S 26 KR 104/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 26 KR 104/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der zwischen ihnen im Oktober 2001 geschlossene Vertrag wirksam gekündigt worden ist bzw. ob er ganz oder teilweise über den 31.12.2003 hinaus fortbesteht.

Die Klägerin ist seit Jahren im sog. "Homecare"-Bereich tätig und hat sich dabei auf die Bereiche der Versorgung mit enteraler Ernährung laryngektomierte und tracheotomierter Patienten spezialisiert. Sie vertreibt auch Hilfsmittel für den gesamten Personenkreis. Sie verfügt diesbezüglich über eine Zulassung gemäß § 126 SGB V, wonach sie berechtigt ist, Versicherte aller Krankenkassen zu versorgen. Am 12./16.10.2001 schloss die Klägerin mit den Beigeladenen, vertreten durch den Vorsitzenden des Ortsausschusses Köln, einen Vertrag, in welchem die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten der Ersatzkassen mit Hilfsmitteln im Rahmen des §§ 33 Abs. 1 SGB V durch die Klägerin sowie die Abrechnung der Preise für die vertraglich vereinbarten Hilfsmittel geregelt sind. Grundlage des Vertrages ist § 127 Abs. 1 und 2 SGB V (vgl. § 1 Abs. 3 des Vertrages). In § 2 des Vertrages sind die beteiligten Ersatzkassen (u.a. die Beklagte) aufgeführt, für welche der Vertrag gilt. Nach § 6 Abs. 4 des Vertrages sind, wenn Vertragspreise vereinbart oder Festbeträge festgesetzt sind, diese zugrunde zu legen. Dem Vertrag ist als Anlage 1 und 2 eine Preisliste für die Produkte der Klägerin beigefügt. Gemäß § 14 Abs. 1 des Vertrages tritt dieser am 01.11.2001 in Kraft und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Er kann von den Vertragspartnern unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten zum Schluss eines Kalenderjahres, erstmalig zum 31.12.2003 schriftlich gekündigt werden. Nach § 14 Abs. 2 des Vertrags bestimmen sich die Laufzeiten und die Kündigungsfristen der Preisregelungen (Anlage 1 und 2) nach den dort getroffenen Regelungen. Dieser Vertrag wurde in der Folgezeit bundesweit angewandt. In der Sitzung der Kleinen Kommission "Hilfsmittel" der Beigeladenen am 12.10.2001 sprachen sich die Mitgliedskassen für eine Kündigung des Vertrages mit der Klägerin aus. Sie hielten aufgrund der festgeschriebenen Vertragspreise eine Steuerungsmöglichkeit durch die einzelnen Ersatzkassen nicht mehr für gewährleistet. Zudem sollten die Verträge mit Hilfsmittelerbringern im Bereich der enteralen Ernährung inhaltsgleich sein. Der Ortsausschuss Köln wurde aufgefordert, die Kündigung auszusprechen. Da mit der Neustrukturierung der Verbandsaufgaben die Tätigkeiten der Ortsausschüsse auf die Landesverbände übertragen wurden, übernahm die Landesvertretung NRW die Kündigung. Mit Schreiben vom 10.06.2002, der Klägerin zugegangen am 18.06.2002 kündigte der Leiter der Landesvertretung NRW der Beigeladenen, , gegenüber der Klägerin sowohl die Anlage 1 (Preisvereinbarung) fristgerecht zum 31.12.2002 sowie ferner den Gesamtvertrag fristgerecht zum 31.12.2003. Unterzeichnet ist das Kündigungsschreiben mit dem Namen. Mit Schreiben vom 20.06.2002 wies die Klägerin die Kündigung mangels ordnungsgemäßer Bevollmächtigung zurück und führte zur Begründung aus, sie sehe seitens des Landesverbandes keine Befugnis zur Kündigung des Vertrages. Die Landesvertretung NRW bat daraufhin um Mitteilung, vor welchem Hintergrund die Befugnis zur Kündigung des Vertrages in Frage gestellt werde. Weitere Ausführungen seitens der Klägerin erfolgten nicht. In der Folgezeit haben die Ersatzkassen, für welche der Vertrag vom 12./16.10.2001 galt, diesen seit dem 01.01.2004 nicht mehr angewendet.

