S 17 KR 182/06 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Wiesbaden (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 17 KR 182/06 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 58/06 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Zur Rechtmäßigkeit von Wirtschaftlichkeitszielen in Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1 SGB V, sog. „Me-Too“-Präparate betreffend.
2. § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V rechtfertigt nur sachlich richtiges Informationshandeln. Aus dem verfassungsrechtlichen Gebot der inhaltlichen Richtigkeit folgt u. a. auch ein Gebot der Transparenz und Unmissverständlichkeit, der Nachvollziehbarkeit und Stimmigkeit. Dies gilt insbesondere dann, wenn an das Informationshandeln weitere grundrechtsrelevante Konsequenzen geknüpft sind.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zum Außerkrafttreten der Vereinbarung über das Arznei- und Verbandmittelausgabevolumen für das Kalenderjahr 2006 vom 21. November 2005 [ ] untersagt, im Rahmen des Vollzuges dieser Vereinbarung die Arzneimittel "O." (Wirkstoff: Oxycodon) und "P." (Wirkstoff: Hydromorphon) als "Me-Too-Präparate" oder "Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten" zu bezeichnen.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Antragstellerin und die Antragsgegnerin je zur Hälfte zu tragen.

Der Streitwert wird auf 442.497,71 EUR (Antrag zu 1.: 221.248,86 EUR, Antrag zu 2.: 221.248,86 EUR) festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin die von der Antragstellerin in den Verkehr gebrachten Arzneimittel "O." und "P." als sog. "Me-Too"-Präparate bezeichnen und die Vertragsärzte unter Androhung eines Honorarabzugs dazu auffordern darf, dieses Präparat nur noch im Rahmen einer bestimmten Quote zu verordnen.

Die Antragstellerin ist Inhaberin der Zulassungen für "O." und "P." und bringt diese Präparate unter eigenem Namen als pharmazeutische Unternehmerin in den Verkehr. Es handelt sich dabei um Schmerzmittel, die zur Klasse der Opioid-Analgetika zählen. Mit den beiden genannten Arzneimitteln bestritt die Antragstellerin im Jahr 2005 74,9% ihres bundesweiten Umsatzes im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Im KV-Bezirk N. entfielen nach Angaben der Antragstellerin auf "O." 48,6% und auf "P." 23,4% des dortigen GKV-Umsatzes. Ausweislich der sog. GAmSi-Auswertung für die KV N. Januar bis September 2005 (GKV-Arzneimittel-Schnellinformation) betrug der dortige Nettoumsatz für "O." im genannten Zeitraum 8.1271.200,- EUR. Weder der Wirkstoff Oxycodon ("O.") noch der Wirkstoff Hydromorphon ("P.") sind als Wirkstoffe patentgeschützt. Ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff Oxycodon wurde bereits im Jahr 1917 unter der Marke "E." angeboten. Unter der Marke "D." wurde ein Arzneimittel mit dem Wirkstoff "Hydromorphon" im Jahr 1925 in den Verkehr gebracht. Die Wirkungsweise des 1998 auf den deutschen Markt gekommenen Retardpräparats "O." ist durch eine über 12 Stunden anhaltende Wirkung aufgrund eines speziell für diesen Zweck patentierten Retardierungssystems (Galenik-Matrix) gekennzeichnet. Auch das ebenfalls oral anwendbare, im Jahr 1999 auf den deutschen Markt gekommene Retardpräparat "P." arbeitet mit einem patentierten Retardierungssystem (Galenik-Matrix). In der an Ärzte gerichteten Ausgabe der GAmSi vom dritten Quartal 2005 sind die beiden Präparate in der Rubrik "generikafähige Wirkstoffe" aufgeführt. Die Antragsgegnerin schloss am 21. November 2005 mit sieben Landesverbänden gesetzlicher Krankenkassen gemäß § 84 SGB V eine "Vereinbarung über das Arznei- und Verbandmittelausgabenvolumen für das Kalenderjahr 2006" ([ ] im Weiteren: Arzneimittelvereinbarung 2006), nach welcher das Ausgabenvolumen auf einen Betrag von 2,68 Mrd. EUR festgelegt wurde (§ 2). In § 4 Abs. 2 dieser Vereinbarung wurden sog. arztbezogene individuelle Wirtschaftlichkeits- und Versorgungsziele festgelegt und zwar (Nr. 1) eine Erhöhung des durch den jeweiligen Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen Versorgungsanteils des Brutto-Generikaumsatzes am generikafähigen Markt um 5 Prozentpunkte sowie (Nr. 2) eine "Reduzierung des durch den jeweiligen Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen Verordnungsanteils des Bruttoumsatzes der Me-Too-Präparate ohne relevanten höheren therapeutischen Nutzen, aber mit höheren Kosten, am Gesamtmarkt um fünf Prozentpunkte".

Gemäß § 5 Abs. 2 der o.g. Vereinbarung verpflichtet sich die Antragsgegnerin u.a. zur "- zur Unterrichtung der Vertragsärzte über den Abschluss und die Bedeutung der Vereinbarung sowie die Notwendigkeit der Veränderung des Verordnungsverhaltens der Vertragsärzte in N. ( )" - gezielten Information an Vertragsärzte über die therapeutische Bewertung einzelner Arzneimittel ( )" § 7 Arzneimittelvereinbarung 2006 sieht eine individuelle Verantwortlichkeit des einzelnen Vertragsarztes vor, wenn das vereinbarte Ausgabenvolumen insgesamt überschritten wird und der einzelne Vertragsarzt das für das Kalenderjahr maßgebliche Richtgrößenvolumen überschritten und mindestens einen der in § 4 Abs. 2 vereinbarten Zielwerte nicht erreicht hat. Nach § 7 Abs. 2 erhalten in diesem Fall die Krankenkassen einen "Zielerreichungsbeitrag" in Höhe von 4 % des im Kalenderjahr 2006 zuerkannten GKV-Honorars. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Ablichtung der Vereinbarung verwiesen (Bl. 123ff. der Akte).

Die Antragsgegnerin veröffentlichte im "Arzneimittelinfo [ ...] aktuell 3/2006" im März 2006 unter der Überschrift "Me-Too-Liste überarbeitet" eine Tabelle der "Me-Too"-Präparate, in der auch "O." und "P." genannt werden. Die Liste, welche selbst mit "patentgeschützte Analogpräparate" überschrieben ist, enthält die folgende Einleitung: "Als patentgeschützte Analogpräparate werden alle patentgeschützten Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen bezeichnet, die basierend auf der Methode von Fricke und Klaus (Arzneiverordnungs-Report 1986 bis 2005) als Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten klassifiziert wurden. Dabei wurden in dieser Aufstellung ausschließlich patentgeschützte Arzneimittel berücksichtigt, die in der Zeit von 1986 bis 2004 in der Bundesrepublik Deutschland in den Handel gekommen sind. Weitere Voraussetzungen für die Aufnahme in die vorliegende Aufstellung waren, dass der Patentschutz im Januar 2006 noch nicht abgelaufen war, dass die Arzneimittel am 15. Februar 2006 im Handel waren, dass im Zeitraum Januar bis September 2005 bundesweit mindestens 1000 Verordnungen nach den Daten der GKV-Arzneimittel-Schnellinformation (GAmSi) erreicht wurden und dass ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel für die Hauptindikation mit günstigeren Tagestherapiekosten für die verordnungshäufigste Packungsgröße als Substitution verfügbar war." Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Information wird auf die Ablichtung Anlage AST 33 (Bl. 543ff. der Akte) verwiesen. Die Antragsgegnerin veröffentlicht außerdem auf ihrer Internetseite die genannte "Me-Too"-Liste unter der Adresse http://www.[ ...].de/importiert/me too.pdf, die durch Links von verschiedenen Seiten des Internetangebotes zu erreichen ist. Unter http://www.[ ...].de/mitglieder/arznmitl/arznarch/arin0603/faqmetoo.html finden sich folgende Informationen ("FAQ"): "Wie kann ich erfahren, ob ein Präparat generisch ist? Mit der GKV-Schnellinformation (GAmSi) erhalten Sie eine Übersicht der verordnungsstärksten generikafähigen Wirkstoffe. Darin ist aufgelistet, ob Sie die Wirkstoffe als Generikum oder Originalpräparat verordnet haben. ( ) Was ist, wenn ein Me-too-Präparat generisch verfügbar wird? Sobald bei einem Präparat der Patentschutz abläuft, wird es nicht mehr als Me-too-Präparat gewertet. Aktuell betrifft dies beispielsweise Präparate mit dem Wirkstoff Lansoprazol – sie spielen keine Rolle bei der Me-too-Quote, jedoch nunmehr bei der Generikaquote." Unter http://www.[ ...].de/importiert/pharmako glossar.pdf verbreitet die Antragsgegnerin die folgende Definition von "Me-Too"-Präparaten: "Der Begriff Me-too-Präparat (Synonyme: Analogpräparat, Scheininnovation) wird seit 1982 von den beiden Kölner Pharmakologen Fricke und Klaus zur Bewertung von Arzneimitteln verwendet, die einen neuen Wirkstoff enthalten und erstmals auf dem deutschen Arzneimittelmarkt eingeführt wurden. Die Klassifikation geht primär von pharmakologischen Kriterien aus, legt aber das Hauptgewicht auf den angestrebten therapeutischen Effekt von Arzneimitteln. Zur Bewertung des Innovationsgrades von Arzneimitteln wurde seitdem das folgende Klassifikationsschema zugrunde gelegt: - Innovative Struktur oder neuartiges Wirkprinzip mit therapeutischer Relevanz - Verbesserung pharmakodynamischer oder pharmakokinetischer Eigenschaften bereits bekannter Wirkprinzipien - Analogpräparat mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten - Eingeschränkter therapeutischer Wert bzw. nicht ausreichend gesichertes Therapieprinzip." Unter der Überschrift "Pharmamarketing kritisch bewerten" findet sich unter http://www.[ ...].de/mitglieder/arznmitl/arznarch/arin0605/me-toopharma.html folgende Aussage: "Mit E-Mail-, Fax- und Briefaktionen versuchen einige pharmazeutische Firmen, Ärztinnen und Ärzte in Bezug auf die Regelungen zur Me-too-Liste und die betroffenen Präparate zu verunsichern. Hintergrund ist eine Entscheidung über eine einstweilige Anordnung des Düsseldorfer Sozialgerichts zur Arzneimittelvereinbarung 2006 und der Me-too-Liste. ( ) Zum anderen werden die KV N. und die [ ] Krankenkassen gegen die negative Entscheidung des Sozialgerichts in Beschwerde gehen. Da noch weitere Verfahren anhängig sind, bei denen die Gerichte vor der inhaltlichen Auseinandersetzung noch über die örtliche Zuständigkeit uneins sind, ist zur Frage der Rechtmäßigkeit der Me-too-Liste noch alles offen. Wer sich also jetzt irritieren lässt, setzt sich möglicherweise der Gefahr eines Regresses nach der Arzneimittelvereinbarung aus. Auf die genannten Schreiben kann sich niemand berufen, wenn die Liste Bestand hat."

