L 9 KR 139/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 73 KR 675/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 139/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Mai 2002 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Vergütung für eine Krankenhausbehandlung.

Der bei der beklagten Krankenkasse krankenversicherte E M(im Folgenden: der Versicherte) befand sich vom 8. November 1999 bis zum 12. November 1999 im Wesentlichen wegen einer koronaren Gefäßerkrankung in stationärer Behandlung im D H B, dessen Trägerin die Beigeladene ist. Hier erfolgte am 9. November 1999 eine operative Bypassversorgung unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine und unter Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials. Am 12. November 1999 wurde der Versicherte zur Weiterbehandlung in das P-Krankenhaus verlegt, dessen Träger der Kläger ist. Der den Versicherten dort behandelnde Arzt vermerkte am 14. No-vember 1999 in dessen Krankenakte, dass die "Wunde" des Patienten "reizlos" sei. Am 22. November 1999 wurde der Versicherte zur ambulanten Weiterbehandlung entlassen.

Der Kläger stellte der Beklagten mit Schreiben vom 25. November 1999 die Fallpauschale 9.022 (B-Pauschale) des Fallpauschalen-Kataloges der Bundespflegesatzverordnung – BPflV – für die Weiterbehandlung des Versicherten in der Zeit vom 12. November 1999 bis zum 22. November 1999, in Höhe von 4.735,73 DM in Rechnung. Als Datum der Wundheilung gab er in diesem Schreiben den 14. November 1999 an.

Die Beklagte lehnte es ab, diese Rechnung auszugleichen. Zur Begründung führte sie aus, dass die Fallpauschale 9.022 erst nach Abschluss der Wundheilung abgerechnet werden könne. Diese Wundheilung könne aber nicht bereits am fünften postoperativen Tag, abgeschlossen sein. Sie bat um Überprüfung der Rechnung.

Nachdem der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 17. Dezember 2000 aufgefordert hatte den streitbefangenen Betrag nunmehr zu zahlen, erkannte der Kläger mit Schreiben vom 22. Dezember 1999 einen Betrag in Höhe von 2.751,18 DM an und teilte mit, dass er von einem Abschluss der Wundheilung bei dem Versicherten am achten postoperativen Tag ausgehe. Für die Zeit ab dem 16. November 1999 zahle er daher tagesgleiche Pflegesätze in Höhe von 2.751,18 DM. (6 Tage a 152,59 DM/Basispflegesatz und 6 Tage a 305,94 DM/Abteilungspflegesatz Innere Medizin).

Der Kläger hat mit seiner Klage vor dem Sozialgericht Berlin von der Beklagten die Zahlung von weiteren 1.984,55 DM nebst Zinsen begehrt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die Beklagte zu Unrecht davon ausgehe, dass die Wundheilung erst ab dem zehnten Tag nach der Operation abgeschlossen sein könne. Es müsse insoweit immer auf den individuellen Fall abgestellt werden. Hierzu hätten der ärztliche Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin, Herr Prof. Dr. Roland Hetzer, und die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) bestimmte Kriterien formuliert, nach denen bei dem Versicherten am 14. November 1999 ärztlicherseits der Abschluss der Wundheilung festgestellt worden sei. Ihm stehe danach zu Recht die in Rechnung gestellte B-Pauschale zu.

Das Sozialgericht Berlin hat zur Aufklärung des Sachverhaltes die Patientenakte des Versicher-ten, eine in einem Parallelverfahren veranlasste einzelfallunabhängige Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Berlin-Brandenburg e. V. vom 2. Mai 2001 zur Frage des Abschlusses der Wundheilung im Sinne der streitbefangenen Fallpauschalen sowie eine ebenfalls in einem Parallelverfahren veranlasste gutachterliche Stellungnahme des Fach-arztes für Chirurgie Dr. med. H P vom 28. November 2001 zur selben Fragestellung eingeholt.

