Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 88 KR 671/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 763/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2001 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Vergütung für eine Krankenhausbehandlung.
Der bei der beklagten Krankenkasse krankenversicherte Günter H. (im Folgenden: der Versicherte) befand sich vom 8. Dezember 1999 bis zum 15. Dezember 1999 im Wesentlichen wegen einer koronaren Gefäßerkrankung in stationärer Behandlung im Deutschen Herzzentrum Berlin, dessen Trägerin die Beigeladene ist. Hier erfolgte am 10. Dezember 1999 eine operative Beipassversorgung unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine und unter Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials. Am 15. Dezember 1999 wurde der Versicherte zur Weiterbehandlung in das Paulinen-Krankenhaus verlegt, dessen Träger der Kläger ist. Der den Versicherten dort behandelnde Arzt vermerkte an diesem Tag in dessen Krankenakte, dass der Patient kreislaufstabil, mobil und beschwerdefrei sei. Am 23. Dezember 1999 wurde der Versicherte zur ambulanten Weiterbehandlung entlassen.
Der Kläger stellte der Beklagten mit Schreiben vom 29. Dezember 1999 die Fallpauschale 9.022 (B-Pauschale) des Fallpauschalen-Kataloges der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) für die Weiterbehandlung des Versicherten in der Zeit vom 15. Dezember 1999 bis zum 23. Dezember 1999, in Höhe von 4.735,73 DM in Rechnung. Als Datum der Wundheilung gab er in diesem Schreiben den 15. Dezember 1999 an.
Die Beklagte lehnte es ab, diese Rechnung auszugleichen. Zur Begründung führte sie aus, dass sie für die vom Deutschen Herzzentrum Berlin durchgeführte Herzoperation die Fallpauschale 9.021 (A-Pauschale) gezahlt habe. Mit dieser Pauschale habe sie die Kosten aller für ihren Versicherten erbrachten Leistungen bis zum Abschluss der Wundheilung übernommen. Von einem Abschluss der Wundheilung könne aber frühestens ab dem zehnten postoperativen Tag, also mithin erst ab dem 20. Dezember 1999, ausgegangen werden. Der Anspruch auf die Vergütung der Fallpauschale 9.022 für die Weiterbehandlung im Anschluss an eine Herzoperation setze eine Mindestverweildauer von sieben Tagen voraus. Diese Leistungen habe die Klägerin daher nicht erbracht. Demzufolge seien ab dem 20. Dezember 1999 nur tagesgleiche Pflegesätze be-rechenbar. Die Rechnung kürze sie somit auf 1.375,59 DM.
Nach einer fruchtlosen Zahlungsaufforderung mit Schreiben vom 17. Januar 2000 hat der Kläger die Beklagte vor dem Sozialgericht Berlin mit dem Ziel der Zahlung der ungekürzten B-Pauschale nebst Zinsen verklagt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die Beklagte zu Unrecht davon ausgehe, dass die Wundheilung erst ab dem zehnten Tag nach der Operation abgeschlossen sein könne. Es müsse insoweit immer auf den individuellen Fall abgestellt werden. Hierzu hätten der ärztliche Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin, Herr Prof. Dr. Roland Hetzer, und die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) be-stimmte Kriterien formuliert, nach denen bei dem Versicherten am 15. Dezember 1999 ärztlicherseits der Abschluss der Wundheilung festgestellt worden sei. Ihm stehe danach zu Recht die in Rechnung gestellte B-Pauschale und diese auch in ungekürzter Höhe zu, weil die Beklagte selbst den anerkannten Teilbetrag nicht gezahlt habe.
Das Sozialgericht Berlin hat zur Aufklärung des Sachverhaltes die Patientenakte des Versicherten beigezogen und eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. vom 22. Januar 2001 sowie eine des mit der Behandlung des Versicherten betrauten Stationsarztes Dr. med. A. Buchholz vom 9. März 2001 eingeholt.
Mit Urteil vom 27. Juli 2001 hat das Sozialgericht Berlin sodann die Beklagte verurteilt, dem Kläger 1.375,59 DM nebst 2 v. H. Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. Januar 2000 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der in Rechnung gestellten Fallpauschale 9.022 habe, weil der Abschluss der Wundheilung nicht zweifelsfrei nachgewiesen sei. Maßgebend für die Abgrenzung der A-Pauschale von der B-Pauschale sei der Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung. Ausgangspunkt für die Auslegung dieses vom Ver-ordnungsgeber gewählten Begriffes sei der beispielhaft gewählte Zeitpunkt der Entfernung von Fäden/Klammern. Hiermit habe der Verordnungsgeber verdeutlicht, dass er zur Abgrenzung der jeweiligen Fallpauschalen auf den Zeitpunkt der äußeren Wundheilung im Sinne eines Be-handlungsergebnisses abstelle, in dem üblicherweise die Fäden oder Klammern entfernt würden. Werde resorbierbares Nahtmaterial verwandt, wie im Fall des Versicherten, sei hypothetisch auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem Fäden hätten entfernt werden können, wenn nichtresorbierbares Nahtmaterial verwandt worden wäre. Die von dem Kläger herangezogenen Ab-grenzungskriterien der DGTHG oder die von dem ärztlichen Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin entwickelten Kriterien zur Feststellung des Abschlusses der Wundheilung seien hingegen keine geeigneten Kriterien. Mangels genauerer Beschreibung des Wundzustandes des Versicherten zum Zeitpunkt seiner Verlegung in das Krankenhaus der Klägerin könne eine Feststellung des Abschlusses der Wundheilung nicht getroffen werden. Die unzureichende Erfüllung der dem Kläger obliegenden Dokumentationspflicht gehe zu seinen Lasten. Weiter sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte "den Eintritt in die B-Pauschale am zehnten postoperativen Tag anerkannt" habe. Wegen des "Nichterreichens der Mindestaufenthaltsdauer von sieben Belegungstagen" habe der Kläger allerdings einen Anspruch auf Abrechnung nach tagesgleichen Pflegesätzen und einen entsprechenden Zinsanspruch.