Die Antragsgegnerin überarbeitete und änderte die Liste mehrfach, unter anderem wurden im Laufe des Jahres die Präparate ["" ] von der Liste genommen, wobei die Antragsgegnerin auf den Ablauf des Patentschutzes hingewiesen hatte.

Bereits mit Datum vom 19. Juli 2005 verfasste die Antragsgegnerin ein Rundschreiben an Ärzte mit dem Betreff "Pharmakotherapie optimieren", in dem sie Ärzte, die häufig im Bereich der Opiode verordneten, aufforderte, die eigenen Verordnungen auf mögliche Einsparpotenzialen zu prüfen. In der Anlage fügte die Antragsgegnerin den Rundschreiben eine Tabelle mit der Überschrift "Opioidanalgetika: Umsatz, Verordnungsmengen und maximales Einsparpotential" bei (vgl. Bl. 210 f. Anlage AST 23).

Die Antragstellerin forderte die Antragsgegnerin unter anderem mit Schreiben vom 23. März 2006 auf, die beiden Arzneimittel von der Liste zu streichen, da sie nicht mehr patentgeschützt seien (Anlage AST 10). Nach einem weiteren Schriftwechsel, unter anderem auch zu den von der Antragstellerin angeführten therapeutischen Verbesserungen gegenüber Morphin, legte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 26. April 2006 ein eidesstattliche Versicherung ihres Patentanwalts vor, nach der in Deutschland für die beiden Produkte jeweils keine Wirkstoff-Patente bestünden (Anlage AST 3 - Bl. 121 der Akte). Die Antragsgegnerin ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen. Bis heute sind beide Präparate weiterhin auf der im Internet eingestellten aktuellen "Me-Too"-Liste zu finden.

Der vorliegende Eilantrag ist am 13. Juni 2006 bei dem Sozialgericht Wiesbaden eingegangen.

Die Antragstellerin trägt vor, dass die beiden Präparate zu Unrecht auf der "Me-Too"-Liste stünden, da kein Wirkstoffpatentschutz bestehe. Die Präparate seien auch nicht im "Arzneiverordnungs-Report" als Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten klassifiziert worden. Nur solche, dort klassifizierten Präparate dürften aber nach der Einleitung der Liste verzeichnet werden. Es handele sich weder um neue Wirkstoffe noch um Präparate mit neuen Molekülen, da die Wirkstoffe bereits in den Jahren 1917 und 1925 in Deutschland in den Verkehr gebracht worden seien. Dass es sich bei Analogpräparaten allein um wirkstoffpatentgeschützte Präparate handele, folge zunächst aus dem erläuternden Hinweisen der Antragsgegnerin selbst. Wie in Schwabe/Paffrath (Hrsg.), "Arzneimittelverordnungs-Report 2005", S. 19, hervorgehoben, entspreche eine solche Auslegung auch der wirtschaftlichen Bedeutung gerade der Patentfähigkeit einer Wirkstoffmolekülvariation. Auch die Begriffsverwendung im übrigen Krankenversicherungsrecht lege es nahe, die Liste als Liste von wirkstoffpatentgeschützten Präparaten anzusehen. Inhaltlich falsch sei auch die Behauptung, dass die Präparate Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Wirkstoffen seien. "O." und "P." differierten gegenüber Morphin in ihren wesentlichen pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Eigenschaften, wie Bioverfügbarkeit und Natur ihrer Stoffwechselprodukte. Daraus resultierten insbesondere therapeutische Vorteile bei Patienten mit Nieren- oder Leberinsuffizienzen, die bei Schmerzpatienten oftmals anzutreffen seien. Außerdem hätten die beiden Präparate ein günstigeres Nebenwirkungsprofil. Hinsichtlich des ausführlichen Vortrages der Antragstellerin zur medizinischen Vorteilhaftigkeit ihrer Produkte gegenüber Morphin wird auf Blatt 58ff. d. A., das Anlagenkonvolut AST 24 (Bl. 212ff. d. A.), sowie der Schriftsatz vom 2. August 2006 (Bl. 604ff. d. A.) verwiesen. Die Antragstellerin ist der Rechtsauffassung, dass es für die Aufstellung der "Me-Too"-Liste keine Rechtsgrundlage gebe. Ebensowenig wie § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 SGB V eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für Therapiehinweise des gemeinsamen Bundesausschusses darstelle, könnte die Antragsgegnerin auf der Grundlage von § 84 SGB V eine negative Kosten-Nutzen-Bewertung aussprechen; die Antragstellerin beruft sich insoweit auf die Entscheidung des LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 19. Januar 2005, L 11 KA 103/05 - "Clopidogrel"). § 84 Abs. 4a SGB V ermächtige ebenfalls nicht zu einer Beurteilung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses. Derartige Bewertungen seien gemäß § 35b SGB V dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen vorbehalten. § 73 Abs. 8 SGB V legitimiere die Antragsgegnerin nicht zur Aufstellung und Veröffentlichung der "Me-Too"-Liste, da die dort genannten inhaltlichen Mindestanforderungen mit der Liste nicht eingehalten würden. Die Aufnahme auf die Liste verstoße gegen Art. 3 GG, da die Antragsgegnerin wegen des abgelaufenen Patentschutzes schon eine Reihe von Präparaten von der "Me-Too"-Liste entfernt habe.

Der Antrag zu 2. sei begründet, da die entsprechende Aussage aus dem Steuerungsmechanismus der "Me-Too"-Quote folge: Die Aufforderung zur Einhaltung arztgruppenspezifischer Verordnungsquoten unter Androhung eines Honorarabzuges folge unmittelbar aus der Arzneimittelvereinbarung 2006. Es komme darauf an, dass die Ärzte die sanktionsbewährte Regelung als Regressrisiko auffassen müssten. Mit der Veröffentlichung "Me-too-Liste: Pharmamarketing kritisch bewerten" werde die Aufforderung und Androhung noch einmal verschärft, indem ausdrücklich auf die Gefahr eines Regresses hingewiesen werde.

Es bestehe ein Anordnungsgrund, da die beiden Präparate maßgeblich zum wirtschaftlichen Erfolg der Antragstellerin beitrügen. Im Bezirk der Antragsgegnerin entfielen 72% des GKV-Umsatzes auf die beiden Präparate. Nach Schätzungen der Außendienstmitarbeiter der Antragstellerin hätten mehr als die Hälfte der betroffenen Vertragsärzte bekundet, die Präparate wegen des Erscheinens auf der "Me-Too"-Liste nicht mehr verordnen zu wollen. Eine Auswertung der vorliegenden Absatzzahlen für April 2006 habe ergeben, dass die GKV-Verordnungen von "O." und "P." bereits um 12,4% zurückgegangen seien. Daraus werde erkennbar, dass die von der Antragsgegnerin vorgenommene Klassifizierung bereits wenige Wochen nach der Aufnahme der Präparate auf die Liste zum 3. März 2006 sich wirtschaftlich bemerkbar niedergeschlagen habe. Der Anordnungsgrund entfalle nicht deshalb, weil es nur um den Bezirk der Antragsgegnerin gehe. Wegen der regionalen Zersplitterung der Kassenärztlichen Vereinigungen hätte dies zur Folge, dass deren Verhalten dem Rechtsschutz entzogen wäre; derartige Anforderungen an den Anordnungsgrund widersprächen Art. 19 Abs. 4 GG. Darüber hinaus fordere § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG einen "wesentlichen" Nachteil, der nicht erst bei einer unmittelbaren Existenzgefährdung gegeben sei. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung der Angaben zum Anordnungsgrund wird auf die eidesstattlichen Versicherungen (Anlagen AST 25 ff. - Bl. 452 ff., 573 ff.) verwiesen.

