Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 58 AL 5107/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 AL 38/04-14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von Insolvenzgeld für die Zeit vom 21. Mai 2002 bis 30. Juni 2002.
Der 1968 geborene Kläger war seit August 1999 bei der Firma K (im Folgenden: Arbeitgeber) als Kraftfahrer beschäftigt. Vereinbart war ein monatliches Bruttoentgelt von 829,59 Euro, der Kläger erhielt fortlaufend Arbeitslohn bis April 2002. Der Arbeitgeber beantragte am 17. Mai 2002 beim Amtsgericht C die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, weil er seine fälligen Zahlungspflichten nicht mehr erfüllen könne. Das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis kündigte er mit Schreiben vom 18. Mai 2002 fristlos zum 20. Mai 2002. Als Kündigungsgrund war Insolvenz angegeben, ab sofort könne keine Geschäftstätigkeit mehr ausgeführt werden. Der Kläger erhob mit Schriftsatz vom 27. Mai 2002 Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht B und beantragte am 13. Juni 2002 die Gewährung von Insolvenzgeld bei der Beklagten. Der Arbeitgeber nahm den Insolvenzantrag am 25. Juni 2002 gegenüber dem Amtsgericht C wieder zurück. Der Kläger verglich sich mit ihm am 13. März 2003 vor dem Arbeitsgericht B, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund fristgemäßer arbeitgeberseitiger Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen (Insolvenz des Arbeitgebers) am 30. Juni 2002 sein Ende gefunden habe. Der bis dahin geschuldete Arbeitslohn werde noch gezahlt werden.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger Insolvenzgeld durch Bescheid vom 05. Juni 2003 für den Zeitraum vom 01. Mai 2002 bis 20. Mai 2002 in Höhe von 309,10 Euro. Der Kläger erhob Widerspruch, mit dem er geltend machte, dass seine Vollstreckungsversuche gegen den Arbeitgeber wegen des ausstehenden Arbeitslohnes bis Juni 2002 fruchtlos geblieben seien. Dies sei bei der Bemessung des Insolvenzgeldes zu berücksichtigen. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 23. September 2003). Der 21. Mai 2002 sei als Insolvenztag festzusetzen gewesen, weil dem Kläger fristlos zum 20. Mai 2002 wegen Insolvenz und sofortiger Einstellung der Geschäftstätigkeit gekündigt worden sei. Für entgangenes Arbeitsentgelt über den Insolvenztag hinaus könne kein Insolvenzgeld gewährt werden.
Mit der am 02. Oktober 2003 bei dem Sozialgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung von Insolvenzgeld für den Zeitraum vom 21. Mai 2002 bis 30. Juni 2002. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 26. März 2004), nachdem es den
Arbeitgeber als Zeugen vernommen hat. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Beklagte den Insolvenztag zutreffend auf den 21. Mai 2002 festgelegt habe. Dies sei der Tag der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit bei Masselosigkeit gewesen. Der vorher gestellte Insolvenzantrag sei durch seine Rücknahme gegenstandslos geworden. Aus der Vernehmung des Zeugen K und den Angaben des vom Insolvenzgericht bestellten Sachverständigen ergebe sich, dass die Firma K am 20. Mai 2002 "endgültig am Ende" gewesen sei. Dass der Arbeitgeber noch Aufträge akquiriert habe, begründe nicht die Annahme einer Fortführung des Betriebs. Werde allein auf den Fortführungswillen abgestellt, liege bis zum heutigen Tage kein Insolvenzereignis vor, weil dieser nach wie vor vorhanden sei.
