L 12 RA 52/04

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 3 RA 3719/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 RA 52/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29. April 2004 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen den Bescheid vom 8. März 2004 wird abgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Festsetzung eines höheren Rentenwertes.

Die am 1938 geborene Klägerin besuchte die Hochschule für Musik Leipzig mit dem Haupt-fach Kontrabass und bestand am 8. Juli 1961 das Staatsexamen. Vom 1. September 1961 bis März 1985 war sie als Musikerin beim Berliner Sinfonie Orchester angestellt. Seit April 1985 war sie an der Hochschule für Musik "H E" tätig, zunächst als Oberassistentin und seit Januar 1986 als Dozent. Mit Urkunde vom 14. Juli 1986 wurde ihr mit Wirkung vom 1. Juli 1986 eine zusätzliche Altersversorgung entsprechend den Bestimmungen über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Einrich-tungen der DDR gewährt. Mit Urkunde vom 13. Oktober 1992, ausgehändigt am 27. Oktober 1992, wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zur Professorin an einer Kunsthochschule ernannt. Die Zeit vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. März 2003 wurde ihr als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anerkannt, was zu einem Ruhegehaltssatz von 23,42 vom Hundert führte.

Auf den am 19. Juli 2002 gestellten Antrag bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 7. Februar 2003 Regelaltersrente ab dem 1. Februar 2003 (Vollendung des 65. Lebensjahres). Bei der Rentenberechnung wurden für Zeiten zwischen dem 1. September 1961 und dem 30. Juni 1990 die vom Versorgungsträger festgestellten Arbeitsentgelte zugrunde gelegt, die nach Vervielfältigung mit den sich aus der Anlage 10 zum Sechsten Buch des Sozialgesetz-buches (SGB VI) ergebenden Werten – bis zur Höhe der jährlichen Beitragsbemessungsgren-zen (Anlage 2 zum SGB VI) berücksichtigt wurden. Die Beklagte ermittelte 51,1159 persönli-che Entgeltpunkte (Ost), woraus sich bei Rentenbeginn ein monatlicher Zahlbetrag von 1.160,33 Euro ergab. Durch weiteren Rentenbescheid vom 27. Februar 2003 gewährte die Be-klagte mit Wirkung ab 1. Februar 2003 einen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung, so dass sich als Zahlbetrag nunmehr 1.241,74 Euro ergab.

Die Klägerin legte – vertreten durch ihren jetzigen Bevollmächtigten - am 7. März 2003 Wi-derspruch gegen die Bescheide vom 7. und 27. Februar 2003 ein und beanstandete, dass die Bescheide den Eigentums-, Bestands- und Vertrauensschutz missachteten, unter dem die von der Klägerin in der DDR erworbenen Anwartschaften auf Renten der Sozialversicherung und aus einem zusätzlichen Versorgungssystem stehen würden. Die Beklagte wies den Wider-spruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2003). Die Rentenberechnung entspreche den gesetzlichen Vorschriften, das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) habe bereits entschie-den, dass die so genannte Systementscheidung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken be-gegne.

Mit der am 15. Juli 2003 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie habe Anspruch auf eine angemessene Versorgung im Alter auch aus ihrer in der DDR verbrachten Erwerbszeit. Die gewährten Leistungen seien gegenüber der Situation von Berufskollegen, die bereits Bestandsrentner in der DDR waren oder ihr Berufsleben ausschließlich in Westdeutsch-land verbrachten, diskriminierend gering. Es sei Beweis zu erheben, um den realen Wert der von der Klägerin zum 30. Juni 1990 bzw. 1. Juli 1990 innegehabten Anwartschaften zu ermit-teln. Das BVerfG habe die Systementscheidung des Rentenüberleitungsgesetzes gerade nicht bestätigt.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 29. April 2004 abgewiesen. Die Feststellung der Rente sei rechtmäßig erfolgt. Die Überführung der Versorgungssysteme der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung und die damit einhergehende Anwendung der Bei-tragsbemessungsgrenze, die als Systementscheidung bezeichnet werde, verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, was BVerfG und Bundessozialgericht (BSG) bereits festgestellt hätten. Ein Anspruch auf Vergleichsberechnung bestehe nicht, da der Rentenbeginn im Februar 2003 deutlich nach den Stichtagen liege. Die Stichtagsregelungen seien verfassungsrechtlich hinzu-nehmen. Soweit die Klägerin überhaupt zulässigerweise die Rentenanpassungen von Juli 2000 bis Juli 2002 rügen könne, begegneten die Rentenanpassungen jedenfalls keinen verfassungs-rechtlichen Bedenken. Das ergebe sich aus dem Urteil des BSG vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 120/00 R -, dessen Ausführungen sich die Kammer zu eigen mache.,