Mit einem am 20.02.2004 beim Sozialgericht Köln eingegangenem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und gleichzeitiger Klage gegen 11 Krankenkassen versucht(e) die Klägerin, die weitere Anwendung des gekündigten Vertrages durchzusetzen. Durch Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 06.04.2004 (S 26 KR 103/04 ER) wurden die Eilanträge der Klägerin zurückgewiesen. Auf den Inhalt des allen Beteiligten bekannten Beschlusses wird in vollem Umfang Bezug genommen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat die Klägerin später zurückgenommen. Im Klageverfahren ist unter dem Datum des 26.05.2004 ein Ruhensbeschluss wegen des Schwebens von Vergleichsverhandlungen ergangen. Auf Antrag der Klägerin ist das Verfahren jedoch wieder aufgenommen worden. Seit August 2004 sind neue Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den einzelnen ursprünglich beklagten Ersatzkassen geschlossen worden. Im Erörterungstermin des Sozialgerichts Köln vom 25.11.2005 wurde mit den Beteiligten erörtert, dass angesichts der zwischenzeitlich abgeschlossenen neuen Vereinbarungen im Falle jeder beklagten Krankenkasse das Rechtsschutzbedürfnis geprüft werden müsse. Die beklagte Krankenkasse und die Klägerin haben dort übereinstimmend erklärt, in der Zeit von Januar bis Juli 2004 seien keine neuen Verträge zwischen der Klägerin und der beklagten abgeschlossen worden. Zumindest für diesen Zeitraum sei deshalb streitig, ob der alte Vertrag weiter gegolten habe. Daraufhin ist mit Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 25.11.2005 aus der gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung der Rechtsstreit bezüglich der restlichen Beklagten – außer der damaligen Beklagten zu 2) - abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 26 KR 227/05 geführt worden. Dieses abgetrennte Verfahren ist zwischenzeitlich zum Ruhen gebracht worden. Mit einem am 06.01.2006 beim Sozialgericht Köln eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin ihren ursprünglichen Klageantrag teils erweitert, teils eingeschränkt. Sie hält ein Rechtschutzinteresse für die Feststellungsklage für gegeben. Denn es gebe für den streitigen Zeitraum von Januar bis Juli 2004 noch über 1000 Einzelforderungen gegen die Beklagte, welche bisher nicht gerichtlich geltend gemacht worden seien. Da die Beklagte eine juristische Person des öffentlichen Rechts sei, könne davon ausgegangen werden, dass die Prozessökonomie hier die Erhebung einer Feststellungsklage geradezu gebiete. Die noch offenen Forderungen (teilweise eingeklagt, aber ruhend gestellt) gegen die Beklagte beliefen sich auf etwa 415.000 EUR. Die Beklagte sei auch passiv legitimiert, da sie Vertragspartnerin des streitgegenständlichen Vertrages sei, hingegen nicht die Beigeladenen. Im übrigen trägt die Klägerin im wesentlichen vor: Der streitgegenständliche Vertrag sei wirksam geschlossen worden, auch wenn das Sozialgericht Köln diese Frage in seinem Beschluss vom 06.04.2004 im Eilverfahren aufgeworfen habe. Es handele sich um einen Bundesvertrag, der entsprechend der Übung in der Vergangenheit immer mit dem Ortsausschuss Köln der Beigeladenen abgeschlossen worden sei; ein solcher Abschluss auf Bundesebene sei nach § 127 Abs. 2 SGB V alte Fassung auch zulässig gewesen. Herr sei im übrigen nicht zur Kündigung des streitgegenständlichen Vertrages befugt gewesen; jedenfalls sei dies nicht nachgewiesen. Den Vertrag habe er seinerzeit nicht unterzeichnet. Er sei der Klägerin auch nicht bekannt. Auch sei er ihr nicht im Sinne des § 212 Abs. 5 Satz 4 SGB V benannt worden. Es liege auch keine vereinsrechtliche Organvertretung des Kündigenden Herrn vor. Es könne sein, dass er der Leiter der Landesvertretung NRW sei. Bei letzterer handele es sich um eine rechtlich nicht selbständige Nebenstelle, so dass dem Leiter einer solchen Stelle keine Vertretungsmacht für die Beigeladenen zukomme. In den Satzungen der Beigeladenen sei die Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 30 BGB nicht vorgesehen. Herr sei auch nicht als besonderer Vertreter bestellt und/oder in das Vereinsregister eingetragen worden. Nach den zulässigen Nachwirkungsvereinbarungen in Anlage 1 und 2 zum streitgegenständlichen Vertrag würden im übrigen die gekündigten Preisvereinbarungen bis zum Abschluss einer neuen Preisvereinbarung weiter gelten. Trotz der Kündigung der Anlage 1 (Preisvereinbarung) habe die Beklagte im gesamten Jahr 2003 die Leistungserbringung zu den vertraglich vereinbarten Preisen und ohne vorherige Einreichung eines Kostenvoranschlags zugelassen. Die Klägerin habe deshalb davon ausgehen können, dass an der Kündigung nach der Zurückweisung vom 20.06.2002 nicht mehr festgehalten werde.

