Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 19 RJ 31/03
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 R 44/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Hinterbliebenenrente.
Die 1926 im polnischen L. geborene Klägerin ist die Witwe des am 15. Oktober 1920 ebenfalls in L. geborenen und am 8. Januar 1996 in den Vereinigten Staaten von Amerika verstorbenen M. K ... Die Ehe wurde im Jahre 1955 in Polen geschlossen. Im Jahre 1966 wanderten die Eheleute in die Vereinigten Staaten von Amerika aus und erlangten die amerikanische Staatsbürgerschaft im Jahre 1972.
Bereits im Jahre 1990 hatte der Verstorbene bei der Beklagten die Gewährung von Altersruhegeld unter Anrechnung der im Vertreibungsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten nach § 17 Fremdrentengesetz (FRG) bzw. § 20 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) und unter Zulassung zur Beitragsnachentrichtung nach §§ 10, 22 WGSVG beantragt und hierzu angegeben, als Verfolgter des Nationalsozialismus im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anerkannt zu sein und eine einmalige Entschädigung erhalten zu haben. Das Aktenzeichen sei ihm nicht erinnerlich. In dem Rentenantrag hatte er hinsichtlich des maßgeblichen Beschäftigungszeitraums erklärt, von 1934 bis 1940 bei der Firma G. in der K2 12 in Lodz als Strumpfmacher für 40 Zloty die Woche gearbeitet zu haben. Daraufhin von der Beklagten angestellte Ermittlungen hatten ergeben, dass Unterlagen über einen Antrag nach dem BEG nicht vorlagen. Auch bei der Conference on Jewish Material Claims against Germany (Claims Conference) war der Verstorbene nicht registriert. Mit Bescheid vom 20. März 1995 und Widerspruchsbescheid vom 2. April 1996 hatte die Beklagte den Antrag des Verstorbenen abgelehnt. Er habe kein Recht auf Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen, weil Beitragszeiten nach § 17 Abs. 1 Buchst. b FRG weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht seien und damit die Gewährung der begehrten Rente nicht möglich sei.
Am 6. Februar 1998 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns. Dieser sei von 1934 bis 1940 als Strumpfmacher in einer Strumpffabrik G. in der K2-Straße in Lodz, Polen tätig gewesen. Beiträge seien hierfür entrichtet worden. Von 1940 bis 1941 sei er im Ghetto Lodz als Transportarbeiter "für Lieferungen von Produkten" vollschichtig beschäftigt gewesen. Die Höhe des Verdienstes sei unbekannt. Danach habe er sich bis zum Januar 1945 im zentralen Aufnahmelager Czenstochow aufgehalten und in einer Munitionsfabrik als Arbeiter wiederum vollschichtig gearbeitet. Auch hier sei die Höhe des Verdienstes nicht erinnerlich. Von August 1945 bis zum Jahre 1951 sei ihr verstorbener Ehemann dann wiederum in Lodz in einer Strumpffabrik vollschichtig gegen ein der Höhe nach nicht erinnerliches Entgelt tätig gewesen. Nachdem ihr Ehemann nun am 8. Januar 1996 verstorben sei, begehre sie die Anerkennung der Versicherungszeiten nach § 17 a FRG sowie die Nachentrichtung nach Maßgabe des Zusatzabkommens zum Deutsch-Amerikanischen Sozialversicherungsabkommen.
In der Folgezeit bat die Beklagte um nähere Angaben zur Zugehörigkeit des Verstorbenen zum deutschen Sprach- und Kulturkreis und lehnte schließlich mit Bescheid vom 30. August 1999 den Antrag auf Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen im Rahmen des 2. Zusatzabkommens zum Deutsch-Amerikanischen Sozialversicherungsabkommen sowie die Anerkennung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach §§ 17 a FRG ab. Die Zugehörigkeit des Verstorbenen zum deutschen Sprach- und Kulturkreis sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Sie sei auch unter Berücksichtigung der sprachlichen Verhältnisse im Heimatgebiet des Verstorbenen nicht überwiegend wahrscheinlich, denn Umgangs- und Verkehrssprache sei dort das Jiddische und Polnische und nicht das Deutsche gewesen.