Gegen das ihm am 24. August 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. September 2001 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen verweist. Ergänzend trägt er vor, dass das Sozialgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die Verweildauer für die A-Pauschale mindestens zehn Tage betrage. Die BPflV setze eine solche Mindestverweildauer für die Abrechenbarkeit der streitbefangenen B-Pauschale nicht voraus. Dies zeige, dass individuell zu prüfen sei, wann mit den Behandlungen der B-Pauschale begonnen werden könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die stationäre Behandlung des Versicherten G H weitere 1.718,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 v. H. über dem jeweiligen Basis-zinssatz seit dem 13. Januar 2000 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
die sie für unbegründet hält.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Berichterstatter hat in dem Erörterungstermin vom 19. August 2005 den Arzt des Paulinenkrankenhauses, der den Versicherten in dem maßgeblichen Zeitraum behandelt hat, über den Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung bei dem Versicherten als Zeugen vernommen. Wegen der Einzelheiten dieser Vernehmung wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 19. August 2005 und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Ge-richtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten und die von dem Kläger eingereichte Krankengeschichte des Versicherten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der vollständigen B-Pauschale für die Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 15. bis zum 23. Dezember 1999.
Grundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs sind die nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und der BPflV getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. Nach § 16 Satz 1 Nr. 1 KHG in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Juni 1997 (BGBl. I S 1520) erlässt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats Vorschriften über die Krankenhauspflegesätze, die grundsätzlich die Vergütung nach der Anzahl der Behandlungstage bemessen und für alle Benutzer einheitlich zu berechnen sind (§ 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 KHG). Nach § 17 Abs. 2a Satz 3 KHG sollten die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft erstmals für den Pflegezeitraum 1998 und bis zur Einführung des Vergütungssystems nach § 17b KHG Entgeltkataloge und deren Weiterentwicklung vereinbaren. Die Entgeltkataloge sind für diejenigen Krankenhausträger unmittelbar verbindlich, die Mitglieder einer Landeskrankenhausgesellschaft sind; andernfalls sind die Entgeltkataloge der Pflegesatzvereinbarung zu Grunde zu legen (Satz 6). Die in der Rechtsverordnung bestimmten Fallpauschalen und Sonderentgelte galten ab 1. Januar 1998 als vertraglich vereinbart (Satz 7). Mit den Fallpauschalen werden die gesamten Leistungen des Krankenhauses für einen bestimmten Behandlungsfall vergütet (Satz 10). Zur Vergütung der Leistungen des Kranken-hauses, die nicht durch Fallpauschalen oder Sonderentgelte vergütet werden, sind Abteilungspflegesätze als Entgelt für ärztliche und pflegerische Leistungen und ein für das Krankenhaus einheitlicher Basispflegesatz als Entgelt für nicht durch ärztliche und pflegerische Tätigkeit veranlasste Leistungen vorzusehen (Satz 12).
Die aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung erlassene BPflV hat die gesetzlichen Vorgaben unter teilweiser Wiederholung präzisiert. Der als Anlage zur BPflV bekannt gemachte "Bun-desweite Fallpauschalen-Katalog für Krankenhäuser" in der hier maßgeblichen Fassung der 5. Änderungsverordnung (ÄndVO) zur BPflV vom 9. Dezember 1997, Anhang 1, Anlage 1.1, zu § 11 Abs. 1 BPflV enthält zu den Fallpauschalen 9.021 und 9.022 "Koronare Herzkrank-heit", folgende Leistungsbeschreibungen:
"Nr. 9.021 Herzoperation (Koronarchirurgie) unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine unter Verwendung autologer arterieller Grafts kombiniert mit aortokoronarem Venen-Bypass oder sonstiger Arterie, ggf. kombiniert mit TEA, ab Aufnahme/Verlegung in die Herzchirurgie; Versorgung bis Abschluss Wundheilung (z.B. Entfernung von Fäden/Klammern), mindestens jedoch bis Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen" (A-Pauschale), "Nr. 9.022 Weiterbehandlung im Anschluss an Fallpauschale 9.021 bis zum Erreichen der Re-habilitationsfähigkeit; Mindestaufenthalt sieben Belegungstage" (B-Pauschale).
Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits entschieden, dass Fallpauschalen- und Sonderent-geltkataloge streng nach ihrem Wortlaut anzuwenden sind (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001, Az.: B 3 KR 1/01 R, SozR 3-5565 § 14 Nr. 2). Denn eine Vergütungsregelung, die für eine routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein strikt nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Sofern es sich in der Praxis erweist, dass es bei der wortgetreuen Ausle-gung zu Ungereimtheiten kommt, ist es Aufgabe der Vertragspartner, die nunmehr dafür zuständig sind, dies durch Weiterentwicklung der Fallpauschalen- bzw. Sonderentgeltkataloge und der Abrechnungsbestimmungen zu beheben (§ 15 Abs. 1 Satz 1 N. 1 BPflV). Kommt es dabei zu keiner Einigung, ist zunächst die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6 KHG anzurufen (§ 15 Abs. 4 BPflV), bevor sich die Gerichte mit Fragen der Angemessenheit von Vergütungen befassen können. Dabei sind die Entscheidungen der Schiedsstelle nur beschränkt überprüfbar (vgl. BSGE 20, 73, 76 ff. = SozR Nr. 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr. 1). Dies entspricht auch der Zurückhaltung der Rechtsprechung bei der Auslegung von Abrechnungsbestimmungen im vertragsärztlichen Bereich (vgl. BSG SozR 3-5533 N. 7103 Nr. 1). Die Abrechenbarkeit der Fallpauschalen 9.021 und 9.022 und ihre jeweilige Reichweite bestimmen sich demgemäß streng nach dem im Fallpauschalenkatalog niedergelegten Wortlaut. Für vom Wortlaut abweichende medizinische Bewertungen ist kein Raum. (BSG, Urteil vom 26. März 2003, Az.: B 3 KR 25/02 R, SozR 4-5565 § 14 Nr. 2).
Entscheidend ist deshalb, ob der Versicherte - entsprechend der Textdefinition der streitigen B-Pauschale 9.022 – "im Anschluss" an die durch die A-Pauschale 9.021 erfasste Behandlung bis zum Erreichen der Rehabilitationsfähigkeit weiterbehandelt wurde und ob mit dieser Weiterbe-handlung ein Mindestaufenthalt von sieben Belegungstagen verbunden war. Die Textdefinition der Pauschale Nr. 9.022 setzt damit einen Beendigungstatbestand der Fallpauschale 9.021 vor-aus. Ein Beendigungstatbestand der A-Pauschale 9.021 ist nach dem Wortlaut der Fallpauscha-lendefinition dann gegeben, wenn der Patient nach einer Herzoperation "bis zum Abschluss der Wundheilung (z.B. Entfernung von Fäden/Klammern), mindestens jedoch bis zum Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen", versorgt wurde. Die A-Pauschale 9.021 reicht nach ihrer Definition also bis zu dem Tage, an dem die Wundheilung abgeschlossen und, falls eine indikationsspezifische Komplikation aufgetreten war, diese wieder beseitigt ist (BSG, Urteil vom 24. September 2003, Az.: B 8 Kn 3/02 KR R, SozR 4-5565 § 14 Nr. 5).
Der Leistungsbeschreibung der Fallpauschale 9.021 ist zu entnehmen, dass die Entfernung von Fäden bzw. Klammern das wesentliche Kriterium für die Festlegung des Zeitpunkts des Ab-schlusses der Wundheilung sein soll (vgl. auch Urteil des BSG vom 26. April 2001, Az.: B 3 KR 16/00 R, SozR. 3-5565 § 14 Nr. 1 zu den Fallpauschalen 17.071 und 17.061, die ebenfalls an den "Abschluss der Wundheilung – z ... Entfernung von Fäden/Klammern" anknüpfen). Bei der Wundheilung geht es um einen über einen längeren Zeitraum verlaufenden Prozess. Inner-halb dieses Prozesses bedurfte es eines äußerlich klar erkennbaren und damit leicht festzustellenden Merkmals, um die A- und B-Pauschale voneinander abzugrenzen. Deshalb ist davon auszugehen, dass mit der ausdrücklichen Nennung der Fäden- bzw. Klammerentfernung in der Leistungsbeschreibung dieses markante Ereignis innerhalb des Prozesses der Wundheilung der verbindliche Zeitpunkt für die Abgrenzung sein sollte. Außerdem ist in der Leistungsbeschreibung nicht nur von "Wundheilung", "Beginn der Wundheilung", "Eintritt der Wundheilung" oder von "äußerer" bzw. "primärer" Wundheilung die Rede, sondern es wird ausdrücklich der "Abschluss der Wundheilung" verlangt. Dieser ist nach der Klammererläuterung des Verord-nungsgebers erst dann erreicht, wenn der Prozess der Wundheilung so weit fortgeschritten und stabilisiert ist, dass der natürliche Vorgang des Schließens einer Körperwunde nicht länger mit "künstlichen" Mitteln unterstützt werden muss (BSG, Urteil vom 24. September 2003, a. a. O.).
