Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 8 KR 52/04
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 70/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 25. April 2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten auch für die zweite Instanz zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer bei ihm durchgeführten ambulanten Brachytherapie mit permanenter Seeds-Implantation bei Prostatakrebs in Höhe von 8.275,00 EUR hat.
Der 1938 geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Bei ihm wurde ein Prostatakarzinom im Anfangsstadium diagnostiziert. Der ihn behandelnde Urologe Dr. L teilte daraufhin der Beklagten die Bitte um Kostenübernahme für die Implantation von permanenten Seeds in die Prostata mit. In seinem Schreiben vom 17. Dezember 2003 erläuterte er die möglichen Therapien und wies in diesem Zusammenhang auf die Vorteile der streitgegenständlichen Behandlung und die Heilungschance bei früher Diagnosestellung hin. Bei Betrachtung der PSA von 7,2 mg/ml maximal und der Histologie (Gleason 6-Tumor) sollte man im Einklang mit den Empfehlungen der amerikanischen Urologen- und Strahlentherapeutengesellschaft eine Monotherapie mit 145 Gy Brachytherapie durchführen, um optimale Heilungschancen zu gewährleisten. Demgemäß sei diese Therapie zwingend die Therapie der Wahl für den Kläger. Es entstünden Behandlungskosten in Höhe von insgesamt 8.275,00 EUR.
Unter Hinweis darauf, dass es sich hierbei um eine neue Untersuchungsmethode handele, die noch keinen Eingang in die vertragsärztliche Versorgung gefunden habe, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Januar 2004 eine Kostenübernahme ab. Es lägen noch keine verwertbaren Studien vor, die den Nutzen der Methode und eine Überlegenheit gegenüber herkömmlichen Behandlungen eindeutig belegten. Vom Arbeitskreis Urologische Onkologie der Deutschen Urologischen Gesellschaft sei eine Studie zur Brachytherapie geplant. Sobald positive Studienergebnisse vorlägen, werde sich die Beklagte für eine Aufnahme der Brachytherapie als Vertragsleistung einsetzen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die beantragte Therapie erfolge ambulant. Ansonsten müsse seine Frau ins Pflegeheim. Daneben erhielt die Beklagte von Dr. L ein weiteres Schreiben, in dem dieser bat, die Entscheidung nochmals zu überdenken. Es handele sich um keine neue Methode, vielmehr lägen bereits Langzeitergebnisse über 5, 10 und 12 Jahre vor. Die Nebenwirkungen der Seed-Implantation seien deutlich geringer als die der Operation. Mit dem VdAK liefen derzeit Verhandlungen zum Vertragsabschluss zwischen diesem und dem Ambulanten Brachytherapiezentrum Schleswig-Holstein, dessen Mitglied er, Dr. L , sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 9. April 2004 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die von dem Gemeinsamen Bundesausschuss zu überprüfende Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der streitigen Therapie sei bereits erwiesen. Dies ergebe sich u. a. daraus, dass die Brachytherapie auf Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses bereits in den Katalog der erstattungsfähigen "hochspezialisierten Leistungen" des § 116b Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) aufgenommen worden sei. Dies wäre kaum geschehen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss die Therapie für unwirksam und unwirtschaftlich hielte. Außerdem habe jedenfalls die stationäre Durchführung einer Brachytherapie mit Wirkung zum 1. Januar 2004 Eingang in die Verordnung zum Fallpauschalensystem der Krankenhäuser und damit in den Abrechnungskatalog der Krankenkassen gefunden. Vor diesem Hintergrund übernehme beispielsweise die AOK Bayern auch schon jetzt die Kosten für ambulante Brachytherapien.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 8.275,00 EUR zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat eine Stellungnahme des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Überprüfung der Brachytherapie in einem anderen Streitverfahren und die Entscheidung des Sozialgerichts München vom 17. März 2004 vorgelegt.
Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses eingeholt. Mit Urteil vom 25. April 2005 hat es der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Bei der Brachytherapie mit permanenter Seed-Implantation zur Behandlung des bei dem Kläger diagnostizierten lokal begrenzten Prostatakarzinoms handele es sich um eine wissenschaftlich anerkannte und effektive Methode, die - soweit bestimmte Voraussetzungen erfüllt seien - von ihrer Wirksamkeit her der radikalen Prostatektomie und der externen Bestrahlung gleichkomme. Diese Behandlungsmethode sei darüber hinaus relativ komplikationsarm und für den Patienten mit geringeren Belastungen verbunden. Zwar handele es sich um eine neue Behandlungsmethode, die nicht als abrechnungsfähige Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab enthalten sei. Sie sei jedoch in den Katalog der erstattungsfähigen hochspezialisierten Leistungen des § 116b Abs. 3 SGB V aufgenommen worden. Es sei festzustellen, dass sich die begehrte Behandlung in der Praxis durchgesetzt und unter bestimmten Voraussetzungen bei lokal begrenzten Prostatakarzinomen gegenüber der radikalen Prostatektomie und der externen Bestrahlung als die deutlich schonendere Behandlungsmethode etabliert habe. Dem Bundesausschuss liege der Überprüfungsantrag bereits seit April 2002 - mithin seit mehr als drei Jahren - vor. Da Anhaltspunkte für sachliche Gründe fehlten, die die nicht absehbare Dauer des Verfahrens rechtfertigten oder nachvollziehbar erscheinen ließen, müsse von einer willkürlichen oder gegebenenfalls auf sachfremden Erwägungen beruhenden Blockierung und Verzögerung des Überprüfungsverfahrens ausgegangen werden.
Gegen das ihr am 22. Juni 2005 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 18. Juli 2005. Zur Begründung trägt sie vor: Unzutreffend sei bereits die Auffassung des Sozialgerichts, bei der Bewertung des Systemmangels komme es auf den Zeitpunkt der Entscheidung an. Entscheidend sei vielmehr, wann die Therapie durchgeführt worden sei. Außerdem müsse für einen Kostenanspruch das Gericht von der Wirksamkeit der neuen Methode überzeugt sein. Dies könne die Beklagte nicht nachvollziehen. Allein der Hinweis auf § 116b SGB V reiche nicht aus. Diese Regelung beziehe sich auf die ambulante Behandlung im Krankenhaus, die in der Regel von Krankenhausärzten erbracht werde. Zudem sei in dieser Vorschrift nicht festgelegt, um welche Brachytherapie es gehe; insbesondere könne es sich dabei auch um die interstitielle Brachytherapie als Afterloading-Verfahren handeln. Diese sei bereits Bestandteil des EBM. Hinzuweisen sei auch auf die Entscheidung des BSG vom 4. April 2006. In dieser Entscheidung werde die Rechtsauffassung der Beklagten bestätigt. Die interstitielle Brachytherapie mit Permanent-Seeds sei im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung nach der Fallpauschale "M O7 Z" abrechenbar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 25. April 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die seit Jahren ausstehende Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschusses sei Ausdruck eines Systemversagens, welches nicht zu Lasten der Versicherten gehen könne. Die streitgegenständliche Behandlung sei am 12. März 2004 durchgeführt worden. Auf die Rechnung des Urologen Dr. L in Höhe von 8.275,00 EUR werde verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig aber unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger 8.275,00 EUR zu erstatten. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat dieser nämlich einen Anspruch auf Kostenübernahme für die streitgegenständliche Brachytherapie.
Grundlage des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Voraussetzung ist danach, dass ein zur Leistung verpflichteter Träger entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da ein Notfall im Sinne der ersten Alternative hier nicht vorlag - eine rechtzeitige Antragstellung war dem Kläger möglich - kann sein Anspruch sich lediglich auf die zweite Alternative stützen, nämlich die unrechtmäßige Ablehnung der Leistung. Dieser Fall liegt hier vor. Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, dem Kläger die streitgegenständliche Brachytherapie als stationäre Behandlung zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grund steht ihm der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch zu.
