Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
27
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 7 RA 475/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 27 RA 322/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 05. November 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) in der Zeit vom 01. August 1974 bis 30. Juni 1990 und die Berücksichtigung der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.
Die am 1929 geborene Klägerin ist nach einem Fachschulstudium an der Ingenieurschule für Bauwesen in der Fachstudienrichtung Betriebswirtschaft seit dem 05. Juli 1974 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur-Ökonom" zu führen. Sie war in der Zeit ab Oktober 1964 beim VEB B- und M O ( mit Eintragung ins Handelregister ab 26.Juli 1990 Schwedter Bau GmbH, Ga 51) beschäftigt und zwar vom 01. Oktober 1964 bis 31. Dezember 1968 als Bearbeiterin für Produktionskontrolle, ab 01. Januar 1969 als Sachgebietsleiterin und ab 01. Januar 1973 bis 16. April 1990 in der Funktion einer Abteilungsleiterin der Finanzökonomie. Der Arbeitsvertrag wurde im beiderseitigen Einvernehmen zum 16. April 1990 aufgelöst aus Anlass des bevorstehenden Ruhesstandes der Klägerin, die entsprechend dieser Vereinbarung zu diesem Zeitpunkt aus dem Unternehmen ausschied. Die Klägerin bezieht Altersrente ab 01. Dezember 1989.
Durch Bescheid vom 24. Februar 2003 lehnte die Beklagte einen Antrag der Klägerin vom 06. März 2002 auf Feststellung der Beschäftigungszeit als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) ab. Das AAÜG sei im Fall der Klägerin nicht anwendbar. Sie habe am 30. Juni 1990 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin hat die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 02. Juni 2003 zurückgewiesen.
Mit der am 04. Juli 2003 beim Sozialgericht (SG) Neuruppin eingegangenen Klage hat die Klägerin ihren Anspruch auf Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie insbesondere ausgeführt, ihr Arbeitsrechtsverhältnis mit dem VEB B- und MO IS habe sie am 16. April 1990 aufgrund Erreichens des Rentenalters durch Aufhebungsvertrag beendet. Über 25 Jahre sei sie also in einem volkseigenen Betrieb, davon 20 Jahre in leitender Funktion, tätig gewesen. Entsprechend gesetzlichen Regelungen der DDR sei das Rentenalter für Frauen mit Erreichen des 60. Lebensjahres festgelegt gewesen. Bei Erreichen des Rentenalters am 28. Dezember 1989 habe sie eine Rente bezogen. Sie schilderte im Einzelnen ihren beruflichen Werdegang.
Das SG hat dem Vorbringen der Klägerin als Antrag entnommen,
den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 01. August 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben mit den entsprechenden Verdiensten festzustellen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat insbesondere zur Begründung vorgetragen, die Klägerin erfülle nicht die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erforderliche Voraussetzung, wonach anspruchsbegründende Voraussetzung sei, dass am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung der Klägerin in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens bestanden habe. Unerheblich sei, aus welchen Gründen die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb vor dem 30. Juni 1990 aufgegeben worden sei.
Durch Gerichtsbescheid vom 05. November 2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde insbesondere auf die Rechtsprechung des BSG Bezug genommen. Danach sei die Erfüllung von persönlichen, sachlichen und betrieblichen Voraussetzungen am 30. Juni 1990 erforderlich. Hier scheitere die begehrte Feststellung an einer "Nicht-mehr-Ausübung" einer beruflichen Tätigkeit am 30. Juni 1990.
Gegen den der Klägerin am 11. November 2003 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 10. Dezember 2003 beim SG Neuruppin eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung hat sie insbesondere vorgetragen, das Arbeitsverhältnis sei nicht im Interesse des Betriebes aufgelöst worden, sondern auf ihren Wunsch. Hingegen habe sie im Interesse des Betriebes den Termin zunächst vom 06. April 1990 letztendlich auf den 16. April 1990 verlängert. Sie habe das Recht gehabt, bis 05. Juli 1990 Einspruch einzulegen. Dies sei betrieblicherseits berücksichtigt worden. Entsprechend seien ihr am 07. Juli 1990 3196 Mark und am 23.Mai 1990 125,60 Mark überwiesen worden. Dies entspreche einer Betriebszugehörigkeit bis 30. Juni 1990.