Mit Urteil vom 31. Mai 2002 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Betrages habe, weil der Abschluss der Wundheilung nicht vor dem von der Beklagten zugrunde gelegten achten postoperativen Tag eingetreten sei. Maßgebend für die Abgrenzung der A-Pauschale von der B-Pauschale sei der Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung. Ausgangspunkt für die Auslegung dieses vom Verordnungsgeber gewählten Begriffes sei der beispielhaft gewählte Zeitpunkt der Entfernung von Fäden/Klammern. Hiermit habe der Verordnungsgeber verdeutlicht, dass er zur Abgrenzung der jeweiligen Fallpauschalen auf den Zeitpunkt der äußeren Wundheilung im Sinne eines Behandlungsergebnisses abstelle, in dem üblicherweise die Fäden oder Klammern entfernt würden. Werde resorbierbares Nahtmaterial verwandt, wie im Fall des Versicherten, sei hypothetisch auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem Fäden hätten entfernt werden können, wenn nichtresorbierbares Nahtmaterial verwandt worden wäre. Dies sei nach der gutachterlichen Stellungnahme des Dr. med. H P aber nicht vor dem zwölften postoperativen Tag möglich. Die von dem Kläger herangezogenen Abgrenzungskriterien der DGTHG oder die von dem ärztlichen Direktor des Deutschen Herz-zentrums Berlin entwickelten Kriterien zur Feststellung des Abschlusses der Wundheilung seien hingegen keine geeigneten Kriterien.

Gegen das ihm am 6. September 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 2.Oktober 2002 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen verweist. Ergänzend trägt er vor, dass, hinsichtlich der Feststellung des Zeitpunktes des Abschlusses der Wundheilung nicht starr auf eine bestimmte Mindestverweildauer in dem Operationskrankenhaus abgestellt werden könne. Die BPflV setze eine solche Mindestverweildauer für die Abrechenbarkeit der streitbefangenen B-Pauschale nicht voraus. Dies zeige, dass individuell zu prüfen sei, wann mit den Behandlungen der B-Pauschale begonnen werden könne.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Mai 2002 aufzuheben und die Be-klagte zu verurteilen, ihm für die stationäre Behandlung des Versicherten E M weitere 1.014,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 v. H. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4. Januar 2000 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

die sie für unbegründet hält.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Der Senat hat in dem Termin zur mündlichen Verhandlung mit Beweisaufnahme vom 18. Januar 2006 die Ärztin des P R E, die den Versicherten in dem maßgeblichen Zeitraum behandelt hat, über den Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung bei dem Versicherten als Zeugin vernommen. Wegen den Einzelheiten dieser Vernehmung wird auf die Anlage zur Sitzungsniederschrift vom 18. Januar 2006 und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten und die von dem Kläger eingereichte Krankengeschichte des Versicherten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der vollständigen B-Pauschale für die Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 12. bis zum 22. November 1999.

Grundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs sind die nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und der BPflV getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. Nach § 16 Satz 1 Nr. 1 KHG in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Juni 1997 (BGBl. I S 1520) erlässt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats Vorschriften über die Krankenhauspflegesätze, die grundsätzlich die Vergütung nach der Anzahl der Behandlungstage bemessen und für alle Benutzer einheitlich zu berechnen sind (§ 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 KHG). Nach § 17 Abs. 2 a Satz 3 KHG sollten die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft erstmals für den Pflegezeitraum 1998 und bis zur Einführung des Vergütungssystems nach § 17 b KHG Entgeltkataloge und deren Weiterentwicklung ver-einbaren. Die Entgeltkataloge sind für diejenigen Krankenhausträger unmittelbar verbindlich, die Mitglieder einer Landeskrankenhausgesellschaft sind; andernfalls sind die Entgeltkataloge der Pflegesatzvereinbarung zu Grunde zu legen (Satz 6). Die in der Rechtsverordnung bestimmten Fallpauschalen und Sonderentgelte galten ab 1. Januar 1998 als vertraglich vereinbart (Satz 7). Mit den Fallpauschalen werden die gesamten Leistungen des Krankenhauses für einen bestimmten Behandlungsfall vergütet (Satz 10). Zur Vergütung der Leistungen des Krankenhauses, die nicht durch Fallpauschalen oder Sonderentgelte vergütet werden, sind Abteilungspflegesätze als Entgelt für ärztliche und pflegerische Leistungen und ein für das Krankenhaus einheitlicher Basispflegesatz als Entgelt für nicht durch ärztliche und pflegerische Tätigkeit veranlasste Leistungen vorzusehen (Satz 12).