Im weiteren Verlaufe des Verfahrens holte die Beklagte eine Auskunft des polnischen Versicherungsträgers über dort zurückgelegte Beschäftigungszeiten ein. Dieser teilte mit, dass der Verstorbenen vom 20. August 1947 bis 30. September 1947 und dann wieder vom 1. Dezember 1950 bis zu einem nicht gemeldeten Datum als Strumpfmacher bzw. Wirker versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Die Klägerin brachte ihrerseits eine schriftliche Zeugenerklärung des M. H. bei. Dieser gab an, mit dem Versicherten vor dem Krieg gut bekannt gewesen zu sein. Sie seien oft zusammengetroffen. Er wisse, dass dieser in einer Strumpffabrik tätig gewesen sei und dass er für seine Arbeit Lohn erhalten habe, weil er immer Geld in der Tasche gehabt habe. Über die Höhe des Lohnes könne er keine Aussage machen. Nach der Verfolgung habe der Verstorbene ihm auch erzählt, dass er ungefähr ein Jahr lang im Ghetto Lodz als Transportangestellter angestellt gewesen sei, bis er nach Czenstochow überführt worden sei. Aus eigener Kenntnis könne er noch angeben, dass im Ghetto alle Arbeiter "mit Mark" entlohnt worden seien und er sich deswegen sicher sei, dass auch der Versicherte eine Entlohnung erhalten habe. In einer gegenüber dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Miami/Florida/USA abgegebenen eidesstattlichen Versicherung vom 18. Mai 2000 führte der Zeuge aus, seine Kenntnisse rührten daher, dass seine Familie am selben Platz - Poludniewa - gewohnt habe wie die Familie des Verstorbenen und die Strumpffabrik G. neben der Schule gelegen gewesen sei, die er - der Zeuge - damals besucht habe. Er selbst habe den Verstorbenen in der Fabrik besucht. Über die Tätigkeit als Transportarbeiter vom Mai 1940 bis Frühjahr 1941 könne er keine Aussage machen. Die Anschrift der Strumpffabrik habe K3 12, Lodz gelautet. Es hätten dort 8 bis 10 Leute gearbeitet. Aussagen über die Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung könne er nicht machen. Er selbst sei in der maßgeblichen Zeit Schüler gewesen.
Mit Bescheid vom 3. Mai 2002 und nachfolgendem Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Hinterbliebenenrente ab. Der Verstorbene Ehemann der Klägerin habe nicht die nach § 46 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VI. Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) erforderliche allgemeine Wartezeit von 5 Jahren mit Beitrags- und Ersatzzeiten erfüllt. Anrechenbare Pflichtbeitragszeiten seien nicht vorhanden, weil Beitragsleistungen zur polnischen gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund der geltend gemachten Beschäftigung von 1934 bis 1940 als Strumpfmacher bei der Firma G. in Lodz weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien. Die Zeugenerklärung des M. H. sowie dessen eidesstattliche Versicherung könnten die erforderliche überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Zurücklegung entsprechender Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach den §§ 15 und 16 FRG nicht begründen. Auch hinsichtlich der behaupteten Beschäftigungen als Transportarbeiter im Ghetto Lodz von Mai 1940 bis Juli 1941 und als Arbeiter in einer Munitionsfabrik von Juli 1941 bis Januar 1945 während der Unterbringung im Zentralen Aufnahmelage Czenstochow seien Pflichtbeitragszeiten weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Versicherungsunterlagen seien insoweit nicht eingereicht. Es bestünden aber auch keine Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen der Beklagten. Bei der behaupteten Ghetto-Tätigkeit müsse es sich um eine solche ohne reguläre Beitragsentrichtung gehandelt haben. Die anschließende Beschäftigung aufgrund der Einquartierung im Zentralen Aufnahmelager sei unter Zwangscharakter und damit ohne beitragspflichtigen Lohnbezug erfolgt.
Daraufhin hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben, mit der sie ihr auf die Gewährung einer Hinterbliebenenrente gerichtetes Begehren weiterverfolgt hat. Bereits aus der Zeugenerklärung folge, dass Beitragszeiten glaubhaft gemacht seien. Im Übrigen wisse jedermann, dass entsprechende Tätigkeiten im Ghetto Lodz abhängige Beschäftigungen und die jeweiligen Antragsteller in den verschiedenen Ressorts gegen Ghettogeld tätig gewesen seien. Das Sozialgericht hat weitere Ermittlungen getätigt. Der Internationale Suchdienst hat mitgeteilt, dass der Name des verstorbenen Ehemanns der Klägerin in einer Liste (Alphabetisches Verzeichnis polnischer Juden) erscheine. Das Staatsarchiv in Lodz hat mitgeteilt, dass in den Meldebüchern für das Ghetto Lodz unter der Signaturnummer XXXXX der Name "M1 M2 K1", geboren XXXXXXXXXX, verzeichnet und als Beruf sei "Arbeiter" eingetragen sei. Eine auf den Namen des Verstorbenen ausgestellte Arbeitskarte und Meldekarte habe sich jedoch nicht gefunden. Das Bundesarchiv hat Auszüge aus dem seinerzeitigen Telefonbuch von Lodz mit dem Hinweis übersandt, dass eine Strumpffabrik G. nicht aufzufinden sei.