Der Senat entnimmt dem Vorbringen der Klägerin als Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 05. November 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 01. August 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie ihre bisherigen Gründe wiederholt und ausgeführt, die Einlassungen der Klägerin änderten nichts an der Sachlage. Die Begründung zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei bei der Beurteilung der Frage, ob am 30. Juni 1990 noch eine Beschäftigung im Sinne der Altersversorgung der technischen Intelligenz ausgeübt worden sei, unbeachtlich. Aufgeworfene rentenrechtliche Fragen fielen in die Kompetenz des Rentenversicherungsträgers. Sie wies darauf hin, dass die Klägerin aufgrund der durchgehend gezahlten FZR-Beiträge möglicherweise auch ohne Anwendung des § 6 Abs. 1 AAÜG dieselben Entgeltpunkte erreichen würde.
Im Berufungsverfahren wurde eine Auskunft des Verwalters im Gesamtvollstreckungsverfahren der S GmbH eingeholt. Er teilte u. a. mit, der Betrag in Höhe von 2 x 1.598,00 Euro (3.196,00 Mark) sei der Klägerin am 27. April 1990 als Abfindung gezahlt worden. Das Arbeitsverhältnis sei zum 16. April 1990 aufgelöst worden (GA 56).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten () und den Inhalt der Gerichtsakten, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 01. August 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVtI und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Die Klägerin hat keine Anwartschaft aufgrund einer Zugehörigkeit zur AVtI erworben, denn sie erfüllte insbesondere nicht am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die AVtI.
Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben, und insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, und die als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).
Solche Zeiten der Zugehörigkeit liegen nach § 4 Abs. 5 AAÜG vor, wenn eine in einem Versorgungssystem erworbene Anwartschaft bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 AAÜG). Eine solche Anwartschaft setzt die Einbeziehung in das jeweilige Versorgungssystem voraus. Im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genügt es grundsätzlich nicht, dass ein Anspruch auf Einbeziehung bestand, soweit dieser nicht auch verwirklicht wurde. Wie der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, wird allein auf Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem abgestellt. Dies setzt zwingend voraus, dass der Berechtigte tatsächlich in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Von diesem Grundsatz macht lediglich § 5 Abs. 2 AAÜG eine Ausnahme. Danach gelten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.
Eine solche Einbeziehung erfolgte in der AVtI grundsätzlich durch eine Entscheidung des zuständigen Versorgungsträgers der DDR. Lag sie am 30. Juni 1990 vor, hatte der Begünstigte durch diesen nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt eine Versorgungsanwartschaft. Einbezogen war aber auch derjenige, dem früher einmal eine Versorgungszusage erteilt worden war, wenn diese durch einen weiteren Verwaltungsakt in der DDR wieder aufgehoben worden war und wenn dieser Verwaltungsakt nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV unbeachtlich geworden ist; denn dann galt die ursprüngliche Versorgungszusage fort. Gleiches gilt für eine Einbeziehung durch eine Rehabilitierungsentscheidung (Art. 17 EV). Schließlich gehörten dem Kreis der Einbezogenen auch diejenigen an, denen durch Individualentscheidung (Einzelentscheidung, zum Beispiel aufgrund eines Einzelvertrages) eine Versorgung in einem bestimmten System zugesagt worden war, obgleich sie von dessen abstrakt-generellen Regelungen nicht erfasst waren. Im Übrigen dies trifft jedoch auf die AVtI nicht zu galten auch ohne Versorgungszusage Personen als einbezogen, wenn in dem einschlägigen System für sie ein besonderer Akt der Einbeziehung nicht vorgesehen war (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).
