L 19 B 84/06 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 15 AS 457/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 19 B 84/06 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Potsdam vom 18. November 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I. Der Antragsteller macht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) ab dem 01. April 2005 geltend.

Der am 1967 geborene Antragsteller, der ausweislich des Bescheides der Bundesagentur für Arbeit – Arbeitsamt B – vom 26. März 2004 bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 120,40 Euro wöchentlich erhielt, beantragte am 01. April 2005 bei der Antragsgeg-nerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Als Wohnort gab er in seinem Antrag die L Straße , in M/OTW (nachfolgend wird diese Adresse verkürzt "W" genannt) an. Eine Kopie des Mietvertrages wurde am 03. Mai 2005 nachgereicht, wobei der Antragsteller zugleich bat, als Postanschrift die G in B(nachfolgend verkürzt "B" genannt) zu verwenden.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2005 gab die Antragsgegnerin dem Antragsteller auf, bis zum 07. Juli 2005 eine Kopie der Meldebescheinigung und des Personalausweises einzureichen sowie den Zahlungsmodus gegenüber dem Vermieter nachzuweisen. Zugleich drohte sie die Versagung der Leistungen an, wenn eine Antwort nicht bis zum 07. Juli 2005 eingehe.

Der Antragsteller reagierte gegenüber der Antragsgegnerin hierauf nicht, stellte vielmehr am 04. Juli 2005 einen Antrag auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung beim Verwaltungsgericht Potsdam, dass das Verfahren an das zuständige Sozialgericht Potsdam verwies. In seinem Antrag gab der Antragsteller seine Wohnadresse mit W an, aufhältig sei er allerdings zur Zeit in B. Mit der zuletzt genannten Adresse solle auch der Schriftwechsel erfolgen. Zur Begründung führte der Antragsteller aus, Leistungen nach dem SGB II stünden ihm ab 01. April 2005 zu und er sei auch dringend darauf angewiesen. Die Mietzahlungen seien gefährdet und es drohten Mietschulden und der Verlust der Wohnung. Über Ersparnisse verfüge er nicht. Er besitze auch keinen Krankenversicherungsschutz, eine Zahnbehandlung sei allerdings dringend erforderlich. Dies alles versichere er an Eides statt.

Auf eine entsprechende Anfrage des Sozialgerichts Potsdam gab der Antragsteller an, er halte sich gewöhnlich in W auf. Die B Adresse sei kein zweiter Wohnsitz, sondern diene nur der Vereinfachung des Schriftwechsels. Als Anlage fügte er eine Anmeldebestätigung vom 12. November 2004 des Einwohnermeldeamtes Mbei.

Mit Fax vom 20. Oktober 2005 reichte der Antragsteller eine Meldebestätigung vom 13. Oktober 2005 aus T ein, wonach er ab 01. Oktober 2005 AO in H/OT T gemeldet ist.

Das Sozialgericht Potsdam wies den Antrag des Antragstellers mit Beschluss vom 18. November 2005 zurück. Der Antragsteller habe nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass er in dem Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin seinen gewöhnlichen Aufenthalt habe. Aus der vom Antragsteller überreichten Meldebestätigung sei allein noch nicht ersichtlich, ob er sich dort tatsächlich aufgehalten habe. Zweifel bestünden deshalb, weil der Antragsteller weder seinen Personalausweis vorgelegt, noch regelmäßige Mietzahlungen für W nachgewiesen habe. Im Übrigen habe er in seiner Antragsschrift selber angegeben, in B aufhältig zu sein. Die näheren Umstände für einen Schriftwechsel über die BAdresse habe der Antragsteller nicht plausibel machen können. Die bestehenden Zweifel an der Zuständigkeit der Antragsgegnerin habe der Antragsteller nicht ausgeräumt.

Gegen den am 01. Dezember 2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 28. Dezember 2005 eingelegte Beschwerde, mit der der Antragsteller neben seiner bereits eingereichten Meldebestätigung ab 01. Oktober 2005 auch die von weiteren Personen (G, P , M und S G) in einreichte. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, eine Ablichtung des Personalausweises habe er an die Antragsgegnerin gesandt. Dies ergebe sich aus seinem formlosen Antrag vom 31. März 2005. Im Übrigen verweist er auf eine fehlende Unterstützung der Antragsgegnerin in einer für ihn schwierigen Lebenslage.