Durch Urteil vom 25. Februar 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Für den Verstorbenen seien keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten anzuerkennen. Die Beklagte habe in den angefochtenen Bescheiden die Sach- und Rechtslage richtig beurteilt und die Vorschriften zutreffend angewandt. Dies gelte auch für die geltend gemachten Ghetto-Beitragszeiten. Der pauschale Hinweis der Klägerin, dass jedermann in Lodz gegen Ghetto-Geld tätig gewesen sei, könne nicht zur Glaubhaftmachung führen. Auf das Urteil wird ergänzend Bezug genommen. Es ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 9. März 2005 zugestellt worden.
Die Klägerin hat am 14. März 2005 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Rentenbegehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens weiterverfolgt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 3. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2002 zu verurteilen, ihr Hinterbliebe- nenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die Wartezeit anrechenbare Beitragszeit aus den behaupteten Beschäftigungen sei nicht erkennbar. Die ergangenen Bescheide seien rechtmäßig und das erstinstanzliche Urteil zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Senatssitzung am 19. Juli 2006 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) der Klägerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin kann die begehrte Hinterbliebenenrente nicht beanspruchen.
Nach § 46 SGB VI erhalten Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten eine Witwenrente, wenn der verstorbene Versicherte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Die allgemeine Wartezeit beträgt nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI fünf Jahre rentenrechtlicher Zeiten. Auf diese allgemeine Wartezeit werden Beitragszeiten und Ersatzzeiten angerechnet (§ 51 Abs. 1 und Abs. 4 SGB VI). Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 SGB VI).
Hiernach hat die Klägerin keinen Rentenanspruch. Denn ihr verstorbener Ehemann hat Pflichtbeitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht zurückgelegt. Er mag Ersatzzeiten zurückgelegt haben. Nur mit Ersatzzeiten besteht jedoch kein Rentenanspruch, weil nach § 250 Abs. 1 SGB VI nur Versicherte rentenrechtliche Zeiten als Ersatzzeiten haben können. Versichert im Sinne dieser Vorschrift ist aber nur derjenige, für den wenigstens ein Beitrag vor Beginn der Rente wirksam gezahlt worden ist oder als entrichtet gilt. Hieran fehlt es. Dafür, dass Beiträge für die streitigen Zeiträume entrichtet wurden, finden sich im Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte. Der Verstorbene hat aber auch keine Zeiten zurückgelegt, für die Beiträge im Sinne des § 55 SGB VI als gezahlt gelten. Er hat hinsichtlich der geltend gemachten Beschäftigungen in einer Strumpffabrik G. in Lodz und als Transportarbeiter im Ghetto Lodz weder entsprechende Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (a), noch solche dem Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (b) und schließlich auch keine solchen nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (c) aufzuweisen. Bei der angegeben Tätigkeit als Arbeiter in einer Munitionsfabrik während des Aufenthaltes im Zentralen Aufnahmelager Czenstochow handelte es sich um kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis (d).
a) Nach § 17 Abs. 1 Buchstabe b i.V.m. Abs. 4, § 15 FRG (in der Fassung von Art. 15 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung vom 18. Dezember 1989 – BGBl. I S. 2261, 2366 – Rentenreformgesetz 1992, RRG 1992) i.V.m. § 14 Abs. 2 WGSVG werden im räumlichen Geltungsbereich der Ostgebiete-Verordnung vom 22. Dezember 1941, durch welche dort zum 1. Januar 1942 die Reichsversicherungsgesetze eingeführt wurden, zurückgelegte Beschäftigungszeiten, für die nach dem vor der deutschen Besetzung geltenden polnischen Recht Beiträge zu dem Träger der polnischen Rentenversicherung abzuführen gewesen wären, auch bei Personen, die nicht zum Personenkreis des § 1 Buchstabe a bis d i.V.m. dem Bundesentschädigungsgesetz gehören, so behandelt, als seien Beiträge an einen nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden, die ein deutscher Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bei Eintritt des Versicherungsfalles wie nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze entrichtete Beiträge zu behandeln hatte (Bundessozialgericht (BSG) 18. Juni 1997 – 5 RJ 66/95 und 68/95 – Ghetto Lodz). Das Gebiet von Lodz gehört zum Geltungsbereich der Ostgebiete-Verordnung. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist aber schon nicht im Sinne des § 4 FRG glaubhaft gemacht, d.h. überwiegend wahrscheinlich, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin von 1934 bis 1940 in Lodz in einer Strumpffabrik G. gearbeitet hat. Schon die Angaben, die dieser in seinem Rentenverfahren gemacht hat, unterliegen nämlich Zweifeln hinsichtlich ihres Wahrheitsgehaltes. Denn wie die Auskunft der zuständigen Bundesbehörde zeigt, trifft es schon nicht zu, dass er eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz erhalten hat. Auch ist er bei der claims conference nicht registriert. Im Übrigen hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid und hat das Sozialgericht nach Durchführung weiterer erschöpfender Ermittlungen in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass die Glaubhaftmachung misslungen sei, weil es die angegebene Firma in Lodz nach den erreichbaren Unterlagen nicht gegeben hat. Wenn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin demgegenüber eine vergrößerte Kopie aus einem Telefonverzeichnis einreicht und hierzu ausführt, hierbei handele es sich um einen Auszug aus dem Telefonbuch von Lodz, es finde sich dort eine Strumpffabrik "Gertler" mit mehreren Filialen, und er sinngemäß behauptet, es müsse sich bei der bisherigen Namensangabe "G." um eine Verwechslung handeln, so ist führt dies ebenso wenig zur Glaubhaftmachung von Beitragszeiten. Es ist nämlich zunächst von den Angaben des Verstorbenen zu seiner Beschäftigungsstelle auszugehen. Dieser aber hat den Namen eindeutig mit "G." bezeichnet. Auch die Abweichung in der Anschrift lässt die neuerlichen Angaben nicht glaubhaft erscheinen. Vielmehr war bisher die Adresse der (angeblichen) Beschäftigungsfirma ebenso eindeutig mit "K2 12 in Lodz" bezeichnet worden. Auf die Aussage des Zeugen H. allein kann nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine Glaubhaftmachung nicht gegründet werden. Auch sie ist mit den ermittelten Tatsachen nicht in Einklang zu bringen.
