehr vorbringt, den Rollstuhl nur noch selten zu benutzen, weil sie kaum noch aussteigen könne, verhilft ihr schon deshalb nicht weiter, weil ihre Arztbesuche nicht in einer Häufigkeit anfallen, dass sie im Rahmen des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung zu berücksichtigen sind. Gehen und Stehen kann die Klägerin, zumindest unter Zuhilfenahme der Krücken, wie sie selbst angibt, allein. Diese Verrichtungen zählen nur zum Grundpflegebedarf, wenn sie in einem Zusammenhang mit anderen Verrichtungen der Grundpflege stehen (Bundessozialgericht ( BSG ) 29. April 1999 - B 3 P 7/98 R, SozR 3-3300 § 14 Nr 10). Dass das eingeschränkte Gehvermögen der Klägerin der Verrichtung einer der in § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 SGB XI aufgeführten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen entgegensteht, ist nicht zu erkennen. Eine nach der Totalendoprothese vom November 2005 etwa vorübergehend aufgetretene stärkere Einschränkung beim Gehen und Stehen ist nicht zu berücksichtigen, weil sie - wie den Gutachten der Pflegefachkräfte G. und M. zu entnehmen ist – jedenfalls nicht mindestens sechs Monate angedauert hat.
Die neuerlichen MDK-Gutachten haben einen gesonderten Hilfebedarf für Transferleistungen beim Duschen (Hilfe beim Besteigen der Wanne), der bei der Mobilität (Stehen), und beim Haarewaschen, der beim Waschen/Duschen zu berücksichtigen wäre (BSG 31. August 2000 - B 3 P 14/99 R, NZS 01, 265 -), zwar nicht ausgewiesen. Selbst wenn dies aber der Fall hätte sein müssen, so würde sich für die Klägerin daraus ein täglicher Mehrhilfebedarf von allenfalls ein bis drei Minuten ergeben, durch den sie nicht annähernd auf (mehr als) 45 Minuten Hilfebedarf bei der Grundpflege käme. Dass die Klägerin für die erforderlichen Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung 45 Minuten pro Tag (im Wochendurchschnitt) Hilfe benötigt, wie beide Gutachterinnen ausgeführt haben, reicht zur Erfüllung der Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht aus.
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen und die gegen den Bescheid vom 16. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2006 erhobene Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.
Tatbestand:
Streitig ist das Pflegegeld nach Pflegestufe I des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI).
Die 1934 geborene Klägerin ist schwerbehindert (Grad der Behinderung 100). Festgestellt sind die Merkzeichen "G", "aG" und "B". Als Gesundheitsstörungen sind eine koronare Herzkrankheit, ein Bluthochdruck, eine Herzleistungsminderung, ein Brustschlagaderaneurysma und operiertes Bauchschlagaderaneurysma, eine arterielle Verschlusskrankheit beiderseits und psychische Minderbelastbarkeit, Schlaganfallfolgen, Gesichtsfeldausfälle beidseits, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, eine chronische Bronchitis, diät-/tablettenpflichtige Zuckerkrankheit und Allergie berücksichtigt (Bescheid des Versorgungsamtes vom 16. Januar 2002).
Ein erstes Verfahren der Klägerin auf Feststellung einer Pflegestufe blieb erfolglos (Bescheid vom 3. Mai 2001, Widerspruchsbescheid vom 6. September 2001). Im Klageverfahren S 22 P 130/01 wurde die Klägerin am 12. Juni 2002 von der Internistin Dr. B. untersucht. Diese kam im Gutachten vom 13. Juni 2002 zum Ergebnis, dass die Klägerin wegen deutlicher Atemnot beim An- und Auskleiden täglich 7 Minuten, beim Waschen (5x die Woche) täglich 14 Minuten und beim Duschen/Haarewaschen/Haaretrocknen (2x die Woche) täglich 6 Minuten Hilfe benötige und bei der Grundpflege daher einen täglichen Hilfebedarf von insgesamt 27 Minuten habe. Das Sozialgericht Hamburg wies die Klage durch Gerichtsbescheid vom 20. November 2002 ab. Die Klägerin nahm die Berufung (L 1 P 1/03) im Termin des Landessozialgerichts Hamburg am 13. August 2003 zurück.