§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG hat den Kreis der einbezogenen Personen jedoch in begrenztem Umfang erweitert. Er hat damit das Neueinbeziehungsverbot des EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a, wonach die noch nicht geschlossenen Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen sind und Neueinbeziehungen vom 03. Oktober 1990 an nicht mehr zulässig sind, sowie den nach EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 zu Bundesrecht gewordenen § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz der DDR, wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen werden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgen, modifiziert. Danach gilt, soweit die Regelung der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten. Dies betrifft jedoch nur solche Personen, die auch konkret einbezogen worden waren. Der Betroffene muss damit vor dem 30. Juni 1990 in der DDR nach den damaligen Gegebenheiten in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sein und aufgrund dessen eine Position wirklich innegehabt haben, dass nur noch der Versorgungsfall hätte eintreten müssen, damit ihm Versorgungsleistungen gewährt worden wären. Derjenige, der in der DDR keinen Versicherungsschein über die Einbeziehung in die AVtI erhalten hatte, hatte nach deren Recht keine gesicherte Aussicht, im Versorgungsfall Versorgungsleistungen zu erhalten (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R in SozR 3 8570 § 1 Nr. 1).
Die AVtI kannte den in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochenen Verlust von Anwartschaften. Nach § 2 Abs. 1, 3 und 4 Zweite Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 - GBl DDR 1951, 487 - (2. DB zur AVtI VO) wurde die zusätzliche Altersversorgung gewährt, wenn sich der Begünstigte im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles in einem Anstellungsverhältnis zu einem volkseigenen oder ihm gleichgestellten Betrieb befand. Erloschene Ansprüche auf Rente lebten wieder auf, wenn spätestens vor Ablauf eines Jahres ein neues Arbeitsverhältnis in der volkseigenen Industrie zustande kam und die Voraussetzungen nach § 1 dieser Durchführungsbestimmung in dem neuen Arbeitsverhältnis gegeben waren. Für die Dauer von Berufungen in öffentliche Ämter oder in demokratische Institutionen (Parteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund usw.) erlosch der Anspruch auf Rente nicht.
War der Betroffene in die AVtI einbezogen, endete die zur Einbeziehung führende Beschäftigung jedoch vor dem Eintritt des Versicherungsfalles, ging der Betroffene, vorbehaltlich der oben genannten Ausnahmen, seiner Anwartschaft verlustig.
Das BSG hat wegen der bundesrechtlichen Erweiterung der Anwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG über die Regelungen der Versorgungssysteme hinaus einen Wertungswiderspruch innerhalb der Vergleichsgruppe der am 30. Juni 1990 Nichteinbezogenen gesehen. Nichteinbezogene, die früher einmal einbezogen gewesen seien, aber ohne rechtswidrigen Akt der DDR nach den Regeln der Versorgungssysteme ausgeschieden gewesen seien, würden anders behandelt als am 30. Juni 1990 Nichteinbezogene, welche nach den Regeln zwar alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hätten, aber aus Gründen, die bundesrechtlich nicht anerkannt werden dürften, nicht einbezogen gewesen seien (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R). Wie oben ausgeführt, konnten zwar weder die ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, noch die Betroffenen, die zwar am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatten, tatsächlich aber nicht einbezogen waren, nach den Regelungen der DDR mit einer Versorgung rechnen. Wenn bundesrechtlich jedoch einem Teil dieses Personenkreises, nämlich dem der ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, eine Anwartschaft zugebilligt wird, so muss nach dem BSG § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass eine Anwartschaft auch dann besteht, wenn ein Betroffener aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach den zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regelungen eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R). Der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete rechtfertigende sachliche Grund für eine solche Auslegung ist darin zu sehen, dass bundesrechtlich wegen der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Schließung der Versorgungssysteme an den 30. Juni 1990 angeknüpft wird und es aus bundesrechtlicher Sicht zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage, sondern ausschließlich darauf ankommt, ob eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (zu Letzterem Urteile des BSG vom 24. März 1998 B 4 RA 27/97 R und 30. Juni 1998 B 4 RA 11/98 R).