b) Nach § 14 Abs. 2 WGSVG werden Sozialversicherungsbeiträge im Geltungsbereich der Ostgebiete-Verordnung fingiert, weil sie – wenn die Beitragsentrichtung unterblieben ist – aus verfolgungsbedingten Gründen nicht entrichtet wurde. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. a.a.O.) auch für eine versicherungspflichtige Tätigkeit im Ghetto Lodz. Auch insoweit sind aber Beitragszeiten nicht im Sinne des § 3 WGSVG glaubhaft gemacht. Für die Annahme, dass der Verstorbene von 1940 bis 1941 im Ghetto Lodz als Transportarbeiter tätig war, streitet nämlich lediglich die Angabe der Klägerin. Angaben des Verstorbenen hierzu gibt es indessen nicht. Auch der Zeuge H. gibt an Eides statt nur an, hierzu keine Angaben machen zu können. Nachdem auch der Name des Verstorbenen in den Meldebüchern des Ghetto Lodz nicht verzeichnet war, ist schon nicht glaubhaft, dass dieser sich überhaupt dort aufgehalten hat. Bei der in den Meldebüchern aufgefundenen Person "M1 M2 K1", geboren XXXXXXXXXX, kann es sich schon angesichts der erheblichen Abweichung im Geburtsdatum nicht um den Verstorbenen handeln.
c) Nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 ZRBG können Beitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung ausnahmsweise dann fingiert werden, wenn ein Verfolgter sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten hat, dort aus eigenem Willensentschluss eine Beschäftigung aufgenommen hat und diese Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt wurde und das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder in dieses eingegliedert war. Diese Voraussetzungen für die Fiktion einer Beitragsentrichtung müssen lediglich glaubhaft gemacht werden. Dies folgt aus § 1 Abs. 2 ZRBG, wonach die Vorschriften des ZRBG die rentenrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (Gesetz vom 22. Dezember 1970, BGBl. I, S. 1846, WGSVG) ergänzen. Sonach finden die Vorschriften der Glaubhaftmachung des WGSVG im Rahmen der Anerkennung von Beitragszeiten nach dem ZRBG unmittelbar Anwendung. Nach § 3 Abs. 2 WGSVG ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Nach dem Vorstehenden zu c) hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass ihr verstorbener Ehemann so genannte Ghetto-Beitragszeiten zurückgelegt hat, weil schon zweifelhaft ist, ob dieser sich in dem angegebenen Zeitraum überhaupt in diesem Ghetto aufgehalten hat.
d) Beitragszeiten sind auch nicht durch die angegebene Tätigkeit als Arbeiter in einer Munitionsfabrik während des Aufenthaltes im Zentralen Aufnahmelager Czenstochow zurückgelegt. Zutreffend hat hier bereits die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid darauf hingewiesen, dass es sich hierbei eine Tätigkeit unter obrigkeitlichem Zwang handelte, der nach herrschender Auffassung die Einstufung als versicherungspflichtige Beschäftigung hindert (vgl. BSG 14. Juli 1999 - B 13 RJ 71/98 R, SozR 3-5070 § 14 Nr. 3).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Hinterbliebenenrente.
Die 1926 im polnischen L. geborene Klägerin ist die Witwe des am 15. Oktober 1920 ebenfalls in L. geborenen und am 8. Januar 1996 in den Vereinigten Staaten von Amerika verstorbenen M. K ... Die Ehe wurde im Jahre 1955 in Polen geschlossen. Im Jahre 1966 wanderten die Eheleute in die Vereinigten Staaten von Amerika aus und erlangten die amerikanische Staatsbürgerschaft im Jahre 1972.