Am 18. September 2003 beantragte die Klägerin erneut die Festsetzung einer Pflegestufe und legte das Attest ihrer behandelnden praktischen Ärztin Dr. E. vom 23. Oktober 2003 vor. Die Beklagte ließ die Klägerin am 30. Oktober 2003 von der Pflegefachkraft und Krankenschwester G. (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung ( MDK )) untersuchen (Gutachten vom 30. Oktober 2003). Diese gelangte zu dem Ergebnis, dass die Klägerin, die sich selbständig unter erhöhtem Zeitaufwand dusche und wasche, bei der Körperpflege keiner Hilfe bedürfe. Auch beim An- und Auskleiden benötige sie keine Hilfe. Daraufhin lehnte die Beklagte den Leistungsantrag durch Bescheid vom 3. Dezember 2003 ab.
Im anschließenden Vorverfahren führte die Klägerin u. a. aus, dass sie ihre Wohnung nur noch bedingt verlassen könne, weil sie sich im Verkehr und auf der Straße sehr unsicher fühle. Sie könne für sich nicht die kleinste Handhabung in eigener Regie ausführen. Die Beklagte holte daraufhin von der Krankenschwester G1 (MDK) auf Grund der Untersuchung vom 17. März 2004 das datumsgleiche Gutachten ein, in welchem ein Hilfebedarf ebenfalls verneint wird. Die Klägerin führe die Körperpflege selbstständig durch, pausiere vermehrt, könne bei Bedarf telefonisch Hilfe anfordern. Die Beklagte verblieb im Bescheid vom 28. April 2004 bei ihrer Entscheidung. Die Klägerin, die ihren Widerspruch aufrechterhielt, legte darauf hin ein weiteres, ihre Behandlung bis zum 18. März 2004 berücksichtigendes, undatiertes Attest der Ärztin Dr. E. vor. Sie könne ohne Hilfe ihren Bedürfnissen nicht nachkommen, zum Beispiel beim Duschen, Haarewaschen, bei der Mani- und Pediküre, und verlasse die Wohnung nur noch selten, da sie mit einer Schmerzattacke oder damit rechnen müsse, dass ihre Beine ihr den Dienst versagten. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2004 zurück. Hilfebedarf bestehe ausschließlich im hauswirtschaftlichen Bereich, nicht aber bei der Grundpflege.
Hiergegen richtet sich die am 11. August 2004 erhobene Klage.
Das Sozialgericht hat von Dr. E. den Befundbericht vom 7. Oktober 2004 (Behandlungen der Klägerin am 15. und 29. September , 1., 8. und 23. Oktober 2003, im Januar 2004, am 24. März, 8. und 23. April sowie 3. Juni 2004) eingeholt. Diesem Bericht haben der Bericht des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. vom 4. April 2003, der Bericht des Neurologen Dr. S. vom 18. März 2004, die Entlassungsberichte des Allgemeinen Krankenhauses W. vom 21. Mai 2002 und 12. August 2003, gefäßchirurgische Berichte dieses Krankenhauses vom 3. Juli 2002, 4. und 20. Februar 2003, radiologische Berichte des Dr. L. vom 19. April, 18. Juni und 20. August 2002, 28. Mai und 25. August 2003, 29. Januar und 26. April 2004 sowie weitere Unterlagen Dr. E.’s beigelegen.
Sodann hat das Sozialgericht von dem Facharzt für Allgemeinmedizin W1 nach Untersuchung der Klägerin am 15. November 2004 das Gutachten vom 25. November 2004 eingeholt. Dieser hat lediglich, weil die Klägerin beim gewünschten dreimal wöchentlichen Duschen (notwendiges Ein- und Aussteigen in bzw. aus der Badewanne) der Transferhilfe bedürfe (3x2 Minuten), einen Hilfebedarf von täglich einer Minute für gegeben erachtet. Hiergegen hat die Klägerin vorgebracht, dass sie sich nicht alleine duschen und auch die Fuß- und Handpflege sowie das Haarewaschen nicht mehr ohne Hilfe durchführen könne. Sie könne in der Wohnung nur noch an Krücken gehen und benutze nur noch selten ihren Rollstuhl, weil sie kaum noch aussteigen könne.
Vom 1. bis 8. Februar 2005 ist die Klägerin im Allgemeinen Krankenhaus W. stationär behandelt worden (Entlassungsbericht vom 7. Februar 2005). Ihr Gangbild hat sich dort als kleinschrittig, langsam und unsicher, im Verlauf am Stock auf stationärer Ebene als ausreichend mobil gezeigt.
Das Sozialgericht hat auf den Antrag der Beklagten im Termin vom 29. April 2005 nach Lage der Akten entschieden und die Klage durch Urteil vom 29. April 2005 abgewiesen. Dieses Urteil, das einen Verkündungsvermerk trägt, ist der Klägerin am 1. Juni 2005 zugestellt worden.
Hiergegen richtet sich ihre am 22. Juni 2005 eingelegte Berufung. Zu deren Begründung führt die Klägerin aus, die Sachlage sei nicht ausreichend geprüft, vom Hausarzt keine medizinische Rückinformation eingeholt worden. Sie sei nicht mehr in der Lage, irgendwelche Tätigkeiten im Haus auszuführen. Seit ihrem Aufenthalt im Allgemeinen Krankenhaus W. vom 31. Oktober bis 16. November 2005 (Totalendoprothese links nach Schenkelhalsfraktur) habe sie das Haus nicht mehr verlassen, weil ihre Beine durch Spinalkanalstenosen (Segmente L 3/4 und L 4/5) und beginnenden Muskelschwund nicht mehr gebrauchsfähig seien. Selbst der Elektrorollstuhl sei für sie unerreichbar. Sie benötige absolute Ruhe und Gelassenheit, weil ansonsten ihr poröses thorako-abdominales Aortenaneurysma (Zustand nach prothetischem Ersatz) platzen könnte.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 29. April 2005 und die Bescheide der Beklagten vom 3. Dezember 2003 und 28. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2004 sowie den Bescheid vom 16. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 18. September 2003 Pflegegeld nach Pflegestufe I zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und hat der Klägerin, nachdem diese am 15. November 2005 erneut die Einstufung in eine Pflegestufe beantragt hatte, nach Einholung der Gutachten der Pflegefachkräfte G. und M. (MDK) vom 15. Februar 2006 und 11. Mai 2006 (Untersuchungen an diesen Tagen) den ablehnenden Bescheid vom 16. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2006 erteilt. Auf den Inhalt dieser Bescheide und der beiden Gutachten, nach denen ein Hilfebedarf von jeweils 6 Minuten täglich (Duschen, vollständige Übernahme) bzw. 24 Minuten täglich (6 Minuten Duschen, 10 Minuten Teilübernahme Ganzkörperwäsche, 5 Minuten Vollübernahme Ankleiden, 3 Minuten Vollübernahme Entkleiden) besteht, wird Bezug genommen.
Das Berufungsgericht hat den Befundbericht der Ärztin Dr. E. vom 8. September 2005 eingeholt (Behandlungen u. a. am 1. November und 5. Dezember 2004, 10. Januar 2005, im April 2005, am 28. Juli und 31. August 2005). Diesem Bericht hat Dr. E. die radiologischen Berichte des Dr. L. vom 14. und 15. Juni 2005 und den Bericht der Klinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie der Medizinischen Hochschule H. vom 4. August 2005 beigefügt.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Prozessakten, der Gerichtsakten S 22 P 130/01/L 1 P 1/03, der beiden Verwaltungsakten der Beklagten und der Akten des Versorgungsamtes Hamburg Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )).