Die oben genannte Rechtsprechung des BSG zum so genannten Stichtag des 30. Juni 1990 hat das BSG mit den weiteren Urteilen vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R und B 4 RA 20/03 R fortgeführt und eindeutig klargestellt. Im Urteil vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 R hat das BSG betont, es bestehe kein Anlass, diese Rechtsprechung zu modifizieren. An dieser Rechtsprechung hat das BSG mit Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R festgehalten. Eine Anwartschaft im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, die eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem begründet, beurteilt sich allein danach, ob zum Zeitpunkt des 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung vorgelegen haben.
Der Senat folgt dieser Rechtssprechung. Sie ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (1 BvR 1144/05).
Nach diesen Maßstäben ist der geltend gemachte Anspruch nicht begründet.
Zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht kein Versorgungsrechtsverhältnis, welches nach den Maßstäben des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) nach § 1 Abs. 1 Geltung beanspruchen könnte. Zum 01. August 1991 hatte die Klägerin keinen Versorgungsanspruch und auch keine Versorgungsanwartschaft. Eine im Sinne von Art. 19 des Einigungsvertrages bundesrechtlich bindende Einzelfallregelung, durch welche ihr eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden sein könnte (Versorgungszusage, Einzelfallentscheidung, Einzelfallvertrag), lag nicht vor. Damit könnte die damit nicht einbezogene Klägerin nur nach In-Kraft-Treten des AAÜG am 01. August 1991 eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gehabt haben, wenn aufgrund der zu diesem Zeitpunkt als Bundesrecht weiter anzuwendenden Regelungen der Versorgungssysteme nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nur noch der Versorgungsfall hätte eintreten müssen, so dass ihr aus bundesrechtlicher Sicht Versorgung hätte geleistet werden müssen. Dies wäre nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der der erkennende Senat wie dargelegt folgt, dann der Fall gewesen, wenn sie am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt hätte, aufgrund welcher ihr nach Bundesrecht zwingend eine Versorgungszusage zu erteilen gewesen wäre. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Klägerin hatte am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt. Nach dem Vortrag der Klägerin selbst war sie am 30. Juni 1990 ohne Beschäftigung und befand sich im Ruhestand. Dies entsprach dem Aufhebungsvertrag aus dem Monat April 1990, wonach im April 1990 der Arbeitsvertrag aufgehoben worden war. Daran ändert die von ihr herangezogene Zahlung außerhalb des Beschäftigungsverhältnisses nichts. Dabei handelte es sich nach der Auskunft des Verwalters im Vollstreckungsverfahren, Rechtsanwalt F um eine Abfindung, die kein Äquivalent für geleistete Arbeit ab 16.April 1990 darstellt ohne arbeitsrechtliche Auswirkungen auf das Beschäftigungsverhältnis.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVtI) in der Zeit vom 01. August 1974 bis 30. Juni 1990 und die Berücksichtigung der während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte.
Die am 1929 geborene Klägerin ist nach einem Fachschulstudium an der Ingenieurschule für Bauwesen in der Fachstudienrichtung Betriebswirtschaft seit dem 05. Juli 1974 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur-Ökonom" zu führen. Sie war in der Zeit ab Oktober 1964 beim VEB B- und M O ( mit Eintragung ins Handelregister ab 26.Juli 1990 Schwedter Bau GmbH, Ga 51) beschäftigt und zwar vom 01. Oktober 1964 bis 31. Dezember 1968 als Bearbeiterin für Produktionskontrolle, ab 01. Januar 1969 als Sachgebietsleiterin und ab 01. Januar 1973 bis 16. April 1990 in der Funktion einer Abteilungsleiterin der Finanzökonomie. Der Arbeitsvertrag wurde im beiderseitigen Einvernehmen zum 16. April 1990 aufgelöst aus Anlass des bevorstehenden Ruhesstandes der Klägerin, die entsprechend dieser Vereinbarung zu diesem Zeitpunkt aus dem Unternehmen ausschied. Die Klägerin bezieht Altersrente ab 01. Dezember 1989.