Gegen den ihr am 7. Mai 2004 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 11. Mai 2004 eingelegte Berufung der Klägerin, mit der sie ein höheres Alterseinkommen unter Berücksich-tigung ihrer in der DDR rechtmäßig erworbenen Ansprüche und Anwartschaften begehrt. Das vorliegende Verfahren gehöre zu jenen, in denen eine dauerhafte rechtsstaatliche Lösung nur unter Berücksichtigung der Entwicklung der Politik und der Entscheidungspraxis der Gerichte zu den bedrückenden Ost-West-Problemen zu erreichen sein werde, die auf den unterschied-lichsten Gebieten immer sichtbarer die politische Bühne und die Verfahren vor den Gerichten bewegten. Das in seinem Wesen rechtsstaats-, grundgesetz- und menschenrechtswidrige Ren-tenüberleitungsgesetz dürfe nicht als Basis der Renten- und Versorgungsüberleitung, behördli-cher Tätigkeit und gerichtlicher Entscheidungen anerkannt werden. Die Klägerin beantragt,

1. Beweis zu erheben, um aufgrund einer umfassenden Feststellung des Sachverhalts und der tatsächlichen Auswirkungen der angefochtenen Bescheide, des Urteils des So-zialgerichts und der zugrunde liegenden Vorschriften des RÜG eine ausreichende Grundlage für eine fundierte Einschätzung zu erhalten, ob ihr ein diskriminierendes un-verhältnismäßig vermindertes, den Einigungsvertrag sowie ihre Grund- und Menschen-rechte verletzendes Alterseinkommen zugemessen worden ist, das die juristische Spal-tung Deutschlands auf dem Gebiet der Alterssicherung weiter dauerhaft vertieft.

1.1 Zu klärende Fragen:

1.1.1. Zur Entwicklung des realen Alterseinkommen aufgrund der Zahlbetragsgarantie und der so genannten Überführung gemäß des RÜG/AAÜG:

1.1.1.1. Welcher Wert des Alterseinkommens lag bereits aufgrund der Leistungen der Klägerin zum 30.6./1.7.1990 vor, wie hat sich der Wert bis zum Rentenbeginn verän-dert und welchen Wert hätte das Alterseinkommen zum Rentenbeginn bei entsprechen-der Anwendung der Zahlbetragsgarantie des EV sowie bei einer Anpassung bzw. An-gleichung der Rente entsprechend der Entwicklung der Löhne und Einkommen im Bei-trittsgebiet (vgl. EV Art. 30 Abs. 5 und Anlage II Kapitel VIII Ziff. 9) zum 31.12.1991, zum 1.1.1992, zum 1.7.1999 und zum 1.7.2003 erreicht?

1.1.1.2. Welchen Wert erreicht die gemäß Überführungsbescheid berechnete Versicher-tenrente gem. RÜG bzw. SGB VI, wenn man von der zunächst fiktiven Berechnung zum 1.7.1990, zum 31.12.1991, zum 1.1.1992 sowie von der Rentenberechnung zum 1.7.1999 und zum 1.7.2003 ausgeht?

1.1.1.3. Welchen Wert erreicht der Anteil des Alterseinkommens, der die Versicherten-rente zu einer Vollversorgung aufstockte, gemessen an der Anpassung des gem. EV ga-rantierten Zahlbetrages bzw. an der SGB VI-Versichertenrente zu den unter den vorigen Ziffern ermittelten Daten? Bleibt irgendein Anteil der Aufstockung zu einer Vollver-sorgung bei der Berechnung einer Versichertenrente gem. SGB VI übrig?