Im vorliegenden Fall ist allerdings die Besonderheit zu berücksichtigen, dass zum Schließen der Operationswunde des Versicherten kein nichtresorbierbares, sondern resorbierbares Nahtmaterial verwandt worden ist. Allein der Umstand, dass bei Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials ein klar erkennbares und damit leicht festzustellendes Merkmal wie das Ziehen von Fäden oder das Entfernen von Klammern nicht zu Tage tritt, rechtfertigt jedoch nicht, den Zeitpunkt des "Abschlusses der Wundheilung" nach anderen Maßstäben zu bestimmen. Denn der in der Textdefinition enthaltene Klammerzusatz führt nur beispielhaft das Entfernen von Fäden oder Klammern als wesentliche Kriterien zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes auf. Grundsätzlich ist die Dauer der Wundheilung nicht davon abhängig, ob die Wunde mit Fäden genäht wird, die entfernt werden müssen, geklammert wird oder mit resorbierbarem Nahtmaterial versorgt wird. Es ist deshalb nicht sachgerecht - bei identischem Heilungsverlauf, gleich bleibenden Kalkulationsgrundlagen hinsichtlich des Personal- und Sachaufwandes und deshalb gleich bleibender Höhe der A-Pauschale - bei Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials den Abschluss der Wundheilung im Ergebnis um mehrere Tage vorzuverlegen. Letztlich gibt es auch bei Verwendung nicht resorbierbaren Nahtmaterials - außer dem äußeren Aspekt der Wunde - keinen stichhaltigen Beleg für den Abschluss der Wundheilung. Die Fäden werden dann entfernt, wenn nach ärztlichem Erfahrungswissen vermutet wird, dass die Wundheilung bereits so weit fortgeschritten ist, dass es verantwortet werden kann, die Fäden zu ziehen. Bei der Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials ist deshalb der Abschluss der Wundheilung individuell auf den Tag zu legen, an dem ein verantwortungsvoller Arzt nach seinem Erfah-rungswissen über den Wundheilungsverlauf, den Beschwerdeangaben des Patienten und dem äußeren Zustand der Wunde unter Einschluss der notwendigen Sicherheitsmargen, die bei der Verwendung resorbierbaren Materials möglicherweise entfallen, die Fäden gezogen hätte (BSG, Urteil vom 24. September 2003, a. a. O.).
An diesen Kriterien gemessen hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 3.360,14 DM (1.718,01 EUR) für die Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 15. bis zum 23. Dezember 1999, weil eine patientenbezogene und taggenaue Feststellung des Beendigungstatbestan-des der Fallpauschale 9.021 durch den behandelnden Arzt als Voraussetzung für die Abrechnung der Fallpauschale 9.022 nicht erfolgt ist. Zur Bestimmung des Zeitpunktes des "Abschlusses der Wundheilung" können weder die von dem ärztlichen Direktor der Beigeladenen entwickelten Grundsätze herangezogen noch auf die Kriterien der DGTHG für die Abgrenzung der Fallpauschalen abgestellt werden (BSG, Urteil vom 24. September 2003, a. a. O.).
In der Krankengeschichte des Versicherten fehlt eine entsprechende Feststellung des genauen Zeitpunktes des Abschlusses der Wundheilung. Der den Versicherten behandelnde Stationsarzt des Klägers, der Zeuge Dr. med. Alexander Buchholz, hat in seiner Vernehmung durch den Berichterstatter in dem Erörterungstermin vom 19. August 2005 ausgesagt, dass er sich an den Versicherten nicht mehr erinnern könne und somit auch nicht mehr wisse, ob in seinem Falle resorbierbares oder nichtresorbierbares Nahtmaterial verwandt worden sei. Bei Verwendung von resorbierbarem Nahtmaterial habe er aber den Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung regelmäßig durch Sehen und Fühlen geprüft. Danach sei die Wundheilung abgeschlossen gewesen, wenn die Wunde nicht mehr entzündet, die Wunde geschlossen war und kein Sekret mehr abgegeben habe. Das Kriterium "Fäden ziehen" habe er bei der Bestimmung des Zeit-punktes des "Abschlusses der Wundheilung" nicht zugrunde gelegt. Der Zeuge hat zudem ausgesagt, dass er sich zur Vorbereitung des Termins den Entlassungsbericht des Versicherten angeschaut habe. "Vom Gefühl her" meine er, so seine Aussage, dass am 15. Dezember 1999 Fäden noch nicht gezogen worden wären, wenn nichtresorbierbares Nahtmaterial verwandt worden wäre. Aufgrund dieser Sachlage lässt sich im Fall des Versicherten der Zeitpunkt des "Abschlusses der Wundheilung" im Sinne der streitbefangenen Fallpauschale nicht nachweisen. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast, nach dem im Rahmen des anzuwenden-den Rechts jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 103 RdNr. 19 a), geht die Nichtbeweisbarkeit der anspruchsbegründenden Tatsache "Abschluss der Wundheilung" daher zu Lasten des Klägers. Denn er macht einen Anspruch geltend, für den der Abschluss der Wundheilung am 15. Dezember 1999 tatbestandliche Voraussetzung ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des 6. SGG Änderungsgesetzes am 2. Januar 2002 maßgeblichen Fassung (Urteil des BSG vom 31. Januar 2002, AZ: B 6 KR 20/01 R).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Vergütung für eine Krankenhausbehandlung.