Durch Bescheid vom 24. Februar 2003 lehnte die Beklagte einen Antrag der Klägerin vom 06. März 2002 auf Feststellung der Beschäftigungszeit als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) ab. Das AAÜG sei im Fall der Klägerin nicht anwendbar. Sie habe am 30. Juni 1990 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden. Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin hat die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 02. Juni 2003 zurückgewiesen.
Mit der am 04. Juli 2003 beim Sozialgericht (SG) Neuruppin eingegangenen Klage hat die Klägerin ihren Anspruch auf Feststellung der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz weiterverfolgt. Zur Begründung hat sie insbesondere ausgeführt, ihr Arbeitsrechtsverhältnis mit dem VEB B- und MO IS habe sie am 16. April 1990 aufgrund Erreichens des Rentenalters durch Aufhebungsvertrag beendet. Über 25 Jahre sei sie also in einem volkseigenen Betrieb, davon 20 Jahre in leitender Funktion, tätig gewesen. Entsprechend gesetzlichen Regelungen der DDR sei das Rentenalter für Frauen mit Erreichen des 60. Lebensjahres festgelegt gewesen. Bei Erreichen des Rentenalters am 28. Dezember 1989 habe sie eine Rente bezogen. Sie schilderte im Einzelnen ihren beruflichen Werdegang.
Das SG hat dem Vorbringen der Klägerin als Antrag entnommen,
den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 01. August 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben mit den entsprechenden Verdiensten festzustellen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat insbesondere zur Begründung vorgetragen, die Klägerin erfülle nicht die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) erforderliche Voraussetzung, wonach anspruchsbegründende Voraussetzung sei, dass am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung der Klägerin in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens bestanden habe. Unerheblich sei, aus welchen Gründen die Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb vor dem 30. Juni 1990 aufgegeben worden sei.
Durch Gerichtsbescheid vom 05. November 2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung wurde insbesondere auf die Rechtsprechung des BSG Bezug genommen. Danach sei die Erfüllung von persönlichen, sachlichen und betrieblichen Voraussetzungen am 30. Juni 1990 erforderlich. Hier scheitere die begehrte Feststellung an einer "Nicht-mehr-Ausübung" einer beruflichen Tätigkeit am 30. Juni 1990.
Gegen den der Klägerin am 11. November 2003 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 10. Dezember 2003 beim SG Neuruppin eingegangene Berufung der Klägerin. Zur Begründung hat sie insbesondere vorgetragen, das Arbeitsverhältnis sei nicht im Interesse des Betriebes aufgelöst worden, sondern auf ihren Wunsch. Hingegen habe sie im Interesse des Betriebes den Termin zunächst vom 06. April 1990 letztendlich auf den 16. April 1990 verlängert. Sie habe das Recht gehabt, bis 05. Juli 1990 Einspruch einzulegen. Dies sei betrieblicherseits berücksichtigt worden. Entsprechend seien ihr am 07. Juli 1990 3196 Mark und am 23.Mai 1990 125,60 Mark überwiesen worden. Dies entspreche einer Betriebszugehörigkeit bis 30. Juni 1990.
Der Senat entnimmt dem Vorbringen der Klägerin als Antrag,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neuruppin vom 05. November 2003 und den Bescheid der Beklagten vom 24. Februar 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 01. August 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat sie ihre bisherigen Gründe wiederholt und ausgeführt, die Einlassungen der Klägerin änderten nichts an der Sachlage. Die Begründung zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sei bei der Beurteilung der Frage, ob am 30. Juni 1990 noch eine Beschäftigung im Sinne der Altersversorgung der technischen Intelligenz ausgeübt worden sei, unbeachtlich. Aufgeworfene rentenrechtliche Fragen fielen in die Kompetenz des Rentenversicherungsträgers. Sie wies darauf hin, dass die Klägerin aufgrund der durchgehend gezahlten FZR-Beiträge möglicherweise auch ohne Anwendung des § 6 Abs. 1 AAÜG dieselben Entgeltpunkte erreichen würde.