Die Klägerin beantragt zuletzt schriftlich,

festzustellen,

dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag vom 12.10.2001/16.10.2001 durch die Kündigung vom 10.06.2002 nicht wirksam beendet worden ist, sondern über den 31.12.2003 unverändert fortbestanden hat;

hilfsweise festzustellen,

dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag vom 12.10.2001/16.10.2001 zumindest in der Zeit vom 01.01.2004 bis 31.07.2004, während der die Parteien keine abweichende Neuvereinbarung geschlossen haben, unverändert fortbestanden hat und im Hinblick auf die in Anlage 1 zum Vertrag vom 12.10.01/16.10.01 geregelte Versorgung mit Hilfsmitteln für Laryngektormierte und Tracheotomierte nach wie vor unverändert fortbesteht;

hilfsweise festzustellen,

dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag vom 12.10.2001/16.10.2001 zumindest in der Zeit vom 01.01.2004 bis 31.07.2004, während der die Parteien keine abweichende Neuvereinbarung geschlossen haben, unverändert fortbestanden hat,

hilfsweise festzustellen,

dass die Beklagte ausweislich der Nachwirkungsklausel in Anlage 2 zum Vertrag vom 12.10.01/16.10.01 verpflichtet war, zumindest für die Zeit vom 01.01.2004 bis 31.07.2004 für den Produktbereich enterale Ernährung die vertraglich vereinbarte Vergütung fortzuentrichten und dass die Beklagte ausweislich der Nachwirkungsklausel der in Anlage 1 zum Vertrag vom 12.10.01/16.10.01 geregelten Versorgung mit Hilfsmitteln für Laryngektomierte und Tracheotomierte mangels neu abgeschlossener Preisvereinbarung bis zum heutigen Tag verpflichtet ist, die vertraglich vereinbarte Vergütung fortzuentrichten.

Die Beklagte beantragt schriftlich,

die Klage abzuweisen.

Sie hält bereits ein Feststellungsinteresse nicht für gegeben. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sei die Feststellungsklage gegenüber einer Leistungsklage grundsätzlich subsidiär. Mit einer Entscheidung über die Wirksamkeit des Vertrags im streitgegenständlichen Verfahren sei noch keine Erledigung der anhängigen oder noch nicht zur Klage gebrachten offenen Versorgungsfälle verbunden. Im übrigen bestünden erhebliche Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit des streitgegenständlichen Vertrages. Herr als Vorsitzender des Ortsausschusses Köln der Beigeladenen habe seinerzeit keine Vollmacht besessen. Der Vertrag sei von der Beklagten auch nicht nachträglich genehmigt worden, so dass er unwirksam sei. In jedem Fall sei der Vertrag aber wirksam gekündigt worden. Die Beigeladenen seien eingetragene Vereine. Auf dem Briefbogen der Kündigung sei der Leiter der Landesvertretung NRW vermerkt. Dieser sei gemäß § 30 BGB ein Vereinsorgan mit beschränkter Zuständigkeit für das Vertragsgeschäft. Dies ergebe sich aus der Satzung der Beigeladenen in Verbindung mit der Geschäftsordnung. § 174 BGB sei auf Vertreter nach § 30 BGB nicht anwendbar. Im übrigen schließt sich die Beklagte hinsichtlich der zuletzt geltend gemachten Hilfsanträge der Klägerin dem Vortrag der Beigeladenen an.

Die Beigeladenen beantragen schriftlich,

die Klage abzuweisen.

