L 9 KR 53/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 75 KR 723/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 53/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2002 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung für eine Krankenhausbehandlung.

Die bei der beklagten Krankenkasse krankenversicherte I K. (im Folgenden: die Versicherte) befand sich vom 30. November 1999 bis zum 4. Dezember 1999 im Wesentlichen wegen einer koronaren Gefäßerkrankung in stationärer Behandlung im D H B, dessen Trägerin die Beigeladene ist. Hier erfolgte am 1. Dezember 1999 eine operative Beipassversorgung unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine und unter Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials. Am 4. Dezember 1999 wurde die Versicherte zur Weiterbehandlung in das Pkrankenhaus verlegt, dessen Trägerin die Klägerin ist. Dort wurde sie am 16. Dezember 1999 zur ambulanten Weiterbehandlung entlassen.

Der Kläger stellte der Beklagten mit Schreiben vom 21. Dezember 1999 die Fallpauschale 9.022 (B-Pauschale) des Fallpauschalen-Kataloges der Bundespflegesatzverordnung (BPflV) für die Weiterbehandlung der Versicherten in der Zeit vom 4. Dezember 1999 bis zum 16. Dezember 1999, in Höhe von 4.735,73 DM in Rechnung. Als Datum der Wundheilung gab er in diesem Schreiben den 6. Dezember 1999 an.

Die Beklagte lehnte es ab, diese Rechnung auszugleichen. Zur Begründung führte sie aus, dass sie für die vom D H B durchgeführte Herzoperation die Fallpauschale 9.021 (A-Pauschale) gezahlt habe. Mit dieser Pauschale habe sie die Kosten aller für ihre Versicherte erbrachten Leistungen bis zum Abschluss der Wundheilung übernommen. Von einem Abschluss der Wundheilung könne aber frühestens ab dem zehnten postoperativen Tag, also mithin erst ab dem 11. Dezember 1999, ausgegangen werden, so dass die bis zu diesem Zeitpunkt erbrachten Leistungen mit der Zahlung der A-Fallpauschale abgegolten seien. Die von ihr gezahlte Fallpauschale 9.021 sei daher zwischen dem Kläger und der Beigeladenen aufzuteilen. Ausgehend vom 11. Dezember 1999 als Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung könne aber nicht mehr die Mindestverweildauer der Fallpauschale 9.022 von sieben Tagen erreicht werden. Für die Zeit vom 11. Dezember 1999 bis zum 15. Dezember 1999 zahle sie Pflegesätze in Höhe von insgesamt 2.292, 65 DM (5 Tage a 152,59 DM/Basispflegesatz und 5 Tage a 305,94 DM/Abteilungspflegesatz Innere Medizin).

Nach einer fruchtlosen Zahlungsaufforderung mit Schreiben vom 11. Januar 2000 hat der Kläger die Beklagte vor dem Sozialgericht Berlin mit dem Ziel der Zahlung von weiteren 2.443,08 DM nebst Zinsen verklagt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die Beklagte zu Unrecht davon ausgehe, dass die Wundheilung erst ab dem zehnten Tag nach der Operation abgeschlossen sein könne. Es müsse insoweit immer auf den individuellen Fall abgestellt werden. Hierzu hätten der ärztliche Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin, Herr Prof. Dr. Roland Hetzer, und die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) bestimmte Kriterien formuliert, nach denen bei der Versicherten am 6. Dezember 1999 ärztlicherseits der Abschluss der Wundheilung festgestellt worden sei. Ihm stehe danach zu Recht die in Rechnung gestellte B-Pauschale zu.

Die Beklagte erhob ihrerseits am 24. Juni 2000 Widerklage gerichtet auf die Rückzahlung der von ihr gezahlten 2.292,65 DM nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit. Zur Begründung führte sie aus, dass die Fallpauschale 9.021 den Zeitraum von der Durchführung des cardiochirurgischen Eingriffes bis zum Abschluss der Wundheilung (z. B. Entfernung von Fäden/Klammern), mindestens jedoch bis zum Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen erfasse. Im Falle der Versicherten seien solche Komplikationen aufgetreten. Die Stationsärztin des Klägers Dr. V habe ihr in einem handschriftlichen Schreiben vom 13. Dezember 1999 mitgeteilt, dass die Versicherte "kardial kompensiert (sei), bis auf eine leichte Wundheilungsstörung im Bereich der Leiste, unkomplizierter Verlauf". Bei einem solchen Behandlungsfall, bei Persistenz und bei therapiepflichtiger indikationsspezifischen Komplikationen betrage die Grenzverweildauer der Fallpauschale 9.021 achtzehn Tage, also hier mithin die Zeit bis zum 17. Dezember 1999. Da die Versicherte bereits am 16. Dezember 1999 entlassen worden sei, seien von ihr keine weiteren Zahlungen zu leisten gewesen.

Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 23. November 2001 abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage hin verurteilt, an die Beklagte 2.292,65 DM nebst 5 v. H. Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz für die Zeit ab dem 24. Juni 2000 zu zahlen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Betrages habe, weil der Abschluss der Wundheilung grundsätzlich nicht vor dem von der Beklagten zugrunde gelegten zehnten postoperativen Tag eingetreten sein könne. Maßgebend für die Abgrenzung der A-Pauschale von der B-Pauschale sei der Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung. Ausgangspunkt für die Auslegung dieses vom Verordnungsgeber gewählten Begriffes sei der beispielhaft gewählte Zeitpunkt der Entfernung von Fäden/Klammern. Hiermit habe der Verordnungsgeber verdeutlicht, dass er zur Abgrenzung der jeweiligen Fallpauschalen auf den Zeitpunkt der äußeren Wundheilung im Sinne eines Behandlungsergebnisses abstelle, in dem üblicherweise die Fäden oder Klammern entfernt würden. Werde resorbierbares Nahtmaterial verwandt, wie im Fall des Versicherten, sei hypothetisch auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem Fäden hätten entfernt werden können, wenn nichtresorbierbares Nahtmaterial verwandt worden wäre. Die sei aber nach einer in einem Parallelverfahren eingeholten und den Beteiligten bekannten gutachterlichen Stellungnahme des Dr.HP jedenfalls nicht am vierten oder fünften postoperativen Tag möglich. Die von dem Kläger herangezogenen Abgrenzungskriterien der DGTHG oder die von dem ärztlichen Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin entwickelten Kriterien zur Feststellung des Abschlusses der Wundheilung seien hingegen keine geeigneten Kriterien. Im vorliegenden Falle sei allerdings die Besonderheit zu berücksichtigen, dass bei der Versicherten Komplikationen aufgetreten seien. So sei dem handschriftlichen Schreiben der Ärztin Dr. V vom 13. Dezember 1999 und dem Entlassungsbericht vom 16. Dezember 1999 zu entnehmen, dass bei der Versicherten eine Wundheilungsstörung vorgelegen habe, die ausweislich einer Verordnung über häusliche Krankenpflege für die Zeit bis zum 28. Dezember 1999 sogar noch nach der Entlassung des Versicherten weiterer Versorgung bedurft habe. Entgegen der Darstellung des Klägers sei diese Störung auch nicht erst am 30. Dezember 1999 aufgetreten. Dies werde durch die Datumsangaben sowohl des Schreibens der Ärztin als auch der Verordnung widerlegt. Da nach der Fallpauschale 9.021 mit der Zahlung dieser Pauschale alle Leistungen vergütet würden, die über den Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung hinaus, der Behandlung von indikationsspezifischen Komplikationen dienten, was hier der Fall gewesen sei, habe der Kläger weder einen Anspruch auf Zahlung der Fallpauschale 9.022 noch einen Anspruch auf Zahlung der entsprechenden Pflegesätze. Der Kläger habe daher die bereits gezahlten Pflegesätze nebst Zinsen der Beklagten zu erstatten (§ 12 Abs. 4 Satz 4 des Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung, §§ 288 Abs.1 Satz 2, 291 des Bürgerlichen Gesetzbuches)