Im Berufungsverfahren wurde eine Auskunft des Verwalters im Gesamtvollstreckungsverfahren der S GmbH eingeholt. Er teilte u. a. mit, der Betrag in Höhe von 2 x 1.598,00 Euro (3.196,00 Mark) sei der Klägerin am 27. April 1990 als Abfindung gezahlt worden. Das Arbeitsverhältnis sei zum 16. April 1990 aufgelöst worden (GA 56).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten () und den Inhalt der Gerichtsakten, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Zeit vom 01. August 1974 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der AVtI und die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Die Klägerin hat keine Anwartschaft aufgrund einer Zugehörigkeit zur AVtI erworben, denn sie erfüllte insbesondere nicht am 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die AVtI.
Nach § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und Abs. 2 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem für die Feststellung der Leistungen zuständigen Träger der Rentenversicherung unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehören auch das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen des Berechtigten oder der Person, von der sich die Berechtigung ableitet, die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 und 7 AAÜG ergeben, und insbesondere die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, und die als Pflichtbeitragszeiten der Rentenversicherung gelten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Der Versorgungsträger hat dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung nach § 8 Abs. 2 AAÜG durch Bescheid bekannt zu geben (§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG).
Solche Zeiten der Zugehörigkeit liegen nach § 4 Abs. 5 AAÜG vor, wenn eine in einem Versorgungssystem erworbene Anwartschaft bestanden hatte (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 AAÜG). Eine solche Anwartschaft setzt die Einbeziehung in das jeweilige Versorgungssystem voraus. Im Hinblick auf § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG genügt es grundsätzlich nicht, dass ein Anspruch auf Einbeziehung bestand, soweit dieser nicht auch verwirklicht wurde. Wie der Wortlaut dieser Vorschrift zeigt, wird allein auf Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem abgestellt. Dies setzt zwingend voraus, dass der Berechtigte tatsächlich in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Von diesem Grundsatz macht lediglich § 5 Abs. 2 AAÜG eine Ausnahme. Danach gelten als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem auch Zeiten, die vor Einführung eines Versorgungssystems in der Sozialpflichtversicherung zurückgelegt worden sind, wenn diese Zeiten, hätte das Versorgungssystem bereits bestanden, in dem Versorgungssystem zurückgelegt worden wären.
Eine solche Einbeziehung erfolgte in der AVtI grundsätzlich durch eine Entscheidung des zuständigen Versorgungsträgers der DDR. Lag sie am 30. Juni 1990 vor, hatte der Begünstigte durch diesen nach Art. 19 Satz 1 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakt eine Versorgungsanwartschaft. Einbezogen war aber auch derjenige, dem früher einmal eine Versorgungszusage erteilt worden war, wenn diese durch einen weiteren Verwaltungsakt in der DDR wieder aufgehoben worden war und wenn dieser Verwaltungsakt nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV unbeachtlich geworden ist; denn dann galt die ursprüngliche Versorgungszusage fort. Gleiches gilt für eine Einbeziehung durch eine Rehabilitierungsentscheidung (Art. 17 EV). Schließlich gehörten dem Kreis der Einbezogenen auch diejenigen an, denen durch Individualentscheidung (Einzelentscheidung, zum Beispiel aufgrund eines Einzelvertrages) eine Versorgung in einem bestimmten System zugesagt worden war, obgleich sie von dessen abstrakt-generellen Regelungen nicht erfasst waren. Im Übrigen dies trifft jedoch auf die AVtI nicht zu galten auch ohne Versorgungszusage Personen als einbezogen, wenn in dem einschlägigen System für sie ein besonderer Akt der Einbeziehung nicht vorgesehen war (vgl. BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 41/01 R).