Gegen das ihm am 06. Mai 2004 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 26. Mai 2004. Der Kläger trägt vor, dass zu Unrecht von einer endgültigen Betriebseinstellung am 20. Mai 2002 ausgegangen werde. Der Zugang der Kündigung an diesem Tag reiche nicht aus. Sein Arbeitgeber habe während des Insolvenzverfahrens und auch bei der Vernehmung vor dem Sozialgericht Berlin bekundet, dass er bei Stellung des Insolvenzantrages zunächst noch die Fortführung des Unternehmens beabsichtigt habe. Der Insolvenzantrag sei zurückgenommen worden, weil der Insolvenzverwalter das Unternehmen habe zerschlagen wollen. Noch im Juni 2002 habe der Arbeitgeber Aufträge akquiriert. Auch seine im arbeitsgerichtlichen Verfahren erklärte Bereitschaft, rückständiges Arbeitsentgelt an den Kläger zu zahlen, belege die Fortsetzungsabsicht, da nur so die Zahlungen hätten erwirtschaftet werden können. Soweit das Sozialgericht formuliere, es sei von einem bis heute bestehenden Fortsetzungswillen auszugehen, übersehe es, dass der Arbeitgeber am 30. Juni 2002 die Fortführung des Unternehmens aufgegeben habe, nachdem eine Einigung mit dem Finanzamt gescheitert sei. Bis dahin habe er sich aber beispielsweise um die Freigabe seiner Konten bemüht, was den Willen zur Fortführung des Geschäfts belege. Über seinen jetzigen Arbeitgeber habe der Kläger erfahren, dass sein ehemaliger Arbeitgeber ein Angebot auf Durchführung von Transportleistungen abgegeben habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2004 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2003 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 21. Mai 2002 bis 30. Juni 2002 Insolvenzgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Insolvenzgeldakte der Beklagten (allgemeiner Teil und den Kläger betreffender Teil) sowie die Akte des Amtsgerichts C mit dem Aktenzeichen verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung kann keinen Erfolg haben. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weiteres Insolvenzgeld für die Zeit vom 21. Mai 2002 bis zum 30. Juni 2002.
Arbeitnehmer haben nach § 183 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB III) Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate noch Anspruch auf Arbeitsentgelt haben. Hat ein Arbeitnehmer in Unkenntnis eines Insolvenzereignisses weitergearbeitet oder
die Arbeit aufgenommen, so besteht der Anspruch für die dem Tag der Kenntnisnahme vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses (§ 183 Abs. 2 SGB III). Der Anspruch auf Zahlung weiteren Insolvenzgeldes scheitert daran, dass der Betrieb bereits am 20. Mai 2002 eingestellt wurde.
Fraglich ist vorliegend schon, ob überhaupt ein Insolvenzereignis eingetreten ist, das einen Anspruch auf Insolvenzgeld begründen könnte. Als Insolvenzereignis kommt allein die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III in Betracht, da der vom Arbeitgeber zunächst gestellte Insolvenzantrag zurückgenommen worden ist. Ein zurückgenommener Insolvenzantrag gilt als von Anfang an nicht gestellt, sodass nach erfolgter Rücknahme das Insolvenzereignis der vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit eintreten kann (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 30. Oktober 1991 – 10 RAr 3/91 ). Neben der vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit und dem Nichtvorliegen eines Insolvenzantrages setzt § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III aber voraus, dass ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt. Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BSG gegeben, wenn alle äußeren Tatsachen und insofern der Anschein für die Masseunzulänglichkeit sprechen (BSG, Urteil vom 4. März 1999 – B 11/10 AL 3/98 R ). Der vorläufig eingesetzte Insolvenzverwalter hat dem Amtsgericht C indessen berichtet, dass der Arbeitgeber angegeben habe, aus gekündigten Lebensversicherungen Zahlungen in Höhe von ca. 20.000 Euro zu erwarten und auf seinen Konten Guthaben in Höhe von etwa 4.500 Euro zu haben. Insoweit gibt es Anzeichen, welche für das Vorhandensein einer zumindest die Kosten des Insolvenzverfahrens deckenden Masse sprechen. Die Frage der Masseunzulänglichkeit kann jedoch dahingestellt bleiben.