Die Antragstellerin beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Abschluss der Hauptsache zu untersagen, 1. die Arzneimittel "O." (Wirkstoff: Oxycodon) und "P." (Wirkstoff: Hydromorphon) als "Me-Too-Präparate" oder "Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten" zu bezeichnen; 2. die ihr als Mitglieder angehörenden Vertragsärzte unter Androhung eines Abzuges i. H. v. 4% ihres Jahreshonorars dazu aufzufordern, die Arzneimittel "O." (Wirkstoff Oxycodon) und "P." (Wirkstoff Hydromorphon) nur noch im Rahmen von arztgruppenspezifischen "Me-Too"-Quoten zu verordnen, so wie sie in § 4 Abs. 2 Ziff. 2 der Vereinbarung über das Arznei- und Verbandmittelausgabenvolumen für das Kalenderjahr 2006, geschlossen am 21.11.2005 zwischen der Antragsgegnerin und den Spitzenverbänden der Kranken- und Ersatzkassen, angegeben sind.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin macht geltend, gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB V hätten die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen eine Arzneimittelvereinbarung zu treffen. Dies sei durch die Arzneimittelvereinbarung vom 21. November 2005 für 2006 geschehen. Nach § 84 Abs. 1 Nr. 2 SGB V seien in die Arzneimittelvereinbarung Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele ebenso aufzunehmen wie auf die Umsetzung dieser Ziele ausgerichtete Maßnahmen. § 7 der Arzneimittelvereinbarung sehe vor, dass bei Überschreitung des Arzneimittelausgabenvolumens 2006 ein Zielerreichungsbeitrag vom GKV-Honorar für 2006 in Höhe von 4 % bei denjenigen Ärzten zu Gunsten der Krankenkassen einzuziehen sei, die ihr maßgebliches Richtgrößenvolumen überschritten hätten und entweder die für sie geltende Generikaquote unterschritten oder die für sie geltende "Me-Too"-Quote überschritten hätten. Diese Regelung stelle sich als Beitrag dar, der von den Ärzten abverlangt werde, deren Verhalten zur Überschreitung des Arzneimittelausgabenvolumens durch Überschreiten der Richtgrößen kumuliert mit einer Verletzung der Zielvereinbarung ursächlich beigetragen habe. Dabei handele es sich um einen pauschalen Beitrag, der im Rahmen einer generellen Lösung der Überschreitungsproblematik sachgerecht erscheine. Wenn in den Gesamtverträgen vorgesehen werden dürfe, dass alle Ärzte bei Überschreitung des Arzneimittelausgabenvolumens mit einem Abzug von der Gesamtvergütung hafteten, so gelte unter Heranziehung des argumentum a maiore ad minus, dass erst recht diejenigen mit einem Malus belegt werden dürften, die nachweislich die Überschreitung verursacht hätten.

Um den einzelnen Arzt vor den Folgen der Regelung zu schützen, insbesondere aber zur Erreichung der Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele, seien alle Ärzte sowohl über die für sie geltenden Richtgrößen als auch über die für sie geltenden Quoten informiert worden. Im Rahmen der Erläuterung der Regelung und der Anforderungen sei auch denjenigen, die dessen bedurften, der Hinweis erteilt worden, welche Präparate als sog. "Me-Too"-Präparate gemeinhin gewertet würden. Dies allerdings mit dem ausdrücklichen Zusatz, dass die Entscheidung im konkreten Fall beim Arzt verbleibe. Auch hierin bestätige sich, dass keinesfalls ein Eingriff in die Therapiefreiheit vorgenommen werde. Beigefügt worden sei ein Auszug aus einer ursprünglich von den Professoren Fricke und Klaus erstellte Liste. Obwohl die Liste seit ca. 1986 geführt werde, sei sie nun der Kritik ausgesetzt. Die Antragsgegnerin habe dies zum Anlass genommen, den Verfassern entsprechende Hinweise zu erteilen. Sie selbst habe keinen Einfluss auf die Liste, sie habe sie sich nicht zu Eigen gemacht. Auch sei diese Liste nicht Gegenstand der Arzneimittelvereinbarung. Zwischenzeitlich habe die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite eine von Prof. Dr. S., H., im Projektauftrag aktualisierte Liste veröffentlicht. Die Liste sei nicht integraler Bestandteil der Arzneimittelvereinbarung 2006.

Die beiden Präparate stünden zu Recht auf der Liste: Das orale Retardpräparat "O." mit dem Wirkstoff Oxycodon habe eine vergleichbare Wirkungen auf starke und stärkste Schmerzen wie oral angewendete Retardpräparate von Morphin. Es wurde 1998 mit einem patentierten Retardierungssystem als neues Arzneimittel in Deutschland auf den Markt gebracht und erfülle damit die Kriterien für die Aufnahme in die Liste patentgeschützter Analogpräparate der Antragsgegnerin. Die von der Antragstellerin behauptete überlegene Wirkung des Präparats sei nicht belegt. Auch nach den Bewertungen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft fehlten wissenschaftliche Belege für einen generellen Vorteil von "O." gegenüber dem Standardpräparat Morphin. Es habe drei- bis viermal höheren Tagestherapiekosten als das vergleichbare Präparat "M." Retardtabletten. Das orale Retardpräparat "P." mit dem Wirkstoff Hydromorphon sei ebenfalls mit einem patentierten Retardierungssystem neu auf den Markt gebracht worden. Die behauptete überlegene Wirkung von "P." sei nach den Darstellungen in Übersichtsarbeiten und Analysen in der nationalen und der internationalen Literatur nicht belegt. Auch nach den Bewertungen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft fehlten wissenschaftliche Belege für einen generellen Vorteil von "P." gegenüber dem Standardpräparat Morphin. Es habe drei- bis viermal höheren Tagestherapiekosten als das vergleichbare Präparat "M." Retardtabletten. Nach Auskunft des wissenschaftlichen Instituts der AOK würden beide Präparate in der Stammdatei des GKV-Arzneimittelindex weiterhin als patentgeschützt klassifiziert. Die Antragstellerin selbst habe in einem Schreiben vom 11. Januar 2004 darauf hingewiesen, dass die Wirkstoffe Oxycodon und Hydromorphin nicht generikafähig seien, da sie durch Herstellungspatente geschützt seien.

Bei der Aufstellung der Liste sei "patentgeschützt" mit "nicht-generikafähig" gleichgesetzt worden. Es komme nicht auf die Art des Patentschutzes an, auch Herstellungs- und Verfahrenspatente seien hinreichend. Die Abgrenzung anhand der Generikafähigkeit des Arzneimittels beruhe auf dem GKV-Arzneimittelindex, der sich letztlich an § 24b AMG orientiere.

Die Antragsgegnerin ist der Rechtsauffassung, dass es am Maßstab der vom Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen vom 17. Dezember 2002 herangezogenen Gesichtspunkte bereits am Eingriff in Rechte der Antragstellerin fehle. Auch hier führte eine Empfehlung zu wirtschaftlicher Verordnung zu einem Reflex für Konkurrenzprodukte. Auch hier bleibe es unbenommen, die Konkurrenzprodukte zu bevorzugen, sei es im Rahmen der Quote oder weil die Bereitschaft bestehe, die Folgen einer Quotenüberschreitung zu tragen. Insbesondere gelte auch hier der vom Bundesverfassungsgericht betonte Aspekt, dass sich Hersteller durch ihre Preisgestaltung darauf einrichten könnten, berücksichtigt zu werden. Wäre etwa ein "Me-Too"-Präparat nicht mehr teurer als das Original, würde es nicht mehr als "Me-Too"-Präparat im Sinne der Definition der Arzneimittelvereinbarung gelten. Die Antragsgegnerin ist der Rechtsansicht, dass entsprechend der Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen § 84 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in Verbindung mit § 73 Abs. 8 SGB V eine hinreichende Rechtsgrundlage zur Erstellung der Liste und Information der Mitglieder darstelle. Sie weist auch auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 31. Mai 2006 hin, mit welcher die sog. "Clopidogrel-Entscheidung" des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen aufgehoben und der Rechtsstreit an das LSG zurückverwiesen worden sei. Darin werde ausgeführt, dass das Wirtschaftlichkeitsgebot die gesamte vertragsärztliche Versorgung erfasse, auch für die Verordnung von Arzneimitteln gelte und den Vertragsarzt unmittelbar binde. Aus diesem Wirtschaftlichkeitsgebot leite sich die Verpflichtung des Vertragsarztes ab, von zwei zur Behandlung einer Erkrankung gleichermaßen geeigneten Wirkstoffen grundsätzlich den preisgünstigeren zu verordnen, soweit nicht besondere Umstände (z.B. Unverträglichkeitsreaktionen) gegeben seien. So wie die in dem Verfahren streitbefangenen Therapiehinweise des gemeinsamen Bundesausschusses diese Verpflichtung konkretisieren sollten, wolle auch die Antragsgegnerin mit ihrer "Me-Too"-Liste die vertragsärztlichen Mitglieder informieren. Dabei verfüge die Antragsgegnerin kein Verbot des Einsatzes bestimmter (teurerer) Wirkstoffe, geschweige denn namentlich benannter Präparate, sondern mache lediglich Vorgaben zur wirtschaftlichen Verordnung. Ausdrücklich werde der Vertragsarzt darauf hingewiesen, dass er letztlich die medizinisch relevante Entscheidung treffe und von diesen Informationen auch abweichen dürfe.