Der bei der beklagten Krankenkasse krankenversicherte Günter H. (im Folgenden: der Versicherte) befand sich vom 8. Dezember 1999 bis zum 15. Dezember 1999 im Wesentlichen wegen einer koronaren Gefäßerkrankung in stationärer Behandlung im Deutschen Herzzentrum Berlin, dessen Trägerin die Beigeladene ist. Hier erfolgte am 10. Dezember 1999 eine operative Beipassversorgung unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine und unter Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials. Am 15. Dezember 1999 wurde der Versicherte zur Weiterbehandlung in das Paulinen-Krankenhaus verlegt, dessen Träger der Kläger ist. Der den Versicherten dort behandelnde Arzt vermerkte an diesem Tag in dessen Krankenakte, dass der Patient kreislaufstabil, mobil und beschwerdefrei sei. Am 23. Dezember 1999 wurde der Versicherte zur ambulanten Weiterbehandlung entlassen.
Der Kläger stellte der Beklagten mit Schreiben vom 29. Dezember 1999 die Fallpauschale 9.022 (B-Pauschale) des Fallpauschalen-Kataloges der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) für die Weiterbehandlung des Versicherten in der Zeit vom 15. Dezember 1999 bis zum 23. Dezember 1999, in Höhe von 4.735,73 DM in Rechnung. Als Datum der Wundheilung gab er in diesem Schreiben den 15. Dezember 1999 an.
Die Beklagte lehnte es ab, diese Rechnung auszugleichen. Zur Begründung führte sie aus, dass sie für die vom Deutschen Herzzentrum Berlin durchgeführte Herzoperation die Fallpauschale 9.021 (A-Pauschale) gezahlt habe. Mit dieser Pauschale habe sie die Kosten aller für ihren Versicherten erbrachten Leistungen bis zum Abschluss der Wundheilung übernommen. Von einem Abschluss der Wundheilung könne aber frühestens ab dem zehnten postoperativen Tag, also mithin erst ab dem 20. Dezember 1999, ausgegangen werden. Der Anspruch auf die Vergütung der Fallpauschale 9.022 für die Weiterbehandlung im Anschluss an eine Herzoperation setze eine Mindestverweildauer von sieben Tagen voraus. Diese Leistungen habe die Klägerin daher nicht erbracht. Demzufolge seien ab dem 20. Dezember 1999 nur tagesgleiche Pflegesätze be-rechenbar. Die Rechnung kürze sie somit auf 1.375,59 DM.
Nach einer fruchtlosen Zahlungsaufforderung mit Schreiben vom 17. Januar 2000 hat der Kläger die Beklagte vor dem Sozialgericht Berlin mit dem Ziel der Zahlung der ungekürzten B-Pauschale nebst Zinsen verklagt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die Beklagte zu Unrecht davon ausgehe, dass die Wundheilung erst ab dem zehnten Tag nach der Operation abgeschlossen sein könne. Es müsse insoweit immer auf den individuellen Fall abgestellt werden. Hierzu hätten der ärztliche Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin, Herr Prof. Dr. Roland Hetzer, und die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) be-stimmte Kriterien formuliert, nach denen bei dem Versicherten am 15. Dezember 1999 ärztlicherseits der Abschluss der Wundheilung festgestellt worden sei. Ihm stehe danach zu Recht die in Rechnung gestellte B-Pauschale und diese auch in ungekürzter Höhe zu, weil die Beklagte selbst den anerkannten Teilbetrag nicht gezahlt habe.
Das Sozialgericht Berlin hat zur Aufklärung des Sachverhaltes die Patientenakte des Versicherten beigezogen und eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. vom 22. Januar 2001 sowie eine des mit der Behandlung des Versicherten betrauten Stationsarztes Dr. med. A. Buchholz vom 9. März 2001 eingeholt.
Mit Urteil vom 27. Juli 2001 hat das Sozialgericht Berlin sodann die Beklagte verurteilt, dem Kläger 1.375,59 DM nebst 2 v. H. Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. Januar 2000 zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der in Rechnung gestellten Fallpauschale 9.022 habe, weil der Abschluss der Wundheilung nicht zweifelsfrei nachgewiesen sei. Maßgebend für die Abgrenzung der A-Pauschale von der B-Pauschale sei der Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung. Ausgangspunkt für die Auslegung dieses vom Ver-ordnungsgeber gewählten Begriffes sei der beispielhaft gewählte Zeitpunkt der Entfernung von Fäden/Klammern. Hiermit habe der Verordnungsgeber verdeutlicht, dass er zur Abgrenzung der jeweiligen Fallpauschalen auf den Zeitpunkt der äußeren Wundheilung im Sinne eines Be-handlungsergebnisses abstelle, in dem üblicherweise die Fäden oder Klammern entfernt würden. Werde resorbierbares Nahtmaterial verwandt, wie im Fall des Versicherten, sei hypothetisch auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem Fäden hätten entfernt werden können, wenn nichtresorbierbares Nahtmaterial verwandt worden wäre. Die von dem Kläger herangezogenen Ab-grenzungskriterien der DGTHG oder die von dem ärztlichen Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin entwickelten Kriterien zur Feststellung des Abschlusses der Wundheilung seien hingegen keine geeigneten Kriterien. Mangels genauerer Beschreibung des Wundzustandes des Versicherten zum Zeitpunkt seiner Verlegung in das Krankenhaus der Klägerin könne eine Feststellung des Abschlusses der Wundheilung nicht getroffen werden. Die unzureichende Erfüllung der dem Kläger obliegenden Dokumentationspflicht gehe zu seinen Lasten. Weiter sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte "den Eintritt in die B-Pauschale am zehnten postoperativen Tag anerkannt" habe. Wegen des "Nichterreichens der Mindestaufenthaltsdauer von sieben Belegungstagen" habe der Kläger allerdings einen Anspruch auf Abrechnung nach tagesgleichen Pflegesätzen und einen entsprechenden Zinsanspruch.