Der von seinem behandelnden Arzt Dr. L der Beklagten vorgelegte Kostenübernahmeantrag vom 17. Dezember 2003/ 6. Januar 2004 war in sinngemäßer Auslegung darauf gerichtet, die streitgegenständliche Brachytherapie mittels permanenter Seed-Implantation zu erhalten. Ausdrücklich abgelehnt hatte der Kläger darin die radikale Prostatektomie. Auch die externe Bestrahlung lehnte er auf Grund der seiner Auffassung nach besseren Überlebensrate bei der interstitiellen Brachytherapie ab. Gleiches gilt für die komplette Androgenblockade, die nach der Stellungnahme nicht effizient sei und zwangsläufig zum tumorbedingten Ableben führe. Die hier streitige Monotherapie mit Seeds sah der Kläger hingegen als die zwingende "Therapie der Wahl" an, ohne zwischen ambulanter und stationärer Behandlung zu differenzieren. Vielmehr enthielt die Erläuterung der interstitiellen Brachytherapie mittels permanenter Seed-Implantation den Hinweis, dass diese im Normalfall ambulant durchgeführt werde. Das schließt die stationäre Behandlung nicht aus. Wenngleich der Antrag offensichtlich auf die ambulante Therapie gerichtet war, ist aus dem Kostenübernahmeantrag nicht ersichtlich, dass der Kläger, anders als in der Entscheidung des BSG vom 4. April 2006 (B 1 KR 12/05 R Rz. 26), von Anfang an auf bestimmte Leistungserbringer oder eine bestimmte Art und Weise der Leistungserbringung (ambulant oder stationäre) festgelegt war. Ihm ging es offensichtlich darum, eine Behandlung mit den seiner Meinung nach geringsten Nebenwirkungen bei zumindest gleichen Heilungschancen durchzuführen. Zwar hob der Kläger in seinem Widerspruch den Umstand hervor, dass die beantragte Therapie ambulant erbracht werde, andernfalls seine Frau in ein Pflegeheim müsse. Dies schloss jedoch eine stationäre Behandlung nicht von vornherein aus, wenn nämlich diese sich hinsichtlich des Zeitfaktors nicht wesentlich von der einer ambulanten unterschied.
Die Auslegung eines Antrags - ob als Verfahrenshandlung oder als materiell-rechtliche Voraussetzung - hat sich danach zu richten, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen. Regelmäßig ist ein Antrag damit vom Verwaltungsträger so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Die Behörde hat alle auf Grund des Sachverhalts zu seinen Gunsten in Betracht kommenden rechtlichen Möglichkeiten zu erwägen und notfalls auf eine Klärung des Verfahrensgegenstandes durch den Antragsteller hinzuwirken (BSG, Urteil vom 4. April 2006 B 1 KR 5/05 R - Rz. 14 m. w. N.).
Eine solche notwendige Beratungssituation lag hier vor. Durch seinen Kostenübernahmeantrag machte der Kläger deutlich, dass er die hier streitige Behandlung wünschte. Allein insoweit legte er sich fest. Zwar hob er den Umstand hervor, dass die Behandlung ambulant erfolge, dies jedoch erkennbar ausschließlich im Hinblick auf die Pflegesituation seiner Frau. Damit schloss der Antrag eine zeitlich nicht wesentlich über eine ambulante Behandlung hinausgehende stationäre nicht von vornherein aus und erfasste damit auch die streitige Therapie als stationäre Leistung, bei der nach dem DRG-Fallpauschalenkatalog der Mindestaufenthalt 1 Tag und die mittlere Verweildauer 3,6 Tage beträgt und damit erheblich unter dem Aufenthalt bei der radikalen Entfernung von Prostata und Samenblasen liegt. Gleichwohl hat die Beklagte in ihrem Ablehnungsbescheid vom 14. Januar 2004 und in dem Widerspruchsbescheid vom 11. März 2004 umfassend eine Kostenübernahme der Brachytherapie abgelehnt, ohne zwischen ambulanter und stationärer Behandlung zu differenzieren.