Das Rechtsmittel ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Bescheide der Beklagten vom 3. Dezember 2003 und 28. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2004 sind rechtmäßig. Rechtmäßig ist auch der nach § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordene Bescheid vom 16. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2006. Die dagegen sinngemäß erhobene, zweitinstanzlich angefallene Klage ist daher ebenfalls unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung nach Pflegestufe I. Denn sie ist nicht pflegebedürftig.
Anspruch auf Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen nach § 37 SGB XI (bzw. auf häusliche Pflegehilfe als Sachleistung nach § 36 SGB XI) haben nur Pflegebedürftige. Pflegebedürftig im Sinne dieses Gesetzbuchs sind Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen (§ 14 Abs. 1 SGB XI). Gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen sind hiernach im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren und die Darm- oder Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung, im Bereich der Mobilität das selbstständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung, im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen (§ 14 Abs. 4 SGB XI).
Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI). Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss in der Pflegestufe I wöchentlich im Tagesdurchschnitt mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nicht. Denn sie benötigt bei der Grundpflege nicht mehr als 45 Minuten der Hilfe.
Bei der Klägerin liegt zwar eine Reihe nicht unerheblicher Krankheiten und Behinderungen vor, die ihre allgemeine Leistungsfähigkeit deutlich herabsetzen. Hierzu gehören insbesondere eine generalisierte Arteriosklerose mit koronarer Herzkrankheit, ein ausgeprägtes Aneurysma des thorako-abdominellen Aortenabschnitts bei Zustand nach Implantation einer Rohrprothese als Ersatz der infrarenalen Aorta im November 2001, ein Zustand nach Schlaganfall mit Gesichtsfeldverlust rechts, eine Durchblutungsstörung der Beine, ein Bluthochdruckleiden, ein diätetisch einstellbarer Diabetes mellitus mit diabetischer Polyneuropathie, eine chronische Bronchitis, ein Lendenwirbelsyndrom bei abnutzungsbedingten Veränderungen und Einengung des Spinalkanals und ein Zustand nach Totalendoprothese links im November 2005. Dennoch ist die Klägerin nicht pflegebedürftig iSd § 15 SGB XI.
Nach der Gesamtschau der vorliegenden Gutachten scheiden Hilfen im Bereich der Ernährung aus. Hilfen beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und bei der Aufnahme der Nahrung benötigt die Klägerin nicht. Die übliche Zubereitung der Nahrung, insbesondere das Kochen, gehört zum Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Mit dem nur in Betracht zu ziehenden Hilfebedarf in den Bereichen der Körperpflege und der Mobilität überschreitet die Klägerin einen Zeitaufwand von 45 Minuten nicht. Nach dem jüngsten Gutachten der Pflegefachkraft M. vom 11. Mai 2006 ist die Klägerin zwar beim Waschen/Duschen (Körperpflege) und in der Bewegung (Mobilität, hier: An- und Auskleiden) eingeschränkt. Sie benötigt hiernach an 5 Tagen in der Woche der Teilhilfe bei der Ganzkörperwäsche (für die bei Vollübernahme in der Regel 20-25 Min. anzusetzen sind) von jeweils 10 Minuten, nämlich Hilfe beim Rücken- und Füßewaschen, und an 2 Tagen in der Woche der vollständigen (kompletten) Hilfe beim Duschen (für das bei Vollübernahme in der Regel 15 bis 20 Min. anzusetzen sind) von 6 Minuten. Das Gutachten der Pflegefachkraft M. ist dahin zu verstehen, dass der angegebene Zeitaufwand von 10 bzw. 6 Minuten "wöchentlich im Tagesdurchschnitt" anfällt. Geht man bei der teilweisen Übernahme der Ganzkörperwäsche an 5 Tagen von einem Zeitaufwand von jeweils 15 Minuten (insgesamt 75 Minuten) aus, so errechnen sich wöchentlich im Tagesdurchschnitt daraus (75:7) gut 10 Minuten, bei der Vollübernahme des Duschens an zwei Tagen (2x20 = 40 Minuten) wöchentlich im Tagesdurchschnitt (40: 7) knapp 6 Minuten wöchentlich im Tagesdurchschnitt. Beim An- und Auskleiden, bei dem die Klägerin volle Hilfe nur bezüglich der Unterkörperkleidung benötigt (wofür in der Regel beim Ankleiden 5 bis 6 Minuten, beim Auskleiden 2 bis 3 Minuten angesetzt werden), hat sie einen täglichen Hilfebedarf von insgesamt 8 (5 plus 3) Minuten. In der Addition ergibt sich daher ein täglicher Pflegebedarf bei der Grundpflege von (nur) 24 Minuten.
Weiterer Hilfebedarf ist nicht ersichtlich. Das Fuß- und Fingernägelschneiden gehört nicht zu den täglich anfallenden Maßnahmen der Körperpflege und bleibt außer Betracht (Orientierungswerte zur Pflegezeitbemessung). Dass die Klägerin nach ihren Angaben nur noch gerade Wege zum Bett und zur Toilette an den Unterarmgehstützen bewältigen kann, begründet keinen Hilfebedarf beim selbständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, bei der Darm- und Blasenentleerung, beim Gehen oder beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Klägerin mindestens einmal die Woche einen Arztbesuch vorgenommen hat bzw. vornehmen muss. Die eingeholten Befundberichte geben dafür keinen Anhalt. Im Übrigen hat der Gutachter W1 ausgeführt, dass die Klägerin die Praxis Dr. E. selbstständig mit ihrem Elektromobil aufsuchen kann. Hierbei verwendet sie die Unterarmgehstützen für den Weg von der Wohnung zum Schuppen über die Terrasse sowie erneut vor der Haustür der Arztpraxis bis in die Praxis hinein. Dass die Klägerin nunmehr vorbringt, den Rollstuhl nur noch selten zu benutzen, weil sie kaum noch aussteigen könne, verhilft ihr schon deshalb nicht weiter, weil ihre Arztbesuche nicht in einer Häufigkeit anfallen, dass sie im Rahmen des Verlassens und Wiederaufsuchens der Wohnung zu berücksichtigen sind. Gehen und Stehen kann die Klägerin, zumindest unter Zuhilfenahme der Krücken, wie sie selbst angibt, allein. Diese Verrichtungen zählen nur zum Grundpflegebedarf, wenn sie in einem Zusammenhang mit anderen Verrichtungen der Grundpflege stehen (Bundessozialgericht ( BSG ) 29. April 1999 - B 3 P 7/98 R, SozR 3-3300 § 14 Nr 10). Dass das eingeschränkte Gehvermögen der Klägerin der Verrichtung einer der in § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 SGB XI aufgeführten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen entgegensteht, ist nicht zu erkennen. Eine nach der Totalendoprothese vom November 2005 etwa vorübergehend aufgetretene stärkere Einschränkung beim Gehen und Stehen ist nicht zu berücksichtigen, weil sie - wie den Gutachten der Pflegefachkräfte G. und M. zu entnehmen ist – jedenfalls nicht mindestens sechs Monate angedauert hat.
Die neuerlichen MDK-Gutachten haben einen gesonderten Hilfebedarf für Transferleistungen beim Duschen (Hilfe beim Besteigen der Wanne), der bei der Mobilität (Stehen), und beim Haarewaschen, der beim Waschen/Duschen zu berücksichtigen wäre (BSG 31. August 2000 - B 3 P 14/99 R, NZS 01, 265 -), zwar nicht ausgewiesen. Selbst wenn dies aber der Fall hätte sein müssen, so würde sich für die Klägerin daraus ein täglicher Mehrhilfebedarf von allenfalls ein bis drei Minuten ergeben, durch den sie nicht annähernd auf (mehr als) 45 Minuten Hilfebedarf bei der Grundpflege käme. Dass die Klägerin für die erforderlichen Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung 45 Minuten pro Tag (im Wochendurchschnitt) Hilfe benötigt, wie beide Gutachterinnen ausgeführt haben, reicht zur Erfüllung der Voraussetzungen der Pflegestufe I nicht aus.
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen und die gegen den Bescheid vom 16. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2006 erhobene Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.
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