Entscheidend gegen den Anspruch auf Insolvenzgeld für die Zeit vom 21. Mai 2002 bis 30. Juni 2002 spricht, dass der Betrieb dann erst nach dem 20. Mai 2002 eingestellt worden sein bzw. der Kläger in Unkenntnis des Insolvenzereignisses noch weiter gearbeitet haben müsste. Die Betriebstätigkeit ist vollständig beendet, wenn keine Arbeiten mehr erfolgen, die dem von der Art des jeweiligen Betriebs abhängigen – Betriebszweck zu dienen bestimmt sind (vgl. BSG, Urteil vom 05. Juni 1981, 10/8b RAr 3/80 und Urteil vom 08. Februar 2001 – B 11 AL 27/00 R –). Der Arbeitgeber betrieb ein Fuhrunternehmen, wie der in der mündlichen Verhandlung persönlich gehörte Kläger bestätigt hat. Der Beschäftigungsbetrieb war folglich
dadurch gekennzeichnet, dass Fahrzeuge vorhanden waren und Arbeitnehmer zur Durchführung von Transportaufgaben bereit standen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass nach dem 20. Mai 2002 diese betrieblichen Mittel noch zum Einsatz kamen, um dem Betriebszweck dienliche Tätigkeiten zu verrichten.
Für die Tatsache der Betriebseinstellung am 20. Mai 2002 spricht, dass dieses Datum vom (vorläufig eingesetzten) Insolvenzverwalter gegenüber dem Amtsgericht C, vom Arbeitgeber gegenüber der Beklagten und auch zunächst noch vom Kläger in dem von ihm selbst ausgefüllten Antragsformular als Tag der Betriebseinstellung angegeben worden ist. Vor dem Sozialgericht hat der als Zeuge gehörte Arbeitgeber erklärt, dass nach dem 20. Mai 2002 "unmittelbar auf den Betriebszweck bezogene Tätigkeiten" nicht mehr erbracht worden seien. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht hat auch der Kläger die Betriebseinstellung zum 20. Mai 2002 nicht in Frage gestellt.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der mit der Berufung angeführten Absicht des Arbeitgebers, den Betrieb weiter fortzuführen, den Bemühungen um weitere Aufträge sowie der noch nach dem 20. Mai 2002 beobachteten Fahrt eines zum Betrieb gehörenden Fahrzeugs. Der Fortführungswille belegt keine betriebliche Tätigkeit. Für das Bemühen um weitere Aufträge gilt nichts anderes, weil nach der Kündigung sämtlicher Arbeitnehmer zum 20. Mai 2002 keine Arbeitskräfte für die Auftragsausführung mehr zur Verfügung standen. Dass ein Bemühen um weitere Aufträge nicht notwendig mit dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers in Zusammenhang steht, zeigt der Vortrag des Klägers aus der mündlichen Verhandlung, sein (ehemaliger) Arbeitgeber habe noch in der zweiten Hälfte des Jahres 2004 Angebote für Transportleistungen abgegeben. Dieser Zeitpunkt liegt nämlich lange nach der von der Klägerseite für maßgeblich erachteten Betriebseinstellung zum 30. Juni 2002. Die nach dem 20. Mai 2002 beobachtete Fahrt eines Betriebsfahrzeuges widerlegt nicht die Aussage des Arbeitgebers, es seien keine dem Betriebszweck dienenden Tätigkeiten mehr vorgenommen worden, weil es eine Überführungsfahrt gewesen sein kann.
Da der Senat danach zu der Überzeugung gekommen ist, dass der Betrieb am 20. Mai 2002 eingestellt wurde, fehlt es für einen Anspruch des Klägers gemäß § 183 Abs. 1 SGB III auf Zahlung weiteren Insolvenzgeldes ab 21. Mai 2002 an der Voraussetzung eines Anspruches auf Arbeitsentgelt für einen dem Insolvenzereignis vorausgehenden Zeitraum. Aus § 183 Abs. 2 SGB III ergibt sich kein Insolvenzgeldanspruch, weil der Kläger durch die erhaltene Kündigung über die Betriebseinstellung zum 20. Mai 2002 informiert war.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) unter Berücksichtigung des Ergebnisses in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von Insolvenzgeld für die Zeit vom 21. Mai 2002 bis 30. Juni 2002.