Jedenfalls handelte die Beklagte insoweit rechtswidrig, als sie damit den Antrag auf Gewährung einer stationären interstitiellen Brachytherapie ablehnte, obwohl diese zum Zeitpunkt der ablehnenden Entscheidung der Beklagten als stationäre Leistung nach dem DRG-Fallpauschalensystem bzw. der hierzu ergangenen Verordnung vom 13. Oktober 2003 (BGBl. I S. 1995) unter der DRG-Ziffer "M 07 Z" vorgesehen war. Der Senat kann es in diesem Zusammenhang offen lassen, ob die Entscheidung, die Brachytherapie als ambulante Leistung nicht zu gewähren bzw. eine Kostenübernahme abzulehnen, rechtmäßig war - zwar fehlt es an einer positiven Empfehlung des Bundesausschusses, gleichwohl wurde und wird diese Therapie in Krankenhäusern bereits angewendet und die Kosten dafür auch von den Krankenkassen übernommen, wobei der Mindestaufenthalt in dem DRG Fallpauschalen-Katalog mit einem Tag angegeben wird und damit insoweit nicht wesentlich von der ambulanten Behandlung abweicht.
Durch diese Ablehnung sind dem Kläger, wie es § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V voraussetzt, Kosten entstanden, weil er sich die begehrte Leistung - als ambulante Behandlung - selbst beschafft hat. Dabei schließt sich der Senat der bereits zitierten Rechtsprechung in dem Urteil des BSG vom 4. April 2006 (B 1 KR 5/05 R) an, wonach der Erstattungsanspruch des § 13 Abs. 3 SGB V einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verdrängt. Dies folgt aus der Vorrangigkeit des § 13 Abs. 3 SGB V gegenüber dem gesetzlich nicht geregelten Herstellungsanspruch und, worauf das BSG zutreffend hinweist, aus dem Ausnahmecharakter der Kostenerstattung gegenüber dem grundsätzlich im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Sachleistungsprinzip.
Die bei dem Kläger entstandenen und von ihm geltend gemachten Kosten in Höhe von 8.275,00 EUR beruhen auf der Inanspruchnahme der streitigen Therapie als ambulante Leistung und damit auf der rechtswidrigen Entscheidung der Beklagten, eine Kostenübernahme umfassend abzulehnen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Kläger sich nicht einer stationären anstelle der ambulanten Operation unterzogen hätte, insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine solche stationäre Behandlung voraussichtlich nur zu einem kurzen Aufenthalt im Krankenhaus und zu keiner Kostenbelastung geführt hätte (s. o.).
Die Kosten in Höhe von insgesamt 8.275,00 EUR sind nach Auffassung des Senats auch nicht zu hoch gegriffen. So ist der gleiche Betrag Gegenstand der vom Senat am gleichen Tag entschiedenen Kostenerstattung ebenfalls einer ambulanten Brachytherapie mit permanenter Seeds-Implantation bei Prostatakrebs (L 5 KR 66/05). In der Entscheidung des BSG vom 4. April 2006 (B 1 KR 12/05 R) ging es um Kosten in Höhe von 9.064,94 EUR. Kostenermittlungen der vom BSG im Urteil vom 4. April 2006 (B 1 KR 12/05 R, Rz. 35) zitierten HTA Studie der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 29. Oktober 2005 ergaben Behandlungskosten von bis zu 26.320 US-Dollar. Fiktiv errechnete die Studie eine Vergütung nach dem DRG-System in Höhe von 6.090 EUR. Im Übrigen hat die Beklagte gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten Einwände nicht erhoben.
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht des behandelnden Arztes im Hinblick auf eine mögliche stationäre Behandlung liegt nicht vor. Eine solche Verletzung der Aufklärungspflicht könnte allerdings zur Folge haben, dass der Vergütungsanspruch des Behandlers ausgeschlossen ist (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 11). Von einer solchen Aufklärungspflicht ist dann auszugehen, wenn Behandlungsverfahren regelmäßig auch im stationären Bereich erfolgen. Das war indes bei der hier streitigen Brachytherapie nicht der Fall. Vielmehr war diese gerade durch die Verordnung vom 13. Oktober 2003 in das System der stationären Behandlung aufgenommen worden. Von dem behandelnden Arzt kann, anders als von dem Versicherungsträger, nicht erwartet werden, dass er über solche Umstände außerhalb des Therapiebereiches umfassend Kenntnis hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Der Senat lässt im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) die Revision zu.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der Kosten einer bei ihm durchgeführten ambulanten Brachytherapie mit permanenter Seeds-Implantation bei Prostatakrebs in Höhe von 8.275,00 EUR hat.