Bereits im Jahre 1990 hatte der Verstorbene bei der Beklagten die Gewährung von Altersruhegeld unter Anrechnung der im Vertreibungsgebiet zurückgelegten Beitragszeiten nach § 17 Fremdrentengesetz (FRG) bzw. § 20 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) und unter Zulassung zur Beitragsnachentrichtung nach §§ 10, 22 WGSVG beantragt und hierzu angegeben, als Verfolgter des Nationalsozialismus im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anerkannt zu sein und eine einmalige Entschädigung erhalten zu haben. Das Aktenzeichen sei ihm nicht erinnerlich. In dem Rentenantrag hatte er hinsichtlich des maßgeblichen Beschäftigungszeitraums erklärt, von 1934 bis 1940 bei der Firma G. in der K2 12 in Lodz als Strumpfmacher für 40 Zloty die Woche gearbeitet zu haben. Daraufhin von der Beklagten angestellte Ermittlungen hatten ergeben, dass Unterlagen über einen Antrag nach dem BEG nicht vorlagen. Auch bei der Conference on Jewish Material Claims against Germany (Claims Conference) war der Verstorbene nicht registriert. Mit Bescheid vom 20. März 1995 und Widerspruchsbescheid vom 2. April 1996 hatte die Beklagte den Antrag des Verstorbenen abgelehnt. Er habe kein Recht auf Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen, weil Beitragszeiten nach § 17 Abs. 1 Buchst. b FRG weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht seien und damit die Gewährung der begehrten Rente nicht möglich sei.
Am 6. Februar 1998 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns. Dieser sei von 1934 bis 1940 als Strumpfmacher in einer Strumpffabrik G. in der K2-Straße in Lodz, Polen tätig gewesen. Beiträge seien hierfür entrichtet worden. Von 1940 bis 1941 sei er im Ghetto Lodz als Transportarbeiter "für Lieferungen von Produkten" vollschichtig beschäftigt gewesen. Die Höhe des Verdienstes sei unbekannt. Danach habe er sich bis zum Januar 1945 im zentralen Aufnahmelager Czenstochow aufgehalten und in einer Munitionsfabrik als Arbeiter wiederum vollschichtig gearbeitet. Auch hier sei die Höhe des Verdienstes nicht erinnerlich. Von August 1945 bis zum Jahre 1951 sei ihr verstorbener Ehemann dann wiederum in Lodz in einer Strumpffabrik vollschichtig gegen ein der Höhe nach nicht erinnerliches Entgelt tätig gewesen. Nachdem ihr Ehemann nun am 8. Januar 1996 verstorben sei, begehre sie die Anerkennung der Versicherungszeiten nach § 17 a FRG sowie die Nachentrichtung nach Maßgabe des Zusatzabkommens zum Deutsch-Amerikanischen Sozialversicherungsabkommen.
In der Folgezeit bat die Beklagte um nähere Angaben zur Zugehörigkeit des Verstorbenen zum deutschen Sprach- und Kulturkreis und lehnte schließlich mit Bescheid vom 30. August 1999 den Antrag auf Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen im Rahmen des 2. Zusatzabkommens zum Deutsch-Amerikanischen Sozialversicherungsabkommen sowie die Anerkennung von Beitrags- und Beschäftigungszeiten nach §§ 17 a FRG ab. Die Zugehörigkeit des Verstorbenen zum deutschen Sprach- und Kulturkreis sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Sie sei auch unter Berücksichtigung der sprachlichen Verhältnisse im Heimatgebiet des Verstorbenen nicht überwiegend wahrscheinlich, denn Umgangs- und Verkehrssprache sei dort das Jiddische und Polnische und nicht das Deutsche gewesen.