Die Antragsgegnerin hält an ihrer bisher vertretenen Auffassung fest und verweist darauf, dass nach wie vor unklar sei, ob sich der Antragsteller tatsächlich in W aufgehalten habe. Ein Nachweis über die Mietzahlung für die Wohnung in W sei zu keinem Zeitpunkt vorgelegt worden.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Antragsgegnerin hat zwischenzeitlich mit Bescheid vom 05. Januar 2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II ab 01. April 2005 versagt, da der Antragsteller seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei. Dieser Bescheid wurde dem Antragsteller bisher ausweislich der Verwaltungsakten noch nicht zugestellt, da er offenbar versehentlich an die Adresse in W versandt wurde und daher als unzustellbar zurückkam. Den Verwaltungsakten ist nicht zu entnehmen, dass ein weiterer Zustellversuch erfolgte. Eine telefonische Nachfrage des Senats bei der Arbeitsgemeinschaft zur Grundsicherung der Arbeits-suchenden des Landkreises (zuständig für den neuen Wohnort des Antragstellers in 15757 ) hat ergeben, dass der Antragsteller dort seit 1. November 2005 Leistungen bezieht, und zwar für den Zeitraum vom 1. November 2005 bis 30. April 2006 im Rahmen einer Bedarfsgemeinschaft mit Familie G in Höhe von 1231 Euro.

II. Die Beschwerde ist zulässig, da sie form- und fristgerecht erhoben worden ist. Sie ist jedoch nicht begründet, denn der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund beziehungsweise einen Anordnungsanspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht glaubhaft gemacht. Das Sozialgericht hat den Antrag daher zu Recht abgelehnt.

Anspruchsgrundlage für den vom Antragsteller geltend gemachten Anspruch ist § 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach darf eine einstweilige Anordnung nur ergehen, wenn der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts, den so genannten Anordnungsanspruch, und die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden, den so genannten Anordnungsgrund, glaubhaft macht.

Soweit der Antragsteller Leistungen für die Zeit vom 01. April 2005 bis zum 04. Juli 2005 (Tag der Antragstellung bei Gericht) begehrt, war sein Antrag schon deshalb abzulehnen, weil es an einem Anordnungsgrund fehlt. Derartige Ansprüche für die Vergangenheit können regelmäßig nicht im Wege des einstweiligen Rechtschutzes anerkannt werden. Diese sind in ei-nem Hauptsacheverfahren geltend zu machen. Etwas anderes könnte nur dann in Betracht kommen, wenn die sofortige Verfügbarkeit von für zurückliegende Zeiträume zu zahlenden Hilfen zur Abwendung eines gegenwärtig drohenden Nachteils erforderlich ist. Der Antragsteller hat hierzu konkret (etwa durch Nachweis von bestehenden Mietschulden, drohender Zwangsräumung etc.) nichts dargetan.

Auch soweit der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt, im Wege der einstweiligen Anordnung Leistungen vom 05. Juli 2005 bis zum 31. Oktober 2005 zu gewähren, fehlt es an einem Anordnungsgrund. Angesichts des Bezuges von Leistungen von der nunmehr für seinen Wohnsitz zuständigen Arbeitsgemeinschaft ab 1. November 2005 - bewilligt bis 30. April 2006 - , ist nicht erkennbar, dass eine vorläufige Regelung für den hier im einstweiligen Verfahren streitigen Zeitraum vom 5. Juli bis 31. Oktober 2005 noch notwendig ist.

Im Übrigen fehlt es auch an einem Anordnungsanspruch, denn der Antragsteller hat nicht hin-reichend glaubhaft gemacht, dass er hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II ist. Die Tatsache, dass er selbstverständliche Anforderungen der Antragsgegnerin, nämlich die Vorlage einer Kopie seines Personalausweises sowie den Nachweis über die Zahlungsmodalitäten gegenüber seinem Vermieter nicht erfüllt, begründet erhebliche Zweifel an seiner Hilfebedürftigkeit. Entgegen der Behauptung des Antragstellers ist eine Kopie des Personalausweises nicht eingereicht worden. Hinsichtlich seiner Darstellung im Beschwerdeverfahren, dies ergebe sich aus dem formlosen Antrag vom 31. März 2005, wo stünde "Anlage 1 Kopie Personalausweis", ist darauf zu verweisen, dass die Angabe auf einem Schreiben, es liege eine Anlage dabei, kein Nachweis darüber ist, dass sie tatsächlich beigelegt wurde. Es befindet sich jedenfalls weder in den Verwaltungs- noch in den Gerichtsakten eine Kopie des Personalausweises des Antragstellers, obwohl dem Antragsteller seit dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 20. Juli 2005 be-wusst sein musste, dass eine Einreichung erforderlich ist. Ebenso wenig reicht es zum Nachweis der Zahlungsmodalitäten gegenüber dem Vermieter aus, zu versichern, er bezahle die Miete bar. Die insoweit bestehenden Zweifel werden durch die wenig nachvollziehbaren Be-hauptungen zu der B Adresse verstärkt. Insbesondere hat er nicht dargelegt, warum es einfacher gewesen sei, den Schriftwechsel mit B und nicht mit W zu führen. Wie das Sozialgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, trägt der Antragsteller nicht dazu bei, die Zweifel auszuräumen.

Es bleibt dem Antragsteller unbenommen, sich für den zurückliegenden Zeitraum vom 1. April bis 31. Oktober 2005 mit Vorlage der von der Antragsgegnerin geforderten Unterlagen erneut an sie zu wenden und bei Ablehnung Klage zu erheben, um in einem Hauptsacheverfahren zu klären, ob diese rechtmäßig erfolgte.

Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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