Der 1938 geborene Kläger ist bei der Beklagten gegen Krankheit versichert. Bei ihm wurde ein Prostatakarzinom im Anfangsstadium diagnostiziert. Der ihn behandelnde Urologe Dr. L teilte daraufhin der Beklagten die Bitte um Kostenübernahme für die Implantation von permanenten Seeds in die Prostata mit. In seinem Schreiben vom 17. Dezember 2003 erläuterte er die möglichen Therapien und wies in diesem Zusammenhang auf die Vorteile der streitgegenständlichen Behandlung und die Heilungschance bei früher Diagnosestellung hin. Bei Betrachtung der PSA von 7,2 mg/ml maximal und der Histologie (Gleason 6-Tumor) sollte man im Einklang mit den Empfehlungen der amerikanischen Urologen- und Strahlentherapeutengesellschaft eine Monotherapie mit 145 Gy Brachytherapie durchführen, um optimale Heilungschancen zu gewährleisten. Demgemäß sei diese Therapie zwingend die Therapie der Wahl für den Kläger. Es entstünden Behandlungskosten in Höhe von insgesamt 8.275,00 EUR.
Unter Hinweis darauf, dass es sich hierbei um eine neue Untersuchungsmethode handele, die noch keinen Eingang in die vertragsärztliche Versorgung gefunden habe, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. Januar 2004 eine Kostenübernahme ab. Es lägen noch keine verwertbaren Studien vor, die den Nutzen der Methode und eine Überlegenheit gegenüber herkömmlichen Behandlungen eindeutig belegten. Vom Arbeitskreis Urologische Onkologie der Deutschen Urologischen Gesellschaft sei eine Studie zur Brachytherapie geplant. Sobald positive Studienergebnisse vorlägen, werde sich die Beklagte für eine Aufnahme der Brachytherapie als Vertragsleistung einsetzen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Die beantragte Therapie erfolge ambulant. Ansonsten müsse seine Frau ins Pflegeheim. Daneben erhielt die Beklagte von Dr. L ein weiteres Schreiben, in dem dieser bat, die Entscheidung nochmals zu überdenken. Es handele sich um keine neue Methode, vielmehr lägen bereits Langzeitergebnisse über 5, 10 und 12 Jahre vor. Die Nebenwirkungen der Seed-Implantation seien deutlich geringer als die der Operation. Mit dem VdAK liefen derzeit Verhandlungen zum Vertragsabschluss zwischen diesem und dem Ambulanten Brachytherapiezentrum Schleswig-Holstein, dessen Mitglied er, Dr. L , sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11. März 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 9. April 2004 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben und zur Begründung vorgetragen: Die von dem Gemeinsamen Bundesausschuss zu überprüfende Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der streitigen Therapie sei bereits erwiesen. Dies ergebe sich u. a. daraus, dass die Brachytherapie auf Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses bereits in den Katalog der erstattungsfähigen "hochspezialisierten Leistungen" des § 116b Abs. 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) aufgenommen worden sei. Dies wäre kaum geschehen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss die Therapie für unwirksam und unwirtschaftlich hielte. Außerdem habe jedenfalls die stationäre Durchführung einer Brachytherapie mit Wirkung zum 1. Januar 2004 Eingang in die Verordnung zum Fallpauschalensystem der Krankenhäuser und damit in den Abrechnungskatalog der Krankenkassen gefunden. Vor diesem Hintergrund übernehme beispielsweise die AOK Bayern auch schon jetzt die Kosten für ambulante Brachytherapien.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 14. Januar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11. März 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 8.275,00 EUR zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat eine Stellungnahme des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur Überprüfung der Brachytherapie in einem anderen Streitverfahren und die Entscheidung des Sozialgerichts München vom 17. März 2004 vorgelegt.
Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Gemeinsamen Bundesausschusses eingeholt. Mit Urteil vom 25. April 2005 hat es der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Bei der Brachytherapie mit permanenter Seed-Implantation zur Behandlung des bei dem Kläger diagnostizierten lokal begrenzten Prostatakarzinoms handele es sich um eine wissenschaftlich anerkannte und effektive Methode, die - soweit bestimmte Voraussetzungen erfüllt seien - von ihrer Wirksamkeit her der radikalen Prostatektomie und der externen Bestrahlung gleichkomme. Diese Behandlungsmethode sei darüber hinaus relativ komplikationsarm und für den Patienten mit geringeren Belastungen verbunden. Zwar handele es sich um eine neue Behandlungsmethode, die nicht als abrechnungsfähige Leistung im Einheitlichen Bewertungsmaßstab enthalten sei. Sie sei jedoch in den Katalog der erstattungsfähigen hochspezialisierten Leistungen des § 116b Abs. 3 SGB V aufgenommen worden. Es sei festzustellen, dass sich die begehrte Behandlung in der Praxis durchgesetzt und unter bestimmten Voraussetzungen bei lokal begrenzten Prostatakarzinomen gegenüber der radikalen Prostatektomie und der externen Bestrahlung als die deutlich schonendere Behandlungsmethode etabliert habe. Dem Bundesausschuss liege der Überprüfungsantrag bereits seit April 2002 - mithin seit mehr als drei Jahren - vor. Da Anhaltspunkte für sachliche Gründe fehlten, die die nicht absehbare Dauer des Verfahrens rechtfertigten oder nachvollziehbar erscheinen ließen, müsse von einer willkürlichen oder gegebenenfalls auf sachfremden Erwägungen beruhenden Blockierung und Verzögerung des Überprüfungsverfahrens ausgegangen werden.
Gegen das ihr am 22. Juni 2005 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, eingegangen beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht am 18. Juli 2005. Zur Begründung trägt sie vor: Unzutreffend sei bereits die Auffassung des Sozialgerichts, bei der Bewertung des Systemmangels komme es auf den Zeitpunkt der Entscheidung an. Entscheidend sei vielmehr, wann die Therapie durchgeführt worden sei. Außerdem müsse für einen Kostenanspruch das Gericht von der Wirksamkeit der neuen Methode überzeugt sein. Dies könne die Beklagte nicht nachvollziehen. Allein der Hinweis auf § 116b SGB V reiche nicht aus. Diese Regelung beziehe sich auf die ambulante Behandlung im Krankenhaus, die in der Regel von Krankenhausärzten erbracht werde. Zudem sei in dieser Vorschrift nicht festgelegt, um welche Brachytherapie es gehe; insbesondere könne es sich dabei auch um die interstitielle Brachytherapie als Afterloading-Verfahren handeln. Diese sei bereits Bestandteil des EBM. Hinzuweisen sei auch auf die Entscheidung des BSG vom 4. April 2006. In dieser Entscheidung werde die Rechtsauffassung der Beklagten bestätigt. Die interstitielle Brachytherapie mit Permanent-Seeds sei im Rahmen der stationären Krankenhausbehandlung nach der Fallpauschale "M O7 Z" abrechenbar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 25. April 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die seit Jahren ausstehende Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschusses sei Ausdruck eines Systemversagens, welches nicht zu Lasten der Versicherten gehen könne. Die streitgegenständliche Behandlung sei am 12. März 2004 durchgeführt worden. Auf die Rechnung des Urologen Dr. L in Höhe von 8.275,00 EUR werde verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig aber unbegründet. Zutreffend hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger 8.275,00 EUR zu erstatten. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat dieser nämlich einen Anspruch auf Kostenübernahme für die streitgegenständliche Brachytherapie.
Grundlage des Kostenerstattungsanspruchs des Klägers ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Voraussetzung ist danach, dass ein zur Leistung verpflichteter Träger entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. Da ein Notfall im Sinne der ersten Alternative hier nicht vorlag - eine rechtzeitige Antragstellung war dem Kläger möglich - kann sein Anspruch sich lediglich auf die zweite Alternative stützen, nämlich die unrechtmäßige Ablehnung der Leistung. Dieser Fall liegt hier vor. Die Beklagte hat es zu Unrecht abgelehnt, dem Kläger die streitgegenständliche Brachytherapie als stationäre Behandlung zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grund steht ihm der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch zu.