Es fehle an einem Anordnungsgrund. Die Umsatzhöhe werde nicht beziffert, die Darlegungen, dass die beiden streitgegenständlichen Präparate einen Anteil am Umsatz in Höhe von 72 % hätten, sei unzureichend. Es komme auf eine Gesamtbetrachtung der Umsätze und nicht auf die Verordnungen im Bereich der Antragsgegnerin an. Eine Eilentscheidung würde eine Entscheidung in der Hauptsache vorweg nehmen. Bei jeglichem Eingriff in das dargestellte Konzept würde die Einhaltung des Arzneimittelausgabenvolumens im Jahre 2006 nachhaltig gefährdet werden. Empfindliche Nachteile für die Antragstellerin seien nicht nachvollziehbar dargetan worden, insbesondere vor dem Hintergrund, dass bislang lediglich die mögliche "Reduzierung einer Steigerung" vorgetragen worden sei. Von keinem Arzt werde verlangt, entgegen der medizinischen Notwendigkeit Patienten auf "Präparate zweiter Wahl" umzustellen.

Es handele sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts nach § 57 a SGG.

Hinsichtlich des Ergebnisses des Erörterungstermins am 3. August 2006 wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (Bl. 661ff. d. A.). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Beteiligtenvorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

II.

Der Antrag ist zulässig. Die Antragstellerin hat das sachlich und örtlich zuständige Gericht angerufen. Es handelt sich um eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), da sich die Antragstellerin gegen ein Handeln der Antragsgegnerin wendet, das mit dem Vollzug von Rechtsgrundlagen im Sozialgesetzbuch, 5. Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in Zusammenhang steht. Die örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts Wiesbaden folgt aus § 57 Abs. 1 SGG, weil die Antragstellerin ihren Sitz im Bezirk des Gerichts hat. Der Rechtsstreit war nicht nach § 57a Abs. 1 Satz 1 letzte Variante SGG an das Sozialgericht Düsseldorf zu verweisen, da es sich bei der vorliegenden Streitigkeit nicht um eine Vertragsarztangelegenheit handelt. § 57a Abs. 1 Satz 1 SGG betrifft ausschließlich Angelegenheiten des Vertragsarztrechtes (7. Senat des BSG, Beschluss vom 27. Mai 2004, Az.: B 7 SF 6/04 S – zitiert nach juris; Keller in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, 8. Aufl., § 57a Rdnr. 4). Der Wortlaut und die Binnensystematik sind jedenfalls seit der Neufassung des § 57a Abs. 1 Satz 1 SGG im Jahr 2002 hinreichend deutlich: Die Grundnorm des vier Varianten umfassenden § 57a Abs. 1 Satz 1 SGG ergibt sich aus Variante 2: In Angelegenheiten des Vertragsarztrechts (als Teil der Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 51 Abs 1 Nr 2 SGG ) ist das SG zuständig, in dessen Bezirk die Kassenärztliche (Kassenzahnärztliche) Vereinigung ihren Sitz hat. Die Varianten 1, 3 und 4 formulieren lediglich Ausnahmen von diesem Grundsatz (BSG a. a. O.). Der Begriff des Vertragsarztrechts wiederum ist nach der Legaldefinition des § 10 Abs 2 SGG beschränkt auf die Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten und Vertragszahnärzten (hierin einzuschließen auch die Vereinigungen und Verbände der genannten Gruppen: § 10 Abs 2 a. E. SGG). Hierzu gehört die dem vorliegenden Verfahren zu Grunde liegende Streitigkeit zwischen einem Unternehmen und einer Kassenärztlichen Vereinigung nicht, da Dritte wie die Antragstellerin in § 10 Abs. 2 SGG nicht genannt werden (vgl. zum Krankenhaus als Kläger auch BSG a. a. O.). Soweit andere Gerichte und andere Senate des BSG wegen der Formulierung "Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen" in § 10 Abs. 2 SGG auch Streitigkeiten mit Drittbeteiligung den Kassenarztsachen zugerechnet haben (vgl. die Nachweise bei LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. Juni 2006, Az.: L 11 B 31/06 KA ER), überzeugt diese Auffassung wegen der in § 10 Abs. 2 SGG der o. g. Formulierung nachfolgenden Aufzählung der Verfahrensbeteiligten nicht, "zwischen" denen sich die Streitigkeit bewegen muss. Darüber hinaus beruft sich die Antragstellerin mit ihrem Streitgegenstand nicht auf die in § 10 Abs. 2 SGG genannten Beziehungen, sondern macht den allgemeinen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch gegen ein mittelbaren Eingriff in ihre Rechte geltend.

Der Antrag ist indes nur bezüglich des Antrages zu 1. begründet. Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2). Erforderlich ist ein Anordnungsanspruch, also ein materiell-rechtlicher Anspruch auf die Leistung bzw. das Unterlassen, zu dem die Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet werden soll, sowie ein Anordnungsgrund, nämlich ein Sachverhalt, der die Eilbedürftigkeit der Anordnung begründet. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.

Die Antragsstellerin hat einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Anspruchsgrundlage ist insoweit der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch (actio negatoria), der seine Rechtsgrundlage in der abwehrrechtlichen Funktion des jeweils betroffenen Grundrechts und in der entsprechenden Anwendung des § 1004 BGB findet.

Die Veröffentlichung der "Me-Too"-Liste mit der Nennung der beiden von der Antragstellerin in den Verkehr gebrachten Präparate greift mittelbar zumindest in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) der Antragstellerin ein. Zwar ist die Antragstellerin nicht Adressatin von Maßnahmen der Antragsgegnerin. Die Liste wendet sich an die Vertragsärzte im Bezirk N. Das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG, das nach Art. 19 Abs. 3 GG auch deutschen juristischen Personen wie der Antragstellerin zusteht, kann jedoch auch Schutz vor mittelbaren Eingriffen gewähren. In der bestehenden Wirtschaftsordnung betrifft das Freiheitsrecht des Art. 12 Abs. 1 GG insbesondere das berufsbezogene Verhalten einzelner Personen oder Unternehmen. In den Schutz der Berufsausübungsfreiheit ist auch die auf die Förderung des beruflichen Erfolgs eines Unternehmens gerichtete Außendarstellung eingeschlossen (BVerfG, Beschl. vom 26. Juni 2002, Az.: 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91, BVerfGE 105, 252 – "Glykol"; vgl. auch BVerfGE 85, 97 (104); 85, 248 (256); 94, 372 (389)). Nach der Rechtsprechung des BSG folgt aus Art. 12 Abs. 1 GG ein grundrechtlich fundierter Anspruch auf fairen Wettbewerb, ein Abwehranspruch gegen Wettbewerbsverfälschung, der allerdings nicht zu einem Anspruch auf Beibehaltung von Marktregelungen erstarkt (vgl. BSG, Urt. v. 24. November 2004, B 3 KR 23/04 R). Nach allgemeinen Regeln setzt der mittelbare Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit voraus, dass die Auswirkungen des staatlichen Handelns in engem Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen und entweder besonders schwerwiegend sind oder eine Finalität bzw. ein entsprechendes Äquivalent mit einer objektiv berufsregelnden Tendenz deutlich erkennen lassen (zusammenfassend Murswiek NVwZ 2003, 1 (2) m. w. N.; vgl. auch ders. DVBl. 1997, 1021 (1023f.); Jarass in: Jarass/Pieroth, GG, 3. Aufl. (1995), Art. 12 Rdnr. 11 m. w. N.). Auf der Grundlage der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist die Frage nach einem Abwehrrecht gegen staatliches Informationshandeln und ähnliche mittelbar wirkende Instrumente der Steuerung des Marktteilnehmerverhaltens differenzierend zu beantworten. So wird z. B. bei der Festsetzung von Festbeiträgen der Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG nicht tangiert, weil dort über die faktisch mittelbaren Folgen für Hersteller und Leistungserbringer hinaus keine berufsregelnde Tendenz besteht (BVerfG, Urt. v. 17. Dezember 2002, 1 BvL 28/95, 1 BvL 29/95, 1 BvL 30/95). Die Auswirkungen auf deren Berufsausübung sind bloßer Reflex der auf das System der gesetzlichen Krankenversicherung bezogenen Regelung. Das Grundrecht der Berufsfreiheit der Anbieter wird auch nicht dadurch berührt, dass die Festbeträge veröffentlicht und auf diese Weise allen Marktteilnehmern Orientierungen ermöglicht werden. Die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs setzt als Grundbedingung für Entscheidungsfreiheit bei den Teilnehmern am Markt ein hohes Maß an Informationen über marktrelevante Faktoren voraus. Solche Informationen beeinträchtigen den Schutzbereich der Berufsfreiheit von Marktteilnehmern selbst dann nicht, wenn diese zuvor einen wirtschaftlichen Vorteil aus fehlender Transparenz im Hinblick auf marktrelevante Faktoren ziehen konnten. Der Gewährleistungsbereich des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG wird aber durch die staatliche Informationstätigkeit dann beeinträchtigt, wenn sie sich nicht darauf beschränkt, den Marktteilnehmern marktrelevante Informationen bereitzustellen, auf deren Grundlage diese eigenbestimmte, an ihren Interessen ausgerichtete Entscheidungen über ihr Marktverhalten treffen können (vgl. BVerfG, Beschl. vom 26. Juni 2002, Az.: 1 BvR 558/91, 1 BvR 1428/91, BVerfGE 105, 252 – "Glykol", dort unter C. I. 2 e)). Insbesondere kann die staatliche Informationstätigkeit eine Beeinträchtigung im Gewährleistungsbereich des Grundrechts sein, wenn sie in der Zielsetzung und ihren Wirkungen Ersatz für eine staatliche Maßnahme ist, die als Grundrechtseingriff zu qualifizieren wäre. Durch Wahl eines solchen funktionalen Äquivalents eines Eingriffs können die besonderen Bindungen der Rechtsordnung nicht umgangen werden; vielmehr müssen die für Grundrechtseingriffe maßgebenden rechtlichen Anforderungen erfüllt sein. Ebenfalls wird der Gewährleistungsbereich beeinträchtigt, wenn eine Information sich im Nachhinein als unrichtig erweist und dennoch weiterverbreitet oder nicht korrigiert wird, obwohl sie für das Marktverhalten weiter von Belang ist. Mit der Feststellung der Beeinträchtigung des Schutzbereichs steht in solchen Fällen auch die Rechtswidrigkeit fest, da eine Rechtfertigung der Weiterverbreitung der als unrichtig erkannten Information ausgeschlossen ist.