Die aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung erlassene BPflV hat die gesetzlichen Vorgaben unter teilweiser Wiederholung präzisiert. Der als Anlage zur BPflV bekannt gemachte "Bun-desweite Fallpauschalen-Katalog für Krankenhäuser" in der hier maßgeblichen Fassung der 5. Änderungsverordnung (ÄndVO) zur BPflV vom 9. Dezember 1997, Anhang 1, Anlage 1.1, zu § 11 Abs. 1 BPflV enthält zu den Fallpauschalen 9.021 und 9.022 "Koronare Herzkrank-heit", folgende Leistungsbeschreibungen:

"Nr. 9.021 Herzoperation (Koronarchirurgie) unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine unter Verwendung autologer arterieller Grafts kombiniert mit aortakoronarem Venen-Bypass oder sonstiger Arterie, ggf. kombiniert mit TEA, ab Aufnahme/Verlegung in die Herzchirurgie; Versorgung bis Abschluss Wundheilung (z.B. Entfernung von Fäden/Klammern), mindestens jedoch bis Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen" (A-Pauschale), "Nr. 9.022 Weiterbehandlung im Anschluss an Fallpauschale 9.021 bis zum Erreichen der Rehabilitationsfähigkeit; Mindestaufenthalt sieben Belegungstage" (B-Pauschale).

Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits entschieden, dass Fallpauschalen- und Sonderentgeltkataloge streng nach ihrem Wortlaut anzuwenden sind (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001, Az.: B 3 KR 1/01 R, SozR 3-5565 § 14 Nr. 2). Denn eine Vergütungsregelung, die für eine routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein strikt nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Sofern es sich in der Praxis erweist, dass es bei der wortgetreuen Ausle-gung zu Ungereimtheiten kommt, ist es Aufgabe der Vertragspartner, die nunmehr dafür zuständig sind, dies durch Weiterentwicklung der Fallpauschalen- bzw. Sonderentgeltkataloge und der Abrechnungsbestimmungen zu beheben (§ 15 Abs. 1 Satz 1 N. 1 BPflV). Kommt es dabei zu keiner Einigung, ist zunächst die Schiedsstelle nach § 18 a Abs. 6 KHG anzurufen (§ 15 Abs. 4 BPflV), bevor sich die Gerichte mit Fragen der Angemessenheit von Vergütungen befassen können. Dabei sind die Entscheidungen der Schiedsstelle nur beschränkt überprüfbar (vgl. BSGE 20, 73, 76 ff. = SozR Nr. 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr. 1). Dies entspricht auch der Zurückhaltung der Rechtsprechung bei der Auslegung von Abrechnungsbestimmungen im vertragsärztlichen Bereich (vgl. BSG SozR 3-5533 N. 7103 Nr. 1). Die Abrechenbarkeit der Fallpauschalen 9.021 und 9.022 und ihre jeweilige Reichweite bestimmen sich demgemäß streng nach dem im Fallpauschalenkatalog niedergelegten Wortlaut. Für vom Wortlaut abweichende medizinische Bewertungen ist kein Raum. (BSG, Urteil vom 26. März 2003, Az.: B 3 KR 25/02 R, SozR 4-5565 § 14 Nr. 2).