§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG hat den Kreis der einbezogenen Personen jedoch in begrenztem Umfang erweitert. Er hat damit das Neueinbeziehungsverbot des EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a, wonach die noch nicht geschlossenen Versorgungssysteme bis zum 31. Dezember 1991 zu schließen sind und Neueinbeziehungen vom 03. Oktober 1990 an nicht mehr zulässig sind, sowie den nach EV Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 zu Bundesrecht gewordenen § 22 Abs. 1 Rentenangleichungsgesetz der DDR, wonach mit Wirkung vom 30. Juni 1990 die bestehenden Zusatzversorgungssysteme geschlossen werden und keine Neueinbeziehungen mehr erfolgen, modifiziert. Danach gilt, soweit die Regelung der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, dieser Verlust als nicht eingetreten. Dies betrifft jedoch nur solche Personen, die auch konkret einbezogen worden waren. Der Betroffene muss damit vor dem 30. Juni 1990 in der DDR nach den damaligen Gegebenheiten in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen sein und aufgrund dessen eine Position wirklich innegehabt haben, dass nur noch der Versorgungsfall hätte eintreten müssen, damit ihm Versorgungsleistungen gewährt worden wären. Derjenige, der in der DDR keinen Versicherungsschein über die Einbeziehung in die AVtI erhalten hatte, hatte nach deren Recht keine gesicherte Aussicht, im Versorgungsfall Versorgungsleistungen zu erhalten (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R in SozR 3 8570 § 1 Nr. 1).
Die AVtI kannte den in § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG angesprochenen Verlust von Anwartschaften. Nach § 2 Abs. 1, 3 und 4 Zweite Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 - GBl DDR 1951, 487 - (2. DB zur AVtI VO) wurde die zusätzliche Altersversorgung gewährt, wenn sich der Begünstigte im Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles in einem Anstellungsverhältnis zu einem volkseigenen oder ihm gleichgestellten Betrieb befand. Erloschene Ansprüche auf Rente lebten wieder auf, wenn spätestens vor Ablauf eines Jahres ein neues Arbeitsverhältnis in der volkseigenen Industrie zustande kam und die Voraussetzungen nach § 1 dieser Durchführungsbestimmung in dem neuen Arbeitsverhältnis gegeben waren. Für die Dauer von Berufungen in öffentliche Ämter oder in demokratische Institutionen (Parteien, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund usw.) erlosch der Anspruch auf Rente nicht.
War der Betroffene in die AVtI einbezogen, endete die zur Einbeziehung führende Beschäftigung jedoch vor dem Eintritt des Versicherungsfalles, ging der Betroffene, vorbehaltlich der oben genannten Ausnahmen, seiner Anwartschaft verlustig.
Das BSG hat wegen der bundesrechtlichen Erweiterung der Anwartschaft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG über die Regelungen der Versorgungssysteme hinaus einen Wertungswiderspruch innerhalb der Vergleichsgruppe der am 30. Juni 1990 Nichteinbezogenen gesehen. Nichteinbezogene, die früher einmal einbezogen gewesen seien, aber ohne rechtswidrigen Akt der DDR nach den Regeln der Versorgungssysteme ausgeschieden gewesen seien, würden anders behandelt als am 30. Juni 1990 Nichteinbezogene, welche nach den Regeln zwar alle Voraussetzungen für die Einbeziehung an diesem Stichtag erfüllt hätten, aber aus Gründen, die bundesrechtlich nicht anerkannt werden dürften, nicht einbezogen gewesen seien (BSG, Urteil vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R). Wie oben ausgeführt, konnten zwar weder die ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, noch die Betroffenen, die zwar am 30. Juni 1990 alle Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatten, tatsächlich aber nicht einbezogen waren, nach den Regelungen der DDR mit einer Versorgung rechnen. Wenn bundesrechtlich jedoch einem Teil dieses Personenkreises, nämlich dem der ehemals einbezogenen, aber ausgeschiedenen Betroffenen, eine Anwartschaft zugebilligt wird, so muss nach dem BSG § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass eine Anwartschaft auch dann besteht, wenn ein Betroffener aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nach den zu Bundesrecht gewordenen abstrakt-generellen und zwingenden Regelungen eines Versorgungssystems aus bundesrechtlicher Sicht einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte (BSG, Urteile vom 09. April 2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R). Der aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete rechtfertigende sachliche Grund für eine solche Auslegung ist darin zu sehen, dass bundesrechtlich wegen der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Schließung der Versorgungssysteme an den 30. Juni 1990 angeknüpft wird und es aus bundesrechtlicher Sicht zu diesem Zeitpunkt nicht auf die Erteilung einer Versorgungszusage, sondern ausschließlich darauf ankommt, ob eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, derentwegen eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (zu Letzterem Urteile des BSG vom 24. März 1998 B 4 RA 27/97 R und 30. Juni 1998 B 4 RA 11/98 R).