Nach den letztgenannten Grundsätzen ist die vorliegende Konstellation zu beurteilen. Die Antragsgegnerin greift mittelbar in Art. 12 Abs. 1 GG ein, indem sie "O." und "P." auf einer Liste "patentgeschützer Analogpräparate" aufführt, die sie selbst – etwa in [ ...] aktuell 3/2006 (Bl. 543) – als "Me-too-Liste" bezeichnet und dort über die beiden Präparate die Behauptung aufstellt, dass es sich um patentgeschützte Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen handele, die basierend auf der Methode von Fricke und Klaus (Arzneiverordnungs-Report 1986 bis 2005) als Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten zu klassifizieren sind. Die Zielsetzung der Arzneimittelvereinbarung und darauf aufbauend die von der Antragstellerin veröffentlichte "Me-Too"-Liste gehen deutlich über die Zielsetzung hinaus, den Marktteilnehmern bloß marktrelevante Informationen bereitzustellen. Der Sinn und Zweck der Liste erschließt sich aus dem Zusammenhang mit der ausdrücklichen Zielvereinbarung in § 4 Abs. 2 Nr. 2 Arzneimittelvereinbarung 2006, die Verordnung der "Me-Too-Präparate oder relevanten höheren therapeutischen Nutzen, aber mit höheren Kosten, am Gesamtmarkt um fünf Prozentpunkte" zu reduzieren. § 7 Abs. 2 der Arzneimittelvereinbarung sieht eine Sanktion im Falle des Überschreitens (neben weiterer Voraussetzungen) gegenüber dem einzelnen Vertragsarzt mittels eines "Zielerreichungsbeitrages" in Höhe von 4 % des jeweiligen anerkannten GKV-Gesamthonorars vor. Damit hat die Liste zumindest faktisch die Funktion, den Vertragsarzt darüber zu informieren, bei welchen Produkten er im Falle einer zu häufigen Verordnung eine Sanktion besorgen muss. Die Liste dient damit nicht der reinen Marktinformation, sondern ist zugleich Instrument staatlicher Verhaltenslenkung. Dass der Sanktionsmechanismus mangels festgestellter Budgetüberschreitung gegenwärtig möglicherweise noch gar nicht greift, beseitigt die eingriffsäquivalente Wirkung der Verbreitung der Liste nicht. Insoweit muss sich die Antragsgegnerin an den intendierten Auswirkungen der Listenpublikation festhalten lassen (so auch SG München, Beschluss vom 18. Mai 2006, Az.: S 47 KR 444/06 ER). Die Antragsgegnerin verfolgt mit der Listenveröffentlichung nämlich auch ein Präventionsziel. Es ist naheliegend, dass Vertragsärzte aufgrund der Veröffentlichung der Liste ihr Verordnungsverhalten verändern. Der daraus resultierende Umsatzrückgang ist der objektivierbare Zweck der Listenveröffentlichung, wenn man die Liste nach der rechtlichen Funktion als Informationshandeln gemäß § 5 Abs. 2 Arzneimittelvereinbarung 2006 beurteilt und das weitere Verhalten der Antragsgegnerin miteinbezieht. So wies die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite im Rahmen eines Beitrages über die gerichtlichen Auseinandersetzungen um die Liste auf Folgendes hin: "Wer sich also jetzt irritieren lässt, setzt sich möglicherweise der Gefahr eines Regresses nach der Arzneimittelvereinbarung aus. Auf die genannten Schreiben kann sich niemand berufen, wenn die Liste Bestand hat." Diese Präventivwirkungen der Liste sind in Zusammenschau mit dem Sanktionsmechanismus der Vereinbarung in § 7 Arzneimittelvereinbarung 2006 als berufsregelnde Tendenz hinreichend (im Ergebnis auch: SG München a. a. O.; den Eingriff bejahend auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. Juni 2006, Az.: L 11 B 31/06 KA ER).

Der Eingriff ist der Antragsgegnerin auch zuzurechnen. Hierzu ist bereits das Veröffentlichungsverhalten auf der Internetseite www.[ ...].de und im "Arzneimittelinfo [ ...] aktuell 3/2006" hinreichend, nach der die Liste nicht als Fremdpublikation erscheint, sondern als Information der Antragsgegnerin zum Zwecke des Vollzuges der Arzneimittelvereinbarung 2006. Am Ende der Liste weist die Antragsgegnerin auch auf ihren Projektauftrag an Prof. Dr. S. hin.

Die Antragstellerin muss diesen Eingriff nicht dulden, da er nicht gerechtfertigt ist. Zwar kann § 84 Abs. 1 SGB V grundsätzlich die Ermächtigungsgrundlage für eine Zielvereinbarung über Wirtschaftlichkeitsziele zur Verordnungspraxis von Analogpräparaten mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten sein (1.). Zweifel bestehen jedoch, ob die Arzneimittelvereinbarung 2006 überhaupt eine solche Zielvereinbarung darstellt (2.). Jedenfalls genügt das Informationshandeln der Antragsgegnerin mit der Aufstellung der "Me-Too"-Liste nicht den Anforderungen an die Richtigkeit staatlicher Information (3).

Zu 1.: Als Rechtsgrundlage der Veröffentlichung der beanstandeten Liste kommt grundsätzlich § 84 Abs. 1 SGB V in Verbindung mit der "Vereinbarung über das Arznei- und Verbandmittelausgabenvolumen für das Kalenderjahr 2006" (Rheinisches Ärzteblatt 1/2006, 82 ff.) in Betracht. Nach § 84 Abs. 1 SGB V hat die Antragsgegnerin mit den Landesverbänden der gesetzlichen Krankenkassen eine Arzneimittelvereinbarung zu treffen, die neben einem Ausgabenvolumen für Arzneimittel auch Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele und konkrete, auf die Umsetzung dieser Ziele ausgerichtete Maßnahmen, insbesondere zur Information und Beratung treffen soll (Zielvereinbarungen). In Erfüllung dieses gesetzlichen Auftrages hat die Antragsgegnerin zum einen Wirtschaftlichkeits- und Versorgungsziele (§ 4 Abs. 2 Arzneimittelvereinbarung 2006) vereinbart und sich zum anderen in § 5 Abs. 2 sowohl zu einer allgemeinen Unterrichtung der Ärzte über die Vereinbarung und die Notwendigkeit einer Änderung des Verordnungsverhaltens als auch einer gezielten Information über die therapeutische Bewertung einzelner Arzneimittel verpflichtet. Diese Ermächtigungsgrundlage zur Vereinbarung von Wirtschaftlichkeitszielen gerade auch im Hinblick auf die Verordnung von "Me-Too"-Präparaten genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Gesetzesvorbehalt im Grundrechtsbereich, insbesondere der Wesentlichkeitstheorie und dem Bestimmtheitsgebot (Art. 20 GG). Der Gesetzgeber hat mit § 84 Abs. 1 SGB V alle wesentlichen Entscheidungen der hier betroffenen Materie getroffen. Die Regelung enthält die ausdrückliche gesetzgeberische Grundentscheidung zur Vereinbarung von Wirtschaftlichkeitszielen im Rahmen der Versorgung mit Arzneimitteln sowie die Ermächtigung zu Maßnahmen, die der Umsetzung dieser Ziele dienen. Damit hat der Gesetzgeber auch die Grundentscheidung getroffen, dass mittelbare Auswirkungen auf Dritte intendiert sind. Darüber hinaus ist eine kooperative untergesetzliche Rechtssetzung gewollt, da die Materie in hohem Maße durch schnell veraltende wirtschaftswissenschaftliche und pharmakologische Informationen geprägt ist, die strukturgemäß einer detaillierten gesetzlichen Regelung nur schwer zugänglich sind. In seiner Entscheidung vom 31. Mai 2006 (Az.: B 6 KA 13/05 R) hat das Bundessozialgericht (BSG) die Ermächtigung des Bundesausschusses zum Erlass von Richtlinien für eine wirtschaftliche Verordnung (§ 92 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 6 SGB V) ausweislich des Terminberichts für hinreichend bestimmt gehalten, zur Konkretisierung des den Vertragsarzt unmittelbar bindenden Wirtschaftlichkeitsgebotes Therapiehinweise zu erlassen. Maßgeblich ist insoweit, dass der dortige Beklagte kein Verbot des Einsatzes des teureren Wirkstoffs im Sinne eines Verordnungsausschlusses verfügt, sondern Vorgaben zur wirtschaftlichen Verordnung gemacht hat, von denen der Vertragsarzt gegebenenfalls auch abweichen darf. Für derartige, vom Arzt zu beachtende, ihn aber nicht in jedem Fall strikt bindende Hinweise reicht die allgemeine Ermächtigung des Beklagten zum Erlass der Arzneimittelrichtlinien aus (vgl. Terminbericht des BSG Nr. 30/06). Entsprechendes gilt auch für § 84 Abs. 1 SGB V (wie hier: SG Frankfurt, Beschluss vom 1. August 2006, Az.: S 18 KR 442/06 ER; LSG Nordrhein-Westfalen a. a. O.). Auch die Vorgaben dieser Vorschrift dienen der Einhaltung und Erfüllung des Wirtschaftlichkeitsgebotes. Bei der Neufassung des § 84 Abs. 1 SGB V durch das ABAG hat der Gesetzgeber ausdrücklich die Vereinbarung von Wirtschaftlichkeitszielen in Bezug auf die bevorzugte Verordnung von Generika und Analogpräparaten gefordert (BT-Drucksache 14/6309, 7).

Die in der Qualifizierung als "Me-Too"-Präparat im Sinne der Arzneimittelvereinbarung enthaltene implizite Bewertung des therapeutischen Nutzens wird nicht durch § 35 b SGB V ausgeschlossen (zum Folgenden SG Frankfurt a. a. O.; LSG Nordrhein-Westfalen a. a. O.). § 35 b SGB V soll Einzelheiten zu den Aufgaben des nach § 139 a Abs. 1 SGB V errichteten Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bzgl. der Nutzenbewertung von Arzneimitteln, insbesondere mit neuen Wirkstoffen regeln. Der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 15/1525, 88) lässt sich nicht entnehmen, dass damit exklusiv dem IQWiG die Nutzenbewertung von Arzneimitteln übertragen ist. Denn sonst wäre jede Darstellung der Antragsgegnerin bzw. der Krankenkassen mit Hinweisen auf wissenschaftliche Erkenntnisse zu Arzneimitteln gesetzeswidrig. Auch die Beschränkung des IQWiG auf Fragen grundsätzlicher Bedeutung und das beschränkte Antragsrecht für ein Tätigwerden des Instituts sprechen gegen eine "Sperrwirkung" des § 35 b SGB V. Die Anordnung der Etablierung eines Verfahrens mit transparenten Bewertungskriterien und Beteiligungs- und Mitwirkungsrechten ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Empfehlungen des IQWiG die fachliche Grundlage für Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V bilden. Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Arzneimittel-Richtlinien vorgenommenen Bewertungen entfalten im Verhältnis zu Krankenkassen, Ärzten und Versicherten gleichermaßen rechtliche Wirkung. Wegen der Verbindlichkeit der vorgenommenen Bewertung des therapeutischen Nutzens ist einleuchtend, dass der Gesetzgeber eine besondere Regelung für das Verfahren in § 35 b SGB V getroffen hat. Gleiches gilt hinsichtlich des Verhältnisses zu den Kompetenzen des Gemeinsamen Bundesausschusses für Therapieempfehlungen selbst. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Gesetzgeber mit dem "Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung" vom 26. April 2006 (BGBl I S. 984) ganz allgemein die Möglichkeiten zur vertragsförmigen Einflussnahme unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten in § 84 SGB V noch einmal erweitert hat. Die Nutzenbewertung von Arzneimitteln ist nach alledem als Querschnittsaufgabe zu verstehen. Eines Rückgriffs auf § 73 Abs. 8 SGB V bedarf es beim Informationshandeln in Bezug auf den Inhalt einer Arzneimittelvereinbarung nicht, insoweit ist § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V lex specialis (so wohl auch Hess in: Kasseler Kommentar (Stand: 49. Erg.lfg.), § 73 Rdnr. 41 am Ende).

Zu 2.: Zwar hegt das Gericht nach den unter 1. aufgeführten Erwägungen keine Zweifel, dass auf der Grundlage von § 84 Abs. 1 SGB V Arzneimittelvereinbarungen geschlossen werden können, die Zielvereinbarungen zur restriktiveren Verordnung von Analogpräparaten mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten enthalten. Gewichtige Zweifel bestehen aber, ob es sich bei den Regelungen in § 4 Abs. 2 und § 5 Abs. 2 der Arzneimittelvereinbarung 2006 um eine inhaltlich hinreichende Zielvereinbarung handelt, auf die sich die "Me-Too"-Liste als Informationshandeln nach § 5 Abs. 2 der Arzneimittelvereinbarung 2006 stützen könnte. Da die Vertragspartner in der Arzneimittelvereinbarung 2006 auf eine Definition der "Me-Too"-Präparate verzichtet haben, stellt sich § 5 Abs. 2 Arzneimittelvereinbarung 2006 in hohem Maße als bloße Delegation der Zielsetzungsbefugnis auf die Antragsgegnerin dar. Eine solche Delegation ist indes mit dem Begriff der Zielvereinbarung kaum in Übereinstimmung zu bringen, zumal § 84 Abs. 1 SGB V gerade die dort genannten Vertragspartner - und nicht die Antragsgegnerin allein - zur Vereinbarung (nicht: zur Setzung) von Wirtschaftlichkeitszielen ermächtigt. Eine Zielvereinbarung ist dadurch gekennzeichnet, dass sie konkrete quantitativ und/oder qualitativ definierte Versorgungs- oder Wirtschaftlichkeitsziele, konkrete Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele, die Messbarkeit der Ergebnisse und deren Evaluation insgesamt regelt (Hess in: Kasseler Kommentar (Stand: 49. Erg.lfg.), § 84 SGB V Rdnr. 16). Die Arzneimittelvereinbarung 2006 enthält hinsichtlich der Zieldefinition allein die folgende Formulierung: "Reduzierung des durch den jeweiligen Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen Verordnungsanteils des Bruttoumsatzes der Me-too-Präparate ohne relevanten höheren therapeutischen Nutzen, aber mit höheren Kosten, am Gesamtmarkt um 5 Prozentpunkte." Die Vereinbarung enthält indes keine Definition des "Me-Too"-Präparates. Insoweit teilt das Gericht die Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen in der Entscheidung vom 26. Juni 2006 (Az.: L 11 B 31/06 KA ER) nicht, wonach eine Definition zur hinreichenden Bestimmung des Wirtschaftlichkeitszieles nicht notwendig sei, da es sich um einen seit Jahren in der Diskussion um die Arzneimittelversorgung eingeführten Begriff handele. Die Antragsgegnerin verwendet den Begriff "Me-Too"-Präparat nämlich nicht synonym mit der gebräuchlichen Definition als "Analogpräparat mit marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Wirkstoffen" bzw. "Analogpräparat mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten" (vgl. die unterschiedlichen Definitionen bei Schwabe/Paffrath (Hrsg.) Arzneiverordnungs-Report 1999 und 2000 – Bl. 508 und 510 d. A.), sondern stellt dieser Definition das Merkmal "patentgeschütztes Arzneimittel mit neuem Wirkstoff" voran und beschränkt die von der Liste erfassten Arzneimittel durch weitere Merkmale in zeitlicher und quantitativer Hinsicht. Bedeutsam ist insoweit, dass die Klassifizierung nach Fricke und Klaus gerade nicht auf den rechtlichen Umstand des Patentschutzes abstellt, sondern den Innovationsgehalt des Arzneimittels im Blick hat (vgl. Dietrich, Deutsches Ärzteblatt 98, Heft 36 vom 7. September 2001, A-2230 ff. – Bl. 653 ff. d. A.). Dieser Unterschied wurde von den Beteiligten im Erörterungstermin am 3. August 2006 bestätigt. Die Methode nach Fricke und Klaus ist darüber hinaus nicht die einzige Klassifizierungsmethode und nicht unumstritten (vgl. Dietrich a. a. O. und Kassenärztliche Bundesvereinigung: Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum Entwurf eines Gesundheitssystemmodernisierungsgesetzes vom 18. Juni 2003 – Auszug aus der Stellungnahme des Referats Arzneimittel, Bl. 640 d. A.). Bei der jetzigen Regelung des § 35b SGB V wurde daher entgegen der Entwurfsfassung auf einen der Methode nach Fricke und Klaus angenäherten, rechtlich verbindlichen Maßstab der Nutzenbewertung verzichtet (vgl. Hess in: Kasseler Kommentar, § 35b Rdnr. 6 m. w. N. zur Entstehungsgeschichte; Kassenärztliche Bundesvereinigung a. a. O.). Dass eine präzise Definition erforderlich ist, belegt ferner der Umstand, dass die Antragsgegnerin selbst eine von der Einleitung zur "Me-Too"-Liste erheblich abweichende Definition, nämlich eine Definition der Methode nach Fricke und Klaus ohne Einschränkung durch den Patentschutz, auf Ihrer Internetseite unter http://www.[ ...].de/importiert/pharmako glossar.pdf verbreitet.