Sie vertreten die Auffassung, es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungsklage. Zwischenzeitlich seien auch mit der Beklagten neue Verträge geschlossen worden und bezüglich der vertragslosen Zeit eine Vielzahl von Einzelklagen durch die Klägerin erhoben worden. Genau mit diesen müsse sie ihr vermeintliches Recht geltend machen. Im übrigen seien die Beklagten nicht passiv legitimiert. Auch wenn die streitgegenständliche Vereinbarung "mit Wirkung für die Mitgliedskassen" geschlossen worden sei, so blieben doch Vertragspartner die Beigeladenen. Wenn es um die Wirksamkeit des Vertrages gehe, so müssten auch die Beigeladenen als Vertragspartner verklagt werden. Im übrigen sei der gekündigte Vertrag auf der Landesebene abgeschlossen worden, und zwar auf der Grundlage des § 127 SGB V in der damals geltenden Fassung. Dass die Produkte der Klägerin mit Sitz in NRW dann auch in anderen Bundesländern zu den gleichen Konditionen hätten vertrieben werden können, ändere nichts daran, dass es sich um einen Vertrag auf Landesebene handele. Zum Zeitpunkt der Kündigung sei der Ortsausschuss Köln nicht mehr existent gewesen; dessen Befugnisse seien gänzlich auf die Landesvertretung übertragen worden. Die Bundesebene hingegen sei nie Vertragspartner gewesen; hierfür habe auch keine gesetzliche Grundlage nach § 127 Abs. 1 SGB V a.F. bestanden. Im Verfahren S 26 KR 103/04 ER haben die Beigeladenen vorgetragen, Herr sei vom 01.01.1990 bis 31.03.2003 Leiter der Landesvertretung NRW der Beigeladenen mit Sitz in gewesen. Im übrigen könnten die Nachwirkungsklauseln in den Preisvereinbarungen nur dann Wirksamkeit entfalten, wenn die dieser Anlage vorgeschaltete Hauptvereinbarung überhaupt noch wirksam sei. Die Nachwirkungsklausel gelte nur bei der isolierten Kündigung einer Preisvereinbarung. Darum werde hier aber nicht gestritten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zahlreichen und umfangreichen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und die beigezogenen Gerichtsakten mit dem Aktenzeichen S 26 KR 103/04 ER Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis mit den Beteiligten konnte die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§124 Abs.2 SGG). Das Sozialgericht Köln ist für den angerufenen Rechtsstreit zuständig, weil der Sitz der Klägerin in dessen Bezirk liegt (§ 57 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz SGG). § 57a SGG ist hier nicht anwendbar; denn diese Vorschrift betrifft nur Kassenarztangelegenheiten (vgl. Bundessozialgericht – BSG – Beschluss vom 27.05.2004 -B 7 SF 6/04 S). Ob hier um die Gültigkeit eines Vertrages auf Landes- oder auf Bundesebene gestritten wird, ist deshalb für die örtliche Zuständigkeit irrelevant, da der Rechtsstreit krankenversicherungsrechtlicher Art ist.

Die Feststellungsklage ist zwar zulässig, jedoch bezüglich aller Anträge unbegründet. Dem Feststellungsbegehren der Klägerin kann nicht das nach § 55 SGG erforderliche Feststellungsinteresse abgesprochen werden. Zwar kann die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG), zu dem auch das Fortbestehen eines Vertrages gehört, mangels berechtigten Interesses an der alsbaldigen Feststellung grundsätzlich nicht verlangt werden, wenn ein Kläger seine Rechte durch eine Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können, innerhalb der das Gericht zu dem streitigen Rechtsverhältnis ohnehin eine Entscheidung zu treffen hätte. Grundsätzlich muss dann vermieden werden, dass Gerichte noch einmal in Anspruch genommen werden müssen, weil sich der Beklagte einem nur feststellenden Urteil nicht beugt und es deshalb eines weiteren Titels mit vollstreckbarem Inhalt bedarf. Bei Feststellungsklagen gegen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, zu denen auch die Krankenkassen – wie hier auch die Beklagte – gehören, kann jedoch angenommen werden, dass solche Beklagte aufgrund ihrer Bindung an Gesetz und Recht den Kläger auch ohne Leistungsurteil mit Vollstreckungsdruck befriedigen werden (vgl. Urteile des BSG vom 22.07.2004 – B 3 KR 12/04 R und vom 13.03.2001 – B 3 P 10/00 R).