Im weiteren Verlaufe des Verfahrens holte die Beklagte eine Auskunft des polnischen Versicherungsträgers über dort zurückgelegte Beschäftigungszeiten ein. Dieser teilte mit, dass der Verstorbenen vom 20. August 1947 bis 30. September 1947 und dann wieder vom 1. Dezember 1950 bis zu einem nicht gemeldeten Datum als Strumpfmacher bzw. Wirker versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Die Klägerin brachte ihrerseits eine schriftliche Zeugenerklärung des M. H. bei. Dieser gab an, mit dem Versicherten vor dem Krieg gut bekannt gewesen zu sein. Sie seien oft zusammengetroffen. Er wisse, dass dieser in einer Strumpffabrik tätig gewesen sei und dass er für seine Arbeit Lohn erhalten habe, weil er immer Geld in der Tasche gehabt habe. Über die Höhe des Lohnes könne er keine Aussage machen. Nach der Verfolgung habe der Verstorbene ihm auch erzählt, dass er ungefähr ein Jahr lang im Ghetto Lodz als Transportangestellter angestellt gewesen sei, bis er nach Czenstochow überführt worden sei. Aus eigener Kenntnis könne er noch angeben, dass im Ghetto alle Arbeiter "mit Mark" entlohnt worden seien und er sich deswegen sicher sei, dass auch der Versicherte eine Entlohnung erhalten habe. In einer gegenüber dem Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Miami/Florida/USA abgegebenen eidesstattlichen Versicherung vom 18. Mai 2000 führte der Zeuge aus, seine Kenntnisse rührten daher, dass seine Familie am selben Platz - Poludniewa - gewohnt habe wie die Familie des Verstorbenen und die Strumpffabrik G. neben der Schule gelegen gewesen sei, die er - der Zeuge - damals besucht habe. Er selbst habe den Verstorbenen in der Fabrik besucht. Über die Tätigkeit als Transportarbeiter vom Mai 1940 bis Frühjahr 1941 könne er keine Aussage machen. Die Anschrift der Strumpffabrik habe K3 12, Lodz gelautet. Es hätten dort 8 bis 10 Leute gearbeitet. Aussagen über die Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung könne er nicht machen. Er selbst sei in der maßgeblichen Zeit Schüler gewesen.
Mit Bescheid vom 3. Mai 2002 und nachfolgendem Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Hinterbliebenenrente ab. Der Verstorbene Ehemann der Klägerin habe nicht die nach § 46 Abs. 2 Sozialgesetzbuch VI. Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) erforderliche allgemeine Wartezeit von 5 Jahren mit Beitrags- und Ersatzzeiten erfüllt. Anrechenbare Pflichtbeitragszeiten seien nicht vorhanden, weil Beitragsleistungen zur polnischen gesetzlichen Rentenversicherung aufgrund der geltend gemachten Beschäftigung von 1934 bis 1940 als Strumpfmacher bei der Firma G. in Lodz weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden seien. Die Zeugenerklärung des M. H. sowie dessen eidesstattliche Versicherung könnten die erforderliche überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Zurücklegung entsprechender Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach den §§ 15 und 16 FRG nicht begründen. Auch hinsichtlich der behaupteten Beschäftigungen als Transportarbeiter im Ghetto Lodz von Mai 1940 bis Juli 1941 und als Arbeiter in einer Munitionsfabrik von Juli 1941 bis Januar 1945 während der Unterbringung im Zentralen Aufnahmelage Czenstochow seien Pflichtbeitragszeiten weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Versicherungsunterlagen seien insoweit nicht eingereicht. Es bestünden aber auch keine Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen der Beklagten. Bei der behaupteten Ghetto-Tätigkeit müsse es sich um eine solche ohne reguläre Beitragsentrichtung gehandelt haben. Die anschließende Beschäftigung aufgrund der Einquartierung im Zentralen Aufnahmelager sei unter Zwangscharakter und damit ohne beitragspflichtigen Lohnbezug erfolgt.
Daraufhin hat die Klägerin fristgerecht Klage erhoben, mit der sie ihr auf die Gewährung einer Hinterbliebenenrente gerichtetes Begehren weiterverfolgt hat. Bereits aus der Zeugenerklärung folge, dass Beitragszeiten glaubhaft gemacht seien. Im Übrigen wisse jedermann, dass entsprechende Tätigkeiten im Ghetto Lodz abhängige Beschäftigungen und die jeweiligen Antragsteller in den verschiedenen Ressorts gegen Ghettogeld tätig gewesen seien. Das Sozialgericht hat weitere Ermittlungen getätigt. Der Internationale Suchdienst hat mitgeteilt, dass der Name des verstorbenen Ehemanns der Klägerin in einer Liste (Alphabetisches Verzeichnis polnischer Juden) erscheine. Das Staatsarchiv in Lodz hat mitgeteilt, dass in den Meldebüchern für das Ghetto Lodz unter der Signaturnummer XXXXX der Name "M1 M2 K1", geboren XXXXXXXXXX, verzeichnet und als Beruf sei "Arbeiter" eingetragen sei. Eine auf den Namen des Verstorbenen ausgestellte Arbeitskarte und Meldekarte habe sich jedoch nicht gefunden. Das Bundesarchiv hat Auszüge aus dem seinerzeitigen Telefonbuch von Lodz mit dem Hinweis übersandt, dass eine Strumpffabrik G. nicht aufzufinden sei.
Durch Urteil vom 25. Februar 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Für den Verstorbenen seien keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten anzuerkennen. Die Beklagte habe in den angefochtenen Bescheiden die Sach- und Rechtslage richtig beurteilt und die Vorschriften zutreffend angewandt. Dies gelte auch für die geltend gemachten Ghetto-Beitragszeiten. Der pauschale Hinweis der Klägerin, dass jedermann in Lodz gegen Ghetto-Geld tätig gewesen sei, könne nicht zur Glaubhaftmachung führen. Auf das Urteil wird ergänzend Bezug genommen. Es ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 9. März 2005 zugestellt worden.
Die Klägerin hat am 14. März 2005 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Rentenbegehren unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens weiterverfolgt.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 3. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2002 zu verurteilen, ihr Hinterbliebe- nenrente aus der Versicherung ihres verstorbenen Ehemanns zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die Wartezeit anrechenbare Beitragszeit aus den behaupteten Beschäftigungen sei nicht erkennbar. Die ergangenen Bescheide seien rechtmäßig und das erstinstanzliche Urteil zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Senatssitzung am 19. Juli 2006 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gemachten Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) der Klägerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin kann die begehrte Hinterbliebenenrente nicht beanspruchen.
Nach § 46 SGB VI erhalten Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten eine Witwenrente, wenn der verstorbene Versicherte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Die allgemeine Wartezeit beträgt nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI fünf Jahre rentenrechtlicher Zeiten. Auf diese allgemeine Wartezeit werden Beitragszeiten und Ersatzzeiten angerechnet (§ 51 Abs. 1 und Abs. 4 SGB VI). Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 SGB VI).
Hiernach hat die Klägerin keinen Rentenanspruch. Denn ihr verstorbener Ehemann hat Pflichtbeitragszeiten in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht zurückgelegt. Er mag Ersatzzeiten zurückgelegt haben. Nur mit Ersatzzeiten besteht jedoch kein Rentenanspruch, weil nach § 250 Abs. 1 SGB VI nur Versicherte rentenrechtliche Zeiten als Ersatzzeiten haben können. Versichert im Sinne dieser Vorschrift ist aber nur derjenige, für den wenigstens ein Beitrag vor Beginn der Rente wirksam gezahlt worden ist oder als entrichtet gilt. Hieran fehlt es. Dafür, dass Beiträge für die streitigen Zeiträume entrichtet wurden, finden sich im Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte. Der Verstorbene hat aber auch keine Zeiten zurückgelegt, für die Beiträge im Sinne des § 55 SGB VI als gezahlt gelten. Er hat hinsichtlich der geltend gemachten Beschäftigungen in einer Strumpffabrik G. in Lodz und als Transportarbeiter im Ghetto Lodz weder entsprechende Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (a), noch solche dem Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (b) und schließlich auch keine solchen nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (c) aufzuweisen. Bei der angegeben Tätigkeit als Arbeiter in einer Munitionsfabrik während des Aufenthaltes im Zentralen Aufnahmelager Czenstochow handelte es sich um kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis (d).
a) Nach § 17 Abs. 1 Buchstabe b i.V.m. Abs. 4, § 15 FRG (in der Fassung von Art. 15 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung vom 18. Dezember 1989 – BGBl. I S. 2261, 2366 – Rentenreformgesetz 1992, RRG 1992) i.V.m. § 14 Abs. 2 WGSVG werden im räumlichen Geltungsbereich der Ostgebiete-Verordnung vom 22. Dezember 1941, durch welche dort zum 1. Januar 1942 die Reichsversicherungsgesetze eingeführt wurden, zurückgelegte Beschäftigungszeiten, für die nach dem vor der deutschen Besetzung geltenden polnischen Recht Beiträge zu dem Träger der polnischen Rentenversicherung abzuführen gewesen wären, auch bei Personen, die nicht zum Personenkreis des § 1 Buchstabe a bis d i.V.m. dem Bundesentschädigungsgesetz gehören, so behandelt, als seien Beiträge an einen nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden, die ein deutscher Träger der gesetzlichen Rentenversicherung bei Eintritt des Versicherungsfalles wie nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze entrichtete Beiträge zu behandeln hatte (Bundessozialgericht (BSG) 18. Juni 1997 – 5 RJ 66/95 und 68/95 – Ghetto Lodz). Das Gebiet von Lodz gehört zum Geltungsbereich der Ostgebiete-Verordnung. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist aber schon nicht im Sinne des § 4 FRG glaubhaft gemacht, d.h. überwiegend wahrscheinlich, dass der verstorbene Ehemann der Klägerin von 1934 bis 1940 in Lodz in einer Strumpffabrik G. gearbeitet hat. Schon die Angaben, die dieser in seinem Rentenverfahren gemacht hat, unterliegen nämlich Zweifeln hinsichtlich ihres Wahrheitsgehaltes. Denn wie die Auskunft der zuständigen Bundesbehörde zeigt, trifft es schon nicht zu, dass er eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz erhalten hat. Auch ist er bei der claims conference nicht registriert. Im Übrigen hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid und hat das Sozialgericht nach Durchführung weiterer erschöpfender Ermittlungen in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt, dass die Glaubhaftmachung misslungen sei, weil es die angegebene Firma in Lodz nach den erreichbaren Unterlagen nicht gegeben hat. Wenn der Prozessbevollmächtigte der Klägerin demgegenüber eine vergrößerte Kopie aus einem Telefonverzeichnis einreicht und hierzu ausführt, hierbei handele es sich um einen Auszug aus dem Telefonbuch von Lodz, es finde sich dort eine Strumpffabrik "Gertler" mit mehreren Filialen, und er sinngemäß behauptet, es müsse sich bei der bisherigen Namensangabe "G." um eine Verwechslung handeln, so ist führt dies ebenso wenig zur Glaubhaftmachung von Beitragszeiten. Es ist nämlich zunächst von den Angaben des Verstorbenen zu seiner Beschäftigungsstelle auszugehen. Dieser aber hat den Namen eindeutig mit "G." bezeichnet. Auch die Abweichung in der Anschrift lässt die neuerlichen Angaben nicht glaubhaft erscheinen. Vielmehr war bisher die Adresse der (angeblichen) Beschäftigungsfirma ebenso eindeutig mit "K2 12 in Lodz" bezeichnet worden. Auf die Aussage des Zeugen H. allein kann nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens eine Glaubhaftmachung nicht gegründet werden. Auch sie ist mit den ermittelten Tatsachen nicht in Einklang zu bringen.
b) Nach § 14 Abs. 2 WGSVG werden Sozialversicherungsbeiträge im Geltungsbereich der Ostgebiete-Verordnung fingiert, weil sie – wenn die Beitragsentrichtung unterblieben ist – aus verfolgungsbedingten Gründen nicht entrichtet wurde. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. a.a.O.) auch für eine versicherungspflichtige Tätigkeit im Ghetto Lodz. Auch insoweit sind aber Beitragszeiten nicht im Sinne des § 3 WGSVG glaubhaft gemacht. Für die Annahme, dass der Verstorbene von 1940 bis 1941 im Ghetto Lodz als Transportarbeiter tätig war, streitet nämlich lediglich die Angabe der Klägerin. Angaben des Verstorbenen hierzu gibt es indessen nicht. Auch der Zeuge H. gibt an Eides statt nur an, hierzu keine Angaben machen zu können. Nachdem auch der Name des Verstorbenen in den Meldebüchern des Ghetto Lodz nicht verzeichnet war, ist schon nicht glaubhaft, dass dieser sich überhaupt dort aufgehalten hat. Bei der in den Meldebüchern aufgefundenen Person "M1 M2 K1", geboren XXXXXXXXXX, kann es sich schon angesichts der erheblichen Abweichung im Geburtsdatum nicht um den Verstorbenen handeln.
c) Nach § 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 ZRBG können Beitragszeiten zur gesetzlichen Rentenversicherung ausnahmsweise dann fingiert werden, wenn ein Verfolgter sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten hat, dort aus eigenem Willensentschluss eine Beschäftigung aufgenommen hat und diese Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt wurde und das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder in dieses eingegliedert war. Diese Voraussetzungen für die Fiktion einer Beitragsentrichtung müssen lediglich glaubhaft gemacht werden. Dies folgt aus § 1 Abs. 2 ZRBG, wonach die Vorschriften des ZRBG die rentenrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (Gesetz vom 22. Dezember 1970, BGBl. I, S. 1846, WGSVG) ergänzen. Sonach finden die Vorschriften der Glaubhaftmachung des WGSVG im Rahmen der Anerkennung von Beitragszeiten nach dem ZRBG unmittelbar Anwendung. Nach § 3 Abs. 2 WGSVG ist eine Tatsache glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Nach dem Vorstehenden zu c) hat die Klägerin nicht glaubhaft gemacht, dass ihr verstorbener Ehemann so genannte Ghetto-Beitragszeiten zurückgelegt hat, weil schon zweifelhaft ist, ob dieser sich in dem angegebenen Zeitraum überhaupt in diesem Ghetto aufgehalten hat.
d) Beitragszeiten sind auch nicht durch die angegebene Tätigkeit als Arbeiter in einer Munitionsfabrik während des Aufenthaltes im Zentralen Aufnahmelager Czenstochow zurückgelegt. Zutreffend hat hier bereits die Beklagte in ihrem Widerspruchsbescheid darauf hingewiesen, dass es sich hierbei eine Tätigkeit unter obrigkeitlichem Zwang handelte, der nach herrschender Auffassung die Einstufung als versicherungspflichtige Beschäftigung hindert (vgl. BSG 14. Juli 1999 - B 13 RJ 71/98 R, SozR 3-5070 § 14 Nr. 3).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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