Gegen das ihm am 18. März 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. April 2002 eingelegte Berufung des Klägers, zu deren Begründung er im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen verweist. Ergänzend trägt er vor, dass, hinsichtlich der Feststellung des Zeitpunktes des Abschlusses der Wundheilung nicht starr auf eine bestimmte Mindestverweildauer in dem Operationskrankenhaus abgestellt werden könne. Die BPflV setze eine solche Mindestverweildauer für die Abrechenbarkeit der streitbefangenen B-Pauschale nicht voraus. Dies zeige, dass individuell zu prüfen sei, wann mit den Behandlungen der B-Pauschale begonnen werden könne. Es könne auch nicht richtig sein, dass die von der Ärztin Dr. V mitgeteilte leichte Wundheilungsstörung im Bereich der Leiste und nicht des Thorax dazu führe, dass die weitere Behandlung durch die A-Pauschale abgegolten sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die stationäre Behandlung der Versicherten I K weitere 1.147,24 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 v. H. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12. Januar 2000 zu zahlen und die Widerklage abzuwei-sen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

die sie für unbegründet hält.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Der Senat hat in dem Termin zur mündlichen Verhandlung mit Beweisaufnahme vom 18. Ja-nuar 2006 die Ärztin Dr. V- und den Arzt M S des Pkrankenhauses, die den Versicherten in dem maßgeblichen Zeitraum behandelt haben, über den Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung bei dem Versicherten als Zeugen vernommen. Wegen den Einzelheiten dieser Ver-nehmung wird auf die Anlagen zur Sitzungsniederschrift vom 18. Januar 2006 und wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung gewesen sind

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der vollständigen B-Pauschale für die Behandlung des Versicherten in der Zeit vom 4. bis zum 16. Dezember 1999.

Grundlage des geltend gemachten Vergütungsanspruchs sind die nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes (KHG) und der BPflV getroffenen vertraglichen Vereinbarungen. Nach § 16 Satz 1 Nr. 1 KHG in der hier maßgeblichen Fassung vom 23. Juni 1997 (BGBl. I S 1520) erlässt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats Vorschriften über die Krankenhauspflegesätze, die grundsätzlich die Vergütung nach der Anzahl der Behandlungstage bemessen und für alle Benutzer einheitlich zu berechnen sind (§ 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 KHG). Nach § 17 Abs. 2a Satz 3 KHG sollten die Spitzenverbände der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft erstmals für den Pflegezeitraum 1998 und bis zur Einführung des Vergütungssystems nach § 17b KHG Entgeltkataloge und deren Weiterentwicklung vereinbaren. Die Entgeltkataloge sind für diejenigen Krankenhausträger unmittelbar verbindlich, die Mitglieder einer Landeskrankenhausgesellschaft sind; andernfalls sind die Entgeltkataloge der Pflegesatzvereinbarung zu Grunde zu legen (Satz 6). Die in der Rechtsverordnung bestimmten Fallpauschalen und Sonderentgelte galten ab 1. Januar 1998 als vertraglich vereinbart (Satz 7). Mit den Fallpauschalen werden die gesamten Leistungen des Krankenhauses für einen bestimmten Behandlungsfall vergütet (Satz 10). Zur Vergütung der Leistungen des Krankenhauses, die nicht durch Fallpauschalen oder Sonderentgelte vergütet werden, sind Abteilungspflegesätze als Entgelt für ärztliche und pflegerische Leistungen und ein für das Krankenhaus einheitlicher Basispflegesatz als Entgelt für nicht durch ärztliche und pflegerische Tätigkeit veranlasste Leistungen vorzusehen (Satz 12).

Die aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung erlassene BPflV hat die gesetzlichen Vorgaben unter teilweiser Wiederholung präzisiert. Der als Anlage zur BPflV bekannt gemachte "Bundesweite Fallpauschalen-Katalog für Krankenhäuser" in der hier maßgeblichen Fassung der 5. Änderungsverordnung (ÄndVO) zur BPflV vom 9. Dezember 1997, Anhang 1, Anlage 1.1, zu § 11 Abs. 1 BPflV enthält zu den Fallpauschalen 9.021 und 9.022 "Koronare Herzkrankheit", folgende Leistungsbeschreibungen:

"Nr. 9.021 Herzoperation (Koronarchirurgie) unter Einsatz der Herz-Lungen-Maschine unter Verwendung autologer arterieller Grafts kombiniert mit aortakoronarem Venen-Bypass oder sonstiger Arterie, ggf. kombiniert mit TEA, ab Aufnahme/Verlegung in die Herzchirurgie; Versorgung bis Abschluss Wundheilung (z.B. Entfernung von Fäden/Klammern), mindestens jedoch bis Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen" (A-Pauschale), "Nr. 9.022 Weiterbehandlung im Anschluss an Fallpauschale 9.021 bis zum Erreichen der Rehabilitationsfähigkeit; Mindestaufenthalt sieben Belegungstage" (B-Pauschale).