Die oben genannte Rechtsprechung des BSG zum so genannten Stichtag des 30. Juni 1990 hat das BSG mit den weiteren Urteilen vom 18. Dezember 2003 B 4 RA 14/03 R und B 4 RA 20/03 R fortgeführt und eindeutig klargestellt. Im Urteil vom 08. Juni 2004 - B 4 RA 56/03 R hat das BSG betont, es bestehe kein Anlass, diese Rechtsprechung zu modifizieren. An dieser Rechtsprechung hat das BSG mit Urteil vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 12/04 R festgehalten. Eine Anwartschaft im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG, die eine Zugehörigkeit zum Versorgungssystem begründet, beurteilt sich allein danach, ob zum Zeitpunkt des 30. Juni 1990 die Voraussetzungen für eine Einbeziehung vorgelegen haben.
Der Senat folgt dieser Rechtssprechung. Sie ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (1 BvR 1144/05).
Nach diesen Maßstäben ist der geltend gemachte Anspruch nicht begründet.
Zwischen der Klägerin und der Beklagten besteht kein Versorgungsrechtsverhältnis, welches nach den Maßstäben des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) nach § 1 Abs. 1 Geltung beanspruchen könnte. Zum 01. August 1991 hatte die Klägerin keinen Versorgungsanspruch und auch keine Versorgungsanwartschaft. Eine im Sinne von Art. 19 des Einigungsvertrages bundesrechtlich bindende Einzelfallregelung, durch welche ihr eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden sein könnte (Versorgungszusage, Einzelfallentscheidung, Einzelfallvertrag), lag nicht vor. Damit könnte die damit nicht einbezogene Klägerin nur nach In-Kraft-Treten des AAÜG am 01. August 1991 eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gehabt haben, wenn aufgrund der zu diesem Zeitpunkt als Bundesrecht weiter anzuwendenden Regelungen der Versorgungssysteme nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nur noch der Versorgungsfall hätte eintreten müssen, so dass ihr aus bundesrechtlicher Sicht Versorgung hätte geleistet werden müssen. Dies wäre nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der der erkennende Senat wie dargelegt folgt, dann der Fall gewesen, wenn sie am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt hätte, aufgrund welcher ihr nach Bundesrecht zwingend eine Versorgungszusage zu erteilen gewesen wäre. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Klägerin hatte am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung ausgeübt. Nach dem Vortrag der Klägerin selbst war sie am 30. Juni 1990 ohne Beschäftigung und befand sich im Ruhestand. Dies entsprach dem Aufhebungsvertrag aus dem Monat April 1990, wonach im April 1990 der Arbeitsvertrag aufgehoben worden war. Daran ändert die von ihr herangezogene Zahlung außerhalb des Beschäftigungsverhältnisses nichts. Dabei handelte es sich nach der Auskunft des Verwalters im Vollstreckungsverfahren, Rechtsanwalt F um eine Abfindung, die kein Äquivalent für geleistete Arbeit ab 16.April 1990 darstellt ohne arbeitsrechtliche Auswirkungen auf das Beschäftigungsverhältnis.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
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