Entscheidend ist deshalb, ob der Versicherte - entsprechend der Textdefinition der streitigen B-Pauschale 9.022 – "im Anschluss" an die durch die A-Pauschale 9.021 erfasste Behandlung bis zum Erreichen der Rehabilitationsfähigkeit weiterbehandelt wurde und ob mit dieser Weiterbe-handlung ein Mindestaufenthalt von sieben Belegungstagen verbunden war. Die Textdefinition der Pauschale Nr. 9.022 setzt damit einen Beendigungstatbestand der Fallpauschale 9.021 voraus. Ein Beendigungstatbestand der A-Pauschale 9.021 ist nach dem Wortlaut der Fallpauschalendefinition dann gegeben, wenn der Patient nach einer Herzoperation "bis zum Abschluss der Wundheilung (z.B. Entfernung von Fäden/Klammern), mindestens jedoch bis zum Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen", versorgt wurde. Die A-Pauschale 9.021 reicht nach ihrer Definition also bis zu dem Tage, an dem die Wundheilung abgeschlossen und, falls eine indikationsspezifische Komplikation aufgetreten war, diese wieder beseitigt ist (BSG, Urteil vom 24. September 2003, Az.: B 8 Kn 3/02 KR R, SozR 4-5565 § 14 Nr. 5).

Der Leistungsbeschreibung der Fallpauschale 9.021 ist zu entnehmen, dass die Entfernung von Fäden bzw. Klammern das wesentliche Kriterium für die Festlegung des Zeitpunkts des Abschlusses der Wundheilung sein soll (vgl. auch Urteil des BSG vom 26. April 2001, Az.: B 3 KR 16/00 R, SozR. 3-5565 § 14 Nr. 1 zu den Fallpauschalen 17.071 und 17.061, die ebenfalls an den "Abschluss der Wundheilung – z ... Entfernung von Fäden/Klammern" anknüpfen). Bei der Wundheilung geht es um einen über einen längeren Zeitraum verlaufenden Prozess. Innerhalb dieses Prozesses bedurfte es eines äußerlich klar erkennbaren und damit leicht festzustellenden Merkmals, um die A- und B-Pauschale voneinander abzugrenzen. Deshalb ist davon auszugehen, dass mit der ausdrücklichen Nennung der Fäden- bzw. Klammerentfernung in der Leistungsbeschreibung dieses markante Ereignis innerhalb des Prozesses der Wundheilung der verbindliche Zeitpunkt für die Abgrenzung sein sollte. Außerdem ist in der Leistungsbeschreibung nicht nur von "Wundheilung", "Beginn der Wundheilung", "Eintritt der Wundheilung" oder von "äußerer" bzw. "primärer" Wundheilung die Rede, sondern es wird ausdrücklich der "Abschluss der Wundheilung" verlangt. Dieser ist nach der Klammererläuterung des Verordnungsgebers erst dann erreicht, wenn der Prozess der Wundheilung so weit fortgeschritten und stabilisiert ist, dass der natürliche Vorgang des Schließens einer Körperwunde nicht länger mit "künstlichen" Mitteln unterstützt werden muss (BSG, Urteil vom 24. September 2003, a. a. O.).

Nicht anders sind die Fälle zu beurteilen in denen zum Schließen der Operationswunde kein nichtresorbierbares, sondern resorbierbares Nahtmaterial verwandt worden ist. Allein der Umstand, dass bei Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials ein klar erkennbares und damit leicht festzustellendes Merkmal wie das Ziehen von Fäden oder das Entfernen von Klammern nicht zu Tage tritt, rechtfertigt nicht, den Zeitpunkt des "Abschlusses der Wundheilung" nach anderen Maßstäben zu bestimmen. Denn der in der Textdefinition enthaltene Klammerzusatz führt nur beispielhaft das Entfernen von Fäden oder Klammern als wesentliche Kriterien zur Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunktes auf. Grundsätzlich ist die Dauer der Wundheilung nicht davon abhängig, ob die Wunde mit Fäden genäht wird, die entfernt werden müssen, geklammert wird oder mit resorbierbarem Nahtmaterial versorgt wird. Es ist deshalb nicht sach-gerecht - bei identischem Heilungsverlauf, gleich bleibenden Kalkulationsgrundlagen hinsichtlich des Personal- und Sachaufwandes und deshalb gleich bleibender Höhe der A-Pauschale - bei Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials den Abschluss der Wundheilung im Ergebnis um mehrere Tage vorzuverlegen. Letztlich gibt es auch bei Verwendung nicht resorbierbaren Nahtmaterials - außer dem äußeren Aspekt der Wunde - keinen stichhaltigen Beleg für den Abschluss der Wundheilung. Die Fäden werden dann entfernt, wenn nach ärztlichem Erfahrungswissen vermutet wird, dass die Wundheilung bereits so weit fortgeschritten ist, dass es verantwortet werden kann, die Fäden zu ziehen. Bei der Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials ist deshalb der Abschluss der Wundheilung individuell auf den Tag zu legen, an dem ein verantwortungsvoller Arzt nach seinem Erfahrungswissen über den Wundheilungsverlauf, den Beschwerdeangaben des Patienten und dem äußeren Zustand der Wunde unter Einschluss der notwendigen Sicherheitsmargen, die bei der Verwendung resorbierbaren Materials möglicherweise entfallen, die Fäden gezogen hätte (BSG, Urteil vom 24. September 2003, a. a. O.).