Unstreitig sind hier noch ca. 1000 Einzelforderungen der Klägerin gegen die Beklagte für den Zeitraum von Januar bis Juli 2004 offen (i. H. v. ca. 415.000 EUR) ,die zwar teils schon mit Leistungsklagen geltend gemacht wurden, jedoch ruhend gestellt sind. Aufgrund der Prozessökonomie hält es das Gericht für zweckmäßig, dass zur Meidung von weiteren Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten separat über die Frage des Fortbestehens des Vertrages aus Oktober 2001 entschieden wird; denn bei den bereits anhängigen (ruhenden) Leistungsklagen der Klägerin besteht die Gefahr, dass der Anspruch der Klägerin schon aus anderen rechtlichen Gründen scheitert (z. B. wegen der nicht nachgewiesenen Lieferung speziell an einen Versicherten der beklagten Krankenkasse). Derartige Erfahrungen hat die 26. Kammer schon mit anderen Klagen der Klägerin sammeln müssen. Aus diesem Grunde hält die Kammer hier die Feststellungsklage für zulässig, weil damit exakt über das Fortbestehen des Vertrages entschieden werden kann, ohne dass noch eine rechtliche Auseinandersetzung mit möglicherweise konkurrierenden Aspekten erfolgen muss. Außerdem ist zu erwarten, dass durch ein bestandskräftiges Urteil über die Fortgeltung des Vertrags aus Oktober 2001 im streitigen Zeitraum vielen bislang noch nicht beim Gericht anhängigen Streitigkeiten unter den Beteiligten die Grundlage entzogen wird. Die Klägerin hat ihre Feststellungsklage auch zu Recht gegen die Beklagte und nicht gegen die Beigeladenen gerichtet. Denn mit der Feststellungsklage soll im Ergebnis geklärt werden, ob sich die Einzelheiten der Versorgung der Versicherten (u. a.) der Beklagten (und nicht der Beigeladenen) für den Zeitraum von Januar bis Juli 2004 weiter nach den vertraglichen Regelungen aus Oktober 2001 richten.

Adressaten dieses Streits waren insoweit die in § 2 des Vertrags genannten Ersatzkassen – u. a. die Beklagte -. Hingegen ergeben sich für die Beigeladenen keine Verpflichtungen aus dem streitigen Vertrag, weil sie keine Versicherten haben. Die Passivlegitimation der Beklagten ist deshalb zu bejahen. Die Begründetheit der Klage scheitert entgegen der Auffassung der Beklagten nicht schon daran, dass der Vertrag vom 12./16.10.2001 von Anfang an unwirksam war und deshalb gar nicht gekündigt werden musste. Nach Auffassung der Kammer handelt es sich um einen Vertrag auf Landesebene: denn gemäß § 1 Abs. 3 des Vertrags ist Grundlage desselben ausdrücklich § 127 Abs. 1 und 2 SGB V. § 127 Abs. 1 SGB V in der im Oktober 2001 gültigen Fassung (im Folgenden: a. F.) sah aber nur Verträge auf Landesebene vor. In solchen Verträgen (auf Landesebene) konnten sich Leistungserbringer bereit erklären, Hilfsmittel zu den festgesetzten Festbeträgen oder zu niedrigeren Beträgen bzw. - falls Festbeträge noch nicht existierten – zu anderen Preisen abzugeben (§ 127 Abs. 2 SGB V a.F.). Dies ist hier mit den Anlagen 1 und 2 zum Vertrag vom 12./16.10.2001 in Preisvereinbarungen geschehen (und nicht etwa mit selbständigen Preisvereinbarungen). Da die Klägerin ihren Sitz in NRW hat und für die Beigeladenen beim Vertragsabschluss Herr vom Ortsausschuss Köln der Beigeladenen agiert hat, handelt es sich offensichtlich um einen für NRW gültigen Vertrag mit Preisvereinbarungen als Anlagen. Dass dieser Vertrag dann stillschweigend oder in anderer Weise auch auf die Versicherten der beteiligten Ersatzkassen in anderen Bundesländern angewendet worden ist, qualifiziert den Vertrag nicht automatisch als Vertrag auf Bundesebene.