Zu 3.: Diese Zweifel können aber dahinstehen, da die Antragsgegnerin "O." und "P." nach ihren eigenen Kriterien nicht auf die "Me-Too"-Liste setzen durfte. Die "Me-Too"-Liste der Antragsgegnerin weist bezüglich der beiden Präparate immanente Mängel auf, so dass sie selbst nicht den Anforderungen von § 84 Abs. 1 SGB V, §§ 4 Abs. 2, 5 Abs. 2 der Arzneimittelvereinbarung 2006 genügt. § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB V ermächtigt nur zu sachlich richtigem Informationshandeln der Verwaltung; aus § 5 Abs. 2 der Arzneimittelvereinbarung 2006 folgt nichts anderes. Eine Rechtfertigung der Weiterverbreitung einer unrichtigen Information ist auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht ausgeschlossen (BVerfG a. a. O. - "Glykol"). Die genannten Regelungen ermächtigen die Antragsgegnerin insbesondere nicht zu dezisionistischem Handeln, ein Produkt nach eigenem Willen dem Sanktionsmechanismus nach § 7 der Vereinbarung zu unterstellen, sondern nur zu Informationshandeln darüber, welche Produkte von dem "Me-Too"-Wirtschaftlichkeitsziel erfasst sind. Die inhaltliche Richtigkeit und Sachlichkeit einer Information ist grundsätzlich Voraussetzung dafür, dass sie die Transparenz am Markt und damit dessen Funktionsfähigkeit fördert. Probleme hinsichtlich der Feststellung der Richtigkeit schließen das Recht zur entsprechenden Information nicht schlechthin aus; in solchen Fällen ist es aber angezeigt, die Marktteilnehmer auf verbleibende Unsicherheiten über die Richtigkeit der Information hinzuweisen, um sie in die Lage zu versetzen, selbst zu entscheiden, wie sie mit der Ungewissheit umgehen wollen (BVerfG a. a. O. – "Glykol", dort unter C. I. 2 e) bb)). Letztlich folgt damit aus dem Gebot der inhaltlichen Richtigkeit auch ein Gebot der Transparenz und Unmissverständlichkeit, der Nachvollziehbarkeit und Stimmigkeit. Dies gilt insbesondere dann, wenn an das Informationshandeln – wie hier – weitere grundrechtsrelevante Konsequenzen geknüpft sind.

Bei den beiden streitgegenständlichen Präparaten handelt es sich nicht um "patentgeschützte Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen" im Sinne der die Liste einleitenden Definition. Der verständige Adressat muss nämlich die Liste so verstehen, dass dort als "patentgeschützte Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen" nur wirkstoffpatentgeschützte Arzneimittel verzeichnet sind. So stellt die Antragsgegnerin selbst wiederholt im Rahmen ihrer Informationen zur Arzneimittelvereinbarung auf den Wirkstoffpatentschutz ab beziehungsweise suggeriert einen Zusammenhang mit dem Wirkstoffpatentschutz: Sie definiert auf ihrer "FAQ"-Seite das Generikum wirkstoffbezogen und führt als Beispiel für die Abgrenzung zwischen "Me-Too"-Präparat und Generikum gerade ein Präparat an, bei dem offenbar der Wirkstoffpatentschutz abgelaufen ist (http://www.[ ...].de/mitglieder/arznmitl/arznarch/arin0603/faqmetoo.html). Auch das andere Wirtschaftlichkeitsziel der Arzneimittelvereinbarung 2006 legt eine Beschränkung der "Me-Too"-Präparate auf wirkstoffpatentgeschützte Präparate nahe, da eine strikte Abgrenzung gegenüber Generika nach § 4 Abs. 1 der Arzneimittelvereinbarung 2006 erforderlich ist. Ein Präparat kann nach der Vereinbarung nicht zugleich "Me-Too"-Präparat und Generikum sein. Das Generikum ist aber u. a. durch fehlenden Wirkstoffpatentschutz gekennzeichnet. Folgerichtig werden daher Oxycodon und Hydromorphon als "generikafähige Wirkstoffe" in der an Ärzte adressierten Fassung der GAmSi genannt (Anlage AST 4 – Bl. 122 d. A.). Seine wirtschaftliche Bedeutung gewinnt das Analogpräparat regelmäßig wegen der Patentfähigkeit der wirkstoffbezogenen Innovation. So wird in Schwabe/Paffrath (Hrsg.) "Arzneimittelverordnungsreport 2005", S. 19 – wie von der Antragstellerin hervorgehoben – ausgeführt (Bl.199 d. A.): "Analogpräparate enthalten neue Wirkstoffmoleküle mit analogen pharmakologischen und klinischen Wirkungen wie bereits bekannte Arzneimittel. ( ) Derartige neue Substanzen sind patentfähig und ermöglichen dem Erfinder in großen Indikationsgruppen einen profitablen Marktanteil." In der gesundheitspolitischen Diskussion wird bei der Frage des Umgangs mit Analogpräparaten das Problem der Abgrenzung zum Generikum über den Wirkstoffpatentschutz diskutiert, so etwa bei Bausch, Hess. Ärzteblatt 1/2004, S. 13 (14), der ausführt: "Das interessantere Interventionsfeld im Analogpräparatemarkt ist zugleich auch die häufigere Fallkonstellation. Nämlich Wirkstoffe mit einem gleichen Wirkprinzip, bei denen schon ein oder mehrere Wirkstoffe patentfrei wurden (Protonenpumpeninhibitoren, CSE-Hemmer, Kalziumantagonisten, ACE-Hemmer, Cephalosporine, Fluorchinolone, Sulfonylharnstoffe etc.). Für die Kassen ist hier alles klar. Wird der erste Wirkstoff aus einer solchen Gruppe frei, ist die automatische Ausnutzung der generischen Preisspielräume die wirtschaftlichste Vorgehensweise." Diese maßgebliche Bedeutung des Wirkstoffpatentschutzes entspricht – worauf die Antragstellerin zu Recht hinweist – dem Begriff des Analogpräparats im übrigen Krankenversicherungsrecht; so erfasst die bereits erwähnte Nutzenbewertung nach § 35b SGB V, mit der nach ursprünglichen Intention des Gesetzgebers gerade ein mit dem Vorgehen der Antragsgegnerin vergleichbares Verfahren geschaffen werden sollte, ausdrücklich "erstmals verordnungsfähige Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen" als eine Fallgruppe, wenngleich auch Nutzenbewertungen für andere Arzneimittel "von Bedeutung" möglich sind. Die Formulierung "patentgeschützte Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen" erinnert an die Definition des "neuartigen Wirkstoffes" in § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB V. Neuartig ist hiernach ein Wirkstoff, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in den Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht.

Die von der Antragsgegnerin favorisierte Auslegung, wonach bei der Listenaufstellung "patentgeschütztes Arzneimittel" mit "nicht-generikafähigem Arzneimittel" gleichgesetzt worden sei, weil eine derartige Abgrenzung aus arzneimittelzulassungsrechtlicher Sicht geboten sei, liegt für das Gericht am Maßstab des Horizonts eines verständigen Empfängers nicht auf der Hand; so sind entsprechende Begriffsbestimmungen weder §§ 2ff. AMG noch den Regelungen über das Zulassungsverfahren nach §§ 21 ff. AMG, insbesondere nicht § 24b AMG in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 zu entnehmen. Auch ist das "Me-Too"-Produkt – wie bereits ausgeführt – nach § 4 Arzneimittelvereinbarung 2006 vom Generikum und nicht vom "generikafähigen Arzneimittel" abzugrenzen (vgl. zu dem letztgenannten Begriff, der entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht allein arzneimittelzulassungsrechtlich interpretiert werden kann, die Materialien zu § 130b Abs. 3 b SGB V BT-Drucks. 17/194, S. 10 f.). Ferner erschließt sich dem Gericht nicht der Sinn des Merkmals "patentgeschützt", wenn ein so weiter Patentbegriff zugrundegelegt wird, der – ungeachtet der weiteren Merkmale des "Me-Too"-Begriffes – Patentarten umfasst, die auch bei generischen Präparaten vorkommen könnten.

Nach dieser Auslegung erweist sich die Liste als unrichtig, da "O." und "P." keine wirkstoffpatentgeschützten Arzneimittel sind. Weder der Wirkstoff Oxycodon ("O.") noch der Wirkstoff Hydromorphon ("P.") sind als Wirkstoffe patentgeschützt. Lediglich einen Herstellungspatentschutz genießt nach insoweit unwidersprochen gebliebenen Angaben der Antragstellerin allein das jeweilige Retardierungssystem (Galenik-Matrix) der Präparate.

Weiterhin ist die Liste nach den o. g. Grundsätzen in rechtlich erheblicher Weise missverständlich und genügt damit nicht den Anforderungen an die Richtigkeit und Sachlichkeit staatlichen Informationshandelns, soweit behauptet wird, dass die beiden Präparate nach "der Methode von Fricke und Klaus (Arzneiverordnungs-Report 1986 bis 2005) als Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten klassifiziert wurden". Diese Formulierung suggeriert nämlich, dass die beiden Präparate nach der Methode von Fricke und Klaus im Arzneiverordnungs-Report der Jahrgänge 1986 bis 2005 als Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten klassifiziert wurden. Die Antragstellerin hat insoweit durch Vorlage von Kopien des Arzneiverordnungs-Reports der Jahrgänge 1999 bis 2005 (Bl. 428ff. d. A.) glaubhaft gemacht, dass die beiden in den Jahren 1998 bzw. 1999 eingeführten Präparate in keiner Ausgabe als Analogpräparat mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten aufgeführt sind (Klassifizierung C), wobei im Report des Jahres 1999 die Klassifizierung der im Jahr 1998 neu in den Markt eingeführten Wirkstoffe vorgenommen wurde.