Der von seinem behandelnden Arzt Dr. L der Beklagten vorgelegte Kostenübernahmeantrag vom 17. Dezember 2003/ 6. Januar 2004 war in sinngemäßer Auslegung darauf gerichtet, die streitgegenständliche Brachytherapie mittels permanenter Seed-Implantation zu erhalten. Ausdrücklich abgelehnt hatte der Kläger darin die radikale Prostatektomie. Auch die externe Bestrahlung lehnte er auf Grund der seiner Auffassung nach besseren Überlebensrate bei der interstitiellen Brachytherapie ab. Gleiches gilt für die komplette Androgenblockade, die nach der Stellungnahme nicht effizient sei und zwangsläufig zum tumorbedingten Ableben führe. Die hier streitige Monotherapie mit Seeds sah der Kläger hingegen als die zwingende "Therapie der Wahl" an, ohne zwischen ambulanter und stationärer Behandlung zu differenzieren. Vielmehr enthielt die Erläuterung der interstitiellen Brachytherapie mittels permanenter Seed-Implantation den Hinweis, dass diese im Normalfall ambulant durchgeführt werde. Das schließt die stationäre Behandlung nicht aus. Wenngleich der Antrag offensichtlich auf die ambulante Therapie gerichtet war, ist aus dem Kostenübernahmeantrag nicht ersichtlich, dass der Kläger, anders als in der Entscheidung des BSG vom 4. April 2006 (B 1 KR 12/05 R Rz. 26), von Anfang an auf bestimmte Leistungserbringer oder eine bestimmte Art und Weise der Leistungserbringung (ambulant oder stationäre) festgelegt war. Ihm ging es offensichtlich darum, eine Behandlung mit den seiner Meinung nach geringsten Nebenwirkungen bei zumindest gleichen Heilungschancen durchzuführen. Zwar hob der Kläger in seinem Widerspruch den Umstand hervor, dass die beantragte Therapie ambulant erbracht werde, andernfalls seine Frau in ein Pflegeheim müsse. Dies schloss jedoch eine stationäre Behandlung nicht von vornherein aus, wenn nämlich diese sich hinsichtlich des Zeitfaktors nicht wesentlich von der einer ambulanten unterschied.
Die Auslegung eines Antrags - ob als Verfahrenshandlung oder als materiell-rechtliche Voraussetzung - hat sich danach zu richten, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe für ein anderes Verhalten vorliegen. Regelmäßig ist ein Antrag damit vom Verwaltungsträger so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt. Die Behörde hat alle auf Grund des Sachverhalts zu seinen Gunsten in Betracht kommenden rechtlichen Möglichkeiten zu erwägen und notfalls auf eine Klärung des Verfahrensgegenstandes durch den Antragsteller hinzuwirken (BSG, Urteil vom 4. April 2006 B 1 KR 5/05 R - Rz. 14 m. w. N.).
Eine solche notwendige Beratungssituation lag hier vor. Durch seinen Kostenübernahmeantrag machte der Kläger deutlich, dass er die hier streitige Behandlung wünschte. Allein insoweit legte er sich fest. Zwar hob er den Umstand hervor, dass die Behandlung ambulant erfolge, dies jedoch erkennbar ausschließlich im Hinblick auf die Pflegesituation seiner Frau. Damit schloss der Antrag eine zeitlich nicht wesentlich über eine ambulante Behandlung hinausgehende stationäre nicht von vornherein aus und erfasste damit auch die streitige Therapie als stationäre Leistung, bei der nach dem DRG-Fallpauschalenkatalog der Mindestaufenthalt 1 Tag und die mittlere Verweildauer 3,6 Tage beträgt und damit erheblich unter dem Aufenthalt bei der radikalen Entfernung von Prostata und Samenblasen liegt. Gleichwohl hat die Beklagte in ihrem Ablehnungsbescheid vom 14. Januar 2004 und in dem Widerspruchsbescheid vom 11. März 2004 umfassend eine Kostenübernahme der Brachytherapie abgelehnt, ohne zwischen ambulanter und stationärer Behandlung zu differenzieren.