Nach den unstreitigen Angaben der Klägerin hat diese in der Vergangenheit Verträge immer mit dem Ortsausschuss Köln der Beigeladenen abgeschlossen. Diese Verträge sind auch von der Beklagten bislang im Verhältnis zur Klägerin immer angewendet worden, der streitige Vertrag nebst Anlagen auch nach der Kündigung noch bis Ende 2003. Dem Einwand der Beklagten, sie habe Herrn vom Ortsausschuss Köln seinerzeit keine Abschlussvollmacht erteilt und den Vertrag von Oktober 2001 auch nicht nachträglich genehmigt, misst die Kammer deshalb keine entscheidungsrelevante Bedeutung vor. Denn es verstößt gegen Treu und Glauben, wenn die Beklagte einerseits über zwei Jahre den Vertrag anwendet und "mit Leben erfüllt" und sich dann auf dessen Unwirksamkeit beruft, weil er jedenfalls für sie nicht wirksam abgeschlossen sei. Der auf der Landesebene NRW abgeschlossene Vertrag vom 12./16.10.2001 nebst Preisvereinbarungen ist mit Kündigungsschreiben vom 10.06.2002 wirksam zu den dort angegebenen Fristen gekündigt worden. Der Gesamtvertrag konnte erstmalig zum 31.12.2003 unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten zum Schluss eines Kalenderjahres schriftlich gekündigt werden (§ 14 Abs. 1 des Vertrags). Die Anlagen zu diesem Vertrag (Preisvereinbarungen) konnten mit einer Frist von 6 Monaten zum Quartalsende erstmals zum 31.12.2002 gekündigt werden (vgl. § 14 Abs. 2 des Vertrages in Verbindung mit den Kündigungsregelungen in den Anlagen). Eine gekündigte Preisvereinbarung sollte bis zum Abschluss einer neuen Preisvereinbarung weiter gelten. Der auf der Landesebene NRW abgeschlossene Vertrag vom 12./16.10.2001 konnte vom Leiter der Landesvertretung NRW der Beigeladenen wirksam gekündigt werden. Bei diesem handelte es sich um einen besonderen Vertreter der Beigeladenen i.S.d. § 30 BGB, welche als Vereine organisiert sind. Nach der letztgenannten Vorschrift kann durch die Satzung bestimmt werden, dass neben dem Vorstand für gewisse Geschäfte besondere Vertreter zu bestellen sind. Die Vertretungsmacht eines solchen Vertreters erstreckt sich im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 der im Zeitpunkt der Kündigung gültigen Satzung der Beigeladenen besteht in jedem Bundesland eine Landesvertretung aus Geschäftsstelle und Landesausschuss. Die Landesvertretungen arbeiten nach einer vom Gesamtvorstand erlassenen Geschäftsordnung und nach den von ihm gegebenen Richtlinien (§ 13 Abs. 3 der Satzung der Beigeladenen). Gemäß § 1 Abs.2 Satz 1 der zum Zeitpunkt der Kündigung gültigen Geschäftsordnung für die Landesvertretungen der Beigeladenen werden die Geschäfte der Landesvertretungen von dem Leiter/der Leiterin der Landesvertretung geführt. Für den Abschluss der (sogenannten) übrigen Verträge im Land, zu denen auch die im Rahmen des § 127 SGB V gehören, ist gemäß § 4 Abs. 2 der Geschäftsordnung die Landesvertretung zuständig. Beim Abschluss solcher Verträge auf Landesebene vertritt der Leiter/die Leiterin der Landesvertretung die Ersatzkassen und ihre Verbände; er/sie ist insoweit der/die Bevollmächtigte nach § 212 Abs. 5 Satz 4 SGB V und nach § 52 Abs. 1 Satz 2 SGB XI (vgl. § 4 Abs. 4 Geschäftsordnung). Damit war der Leiter der Landesvertretung NRW, Herrn zum Zeitpunkt der Kündigung im Juni 2002 für das Vertragsgeschäft im Rahmen des § 127 SGB V kraft Satzung in Verbindung mit der Geschäftsordnung zuständig. Für den Abschluss von Verträgen i.S. des § 127 SGB V ist dies in der Geschäftsordnung ausdrücklich geregelt. Für die Kündigung solcher Verträge auf Landesebene greift die Vermutung des § 30 Satz 2 BGB ein: Danach erstreckt sich die Vertretungsmacht eines besonderen Vertreters im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt. Dass derjenige, der für einen Verein Verträge abschließen darf, gewöhnlich auch zur Kündigung derselben berechtigt ist, liegt nach Auffassung der Kammer auf der Hand. Die Person des besonderen Vertreters muß im übrigen in der Satzung selbst nicht bestimmt werden (vgl. Bayrisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 23.12.1998 – 3 Z BR 257/98). Herr ist deshalb bei der Kündigung als besonderer Vertreter i.S.d. § 30 BGB tätig geworden. Als solcher musste er nicht in das Vereinsregister eingetragen werden. Denn § 64 BGB in der zur Zeit der Kündigung geltenden Fassung von 2002 (Inhalt der Vereinsregistereintragung) sieht lediglich vor, dass bei der Eintragung der Name und der Sitz des Vereins, der Tag der Errichtung der Satzung, die Mitglieder des Vorstands und ihre Vertretungsmacht anzugeben sind.