Der Antrag war nicht deshalb abzuweisen, weil möglicherweise nach anderen Kriterien als den von der Antragsgegnerin genannten eine Bezeichnung als "Me-Too"-Präparat oder als "Analogpräparat mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten" sachlich richtig sein könnte. Da die "Me-Too"-Liste in zwei wesentlichen Punkten in sich widersprüchlich bzw. missverständlich ist, lösen bereits diese Mängel der konkreten Information den Unterlassungsanspruch aus. Zu überprüfen war ausschließlich die Bezeichnung im vorliegenden Kontext aufgrund der Sachlage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Andere Bewertungskriterien standen daher nicht zur Überprüfung an. Der Ausspruch war aber klarstellend auf den Vollzug der Arzneimittelvereinbarung 2006 zu beschränken, da die Unrichtigkeit der Liste auf diesen Kontext beschränkt ist. Der Antragsgegnerin ist es daher nicht verwehrt, am gesundheitspolitischen bzw. pharmakologischen Diskurs um die Definition des "Me-Too"-Präparats im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben teilzunehmen und die Frage zu stellen, ob möglicherweise nach anderen Kriterien eine andere Wirtschaftlichkeitsbewertung eine andere Einschätzung der Produkte der Antragstellerin rechtfertigt. Es besteht auch ein Anordnungsgrund. Eine Anordnung kann nach § 86b Abs. 2 SGG nur ergehen, wenn und soweit sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist. Der Begriff des wesentlichen Nachteils erfordert keine Existenzgefährdung der Antragstellerin (vgl. auch SG München a. a. O.), ein erheblicher wirtschaftlicher Nachteil, dessen Hinnahme vor dem Hintergrund der Dauer eines Hauptsacheverfahrens unzumutbar ist, kann ausreichen (Keller in: Meyer-Ladewig u. a., SGG, 8. Aufl., § 86b Rdnr. 28). Nach dem Regelungskonzept der Arzneimittelvereinbarung 2006 zielt die Veröffentlichung der "Me-Too"-Liste auch nach dem Willen der Antragsgegnerin auf einen Umsatzrückgang von 5%, der vom Gericht für den Zeitraum von 6 1/2 Monaten (d. h. ab Antragstellung bei Gericht) mit 442.497,71 EUR ermittelt wurde. Nach den Ermittlungen der Antragstellerin, an deren Richtigkeit das Gericht nicht zweifelt, konnte im April 2006 bereits ein Umsatzrückgang von 12,4% festgestellt werden. Berücksichtigt man, dass die Antragstellerin circa 3/4 ihres Umsatzes im Bereich der Arzneimittelverordnungen der gesetzlichen Krankenversicherung mit den streitgegenständlichen Präparaten erzielt, kann dieser Umsatzrückgang nicht als unwesentlich erachtet werden, ohne dass es wegen des von der Antragsgegnerin gerade intendierten Umsatzrückgangs auf eine exakte Prognose des Umfanges ankommt. Eine Vorwegnahme der Hauptsache für den Zeitraum der Restlaufzeit der Arzneimittelvereinbarung 2006 rechtfertigt sich aus dem Umstand, dass ein Amtshaftungsprozess gegen die Antragsgegnerin die Antragstellerin vor erhebliche Beweisprobleme stellen würde (vgl. auch SG München a. a. O.). Den Interessen der Antragsgegnerin konnte im Übrigen durch eine Begrenzung der Anordnung in sachlicher und zeitlicher Hinsicht Rechnung getragen werden.

Ohne Erfolg bleibt indes der Antrag zu 2. Ein Anordnungsanspruch, der Antragsgegnerin zu untersagen, die ihr als Mitglieder angehörenden Vertragsärzte unter Androhung eines Abzuges in Höhe von 4% ihres Jahreshonorars dazu aufzufordern, die Arzneimittel "O." (Wirkstoff Oxycodon) und "P." (Wirkstoff Hydromorphon) nur noch im Rahmen von arztgruppenspezifischen "Me-Too"-Quoten zu verordnen, so wie sie in § 4 Abs. 2 Ziff. 2 der Vereinbarung über das Arznei- und Verbandmittelausgabenvolumen für das Kalenderjahr 2006, geschlossen am 21.11.2005 zwischen der Antragsgegnerin und den Spitzenverbänden der Kranken- und Ersatzkassen angegeben sind, besteht nicht, da die Antragsgegnerin einer solche Äußerung nicht kundgetan hat. Der Antragstellerin kann nicht darin gefolgt werden, dass sich diese Äußerung bereits aus dem Steuerungsmechanismus der Arzneimittelvereinbarung ergäbe. Eine regressartige Wirkung kann sich allein aus § 7 Abs. 2 der Arzneimittelvereinbarung 2006 ergeben, diese Klausel enthält indes keine namentliche Nennung der Präparate der Antragsgegnerin. Die "Me-Too"-Liste hingegen enthält keinen Hinweis auf den Sanktionsmechanismus nach § 7 Abs. 2 der Arzneimittelvereinbarung 2006. Die im Antrag zu 2. genannte Aufforderung stellt sich gleichsam als Subsumtion dar, ohne dass sie auch nur sinngemäß in der Verknüpfung von Produktnamen und Androhung der Sanktion von der Antragsgegnerin geäußert worden wäre. Eine andere Bewertung rechtfertigt auch nicht die folgende Webseiten-Veröffentlichung unter der Überschrift "Pharmamarketing kritisch bewerten" (http://www.[ ...].de/mitglieder/arznmitl/arznarch/arin0605/me-toopharma.html): "Mit E-Mail-, Fax- und Briefaktionen versuchen einige pharmazeutische Firmen, Ärztinnen und Ärzte in Bezug auf die Regelungen zur Me-too-Liste und die betroffenen Präparate zu verunsichern. Hintergrund ist eine Entscheidung über eine einstweilige Anordnung des Düsseldorfer Sozialgerichts zur Arzneimittelvereinbarung 2006 und der Me-too-Liste. ( ) Zum anderen werden die KV N. und die [ ] Krankenkassen gegen die negative Entscheidung des Sozialgerichts in Beschwerde gehen. Da noch weitere Verfahren anhängig sind, bei denen die Gerichte vor der inhaltlichen Auseinandersetzung noch über die örtliche Zuständigkeit uneins sind, ist zur Frage der Rechtmäßigkeit der Me-too-Liste noch alles offen. Wer sich also jetzt irritieren lässt, setzt sich möglicherweise der Gefahr eines Regresses nach der Arzneimittelvereinbarung aus. Auf die genannten Schreiben kann sich niemand berufen, wenn die Liste Bestand hat." Der Hinweis auf den Sanktionsmechanismus, dessen scharfe Formulierung zwar durchaus den Charakter einer Androhung hat, steht indes in keinem ausdrücklichen Zusammenhang mit den Produkten der Antragstellerin. Das bereits mit Datum vom 19. Juli 2005 verfasste Rundschreiben an Ärzte mit dem Betreff "Pharmakotherapie optimieren", in dem sie Ärzte, die häufig im Bereich der Opiode verordneten, aufforderte, die eigenen Verordnungen auf mögliche Einsparpotenziale zu prüfen, trägt den Unterlassungsanspruch ebenfalls nicht, da kein Bezug zum Sanktionsmechanismus der Arzneimittelvereinbarung 2006 erkennbar ist. Im Übrigen nimmt das Gericht zur Begründung Bezug auf die Ausführungen zu einem parallel gelagerten Antrag in der den Beteiligten bekannten Entscheidung LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. Juni 2006, Az.: L 11 B 31/06 ER, Seite 13 des Beschlusses.

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Da aus Sicht der Antragstellerin beide Anträge das gleiche Ziel verfolgen, der Antrag zu 1. an der Liste selbst anknüpft, der Antrag zu 2. an der intendierten Folge, erscheint eine gleiche Gewichtung der Anträge bei einer Orientierung am Rechtsschutzziel der Antragstellerin sachgerecht, zumal das Gericht keine Abschätzung vorzunehmen vermochte, ob letztlich die Nennung auf der "Me-Too"-Liste oder die von der Antragstellerin behauptete Einwirkung auf die Ärzte nach dem Vorbringen der Antragstellerin die schwerwiegendere Beeinträchtigung darstellt.

Rechtsgrundlage der Streitwertfestsetzung ist § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz. Der Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit (NZS 2006, 350 ff.) enthält für Streitigkeiten wie die Vorliegende keine Kategorie. Indes wird dort sowohl bei krankenversicherungsrechtlichen als auch vertragsarztrechtlichen Streitigkeiten zumeist auf den Umsatz bzw. die Einnahmen abgestellt. Vorliegend ist dies gerechtfertigt, da ein Unterlassungsanspruch gegen ein die Verordnungspraxis der Vertragsärzte beeinflussendes Verhalten geltend gemacht wird, welches gerade auf einen Umsatzrückgang zielt. Das Gericht ging nach der GAmSi-Auswertung für die KV N. Januar bis September 2005 (Bl. 644 ff. d. A.) von einem Netto-Umsatz Januar bis September 2005 für "O." von 8.1271.200,- EUR aus. Für das Eilverfahren beläuft sich das Interesse auf den Zeitraum ab Antragstellung bis Ablauf der Vereinbarung zum 1. Januar 2007; der Betrag wurde daher auf 6,5 Monate heruntergerechnet, mithin 5.973.644,44 EUR. Die Antragstellerin beschreibt das Verhältnis des Umsatzes der beiden Präparate zueinander mit 48,6 % zu 23,4 %, woraus sich ein Faktor 0,4815 errechnet. Mit dem so errechneten "P."-Umsatzanteil von 2.876.309,80 EUR für 6,5 Monate summiert sich der Gesamtumsatz im hier maßgeblichen Zeitraum auf 8.849.954,24 EUR. Die Antragstellerin wehrt sich gegen einen von der Antragsgegnerin durchschnittlich intendierten Umsatzrückgang von 5 %, mithin 442.497,71 EUR. Entsprechend den o. g. Erwägungen zur Quotelung wurden die Streitwerte der einzelnen Anträge wegen der sachlich und zeitlich begrenzten Wirkung des Eilrechtsschutzes mit der Hälfte dieses Betrages angesetzt.
Rechtskraft
Aus
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