Jedenfalls handelte die Beklagte insoweit rechtswidrig, als sie damit den Antrag auf Gewährung einer stationären interstitiellen Brachytherapie ablehnte, obwohl diese zum Zeitpunkt der ablehnenden Entscheidung der Beklagten als stationäre Leistung nach dem DRG-Fallpauschalensystem bzw. der hierzu ergangenen Verordnung vom 13. Oktober 2003 (BGBl. I S. 1995) unter der DRG-Ziffer "M 07 Z" vorgesehen war. Der Senat kann es in diesem Zusammenhang offen lassen, ob die Entscheidung, die Brachytherapie als ambulante Leistung nicht zu gewähren bzw. eine Kostenübernahme abzulehnen, rechtmäßig war - zwar fehlt es an einer positiven Empfehlung des Bundesausschusses, gleichwohl wurde und wird diese Therapie in Krankenhäusern bereits angewendet und die Kosten dafür auch von den Krankenkassen übernommen, wobei der Mindestaufenthalt in dem DRG Fallpauschalen-Katalog mit einem Tag angegeben wird und damit insoweit nicht wesentlich von der ambulanten Behandlung abweicht.
Durch diese Ablehnung sind dem Kläger, wie es § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V voraussetzt, Kosten entstanden, weil er sich die begehrte Leistung - als ambulante Behandlung - selbst beschafft hat. Dabei schließt sich der Senat der bereits zitierten Rechtsprechung in dem Urteil des BSG vom 4. April 2006 (B 1 KR 5/05 R) an, wonach der Erstattungsanspruch des § 13 Abs. 3 SGB V einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch verdrängt. Dies folgt aus der Vorrangigkeit des § 13 Abs. 3 SGB V gegenüber dem gesetzlich nicht geregelten Herstellungsanspruch und, worauf das BSG zutreffend hinweist, aus dem Ausnahmecharakter der Kostenerstattung gegenüber dem grundsätzlich im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Sachleistungsprinzip.
Die bei dem Kläger entstandenen und von ihm geltend gemachten Kosten in Höhe von 8.275,00 EUR beruhen auf der Inanspruchnahme der streitigen Therapie als ambulante Leistung und damit auf der rechtswidrigen Entscheidung der Beklagten, eine Kostenübernahme umfassend abzulehnen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum der Kläger sich nicht einer stationären anstelle der ambulanten Operation unterzogen hätte, insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine solche stationäre Behandlung voraussichtlich nur zu einem kurzen Aufenthalt im Krankenhaus und zu keiner Kostenbelastung geführt hätte (s. o.).
Die Kosten in Höhe von insgesamt 8.275,00 EUR sind nach Auffassung des Senats auch nicht zu hoch gegriffen. So ist der gleiche Betrag Gegenstand der vom Senat am gleichen Tag entschiedenen Kostenerstattung ebenfalls einer ambulanten Brachytherapie mit permanenter Seeds-Implantation bei Prostatakrebs (L 5 KR 66/05). In der Entscheidung des BSG vom 4. April 2006 (B 1 KR 12/05 R) ging es um Kosten in Höhe von 9.064,94 EUR. Kostenermittlungen der vom BSG im Urteil vom 4. April 2006 (B 1 KR 12/05 R, Rz. 35) zitierten HTA Studie der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 29. Oktober 2005 ergaben Behandlungskosten von bis zu 26.320 US-Dollar. Fiktiv errechnete die Studie eine Vergütung nach dem DRG-System in Höhe von 6.090 EUR. Im Übrigen hat die Beklagte gegen die Höhe der geltend gemachten Kosten Einwände nicht erhoben.
Eine Verletzung der Aufklärungspflicht des behandelnden Arztes im Hinblick auf eine mögliche stationäre Behandlung liegt nicht vor. Eine solche Verletzung der Aufklärungspflicht könnte allerdings zur Folge haben, dass der Vergütungsanspruch des Behandlers ausgeschlossen ist (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 11). Von einer solchen Aufklärungspflicht ist dann auszugehen, wenn Behandlungsverfahren regelmäßig auch im stationären Bereich erfolgen. Das war indes bei der hier streitigen Brachytherapie nicht der Fall. Vielmehr war diese gerade durch die Verordnung vom 13. Oktober 2003 in das System der stationären Behandlung aufgenommen worden. Von dem behandelnden Arzt kann, anders als von dem Versicherungsträger, nicht erwartet werden, dass er über solche Umstände außerhalb des Therapiebereiches umfassend Kenntnis hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Der Senat lässt im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) die Revision zu.
Rechtskraft
Aus
Login
SHS
Saved