Gegen das ihm am 24. August 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. September 2001 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen verweist. Ergänzend trägt er vor, dass das Sozialgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die Verweildauer für die A-Pauschale mindestens zehn Tage betrage. Die BPflV setze eine solche Mindestverweildauer für die Abrechenbarkeit der streitbefangenen B-Pauschale nicht voraus. Dies zeige, dass individuell zu prüfen sei, wann mit den Behandlungen der B-Pauschale begonnen werden könne.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juli 2001 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die stationäre Behandlung des Versicherten G H weitere 1.718,01 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 v. H. über dem jeweiligen Basis-zinssatz seit dem 13. Januar 2000 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
die sie für unbegründet hält.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Der Berichterstatter hat in dem Erörterungstermin vom 19. August 2005 den Arzt des Paulinenkrankenhauses, der den Versicherten in dem maßgeblichen Zeitraum behandelt hat, über den Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung bei dem Versicherten als Zeugen vernommen. Wegen der Einzelheiten dieser Vernehmung wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 19. August 2005 und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Ge-richtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten und die von dem Kläger eingereichte Krankengeschichte des Versicherten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der vollständigen B-Pauschale für die Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 15. bis zum 23. Dezember 1999.
Grundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs sind die nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und der BPflV getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. Nach § 16 Satz 1 Nr. 1 KHG in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Juni 1997 (BGBl. I S 1520) erlässt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats Vorschriften über die Krankenhauspflegesätze, die grundsätzlich die Vergütung nach der Anzahl der Behandlungstage bemessen und für alle Benutzer einheitlich zu berechnen sind (§ 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 KHG). Nach § 17 Abs. 2a Satz 3 KHG sollten die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft erstmals für den Pflegezeitraum 1998 und bis zur Einführung des Vergütungssystems nach § 17b KHG Entgeltkataloge und deren Weiterentwicklung vereinbaren. Die Entgeltkataloge sind für diejenigen Krankenhausträger unmittelbar verbindlich, die Mitglieder einer Landeskrankenhausgesellschaft sind; andernfalls sind die Entgeltkataloge der Pflegesatzvereinbarung zu Grunde zu legen (Satz 6). Die in der Rechtsverordnung bestimmten Fallpauschalen und Sonderentgelte galten ab 1. Januar 1998 als vertraglich vereinbart (Satz 7). Mit den Fallpauschalen werden die gesamten Leistungen des Krankenhauses für einen bestimmten Behandlungsfall vergütet (Satz 10). Zur Vergütung der Leistungen des Kranken-hauses, die nicht durch Fallpauschalen oder Sonderentgelte vergütet werden, sind Abteilungspflegesätze als Entgelt für ärztliche und pflegerische Leistungen und ein für das Krankenhaus einheitlicher Basispflegesatz als Entgelt für nicht durch ärztliche und pflegerische Tätigkeit veranlasste Leistungen vorzusehen (Satz 12).
Die aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung erlassene BPflV hat die gesetzlichen Vorgaben unter teilweiser Wiederholung präzisiert. Der als Anlage zur BPflV bekannt gemachte "Bun-desweite Fallpauschalen-Katalog für Krankenhäuser" in der hier maßgeblichen Fassung der 5. Änderungsverordnung (ÄndVO) zur BPflV vom 9. Dezember 1997, Anhang 1, Anlage 1.1, zu § 11 Abs. 1 BPflV enthält zu den Fallpauschalen 9.021 und 9.022 "Koronare Herzkrank-heit", folgende Leistungsbeschreibungen:
"Nr. 9.021 Herzoperation (Koronarchirurgie) unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine unter Verwendung autologer arterieller Grafts kombiniert mit aortokoronarem Venen-Bypass oder sonstiger Arterie, ggf. kombiniert mit TEA, ab Aufnahme/Verlegung in die Herzchirurgie; Versorgung bis Abschluss Wundheilung (z.B. Entfernung von Fäden/Klammern), mindestens jedoch bis Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen" (A-Pauschale), "Nr. 9.022 Weiterbehandlung im Anschluss an Fallpauschale 9.021 bis zum Erreichen der Re-habilitationsfähigkeit; Mindestaufenthalt sieben Belegungstage" (B-Pauschale).
Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits entschieden, dass Fallpauschalen- und Sonderent-geltkataloge streng nach ihrem Wortlaut anzuwenden sind (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001, Az.: B 3 KR 1/01 R, SozR 3-5565 § 14 Nr. 2). Denn eine Vergütungsregelung, die für eine routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein strikt nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Sofern es sich in der Praxis erweist, dass es bei der wortgetreuen Ausle-gung zu Ungereimtheiten kommt, ist es Aufgabe der Vertragspartner, die nunmehr dafür zuständig sind, dies durch Weiterentwicklung der Fallpauschalen- bzw. Sonderentgeltkataloge und der Abrechnungsbestimmungen zu beheben (§ 15 Abs. 1 Satz 1 N. 1 BPflV). Kommt es dabei zu keiner Einigung, ist zunächst die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6 KHG anzurufen (§ 15 Abs. 4 BPflV), bevor sich die Gerichte mit Fragen der Angemessenheit von Vergütungen befassen können. Dabei sind die Entscheidungen der Schiedsstelle nur beschränkt überprüfbar (vgl. BSGE 20, 73, 76 ff. = SozR Nr. 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr. 1). Dies entspricht auch der Zurückhaltung der Rechtsprechung bei der Auslegung von Abrechnungsbestimmungen im vertragsärztlichen Bereich (vgl. BSG SozR 3-5533 N. 7103 Nr. 1). Die Abrechenbarkeit der Fallpauschalen 9.021 und 9.022 und ihre jeweilige Reichweite bestimmen sich demgemäß streng nach dem im Fallpauschalenkatalog niedergelegten Wortlaut. Für vom Wortlaut abweichende medizinische Bewertungen ist kein Raum. (BSG, Urteil vom 26. März 2003, Az.: B 3 KR 25/02 R, SozR 4-5565 § 14 Nr. 2).
Entscheidend ist deshalb, ob der Versicherte - entsprechend der Textdefinition der streitigen B-Pauschale 9.022 – "im Anschluss" an die durch die A-Pauschale 9.021 erfasste Behandlung bis zum Erreichen der Rehabilitationsfähigkeit weiterbehandelt wurde und ob mit dieser Weiterbe-handlung ein Mindestaufenthalt von sieben Belegungstagen verbunden war. Die Textdefinition der Pauschale Nr. 9.022 setzt damit einen Beendigungstatbestand der Fallpauschale 9.021 vor-aus. Ein Beendigungstatbestand der A-Pauschale 9.021 ist nach dem Wortlaut der Fallpauscha-lendefinition dann gegeben, wenn der Patient nach einer Herzoperation "bis zum Abschluss der Wundheilung (z.B. Entfernung von Fäden/Klammern), mindestens jedoch bis zum Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen", versorgt wurde. Die A-Pauschale 9.021 reicht nach ihrer Definition also bis zu dem Tage, an dem die Wundheilung abgeschlossen und, falls eine indikationsspezifische Komplikation aufgetreten war, diese wieder beseitigt ist (BSG, Urteil vom 24. September 2003, Az.: B 8 Kn 3/02 KR R, SozR 4-5565 § 14 Nr. 5).
Der Leistungsbeschreibung der Fallpauschale 9.021 ist zu entnehmen, dass die Entfernung von Fäden bzw. Klammern das wesentliche Kriterium für die Festlegung des Zeitpunkts des Ab-schlusses der Wundheilung sein soll (vgl. auch Urteil des BSG vom 26. April 2001, Az.: B 3 KR 16/00 R, SozR. 3-5565 § 14 Nr. 1 zu den Fallpauschalen 17.071 und 17.061, die ebenfalls an den "Abschluss der Wundheilung – z ... Entfernung von Fäden/Klammern" anknüpfen). Bei der Wundheilung geht es um einen über einen längeren Zeitraum verlaufenden Prozess. Inner-halb dieses Prozesses bedurfte es eines äußerlich klar erkennbaren und damit leicht festzustellenden Merkmals, um die A- und B-Pauschale voneinander abzugrenzen. Deshalb ist davon auszugehen, dass mit der ausdrücklichen Nennung der Fäden- bzw. Klammerentfernung in der Leistungsbeschreibung dieses markante Ereignis innerhalb des Prozesses der Wundheilung der verbindliche Zeitpunkt für die Abgrenzung sein sollte. Außerdem ist in der Leistungsbeschreibung nicht nur von "Wundheilung", "Beginn der Wundheilung", "Eintritt der Wundheilung" oder von "äußerer" bzw. "primärer" Wundheilung die Rede, sondern es wird ausdrücklich der "Abschluss der Wundheilung" verlangt. Dieser ist nach der Klammererläuterung des Verord-nungsgebers erst dann erreicht, wenn der Prozess der Wundheilung so weit fortgeschritten und stabilisiert ist, dass der natürliche Vorgang des Schließens einer Körperwunde nicht länger mit "künstlichen" Mitteln unterstützt werden muss (BSG, Urteil vom 24. September 2003, a. a. O.).
Im vorliegenden Fall ist allerdings die Besonderheit zu berücksichtigen, dass zum Schließen der Operationswunde des Versicherten kein nichtresorbierbares, sondern resorbierbares Nahtmaterial verwandt worden ist. Allein der Umstand, dass bei Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials ein klar erkennbares und damit leicht festzustellendes Merkmal wie das Ziehen von Fäden oder das Entfernen von Klammern nicht zu Tage tritt, rechtfertigt jedoch nicht, den Zeitpunkt des "Abschlusses der Wundheilung" nach anderen Maßstäben zu bestimmen. Denn der in der Textdefinition enthaltene Klammerzusatz führt nur beispielhaft das Entfernen von Fäden oder Klammern als wesentliche Kriterien zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes auf. Grundsätzlich ist die Dauer der Wundheilung nicht davon abhängig, ob die Wunde mit Fäden genäht wird, die entfernt werden müssen, geklammert wird oder mit resorbierbarem Nahtmaterial versorgt wird. Es ist deshalb nicht sachgerecht - bei identischem Heilungsverlauf, gleich bleibenden Kalkulationsgrundlagen hinsichtlich des Personal- und Sachaufwandes und deshalb gleich bleibender Höhe der A-Pauschale - bei Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials den Abschluss der Wundheilung im Ergebnis um mehrere Tage vorzuverlegen. Letztlich gibt es auch bei Verwendung nicht resorbierbaren Nahtmaterials - außer dem äußeren Aspekt der Wunde - keinen stichhaltigen Beleg für den Abschluss der Wundheilung. Die Fäden werden dann entfernt, wenn nach ärztlichem Erfahrungswissen vermutet wird, dass die Wundheilung bereits so weit fortgeschritten ist, dass es verantwortet werden kann, die Fäden zu ziehen. Bei der Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials ist deshalb der Abschluss der Wundheilung individuell auf den Tag zu legen, an dem ein verantwortungsvoller Arzt nach seinem Erfah-rungswissen über den Wundheilungsverlauf, den Beschwerdeangaben des Patienten und dem äußeren Zustand der Wunde unter Einschluss der notwendigen Sicherheitsmargen, die bei der Verwendung resorbierbaren Materials möglicherweise entfallen, die Fäden gezogen hätte (BSG, Urteil vom 24. September 2003, a. a. O.).
An diesen Kriterien gemessen hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 3.360,14 DM (1.718,01 EUR) für die Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 15. bis zum 23. Dezember 1999, weil eine patientenbezogene und taggenaue Feststellung des Beendigungstatbestan-des der Fallpauschale 9.021 durch den behandelnden Arzt als Voraussetzung für die Abrechnung der Fallpauschale 9.022 nicht erfolgt ist. Zur Bestimmung des Zeitpunktes des "Abschlusses der Wundheilung" können weder die von dem ärztlichen Direktor der Beigeladenen entwickelten Grundsätze herangezogen noch auf die Kriterien der DGTHG für die Abgrenzung der Fallpauschalen abgestellt werden (BSG, Urteil vom 24. September 2003, a. a. O.).
In der Krankengeschichte des Versicherten fehlt eine entsprechende Feststellung des genauen Zeitpunktes des Abschlusses der Wundheilung. Der den Versicherten behandelnde Stationsarzt des Klägers, der Zeuge Dr. med. Alexander Buchholz, hat in seiner Vernehmung durch den Berichterstatter in dem Erörterungstermin vom 19. August 2005 ausgesagt, dass er sich an den Versicherten nicht mehr erinnern könne und somit auch nicht mehr wisse, ob in seinem Falle resorbierbares oder nichtresorbierbares Nahtmaterial verwandt worden sei. Bei Verwendung von resorbierbarem Nahtmaterial habe er aber den Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung regelmäßig durch Sehen und Fühlen geprüft. Danach sei die Wundheilung abgeschlossen gewesen, wenn die Wunde nicht mehr entzündet, die Wunde geschlossen war und kein Sekret mehr abgegeben habe. Das Kriterium "Fäden ziehen" habe er bei der Bestimmung des Zeit-punktes des "Abschlusses der Wundheilung" nicht zugrunde gelegt. Der Zeuge hat zudem ausgesagt, dass er sich zur Vorbereitung des Termins den Entlassungsbericht des Versicherten angeschaut habe. "Vom Gefühl her" meine er, so seine Aussage, dass am 15. Dezember 1999 Fäden noch nicht gezogen worden wären, wenn nichtresorbierbares Nahtmaterial verwandt worden wäre. Aufgrund dieser Sachlage lässt sich im Fall des Versicherten der Zeitpunkt des "Abschlusses der Wundheilung" im Sinne der streitbefangenen Fallpauschale nicht nachweisen. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast, nach dem im Rahmen des anzuwenden-den Rechts jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 103 RdNr. 19 a), geht die Nichtbeweisbarkeit der anspruchsbegründenden Tatsache "Abschluss der Wundheilung" daher zu Lasten des Klägers. Denn er macht einen Anspruch geltend, für den der Abschluss der Wundheilung am 15. Dezember 1999 tatbestandliche Voraussetzung ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des 6. SGG Änderungsgesetzes am 2. Januar 2002 maßgeblichen Fassung (Urteil des BSG vom 31. Januar 2002, AZ: B 6 KR 20/01 R).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
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