Das Bundessozialgericht (BSG) hat bereits entschieden, dass Fallpauschalen- und Sonderentgeltkataloge streng nach ihrem Wortlaut anzuwenden sind (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2001, Az.: B 3 KR 1/01 R, SozR 3-5565 § 14 Nr. 2). Denn eine Vergütungsregelung, die für eine routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein strikt nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Sofern es sich in der Praxis erweist, dass es bei der wortgetreuen Ausle-gung zu Ungereimtheiten kommt, ist es Aufgabe der Vertragspartner, die nunmehr dafür zuständig sind, dies durch Weiterentwicklung der Fallpauschalen- bzw. Sonderentgeltkataloge und der Abrechnungsbestimmungen zu beheben (§ 15 Abs. 1 Satz 1 N. 1 BPflV). Kommt es dabei zu keiner Einigung, ist zunächst die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6 KHG anzurufen (§ 15 Abs. 4 BPflV), bevor sich die Gerichte mit Fragen der Angemessenheit von Vergütungen befassen können. Dabei sind die Entscheidungen der Schiedsstelle nur beschränkt überprüfbar (vgl. BSGE 20, 73, 76 ff. = SozR Nr. 1 zu § 368h RVO; BSGE 87, 199, 202 = SozR 3-3300 § 85 Nr. 1). Dies entspricht auch der Zurückhaltung der Rechtsprechung bei der Auslegung von Abrechnungsbestimmungen im vertragsärztlichen Bereich (vgl. BSG SozR 3-5533 N. 7103 Nr. 1). Die Abrechenbarkeit der Fallpauschalen 9.021 und 9.022 und ihre jeweilige Reichweite bestimmen sich demgemäß streng nach dem im Fallpauschalenkatalog niedergelegten Wortlaut. Für vom Wortlaut abweichende medizinische Bewertungen ist kein Raum. (BSG, Urteil vom 26. März 2003, Az.: B 3 KR 25/02 R, SozR 4-5565 § 14 Nr. 2).

Entscheidend ist deshalb, ob der Versicherte - entsprechend der Textdefinition der streitigen B-Pauschale 9.022 – "im Anschluss" an die durch die A-Pauschale 9.021 erfasste Behandlung bis zum Erreichen der Rehabilitationsfähigkeit weiterbehandelt wurde und ob mit dieser Weiterbehandlung ein Mindestaufenthalt von sieben Belegungstagen verbunden war. Die Textdefinition der Pauschale Nr. 9.022 setzt damit einen Beendigungstatbestand der Fallpau-schale 9.021 voraus. Ein Beendigungstatbestand der A-Pauschale 9.021 ist nach dem Wortlaut der Fallpauschalendefinition dann gegeben, wenn der Patient nach einer Herzoperation "bis zum Abschluss der Wundheilung (z.B. Entfernung von Fäden/Klammern), mindestens jedoch bis zum Abschluss der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen", versorgt wurde. Die A-Pauschale 9.021 reicht nach ihrer Definition also bis zu dem Tage, an dem die Wundheilung abgeschlossen und, falls eine indikationsspezifische Komplikation aufgetreten war, diese wieder beseitigt ist (BSG, Urteil vom 24. September 2003, Az.: B 8 Kn 3/02 KR R, SozR 4-5565 § 14 Nr. 5).