1.1.2. Zur so genannten Überführung der Ansprüche/Anwartschaften aus der DDR

1.1.2.1. Mit welcher Zielstellung und mit welchen Ergebnissen erfolgte die Überfüh-rung gemäß dem AAÜG durch die Überführungsbescheide? Ging es darum, die angeb-lich zu günstigen Regelungen des EV zu beseitigen? Welche Gründe berechtigten dazu? Entspricht die praktische Wirkung der Überführung der Darstellung, nach der "die Ü-berführung bewirkt, dass die Berechtigten ab 1992 – genauso wie die "normalen" Sozi-alversicherten – Versicherte bzw. Rentner der gesetzlichen RV sind ("Systementschei-dung") ...", wie es in einer Publikation der BfA heißt. Wird damit die Hauptfunktion und Wirkung des Überführungsbescheides gekennzeichnet, nach der es "Zweck dieser Regelungen ist ..., alle Versicherten der ehemaligen DDR grundsätzlich gleich zu be-handeln"?

1.1.2.2. Wie wirkt sich diese Art der Überführung generell gegenüber den Betroffenen und wie in dem vorliegenden Fall auf den Wert des Alterseinkommens und damit auf sein Eigentum aus?

1.1.2.3. Führt nicht dieser "Zweck" der Überführung zu einer besonderen Art einer Ein-heitsrente, bei der für die entsprechenden Anspruchserwerbszeiten jeweils trotz unter-schiedlicher Lebensleistungen, trotz unterschiedlicher früherer Ansprüche bzw. Voraus-setzungen stets nur maximal der gleiche Rentenanteil (der für die ehem. Bürger der maßgebliche Anteil seines gesamten Alterseinkommens ist) erworben werden kann?

1.1.2.4. War die von dem EV beabsichtigte Überführung überhaupt auf eine einschnei-dende Veränderung bzw. Verminderung des realen Wertes der Ansprü-che/Anwartschaften gerichtet oder zielte sie nicht vielmehr ab auf die organisatorische Veränderung hinsichtlich der Erfüllung der Ansprüche/Anwartschaften (vgl. das be-kannte Gutachten von Prof. Merten)?

1.1.3. In diesem Rahmen sind weiter die Fragen zu beantworten,

1.1.3.1. welchen Inhalt die Überführung haben und was mit ihr bewirkt werden sollte: Sollten die über die Renten aus der Pflichtversicherung hinausgehenden Ansprü-che/Anwartschaften der DDR-Bürger gemäß Staatsvertrag, RAnglG und EV überführt und damit dauerhaft bewahrt oder liquidiert und damit entschädigungslos enteignet werden?

1.1.3.2. wie viele Bürger der ehemaligen DDR von der Systementscheidung des RÜG betroffen sind (gegliedert nach Bestandsrentnern bis zum 30.06.1990 und bis zum 31.12.1991 sowie nach den rechtlich unterschiedlich behandelten Gruppen der Zu-gangsrentner)?

1.1.3.3. welche konkreten sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen die Überfüh-rung nach der Zielstellung des Staatsvertrages und des EV für die Betroffenen, beson-ders die Klägerin und die Kommunen / Länder gehabt hätte im Vergleich zur sozialen und wirtschaftlichen Situation der Betroffenen und der Kommunen bzw. Länder nach einer sachgerechten vollständigen Überführung der an die neue wirtschaftliche Situati-on im Beitrittsgebiet anzupassenden Ansprüche aus der SV der DDR und der AVI bzw. FZR?

1.1.3.4. welche tatsächlichen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen für die Be-troffenen, speziell für die Klägerin und die Kommunen etc., hat im Unterschied zu Zif-fer 1.1.3.3. die Verfahrensweise nach der 1. u. 2. RAV sowie gemäß der Systement-scheidung des RÜG bewirkt?

1.2. Zur Beantwortung dieser Fragen sind Stellungnahmen von Zeugen und Sachver-ständigen einzuholen, insbesondere von Abgeordneten und Vertretern von Institutionen, die an den Beschlüssen und Gesetzen beteiligt waren und an ihrer Umsetzung beteiligt sind.