Der 1968 geborene Kläger war seit August 1999 bei der Firma K (im Folgenden: Arbeitgeber) als Kraftfahrer beschäftigt. Vereinbart war ein monatliches Bruttoentgelt von 829,59 Euro, der Kläger erhielt fortlaufend Arbeitslohn bis April 2002. Der Arbeitgeber beantragte am 17. Mai 2002 beim Amtsgericht C die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, weil er seine fälligen Zahlungspflichten nicht mehr erfüllen könne. Das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis kündigte er mit Schreiben vom 18. Mai 2002 fristlos zum 20. Mai 2002. Als Kündigungsgrund war Insolvenz angegeben, ab sofort könne keine Geschäftstätigkeit mehr ausgeführt werden. Der Kläger erhob mit Schriftsatz vom 27. Mai 2002 Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht B und beantragte am 13. Juni 2002 die Gewährung von Insolvenzgeld bei der Beklagten. Der Arbeitgeber nahm den Insolvenzantrag am 25. Juni 2002 gegenüber dem Amtsgericht C wieder zurück. Der Kläger verglich sich mit ihm am 13. März 2003 vor dem Arbeitsgericht B, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund fristgemäßer arbeitgeberseitiger Kündigung aus dringenden betrieblichen Gründen (Insolvenz des Arbeitgebers) am 30. Juni 2002 sein Ende gefunden habe. Der bis dahin geschuldete Arbeitslohn werde noch gezahlt werden.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger Insolvenzgeld durch Bescheid vom 05. Juni 2003 für den Zeitraum vom 01. Mai 2002 bis 20. Mai 2002 in Höhe von 309,10 Euro. Der Kläger erhob Widerspruch, mit dem er geltend machte, dass seine Vollstreckungsversuche gegen den Arbeitgeber wegen des ausstehenden Arbeitslohnes bis Juni 2002 fruchtlos geblieben seien. Dies sei bei der Bemessung des Insolvenzgeldes zu berücksichtigen. Der Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 23. September 2003). Der 21. Mai 2002 sei als Insolvenztag festzusetzen gewesen, weil dem Kläger fristlos zum 20. Mai 2002 wegen Insolvenz und sofortiger Einstellung der Geschäftstätigkeit gekündigt worden sei. Für entgangenes Arbeitsentgelt über den Insolvenztag hinaus könne kein Insolvenzgeld gewährt werden.
Mit der am 02. Oktober 2003 bei dem Sozialgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung von Insolvenzgeld für den Zeitraum vom 21. Mai 2002 bis 30. Juni 2002. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 26. März 2004), nachdem es den
Arbeitgeber als Zeugen vernommen hat. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Beklagte den Insolvenztag zutreffend auf den 21. Mai 2002 festgelegt habe. Dies sei der Tag der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit bei Masselosigkeit gewesen. Der vorher gestellte Insolvenzantrag sei durch seine Rücknahme gegenstandslos geworden. Aus der Vernehmung des Zeugen K und den Angaben des vom Insolvenzgericht bestellten Sachverständigen ergebe sich, dass die Firma K am 20. Mai 2002 "endgültig am Ende" gewesen sei. Dass der Arbeitgeber noch Aufträge akquiriert habe, begründe nicht die Annahme einer Fortführung des Betriebs. Werde allein auf den Fortführungswillen abgestellt, liege bis zum heutigen Tage kein Insolvenzereignis vor, weil dieser nach wie vor vorhanden sei.
Gegen das ihm am 06. Mai 2004 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 26. Mai 2004. Der Kläger trägt vor, dass zu Unrecht von einer endgültigen Betriebseinstellung am 20. Mai 2002 ausgegangen werde. Der Zugang der Kündigung an diesem Tag reiche nicht aus. Sein Arbeitgeber habe während des Insolvenzverfahrens und auch bei der Vernehmung vor dem Sozialgericht Berlin bekundet, dass er bei Stellung des Insolvenzantrages zunächst noch die Fortführung des Unternehmens beabsichtigt habe. Der Insolvenzantrag sei zurückgenommen worden, weil der Insolvenzverwalter das Unternehmen habe zerschlagen wollen. Noch im Juni 2002 habe der Arbeitgeber Aufträge akquiriert. Auch seine im arbeitsgerichtlichen Verfahren erklärte Bereitschaft, rückständiges Arbeitsentgelt an den Kläger zu zahlen, belege die Fortsetzungsabsicht, da nur so die Zahlungen hätten erwirtschaftet werden können. Soweit das Sozialgericht formuliere, es sei von einem bis heute bestehenden Fortsetzungswillen auszugehen, übersehe es, dass der Arbeitgeber am 30. Juni 2002 die Fortführung des Unternehmens aufgegeben habe, nachdem eine Einigung mit dem Finanzamt gescheitert sei. Bis dahin habe er sich aber beispielsweise um die Freigabe seiner Konten bemüht, was den Willen zur Fortführung des Geschäfts belege. Über seinen jetzigen Arbeitgeber habe der Kläger erfahren, dass sein ehemaliger Arbeitgeber ein Angebot auf Durchführung von Transportleistungen abgegeben habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2004 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 05. Juni 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2003 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 21. Mai 2002 bis 30. Juni 2002 Insolvenzgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend.
Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Insolvenzgeldakte der Beklagten (allgemeiner Teil und den Kläger betreffender Teil) sowie die Akte des Amtsgerichts C mit dem Aktenzeichen verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung kann keinen Erfolg haben. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf weiteres Insolvenzgeld für die Zeit vom 21. Mai 2002 bis zum 30. Juni 2002.
Arbeitnehmer haben nach § 183 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB III) Anspruch auf Insolvenzgeld, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers, 2. Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse oder 3. vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden ist und ein Insolvenzverfahren mangels Masse nicht in Betracht kommt, (Insolvenzereignis) für die vorausgehenden drei Monate noch Anspruch auf Arbeitsentgelt haben. Hat ein Arbeitnehmer in Unkenntnis eines Insolvenzereignisses weitergearbeitet oder
die Arbeit aufgenommen, so besteht der Anspruch für die dem Tag der Kenntnisnahme vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses (§ 183 Abs. 2 SGB III). Der Anspruch auf Zahlung weiteren Insolvenzgeldes scheitert daran, dass der Betrieb bereits am 20. Mai 2002 eingestellt wurde.
Fraglich ist vorliegend schon, ob überhaupt ein Insolvenzereignis eingetreten ist, das einen Anspruch auf Insolvenzgeld begründen könnte. Als Insolvenzereignis kommt allein die vollständige Beendigung der Betriebstätigkeit nach § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III in Betracht, da der vom Arbeitgeber zunächst gestellte Insolvenzantrag zurückgenommen worden ist. Ein zurückgenommener Insolvenzantrag gilt als von Anfang an nicht gestellt, sodass nach erfolgter Rücknahme das Insolvenzereignis der vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit eintreten kann (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 30. Oktober 1991 – 10 RAr 3/91 ). Neben der vollständigen Einstellung der Betriebstätigkeit und dem Nichtvorliegen eines Insolvenzantrages setzt § 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III aber voraus, dass ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kommt. Diese Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des BSG gegeben, wenn alle äußeren Tatsachen und insofern der Anschein für die Masseunzulänglichkeit sprechen (BSG, Urteil vom 4. März 1999 – B 11/10 AL 3/98 R ). Der vorläufig eingesetzte Insolvenzverwalter hat dem Amtsgericht C indessen berichtet, dass der Arbeitgeber angegeben habe, aus gekündigten Lebensversicherungen Zahlungen in Höhe von ca. 20.000 Euro zu erwarten und auf seinen Konten Guthaben in Höhe von etwa 4.500 Euro zu haben. Insoweit gibt es Anzeichen, welche für das Vorhandensein einer zumindest die Kosten des Insolvenzverfahrens deckenden Masse sprechen. Die Frage der Masseunzulänglichkeit kann jedoch dahingestellt bleiben.
Entscheidend gegen den Anspruch auf Insolvenzgeld für die Zeit vom 21. Mai 2002 bis 30. Juni 2002 spricht, dass der Betrieb dann erst nach dem 20. Mai 2002 eingestellt worden sein bzw. der Kläger in Unkenntnis des Insolvenzereignisses noch weiter gearbeitet haben müsste. Die Betriebstätigkeit ist vollständig beendet, wenn keine Arbeiten mehr erfolgen, die dem von der Art des jeweiligen Betriebs abhängigen – Betriebszweck zu dienen bestimmt sind (vgl. BSG, Urteil vom 05. Juni 1981, 10/8b RAr 3/80 und Urteil vom 08. Februar 2001 – B 11 AL 27/00 R –). Der Arbeitgeber betrieb ein Fuhrunternehmen, wie der in der mündlichen Verhandlung persönlich gehörte Kläger bestätigt hat. Der Beschäftigungsbetrieb war folglich
dadurch gekennzeichnet, dass Fahrzeuge vorhanden waren und Arbeitnehmer zur Durchführung von Transportaufgaben bereit standen. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass nach dem 20. Mai 2002 diese betrieblichen Mittel noch zum Einsatz kamen, um dem Betriebszweck dienliche Tätigkeiten zu verrichten.
Für die Tatsache der Betriebseinstellung am 20. Mai 2002 spricht, dass dieses Datum vom (vorläufig eingesetzten) Insolvenzverwalter gegenüber dem Amtsgericht C, vom Arbeitgeber gegenüber der Beklagten und auch zunächst noch vom Kläger in dem von ihm selbst ausgefüllten Antragsformular als Tag der Betriebseinstellung angegeben worden ist. Vor dem Sozialgericht hat der als Zeuge gehörte Arbeitgeber erklärt, dass nach dem 20. Mai 2002 "unmittelbar auf den Betriebszweck bezogene Tätigkeiten" nicht mehr erbracht worden seien. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht hat auch der Kläger die Betriebseinstellung zum 20. Mai 2002 nicht in Frage gestellt.
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der mit der Berufung angeführten Absicht des Arbeitgebers, den Betrieb weiter fortzuführen, den Bemühungen um weitere Aufträge sowie der noch nach dem 20. Mai 2002 beobachteten Fahrt eines zum Betrieb gehörenden Fahrzeugs. Der Fortführungswille belegt keine betriebliche Tätigkeit. Für das Bemühen um weitere Aufträge gilt nichts anderes, weil nach der Kündigung sämtlicher Arbeitnehmer zum 20. Mai 2002 keine Arbeitskräfte für die Auftragsausführung mehr zur Verfügung standen. Dass ein Bemühen um weitere Aufträge nicht notwendig mit dem Beschäftigungsbetrieb des Klägers in Zusammenhang steht, zeigt der Vortrag des Klägers aus der mündlichen Verhandlung, sein (ehemaliger) Arbeitgeber habe noch in der zweiten Hälfte des Jahres 2004 Angebote für Transportleistungen abgegeben. Dieser Zeitpunkt liegt nämlich lange nach der von der Klägerseite für maßgeblich erachteten Betriebseinstellung zum 30. Juni 2002. Die nach dem 20. Mai 2002 beobachtete Fahrt eines Betriebsfahrzeuges widerlegt nicht die Aussage des Arbeitgebers, es seien keine dem Betriebszweck dienenden Tätigkeiten mehr vorgenommen worden, weil es eine Überführungsfahrt gewesen sein kann.
Da der Senat danach zu der Überzeugung gekommen ist, dass der Betrieb am 20. Mai 2002 eingestellt wurde, fehlt es für einen Anspruch des Klägers gemäß § 183 Abs. 1 SGB III auf Zahlung weiteren Insolvenzgeldes ab 21. Mai 2002 an der Voraussetzung eines Anspruches auf Arbeitsentgelt für einen dem Insolvenzereignis vorausgehenden Zeitraum. Aus § 183 Abs. 2 SGB III ergibt sich kein Insolvenzgeldanspruch, weil der Kläger durch die erhaltene Kündigung über die Betriebseinstellung zum 20. Mai 2002 informiert war.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) unter Berücksichtigung des Ergebnisses in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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