Der Leistungsbeschreibung der Fallpauschale 9.021 ist zu entnehmen, dass die Entfernung von Fäden bzw. Klammern das wesentliche Kriterium für die Festlegung des Zeitpunkts des Ab-schlusses der Wundheilung sein soll (vgl. auch Urteil des BSG vom 26. April 2001, Az.: B 3 KR 16/00 R, SozR. 3-5565 § 14 Nr. 1 zu den Fallpauschalen 17.071 und 17.061, die ebenfalls an den "Abschluss der Wundheilung – z ... Entfernung von Fäden/Klammern" anknüpfen). Bei der Wundheilung geht es um einen über einen längeren Zeitraum verlaufenden Prozess. Innerhalb dieses Prozesses bedurfte es eines äußerlich klar erkennbaren und damit leicht festzustel-lenden Merkmals, um die A- und B-Pauschale voneinander abzugrenzen. Deshalb ist davon auszugehen, dass mit der ausdrücklichen Nennung der Fäden- bzw. Klammerentfernung in der Leistungsbeschreibung dieses markante Ereignis innerhalb des Prozesses der Wundheilung der verbindliche Zeitpunkt für die Abgrenzung sein sollte. Außerdem ist in der Leistungsbeschreibung nicht nur von "Wundheilung", "Beginn der Wundheilung", "Eintritt der Wundheilung" oder von "äußerer" bzw. "primärer" Wundheilung die Rede, sondern es wird ausdrücklich der "Abschluss der Wundheilung" verlangt. Dieser ist nach der Klammererläuterung des Verordnungsgebers erst dann erreicht, wenn der Prozess der Wundheilung so weit fortgeschritten und stabilisiert ist, dass der natürliche Vorgang des Schließens einer Körperwunde nicht länger mit "künstlichen" Mitteln unterstützt werden muss (BSG, Urteil vom 24. September 2003, a. a. O.).

Nicht anders sind die Fälle zu beurteilen in denen zum Schließen der Operationswunde kein nichtresorbierbares, sondern resorbierbares Nahtmaterial verwandt worden ist. Allein der Umstand, dass bei Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials ein klar erkennbares und damit leicht festzustellendes Merkmal wie das Ziehen von Fäden oder das Entfernen von Klammern nicht zu Tage tritt, rechtfertigt nicht, den Zeitpunkt des "Abschlusses der Wundheilung" nach anderen Maßstäben zu bestimmen. Denn der in der Textdefinition enthaltene Klammerzusatz führt nur beispielhaft das Entfernen von Fäden oder Klammern als wesentliche Kriterien zur Be-stimmung des maßgeblichen Zeitpunktes auf. Grundsätzlich ist die Dauer der Wundheilung nicht davon abhängig, ob die Wunde mit Fäden genäht wird, die entfernt werden müssen, geklammert wird oder mit resorbierbarem Nahtmaterial versorgt wird. Es ist deshalb nicht sach-gerecht - bei identischem Heilungsverlauf, gleich bleibenden Kalkulationsgrundlagen hinsichtlich des Personal- und Sachaufwandes und deshalb gleich bleibender Höhe der A-Pauschale - bei Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials den Abschluss der Wundheilung im Ergebnis um mehrere Tage vorzuverlegen. Letztlich gibt es auch bei Verwendung nicht resorbierbaren Nahtmaterials - außer dem äußeren Aspekt der Wunde - keinen stichhaltigen Beleg für den Abschluss der Wundheilung. Die Fäden werden dann entfernt, wenn nach ärztlichem Erfahrungswissen vermutet wird, dass die Wundheilung bereits so weit fortgeschritten ist, dass es verantwortet werden kann, die Fäden zu ziehen. Bei der Verwendung resorbierbaren Nahtmaterials ist deshalb der Abschluss der Wundheilung individuell auf den Tag zu legen, an dem ein verantwortungsvoller Arzt nach seinem Erfahrungswissen über den Wundheilungsverlauf, den Beschwerdeangaben des Patienten und dem äußeren Zustand der Wunde unter Einschluss der notwendigen Sicherheitsmargen, die bei der Verwendung resorbierbaren Materials möglicherweise entfallen, die Fäden gezogen hätte (BSG, Urteil vom 24. September 2003, a. a. O.).