Zunächst sollte die Vorlage entsprechender vergleichbarer Berechnungen durch die Be-klagte verlangt werden. Im Übrigen sind gegebenenfalls Gutachten Sachverständiger mit exakten Einschätzungen und Berechnungen sowie statistischen Zusammenstellun-gen anzufordern. Stellungnahmen und das Zeugnis zu diesen Fragen bzw. Gutachten sind insbesondere einzuholen

1. von Prof. Dr. D M, Verwaltungshochschule S 2. von dem Bundesverfassungsrichter i.R. Dr. S, K 3. von dem Universitätsprofessor Dr. R 4. von dem früheren regierenden Bürgermeister der Stadt B, E D, und von der früher zuständigen Senatorin der Stadt B, Frau S 5. von ehem. Abgeordneten der Volkskammer der DDR, im einzelnen von Herrn De M, Herrn Prof. Dr. K, Herrn Prof. Dr. S, Frau Dr. A, Herrn Dr. P 6. vom Präsidenten der Volkssolidarität und früheren Direktor des Sozialwis-senschaftlichen F e.V., Herrn Prof. Dr. G W, Wstr. , B 7. von Prof. Dr. R K, A, Z Str. , D 8. vom Abteilungsleiter im Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Si-cherung, Herrn W, 9. vom Präsidenten der BfA, Herrn Dr. R.

ergänzend Beweis zu erheben

über die Art und Weise, in der die aus dem ehemals sozialistischen Ausland kommen-den Deutschen in der Bundesrepublik als Deutsche rentenrechtliche behandelt, insbe-sondere wie die früher in den sozialistischen Staaten zurück gelegten Zeiten berücksich-tigt werden sowie

über die Einordnung der (in den 70iger bzw. 80iger Jahren) aus den ehemals sozialisti-schen Staaten (u.a. aus Rumänien und der ehemaligen Sowjetunion) Zugereisten, die deutsche Staatsbürger geworden sind, in den Alterssicherungssystemen, vor allem über die Berücksichtigung von Dienstzeiten, die in den früheren sozialistischen Staaten zu-rückgelegt wurden.

2. wie folgt zu erkennen

2.1. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 29.04.2004 wird aufgehoben und die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein höheres Alterseinkommen zu gewäh-ren. Dazu sind die bisher erteilten Rentenbescheide (Rentenbescheid vom 7.2.2003 und 27.2.2003) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2003 und die weiteren Rentenbescheide sowie die Entscheidungen zur Anpassung der Rente zum 1.7.2000 (fiktiv), zum 1.7.2001 (fiktiv), zum 1.7.2002 (fiktiv) und zum 1.7.2003 abzuändern, der Bescheid vom 8.3.2004 ist aufzuheben.

Die Ansprüche der Klägerin auf Rente aus der SV und aus dem zusätzlichen Versor-gungssystem, dem sie in der DDR angehörte, sowie auf Zusatzrente, sind in der Höhe zu berücksichtigen und an die Lohn- und Einkommensentwicklung anzupassen, in der sie sie in der DDR rechtmäßig erworben hat. Ihr sind der Zahlbetragsschutz des EV so-wie ein angemessener Eigentums-, realer Bestands- und dauerhafter Vertrauensschutz auch durch eine dem § 307b SGB VI i.d.F. des 2. AAÜG-ÄndG entsprechende Ver-gleichsberechnung zu gewähren. Im Einzelnen gilt folgendes:

2.1.1 Die Beklagte hat die Ansprüche der Klägerin auf Rente aus der SV und auf zu-sätzliche Rente aus dem Versorgungssystem in Übereinstimmung mit dem Zahlbetrags-schutz des Einigungsvertrages, gemäß Gesetz zum 31.12.91 erhöht um 6,84 % und ab 1.7.90 (zunächst fiktiv) angepasst wie die Löhne und Einkommen im Beitrittsgebiet, zu berücksichtigen und ab Rentenbeginn nach den gleichen Konditionen zu gewähren, wie sie vom EV für Bestandsrentner vorgesehen sind und vom BVerfG (BVerfGE 100, 1ff.) bestätigt und nicht der Systementscheidung des RÜG unterworfen worden sind.

2.1.2. Eine Vergleichsberechnung hat ausgehend vom Einkommen der letzten 20 Tätig-keitsjahre in der DDR nach den Vorgaben des BVerfG wie für Bestandsrentner von dem Gesamteinkommen der Klägerin und ihrer Versichertenzeit gemäß § 307b SGB VI i.d.F. des 2. AAÜG-ÄndG zu erfolgen.

2.1.3. Die Versichertenrente nach dem SGB VI ist im Rahmen der allgemeinen Bei-tragsbemessungsgrenze (§ 260 SGB VI) und nicht abgesenkt nach dem besonderen Al-terssicherungsrecht Ost auf die verfassungswidrig abgesenkte besondere Beitragsbe-messungsgrenze Ost (§§ 228a und 256 a SGB VI) zu berechnen, und die Zusatzrenten-ansprüche der Klägerin aus dem Versorgungssystem sind anzuerkennen, die ihr in der DDR per Gesetz und Versicherungsvertrag ausdrücklich dauerhaft zum Erhalt des im Berufsleben erworbenen Lebensniveaus zugesichert wurden; die Versichertenrente ist mit diesen unter Eigentumsschutz stehenden zusätzlichen Ansprüchen zu einer lebens-standardwahrenden Vollversorgung aufzustocken.

2.1.4. Für die Anspruchserwerbs- bzw. Versicherungszeit, die die Klägerin in der Bun-desrepublik Deutschland bis zum Rentenbeginn zurückgelegt hat, ist die Rente geson-dert zu berechnen und ergänzend zu dem bestandsgeschützten Alterseinkommen, das als Eigentum aus der DDR mitgebracht wurde, zu zahlen.

2.1.5. Die Anpassungen der Rente und die Rentenangleichungen Ost an West haben zum 1.7.2000, zum 1.7.2001, zum 1.7.2002 und zum 1.7.2003 nach den verbindlichen Vorgaben des EV und des GG zu erfolgen, wobei zu berücksichtigen ist, dass der An-spruch auf die "Anpassung Ost" nach dem Leiturteil des BVerfG vom 28.04.1999 unter Eigentumsschutz steht (BVerfGE 100, 1 (44, 54)) und der Bescheid vom 08.03.2004 ist aufzuheben.

2.2. Die sich aus den unterschiedlichen Berechnungsarten des Alterseinkommens erge- benden Resultate sind zu vergleichen und der höchste Betrag ist als Rente zu leisten.

3. hilfsweise, die Revision zuzulassen und

4. regt weiter hilfsweise an, einen Beschluss gemäß Art. 100 GG zu fassen und dem BVerfG die Fragen zur Entscheidung vorzulegen,

ob das mit dem Rentenüberleitungsgesetz geschaffene für die Klägerin lebens-lang wirkende Sonderrecht Ost auf dem Gebiet der Alterssicherung einschließ-lich des Gebiets des Pflichtversichertenrentenrechts und ob die abweichend von § 260 SGB VI mit §§ 228a und 256a SGB VI durch das RÜG geschaffene be-sondere Beitragsbemessungsgrenze Ost für die Bürger, die in der DDR pflicht-versichert waren, zulässig sind,

ob in einen rechtmäßig in der DDR abgeschlossenen Versicherungsvertrag bzw. in einen arbeitsrechtlichen bzw. Einzelvertrag, der ausdrücklich eine Vollver-sorgung zusicherte, durch den Gesetzgeber oder auf andere Weise im Zusam-menhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands eingegriffen, das damit erworbene Eigentum enteignet und der jeweils weiter geltende Vertrag als nich-tig behandelt werden darf,

ob die Gewährung der Zahlbetragsgarantie auf die Rentenzugänge bis zum 30. Juni 1995, der Vergleichsberechnung gemäß § 307b SGB VI i.d.F. des 2. AAÜG-ÄndG auf die Zugänge bis zum 31.12.1991 (Bestandsrentner) und der Dynamisierung des garantierten Zahlbetrags auf die Zugänge ab 1. Januar 1992 zulässig ist und

ob die Verlagerung von Beiträgen der Pflegeversicherung allein auf die Arbeit-nehmer beliebig erfolgen darf

und ob diese Maßnahmen mit dem GG und der EMRK übereinstimmen oder ob diese Regelungen und Verfahrensweisen des Eigentumsschutz (Art. 14 GG), den Gleichheits-satz (Art. 3 GG) und das Gebot der schrittweisen Angleichung der Einkommens- und Lebensverhältnisse Ost an West (Art. 72 GG) verletzen.

und beantragt für den Fall, dass der Senat ihren Anträgen zur Sache nicht folgen will, das Verfahren zum Ruhen zu bringen oder auszusetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von der Beklagten vor-gelegte Einheitsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Trotz Abwesenheit der Klägerin in der mündlichen Verhandlung kann der Senat in der Sache entscheiden. Darauf ist ihr Prozessbevollmächtigter in der Terminsmitteilung hingewiesen wor-den.

Die auf Festsetzung eines höheren Rentenwertes gerichtete Berufung ist zulässig, hat aber kei-nen Erfolg. Mit Recht hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit die Klägerin sich gegen die Rentenfestsetzung in den Bescheiden vom 7. Februar 2003 und 27. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2003 wendet. Die von der Klägerin in der DDR zurückgelegten Versicherungszeiten hat die Beklagte bei der Renten-berechnung als Beitragszeiten und als Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbil-dung, wegen Schwangerschaft, wegen Krankheit sowie für Arbeitsausfalltage berücksichtigt. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass eine andere Art der Berücksichtigung erfolgt.

Für die von der Klägerin während der vom Versorgungsträger festgestellten Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogi-schen und medizinischen Einrichtungen (Zusatzversorgungssystem nach Nr. 4 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz [AAÜG]) vom 1. September 1961 bis 30. Juni 1990 zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten bestimmt § 259 b SGB VI, dass bei der Er-mittlung der Entgeltpunkte der Verdienst nach dem AAÜG zugrunde gelegt wird. Die Vor-schrift knüpft an § 256 a Abs. 1 SGB VI an, wonach für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 Entgeltpunkte ermittelt werden, indem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Die Beklagte hat den in den Entgeltbescheiden des Versor-gungsträgers ausgewiesen Verdienst, der schon mit den Werten der Anlage 10 hochgerechnet worden ist, bis zur Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt, deren Verbindlichkeit sich aus § 6 Abs. 1 AAÜG iVm Anlage 3 zum AAÜG ergibt. Eine andere Art der Rentenberechnung oder Berücksichtigung von Versicherungszeiten ist im Gesetz nicht vorgesehen.

Die Klägerin unterfällt insbesondere nicht der Vorschrift des § 307 b Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VI, wonach für die Zeit vom 1. Januar 1992 an zusätzlich eine Vergleichsrente zu ermitteln und die höhere der beiden Renten zu leisten ist. Denn das würde voraussetzen, dass die Kläge-rin bereits am 1. Januar 1992 Anspruch auf eine nach dem AAÜG überführte Rente hatte, was aber angesichts des Rentenbeginns zum 1. Februar 2003 nicht der Fall ist. Auch die Stichtage für die Gewährung eines besitzgeschützten Zahlbetrages nach Anlage II Kapitel VIII Sachge-biet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe b Satz 5 des Einigungsvertrages oder nach § 4 Abs. 4 AAÜG sind nicht gewahrt. Denn diese setzen einen Rentenbeginn bis zum 30. Juni 1995 vor-aus.

Die geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin vermag der Senat nicht zu teilen. Der Umstand, dass Versicherte wie die Klägerin, die höhere Arbeitsentgelte erzielt haben, keinen höheren Rentenanspruch erwerben als Versicherte, deren Arbeitsentgelte gerade die in der Anlage 3 zum AAÜG genannten Werte erreichten, verletzt weder das aus Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) folgende Gleichbehandlungsgebot, noch den in Art. 14 GG verankerten Eigentumsschutz oder andere Grundrechte. Sie ist Ausdruck und Folge der verfas-sungsrechtlich zulässigen Überführung von in der DDR erworbenen Ansprüchen und Anwart-schaften aus Zusatz- bzw. Sonderversorgungssystemen in die (allgemeine) gesetzliche Renten-versicherung "und könnte nicht entfallen, ohne dass das Rentensystem gesprengt würde" (BVerfG, Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 –, BVerfGE 100, 1 [41]; vgl. auch Beschluss vom 6. August 2002 – 1 BvR 586/98 – sowie BSG, Urteile vom 9. No-vember 1999 – B 4 RA 2/99 R – und vom 16. November 2000 – B 4 RA 72/00 R –, SozR 3-2600 § 256a Nr. 5 bzw. 8). Das BVerfG beschränkt den Eigentumsschutz für die Inhaber rente-rechtlicher Ansprüche und Anwartschaften, die in der DDR begründet wurden, auf die durch den Einigungsvertrag vorgenommene Ausgestaltung der Ansprüche (Beschluss vom 11. Mai 2005 – 1 BvR 368/97, 1 BvR 1304/98, 1 BvR 2300/98, 1 BvR 2144/00 - = BVerfGE 112, 368, 396). Bereits in Anlage II zum Einigungsvertrag, Kap. VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 b) findet sich aber die Festschreibung des Ziels, die erworbenen Ansprüche aus Sonder- und Zu-satzversorgungsystemen in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen, was die Anwen-dung der Beitragsbemessungsgrenze beinhaltet (BVerfG, Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 –, BVerfGE 100, 1, 40).

Es ist auch nicht verfassungsrechtlich bedenklich, dass die Zahlbetragsgarantie nur bis zu ei-nem Stichtag gilt (BVerfG, Urteil vom 28. April 1999 – 1 BvL 32/95, 1 BvR 2105/95 –, BVerfGE 100, 1, 46). Die Rechtfertigung der Stichtagsregelung liegt in der Annahme, dass diejenigen Inhaber von Anwartschaften auf Zusatzversorgung, bei denen der Versicherungsfall nicht zeitnah zur Wiedervereinigung eintrat, noch die Möglichkeit hatten, eine weitere Alters-versorgung aufzubauen. Gerade im Fall der Klägerin, die bis zum Erreichen der Regelalters-grenze 12 Jahre ruhegehaltsfähige Dienstzeiten zurückgelegt und Ansprüche auf Versorgung nach den Grundsätzen des Beamtenrecht erworben hat, zeigt sich, dass diese Annahme berech-tigt war.

Mit Recht hat das Sozialgericht auch die Klage abgewiesen, soweit (fiktive) Rentenanpassun-gen zum 1. Juli 2000, 1. Juli 2001 und 1. Juli 2002 angegriffen worden sind. Die dagegen ge-richtete Klage ist unzulässig gewesen, weil es keine entsprechenden Bescheide gibt. Die Kläge-rin, deren Rente im Februar 2003 beginnt, kann solche Rentenanpassungsmitteilungen nicht erhalten haben. Die Rentenanpassungsmitteilung zum 1. Juli 2003 ist nicht Klagegegenstand geworden. Sie hätte nur im Wege der Klageerweiterung gemäß § 99 SGG Gegenstand des Rechtsstreits geworden sein können, da die Klägerin sie erstmals mit Schriftsatz vom 26. Ok-tober 2003 angegriffen hat. Die Beklagte hat aber weder eingewilligt, noch ist die Änderung als sachdienlich anzusehen. Auch insoweit ist die Klage schon vor dem Sozialgericht unzulässig gewesen.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Soweit erstmals im Berufungsverfahren im Wege der gewillkürten Klageänderung gegen den Bescheid vom 8. März 2004 vorgegangen wird, ist die Klage unzulässig. Der Bescheid regelt den Wegfall des der Klägerin bisher gewährten Zuschusses zu ihren Aufwendungen für die Pflegeversicherung. Er ersetzt nicht die von der Klägerin ursprünglich allein angegriffene Ren-tenwertfestsetzung und ist demnach nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits gewor-den. Das Landessozialgericht ist nicht befugt, erstinstanzlich zu entscheiden (BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – B 4 RA 113/00 R –).

Zu der von der Klägerin geforderten Erhebung von Beweisen besteht keine Veranlassung, da diese für die vom Senat zu treffende Entscheidung unerheblich sind.

Die Voraussetzungen für die Anordnung des Ruhens des Verfahrens oder dessen Aussetzung sind nicht erfüllt.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG unter Berücksichtigung des Ergebnisses in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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