Soweit sich die Klägerin auf anders lautende zivilgerichtliche Rechtsprechung bezieht, ist diese entweder unter der Geltung einer heute nicht mehr gültigen Fassung des § 64 BGB oder zu der (hier nicht interessierenden) Frage ergangen, ob ein Verein verlangen kann, dass ein besonderer Vertreter in das Vereinsregister eingetragen wird (vgl. z.B. Bayrisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 11.03.1981 – B Reg 2 Z 12/81). Im Jahr 2002 jedenfalls war nach § 64 BGB nicht erforderlich, dass der besondere Vertreter im Handelsregister eingetragen ist (vgl. auch Landgericht Chemnitz, Beschluss vom 05.02.2001 – 11 T 2375/00). Eine Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB wegen Nichtvorlage einer Vollmachtsurkunde ist nach herrschender Meinung bei besonderen Vertretern des § 30 BGB nicht möglich (vgl. Palandt – Heinrichs, § 174 BGB Rnr ... 1 b mit weiteren Hinweisen; BAG, Urteil, vom 18.01.1990 – 2 AZR 358/89). Die Wirksamkeit der Kündigung scheitert auch nicht daran, dass Herr der Klägerin nicht i.S.d. § 212 Abs. 5 Satz 4 SGB V benannt worden ist. Nach dieser Vorschrift sollen die Ersatzkassen und ihre Verbände für alle auf der Landesebene abzuschließenden Verträge einen Bevollmächtigten mit Abschlussbefugnis benennen. Hier ging es jedoch nicht um den Abschluss eines Vertrages bzw. die Übertragung und Bündelung der regionalen Verhandlungskompetenz auf einen mit weitreichenden Vollmachten ausgestatteten Verhandlungsführer, sondern um eine einseitige Willenserklärung – nämlich die Kündigung -. Auf Kündigungen kann die Vorschrift des § 212 Abs. 5 Satz 4 SGB V nach ihrem klaren Wortlaut jedoch nicht angewendet werden. Aus der Tatsache, dass der Vertrag und die Anlagen (Preisvereinbarungen) noch bis Ende 2003 von der Beklagten angewendet wurden, konnte die Klägerin nicht den Schluss ziehen, dass damit die Kündigung als gegenstandslos betrachtet worden ist. Denn der Gesamtvertrag konnte erst zum 31.12.2003 gekündigt worden, was auch fristgerecht zu diesem Termin geschehen ist. Die gekündigten Preisvereinbarungen sollten bis zum Abschluss einer neuen Preisvereinbarung weiter gelten. Dies kann nach verständiger Würdigung nur so interpretiert werden, dass die isoliert gekündigte Preisvereinbarung – solange der Gesamtvertrag noch besteht – zunächst weiter gilt. Werden aber Gesamtvertrag und Anlagen zusammen gekündigt, so kann die Preisvereinbarung als bloße Anlage zum Vertrag nur so lange weiter gelten, wie der Gesamtvertrag noch besteht.

Folgerichtig hat die Beklagte die Preisvereinbarung auch noch bis zur Beendigung des Gesamtvertrages, also bis Ende 2003 angewendet. Aus dem vertragsgerechten Verhalten der Beklagten kann die Klägerin kein venire contra factum proprium ableiten. Da die Anlagen (Preisvereinbarungen) das Schicksal des Gesamtvertrags teilen, können erstere über Ende 2003 hinaus keine Wirksamkeit beanspruchen.

Die Klage konnte deshalb aus keinem erdenklichen Gesichtspunkt Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO.
Rechtskraft
Aus
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