An diesen Kriterien gemessen hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 1.147,24 EUR für die Behandlung der Versicherten in der Zeit vom 4. bis zum 16. Dezember 1999. Dabei kann der Senat offen lassen, ob im Falle der Versicherten aufgrund der Behandlung indikationsspezifischer Komplikationen der Zeitpunkt des Abschlusses der Wundheilung jedenfalls nicht vor dem 17. Dezember 1999 eingetreten ist. Soweit der Kläger allerdings meint, dass eine leichte Wundheilungsstörung im Bereich der Leiste und nicht des Thorax nicht dazu führen könne, dass die insoweit weiter notwendige Behandlung der Versicherten durch die Fallpauschale 9.021 mit umfasst sei, ist dies nicht richtig. Denn die Leistungsumschreibung der Fallpauschale 9.021 fordert den Abschluss der Wundheilung ohne Lokalisierung. Es ist daher unerheblich, ob die Wundheilungsstörung die Thorax- oder eine Extremitätenwunde betraf (BSG, Urteil vom 26. März 2003, a. a. O.).

Im vorliegenden Fall besteht der geltend gemachte Anspruch schon deshalb nicht, weil eine patientenbezogene und taggenaue Feststellung des Beendigungstatbestandes der Fallpauschale 9.021 durch die behandelnden Ärzte als Voraussetzung für die Abrechnung der Fallpauschale 9.022 nicht erfolgt ist. Eine Feststellung des Zeitpunktes des Abschlusses der Wundheilung in dem Sinne, dass Wundheilung an einem bestimmten Tag gegeben war, weil an diesem Tag Fäden gezogen worden wären, wenn nichtresorbierbares Nahtmaterial verwendet worden wäre, wurde von den Ärzten des Klägers nicht getroffen. Die Zeugin Dr. V konnte sich an die Versi-cherte nicht mehr erinnern. Der Zeuge M S hat ausgesagt, dass er sich an die Versicherte ebenfalls nicht mehr erinnern könne. Sie haben lediglich ausgesagt, dass sie sich regelmäßig vom Abschluss der Wundheilung durch die Einnahme des Augenscheins der Wunde und durch Ab-tasten des Wundbereichs, entsprechend den Kriterien der DGTHG überzeugt hätten. Auf diese Kriterien der DGTHG kann bei der Bestimmung des Zeitpunktes des Abschlusses der Wundheilung im Sinne der Fallpauschale 9.021 aber genauso wenig abgestellt werden(vgl. BSG, Urteil vom 24. September 2003, a. a. O.) wie auf die von dem ärztlichen Direktor der Beigela-denen entwickelten Grundsätze

Aufgrund dieser Sachlage lässt sich im Fall der Versicherten der Zeitpunkt des "Abschlusses der Wundheilung" im Sinne der streitbefangenen Fallpauschale nicht nachweisen. Es fehlt daher an dem Beendigungstatbestand der Fallpauschale 9.021 als tatbestandliche Voraussetzung der Fallpauschale 9.022. Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast, nach dem im Rah-men des anzuwendenden Rechts jeder die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage 2005, § 103 RdNr. 19 a), geht die Nichtbeweisbarkeit der anspruchsbegründenden Tatsache "Abschluss der Wundheilung" daher zu Lasten des Klägers. Denn er macht einen Anspruch geltend, für den der Abschluss der Wundheilung am 15. Dezember 1999 tatbestandliche Voraussetzung ist.

Die Widerklage ist begründet. Die Beklagte hat einen Anspruch auf Erstattung der von ihr für die Behandlung der Versicherten in dem Krankenhaus des Klägers gezahlten tagesgleichen Pflegesätze in Höhe von umgerechnet 1.172,21 EUR nebst 5 v. H. über dem jeweils gültigen Ba-siszinssatz für die Zeit ab dem 24. Juni 2000. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung des Klägers aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurück. Ergänzend ist lediglich noch auszufüh-ren, dass der Kläger nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast im Rahmen dieser Widerklage die Feststellungslast für die in diesem Zusammenhang anspruchsvernichtenden Tatsa-che, das Vorliegens des Beendigungstatbestandes der Fallpauschale 9.022, den Abschluss der Wundheilung bei der Versicherten zu dem von ihm behaupteten Zeitpunkt am 15. Dezember 1999 trägt. Die Nichtbeweisbarkeit dieser anspruchsvernichtenden Tatsache geht deshalb auch hier zu Lasten des Klägers.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG in der bis zum In-Kraft-Treten des 6. SGG Änderungsgesetzes am 2. Januar 2002 maßgeblichen Fassung (Urteil des BSG vom 31. Januar 2002, AZ: B 6 KR 20/01 R).

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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