An diesen Kriterien gemessen hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 1.014,68 EUR für die Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 12. bis zum 22. November 1999. Dabei kann der Senat offen lassen, ob im vorliegenden Fall resorbierbares oder nichtresorbierbares Nahtmaterial verwendet worden ist und ob der Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung jedenfalls nicht vor dem 15. November 1999 eingetreten ist. Denn ausweislich der Krankengeschichte des Versicherten wurden bei ihm noch an diesem Tag "Restfäden gezogen". Gegenüber der Beklagten soll der Versicherte sich sogar insoweit geäußert haben, dass die Fädenent-fernung erst während der sich an den Aufenthalt in dem Krankenhaus des Klägers angeschlossenen Rehabilitationsmaßnahme, die am 24. November 1999 begann, erfolgt sei. Die Zeugin hat hierzu in Ihrer Vernehmung ausgesagt, dass der Vermerk, "Restfäden gezogen" nicht erkennen lasse, ob resorbierbares oder nichtresorbierbares Nahtmaterial verwendet worden sei, weil auch bei der Verwendung von resorbierbaren Nahtmaterial Fäden entfernt werden müssten, die aus der Haut herausragten.

Im vorliegenden Fall besteht der geltend gemachte Anspruch jedenfalls deshalb nicht, weil eine patientenbezogene und taggenaue Feststellung des Beendigungstatbestandes der Fallpauschale 9.021 durch den behandelnden Arzt als Voraussetzung für die Abrechnung der Fallpauschale 9.022 nicht erfolgt ist. Zur Bestimmung des Zeitpunktes des "Abschlusses der Wundheilung" können weder die von dem ärztlichen Direktor der Beigeladenen entwickelten Grundsätze herangezogen noch auf die Kriterien der DGTHG für die Abgrenzung der Fallpauschalen abgestellt werden (BSG, Urteil vom 24. September 2003, a. a. O.). Hierfür bedarf es einer ärztlichen Bestimmung des Tages, an dem die Fäden gezogen worden wären, wenn nichtresorbierbares Nahtmaterial verwendet worden wäre.

In der Krankengeschichte des Versicherten fehlt eine entsprechende Feststellung des genauen Zeitpunktes des Abschlusses der Wundheilung. Die den Versicherten behandelnde Ärztin des Klägers, die Zeugin R E, hat in ihrer Vernehmung durch den Senat in dem Termin zur mündli-chen Verhandlung mit Beweisaufnahme vom 18. Januar 2006 ausgesagt, dass sie sich an den Versicherten nicht mehr erinnern könne. Aufgrund dieser Sachlage lässt sich im Fall des Versicherten der Zeitpunkt des "Abschlusses der Wundheilung" im Sinne der streitbefangenen Fall-pauschale nicht nachweisen. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast, nach dem im Rahmen des anzuwendenden Rechts jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 103 RdNr. 19 a), geht die Nichtbeweisbarkeit der anspruchsbegründenden Tatsache "Abschluss der Wundheilung" daher zu Lasten des Klägers. Denn er macht einen Anspruch geltend, für den der Abschluss der Wundheilung am 14. November 1999 tatbestandliche Voraussetzung ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des 6. SGG Ände-rungsgesetzes am 2. Januar 2002 maßgeblichen Fassung (Urteil des BSG vom 31. Januar 2002, AZ: B 6 KR 20/01 R).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved